eJournals Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete 78/2

Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete
5
0017-9655
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
41
2009
782

Das provokative Essay: Hilfeplanung - Verbesserung der Hilfen? Oder Instrument der Ökonomisierung?

41
2009
Fritz Bremer
In diesem Artikel geht es um die Umsetzung von Hilfeplanung im Rahmen der in Deutschland gesetzlich geregelten Eingliederungshilfe (SGB XII) für psychisch erkrankte sowie geistig und körperlich behinderte Menschen. Im ersten Teil des Artikels werden die vom Gesetzgeber vorgegebenen Ziele der Hilfeplanung referiert. Dabei geht es u. a. darum, deutlich zu machen, dass Hilfeplanung nicht erst mit dem Hilfeplanverfahren selbst beginnt. Im zweiten Teil werden regional und je nach Position und Perspektive unterschiedliche Erfahrungen mit Hilfeplanpraxis, hauptsächlich auf Schleswig-Holstein bezogen, dargestellt. Abschließend geht es um eine genauere Betrachtung der Widersprüche, der Erscheinungsformen und Folgen der Ökonomisierung sozialer Arbeit und notwendige sozialpolitische Konsequenzen.
5_078_2009_2_0001
VHN, 78. Jg., S. 94 - 102 (2009) © Ernst Reinhardt Verlag München Basel 94 Hilfeplanung - Verbesserung der Hilfen? Oder Instrument der Ökonomisierung? Fritz Bremer Grossvollstedt „Leben ist das, was geschieht, während du eifrig dabei bist, allerlei Pläne zu machen.“ (John Lennon) „Die Professionen, die in der Lebenswelt am tiefsten verwurzelt sind, sind den ökonomischen Zwängen am hilflosesten ausgesetzt.“ (Jürgen Habermas, 2004) n Zusammenfassung: In diesem Artikel geht es um die Umsetzung von Hilfeplanung im Rahmen der in Deutschland gesetzlich geregelten Eingliederungshilfe (SGB XII) für psychisch erkrankte sowie geistig und körperlich behinderte Menschen. Im ersten Teil des Artikels werden die vom Gesetzgeber vorgegebenen Ziele der Hilfeplanung referiert. Dabei geht es u. a. darum, deutlich zu machen, dass Hilfeplanung nicht erst mit dem Hilfeplanverfahren selbst beginnt. Im zweiten Teil werden regional und je nach Position und Perspektive unterschiedliche Erfahrungen mit Hilfeplanpraxis, hauptsächlich auf Schleswig-Holstein bezogen, dargestellt. Abschließend geht es um eine genauere Betrachtung der Widersprüche, der Erscheinungsformen und Folgen der Ökonomisierung sozialer Arbeit und notwendige sozialpolitische Konsequenzen. Schlüsselbegriffe: Hilfeplanung, Ökonomisierung, sozialpolitische Konsequenzen Assistance Planning - A Resource to Improve Assistance? Or an Instrument of Economisation? n Summary: This article deals with the implementation of assistance planning within the framework of the legal regulations of rehabilitation support for mentally or physically ill or disabled persons in Germany. Firstly the author refers to the targets of assistance planning established by the legislation. He particularly emphasises the fact, that the process of assistance planning already gets on the way before the procedure of the assistance plan comes into effect. Secondly, he describes some experiences with assistance planning in practice, mostly referring to Schleswig-Holstein, that vary in position and perspective. Finally he looks upon the discrepancies, the manifestations and the implications of the economisation of social work and he reflects on the necessary socio-political consequences. Keywords: Assistance planning, economisation, socio-political consequences Das provokative Essay Wie wird Hilfeplanung im Rahmen der in Deutschland gesetzlich geregelten Eingliederungshilfe (SGB XII) für psychisch erkrankte sowie geistig und körperlich behinderte Menschen umgesetzt? Eingliederungshilfe sieht für Menschen, die seelisch, geistig, körperlich behindert oder von Behinderung bedroht sind, Unterstützung in verschiedenen Lebensbereichen vor (Wohnen, Arbeit, Teilhabe am Leben in der Gesellschaft). Die Umsetzung von Hilfeplanung (auf der Grundlage der Sozialgesetzbücher I, IX und XII) wurde in den vergangenen zehn Jahren ein zunehmend aktuelles Thema, einerseits wegen der regional unterschiedlich steigenden Ausgaben für Eingliederungshilfen, andererseits wegen der Forderungen nach verbesserter Planung im Sinne von Transparenz für und Mitwirkung von Menschen mit Behinderungen. Die Hilfeplanpraxis entwickelt sich also in einem Spannungsfeld widerstreitender Zielsetzungen. Je nach Position und Perspektive wird sie gesehen entweder als VHN 2/ 2009 95 Hilfeplanung - Verbesserung der Hilfen? Instrument der Kostenreduzierung oder Rationalisierung der Gewährung von Hilfen oder als Chance für mehr Teilhabe und Mitwirkung im Zuge der Emanzipationsbewegung von Menschen mit Behinderungen. Das Vordringen neoliberaler Ideologie in alle Lebensbereiche, also die Ökonomisierung auch der sozialen Arbeit (vgl. Dederich 2008) verschärft die Spannungen und Widersprüche, die in der Hilfeplanpraxis erkennbar werden. Hilfebedürftige Menschen, Mitarbeiterinnen der Einrichtungen und Hilfeplaner machen je unterschiedliche Erfahrungen in diesem Spannungsfeld widerstrebender Ziele und Bedürfnisse. 1 Gesetzliche Grundlagen Für Leistungen der Eingliederungshilfe für seelisch, körperlich und geistig behinderte oder von Behinderung bedrohte Menschen gilt der Grundsatz, der in § 17 Abs. 1 SGB I verankert ist: „Die Leistungsträger sind verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass 1. jeder Berechtigte die ihm zustehenden Sozialleistungen in zeitgemäßer Weise, umfassend und zügig erhält …“. Allerdings beginnt Hilfeplanung - in einem weiter gefassten oder umfassenden Sinn - mindestens bei der Ausgestaltung der Angebote der Einrichtungen, bei den inhaltlichen, personellen, materiellen Standards der Leistungsvereinbarungen und bei der Verhandlung der Vergütungsvereinbarungen. Schon hier wird entschieden, ob betroffenen Menschen angemessene, umfassende, zeitgemäße Hilfen gewährt werden. Grundlegende Leitgedanken zur Eingliederungshilfe und damit auch der Hilfeplanung, die den Zugang gewährleisten soll, sind: n Hilfen sollen umfassend, angemessen, zeitgemäß, dem besonderen Bedarf entsprechend, zügig, in allgemein verständlicher Form zugänglich gemacht werden. Sie sind auf das Wohl der hilfeberechtigten Bürger/ innen gerichtet. n Sie sollen wirtschaftlich ausgeführt werden. n Sie sollen wirksam sein. n Sie sollen die Autonomie des Hilfeempfängers fördern, sind also am Ziel der Emanzipation orientiert. n Leistungsträger und Leistungserbringer sollen zum Wohle der Menschen wirksam zusammenarbeiten. Der Gesetzgeber will Kooperation. Das ist alles gut gemeint. Aber schon auf der Ebene der beschriebenen Ziele öffnen sich Ermessensspielräume und tun sich Widersprüche auf. Was ist „angemessen“? Welche Bedürfnisse sind „besondere“? Was sind „wirksame“ Hilfen? Welche Hilfen sind für wen „besonders geeignet“? Und wer definiert, was „wirtschaftlich“ ist? Sind kurzfristige Kosten-Nutzen-Rechnungen möglich und sinnvoll, oder müssen ganz andere und langfristige Betrachtungen des Lebensentwurfs der betroffenen Menschen einbezogen werden? Und - wie viel planerische und ökonomische Rationalität ist eigentlich für Menschen mit psychischen Erkrankungen, für Menschen mit Behinderungen und für ihre Angehörigen zumutbar? Die gesetzlichen Grundlagen sind auf Transparenz, Teilhabe, Emanzipation gerichtet. In der Umsetzung von Hilfeplanung tun sich aber - wie im Folgenden dargestellt - Konflikte auf, werden Ängste ausgelöst. Der Umgang mit den Zielen der verschiedenen Beteiligten wird unklar. Befürchtungen werden nicht ausgesprochen und mischen sich doch ein. Wir haben es mit verschiedenen ineinanderwirkenden Widersprüchen zu tun. 2 Erfahrungen mit Hilfeplanung Im Folgenden geht es um den Versuch, Erfahrungen mit Hilfeplanung aus der Praxis zu formulieren. Da es noch keine maßgebliche Forschung zur Hilfeplanpraxis gibt, wird hier auf diese vorwissenschaftliche Sammlung zurückgegriffen, um Probleme zu kennzeichnen und auf den Forschungsbedarf aufmerksam zu machen. Die Aussagen wurden in verschiedenen VHN 2/ 2009 96 Fritz Bremer Beratungs-, Besprechungs- und Anhörungssituationen in Schleswig-Holstein in der Zeit von Oktober 2007 bis September 2008 notiert. Ergänzt wird diese Sammlung durch die Ergebnisse einer systematischen Befragung und durch Aussagen des „Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderung“. Zuerst die Notizen aus verschiedenen Gesprächssituationen: In einer Diskussion (Januar 2008, Vertreter verschiedener Einrichtungen beim Paritätischen Wohlfahrtsverband in Kiel) über Wirkungen von Hilfeplanung sagt der Vertreter des Verbandes: „Die Anzahl der Personen, die Hilfe benötigen, nimmt nach unserem Eindruck zu, während der Umfang der gewährten Hilfen abnimmt.“ Der Leiter einer Einrichtung bestätigt: „Tatsächlich kommen bei uns keine neuen Hilfesuchenden mehr an.“ Mitarbeiter: „Hilfeplaner gehen in die Kliniken und steuern bei der Vermittlung an bestimmten Einrichtungen vorbei.“ Einwurf eines Kollegen: „Ja, die uns hier bekannten Billiganbieter werden belegt.“ Der erste Kollege: „Oft werden die Patienten auch schon aus der Klinik entlassen, ohne dass es einen Kontakt zwischen Sozialdienst und Hilfeplanern gegeben hätte. Diese Patient/ innen sehen wir in den Einrichtungen dann gar nicht mehr.“ Ein Mitarbeiter berichtet: „Es kommt vor, dass bis zu zehn Hilfeplangesprächstermine anberaumt werden, z.B. mit dem Ergebnis: zwei Stunden ambulante Betreuung pro Woche. Und es ist vorgekommen, dass Betroffene das dann abbrechen, nicht mehr kommen zum nächsten Termin, weil es zu aufwendig ist, weil sie es als demütigend empfinden, oder weil sie ganz einfach die Fahrten nicht bezahlen können.“ Anderer Kollege: „Wir bemerken, dass es auch mit Begleitung zum Hilfeplangespräch schwieriger wird, die Gewährung zeitlich ausreichender Hilfen zu erreichen. Und wir beobachten, dass die kurzfristige Nutzung der ‚Offenen Hilfen‘ zunimmt.“ Während einer Mitarbeiterbesprechung (November 2007, Neumünster) beschreibt eine Kollegin ihre Erfahrungen so: „Wir haben viel Kontakt zu den Sachbearbeitern und Hilfeplaner/ innen. Es gibt viele Anfragen von den Hilfeplaner/ innen. Die Zusammenarbeit ist gut. Und ich habe noch nicht erlebt, dass Stundenzahlen gedrückt werden sollten.“ Kollegin: „Die Zusammenarbeit läuft gut. Aber es gibt unnötige Mehrarbeit, weil wir nun die Formulare ausfüllen und außerdem den Entwicklungsbericht schreiben.“ Kollege: „Mit den Fragebögen sind die Betroffenen oft intellektuell oder emotional überfordert.“ Kollegin: „Das sehe ich auch so. Aber meine Erfahrung ist zum anderen, dass Hilfeplanung manchmal für mich in der Arbeit hilfreich, klärend ist.“ Kollegin: „Ja, das stimmt, das erlebe ich auch. Trotzdem, auf der anderen Seite entsteht auch Stress. Bei vielen Klient/ innen gibt es nur kleinste Veränderungen im Halbjahres- oder Jahresverlauf. Das wird durch Hilfeplanung nicht beschleunigt. Aber es entsteht Druck und Stress durch das ständige Benennen neuer Ziele.“ Im Verlauf einer Sozialausschusssitzung (November 2007) in derselben Region wird zum Punkt „Berichterstattung über Hilfeplanung“ von den Beteiligten fast einhellig festgestellt: „Es läuft überwiegend gut.“ Ein Kollege äußert ganz zum Schluss: „Ich befürchte, dass manche Hilfesuchende nicht mehr bei den Hilfen ankommen. Ich kenne psychisch erkrankte Menschen, die so scheu und ängstlich sind, dass sie schon vor dem Hilfeplanverfahren, vor diesen Anforderungen zurückschrecken.“ Eine Kollegin erwidert: „Aber Hilfeplanung kann doch die Situation für die Nutzer überprüfbarer machen.“ Während einer Anhörung (2007 beim Paritätischen Verband in Kiel) sagte ein psychisch erkrankter Mann: „Vor dem nächsten Hilfeplangespräch habe ich Angst. Ich habe Angst, ambulant zu werden. Ich brauche aber die Wohngruppe.“ Und ein psychisch erkrankter und lernbehinderter Mann erklärt: „Jetzt habe ich für ein halbes Jahr noch mal zwei Stunden ambulante Betreuung. Hoffentlich komme ich damit klar. Und hoffentlich wird das dann nicht auch gestrichen.“ Ein langjährig psychose-erfahrener Mann beschreibt in einem persönlichen Gespräch (Januar 2008) seine Erfahrung so: „Das Gespräch war ganz o. k. Ich musste natürlich viel erzählen von mir selber. Für mich war das anstrengend. Aber ich war ja in Begleitung meiner Betreuerin. Allein hätte ich totale Panik gehabt, Herzklopfen, wilde Gedanken, Stimmen gehört. Stimmen hab ich sowieso gehört. Aber dann sprang meine Betreuerin ein. Der Hilfeplaner, weißt Du, ist sehr nett. Da habe ich Glück gehabt. Er ist sehr ruhig. Nun geht es erst mal weiter mit 90 Minuten pro Woche. Das ist schon komisch. Manchmal schau ich dann schon selbst zur Uhr, ob die Zeit wieder um ist.“ VHN 2/ 2009 97 Hilfeplanung - Verbesserung der Hilfen? In einer Fortbildungsrunde (September 2008) für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter psychiatrischer Einrichtungen sagt ein Kollege aus dem Bereich Ambulanter Betreuung: „Ich betreue einen Mann, der spricht während unserer Treffen fast nur über Hilfeplanung. Das sind Entlastungsgespräche über das vergangene Hilfeplangespräch, das kommende und über die Ziele, die gegen seinen Willen vereinbart wurden.“ Eine Mitarbeiterin, auch aus der Ambulanten Betreuung, berichtet anschließend: „Die Fragebogen sind für viele eine Überforderung. Ein Klient ist nach den ersten drei Fragen schon fast abgedreht, konnte nicht mehr. Drei Fachleistungsstunden waren notwendig, um die Krise zu bewältigen … Ich finde es nicht richtig, dass wir mit unseren Erfahrungen nicht gefragt werden, wenn irgendwelche Fragebögen eingeführt werden.“ Soweit diese eher unsystematisch gesammelten Eindrücke und Erfahrungen. 2007 initiierte das Forschungsinstitut Sozialpsychiatrie e.V. (Kiel) ein Forschungsprojekt, um zu fundierten Aussagen über die Auswirkungen der Änderungen im SGB II, SGB V und SGB XII auf psychisch erkrankte Menschen zu kommen. In der Folge wurden neunzehn explorative Interviews durchgeführt. Die Gespräche orientierten sich an einem zuvor erarbeiteten Interviewleitfaden. Die Interviewpartner waren Männer und Frauen, die wegen ihrer psychischen Erkrankungen einen unterschiedlichen Hilfebedarf - von Betreuung bis hin zum Leben im Wohnheim - entwickelt haben. Es geht in den Interviews u. a. um Erfahrungen mit Hilfeplanung. Die Hälfte der Befragten hatte Hilfeplanung kennengelernt. Die Mehrzahl der Hilfeplanerfahrenen beschrieb Angst sowohl vor dem ersten als auch vor den folgenden Hilfeplangesprächen. Auch diejenigen, die durch Selbsthilfe- und Mitwirkungsarbeit in der Vertretung ihrer Interessen geübter sind, fanden die Situation nicht einfach. Zusammenfassend heißt es: „Ein Hilfeplanverfahren, das nicht die umfassende Information, Transparenz und Partizipation sicherstellt, stellt Autonomie und Selbstbestimmung des Leistungsberechtigten infrage. Es ist notwendig, dass Leistungsträger, Leistungserbringer und Leistungsberechtigte unter Einbeziehung der unterschiedlichen Erwartungen an ein Hilfeplanverfahren Standards beschreiben. Diese Standards sollten sich am Empowermentkonzept orientieren und Information, Transparenz und Partizipation des Leistungsberechtigten umfassend sichern“ (Achberger 2008, 3). Der „Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderung“, Dr. U. Hase, hatte im Laufe des Jahres 2007 bis Januar 2008 Gelegenheit, mit 130 Menschen mit Behinderung und mit 50 Fachkräften aus Einrichtungen und Eltern behinderter Menschen in Schleswig-Holstein über Hilfeplanerfahrungen zu sprechen. Er berichtet sowohl über sehr positive Aussagen als auch über Besorgnis erregende Situationen und stellt fest: „Aus meiner Sicht erscheinen verbindliche und vor allem Angst nehmende landesweite Standards zur Durchführung von Teilhabegesprächen (Hilfeplangespräche) unerlässlich. Solche Standards gelten unabhängig von regionalen Unterschieden. Sie sollten unter anderem Regeln zur Gesprächsführung und die Klärung verbindlicher Settings - z. B. Begrenzung der Dauer von Teilhabegesprächen und Ort der Gespräche nach Absprache mit den Menschen mit Behinderung - enthalten“ (Hase 2008, 8). In der Folge kündigte er an, einen Gutachter mit einer systematischen Befragung von Hilfeplanerfahrenen zu beauftragen. Abschließend ein Hinweis auf eine noch mal ganz andere Erfahrung, u.a. aus einem anderen Bundesland: Die Eltern einer durch eine neurologische Erkrankung körperlich und geistig schwer behinderten jungen Frau sind auf der Suche nach einem Platz für ihre Tochter in einer Tagesförderstätte. Die Familie steht auf den Wartelisten bei drei entsprechenden Einrichtungen. Sie schildern beim zuständigen Sozialhilfeträger ihre Situation. Reaktion der Behörde: Man könne keinen solchen Platz anbieten. Und eine Kostenzusage wird von der Bedingung abhängig gemacht, dass die Eltern selbst einen Platz für ihre Tochter finden (Januar 2008). Auch das ist eine Erfahrung mit Hilfe- VHN 2/ 2009 98 Fritz Bremer planung. Das, was dieser Familie als bittere Realität entgegentritt, ist Ergebnis eines Steuerungsverhaltens, das jedenfalls dem Geist und den Buchstaben der maßgeblichen Gesetze nicht entspricht. Die vorliegende Sammlung von Aussagen, die im Sinne einer umfassenden Dokumentation von Hilfeplanpraxis fortgeführt werden sollte, verweist auf eine Reihe von Problemen und Widersprüchen. n Erfahrungen mit Hilfeplanung sind regional sehr verschieden - von hilfreich, unterstützend bis restriktiv und bedrohlich. n Die Erfahrungen sind auch je nach Funktion bzw. Perspektive der Beteiligten sehr unterschiedlich: Was die einen für ein gut durchdachtes Verfahren halten, löst bei den anderen Ängste aus. n Leistungsträger verfolgen unterschiedliche Ziele. Es scheint eine Bandbreite zu geben von der Bereitschaft zu transparenter kooperativer Haltung bis hin zu restriktiver Steuerungs- und Sparpolitik. Darüber hinaus zeigen einige der beschriebenen Situationen und zitierten Aussagen, dass Leistungsträger Sparziele nicht offen, sondern verdeckt zu erreichen versuchen. n Bei vielen Hilfebedürftigen löst schon das Verfahren selbst, beginnend bei der Einladung zum Hilfeplangespräch, Angst aus. Auch die besten Absichten eines Leistungsträgers vorausgesetzt - die andauernde öffentliche Debatte um Einsparungen im Bereich sozialer Leistungen kommt natürlich bei eingliederungshilfebedürftigen Menschen an und findet ihren Ausdruck in Befürchtungen und Ängsten. n Die leistungsberechtigten Menschen sind über ihre Rechte nicht gut informiert. n Die Haltung der Leistungserbringer, der Mitarbeiter/ innen ist ambivalent und schwankt zwischen Kollegialität, Kooperationsbereitschaft, heimlichem Misstrauen, offenem Misstrauen, Wut, Befürchtungen und Ohnmachtsgefühlen. Hilfeplanerfahrungen müssen dringend genauer untersucht und beschrieben werden. Leitende Fragen sollten z. B. sein: 1. Bewirkt Hilfeplanung signifikante Unterschiede in der Qualität der Versorgung in verschiedenen Regionen? 2. Bewirkt Hilfeplanung bessere Orientierung und höhere Zufriedenheit der Hilfeempfänger? 3. Wie verändern sich die Zugänge zu den Hilfen? Werden sie transparenter, einfacher, oder entstehen neue Schwellen? Und berücksichtigt werden sollte auch diese Frage: 4. Entsteht durch Hilfeplanung zusätzlicher Hilfebedarf? Sich zurzeit auf die Spur der Hilfeplanung zu begeben, heißt, in ein Spannungsfeld ineinander wirkender Widersprüche zu geraten. Zwei Aspekte sollen genauer betrachtet werden. 3 Widersprüche in der Hilfeplanung und der schwierige Umgang mit heimlichen Zielen a) Instrumentelles HandelnimWiderstreit mit kommunikativem Handeln Hilfebedürftige Menschen, Mitarbeiter der Einrichtungen und Hilfeplaner müssen in der Hilfeplanpraxis mit verschiedenen Zielsetzungen und Handlungsweisen gleichzeitig umgehen. Zum einen geht es um Planung, Zielbestimmung, Formulierung von Betreuungsschritten, Vereinbarung von Betreuungszeiten usw. Es werden Fragebögen und Formulare ausgefüllt und Anträge gestellt. Diese Ebene des instrumentellen Handelns, das nach bestimmten Regeln abläuft und mit der Beherrschung technischer Mittel einhergeht, kann, wie einige der zuvor zitierten Aussagen zeigen, zur Belastung für hilfebedürftige Menschen werden. VHN 2/ 2009 99 Hilfeplanung - Verbesserung der Hilfen? In der Begegnung, in der zwischenmenschlichen Praxis der Arbeit im Sozial- und Gesundheitswesen gerät instrumentelle, technische Orientierung notwendig „in Spannung mit einem anderen Bedeutungsfeld. In diesem geht es um interaktives, kommunikatives Handeln, und dieses zielt auf Verständigung. Gerade in der sozialpsychiatrischen Arbeit scheint es mir wichtig, dass wir uns ein Gespür für diese unterschiedlichen Ebenen des Handelns bewahren“ (Schernus 2007, 116). Die Planung von Hilfen kann hilfreich werden, wenn sie Spielräume für neue Erfahrungen, neue Beziehungsmöglichkeiten, neues gemeinsames Handeln eröffnet und gestalten hilft. Fähigkeiten, Begabungen, die bisherige Geschichte sind zu entdecken. Die Planung „sollte eine ‚Erzählstruktur‘ haben - eine Erzählstruktur, bei der eins aus dem anderen nachvollziehbar und plausibel hervorgeht. Das bleibt vom Wesen her subjektiv gefärbt“ (Schernus 2007, 116). Es wäre unangemessen, davon auszugehen, dass in der sozialen Arbeit und im Gesundheitswesen nur ein Handlungstyp, nur instrumentelles, technisches oder nur kommunikatives Handeln verträglich sei. „In jeder Behandlungs- und Betreuungssituation gibt es etwas Objektivierbares und zugleich subjektiv Einzigartiges. Jede Behandlungs- und Betreuungsbegegnung erfordert sowohl instrumentelles als auch kommunikatives Handeln. Es geht eher darum, dass beide Handlungstypen füreinander offen bleiben müssen“ (Schernus 2007, 116). Und: „Wenn vorrangig interessiert, was sich passgenau definieren und dokumentieren lässt, wird das Entdecken neuer Möglichkeiten, die Herausforderung durch Unerwartetes, das Ausprobieren von scheinbar Unmöglichem vernachlässigt. Was ist mit den Umwegen, den selbst nicht erkannten Bedürfnissen, dem Paradoxen, dem nicht Ausdrückbaren? Wo bleibt die Suche danach zu verstehen, wozu ein Mensch seine Chronizität braucht? Wo bleibt der allmähliche, tastende, nicht systematisierbare Aufbau eines Vertrauensverhältnisses, als Voraussetzung dafür, etwas gemeinsam und schrittweise planen zu können? Wo komme ich als Dokumentierender in alledem vor? “ (Schernus 2007, 117). Hilfe zur Teilhabe bzw. Teilhabe selbst bedeuten nicht nur eine lineare Veränderung von A nach B, sondern in erster Linie ein subjektives Empfinden von Zugehörigkeit. Hilfeplanung kann in diesem Sinne nur dann unterstützend wirken, wenn die Bedeutung des subjektiven Erlebens schon im planenden Gespräch über die Hilfen im Vordergrund steht. Die gegenwärtig oft beschworene Vorstellung von „passgenauen“, „individuell zugeschnittenen“ Hilfen ist verbunden mit dem Bild von einem beeinträchtigten Menschen, an dem wie an einem Werkstück handwerklich gearbeitet wird, bis die Beeinträchtigung nachlässt oder verschwindet. Begegnung, Betreuungsbeziehungen werden in dieser Vorstellung definiert als technischer Vorgang, der geplant, ausgeführt und in seinem Ergebnis überprüft werden kann. Verschiedenes wird ausgeblendet: z.B. der hilfreiche Zufall, der seinem Wesen folgend nicht planmäßig erscheint. Auch psychodynamische und emotionale Aspekte der Betreuungsbeziehung geraten in Gefahr, ausgeblendet zu werden. Das ist wirklichkeitsfremd, weil es nicht der vollständigen Realität mitmenschlicher helfender Beziehungen entspricht. Und die weitgehende Individualisierung von Hilfe blendet zudem soziale, nachbarschaftliche, sozialräumliche Aspekte aus. Hilfreicher wird es, wenn kommunikatives und instrumentelles Handeln „füreinander offen bleiben“ (Schernus 2007, 116). b) Quantifizieren und Rationalisieren im Widerstreit mit Hilfe und emanzipatorischen Zielen Die gesetzlichen Grundlagen sind in ihrer Zielsetzung eindeutig. Sie fordern kooperatives Handeln aller Beteiligten zum Wohle der hilfebedürftigen und -berechtigten Menschen. Allerdings gibt es zwischen den Beteiligten keine klaren, eindeutigen, verlässlichen Aussagen über die Ziele der Hilfeplanung, bzw. es gibt heimliche Ziele - vergleichbar dem „heimlichen VHN 2/ 2009 100 Fritz Bremer Lehrplan“ in der Schulpädagogik. Wie kann es dazu kommen? Wo liegen die Probleme in der Umsetzungspraxis? Bereits im Vorfeld der Einführung von Hilfeplanung in Schleswig-Holstein gab es hitzige Debatten, in deren Verlauf zwischen Leistungsträgern und -erbringern Unterstellungen ausgetauscht wurden. Aber nicht nur Unterstellungen: Die Absicht der Kostensenkung in der Eingliederungshilfe bzw. die Absicht der Abwehr dieses Versuchs wurden auch offen angekündigt. Zugleich verwahrte man sich aber dagegen, wenn die jeweils andere Seite die selbst angekündigte Absicht nun wieder unterstellte. So entstand eine Diskussion nach der Art des Schattenboxens. Oder anders: Die beiden Seiten schufen in dieser Diskussion jeweils Tabuzonen aus Ankündigungen, Unterstellungen und Empörung. Und das Bewusstsein für eine gemeinsame Verantwortung für die Ausgestaltung der Hilfen nahm Schaden. Erkennbar wurde: Hilfeplanung ist mehr als ein rationales, überprüfbares, „personenzentriertes“ Verfahren. Sie findet statt in einem Spannungsfeld widerstreitender Interessen. Zum einen sind da die Bedürfnisse, der Hilfebedarf, die Notlage der betroffenen Menschen, zum anderen die Interessen der Leistungs- und Einrichtungsträger. Welches sind die widerstreitenden Interessen? Was erzeugt Spannung? Es geht um Steuerungsmacht: Wer hat die Federführung bei der Steuerung des Zugangs zu den Hilfen? Zugleich geht es um schwerwiegende finanzielle Probleme und Interessen. Von der prekären finanziellen Lage der Kommunen geht ein großer Druck aus. In dieser schwierigen Situation erscheint vielen Beteiligten die Regulierung und Ökonomisierung der sozialen Arbeit als einziger Ausweg. Bleibt Hilfeplanung also vorerst - offen oder verdeckt - interessenzentriert, ökonomiezentriert? Michael Regus von der Universität Siegen spricht unumwunden aus, worüber ansonsten Klarheit und Unklarheit zugleich herrschen, nämlich dass wir es mit zwei von Gesundheitsökonomen unterschiedenen Strategien der Kostendämpfung zu tun haben: Rationierung und Rationalisierung. Regus beschreibt Formen der Rationierung, wie sie inzwischen vor allem bei krankenkassenfinanzierten Leistungen für psychisch erkrankte Menschen Praxis geworden sind (knappe Medikamentenbudgets, Selbstbeteiligung u. a.). Rationalisierung ziele demgegenüber darauf, „die verfügbaren Mittel effizienter einzusetzen, um mehr finanziellen Spielraum zu gewinnen“ (Regus 2006, 4). Hier tut sich ein weiteres Feld von Widersprüchen auf. Sowohl Rationierung als auch Rationalisierung sind Strategien der Kostendämpfung, gehören zu den neuen Steuerungsformen, die entweder eher marktorientiert oder eher staatsorientiert sind. Bei genauerer Betrachtung wird man erkennen, dass plan- und marktwirtschaftliche Ziele und Strategien miteinander in Widerspruch geraten - mit ganz konkreten, persönlich spürbaren Folgen für Hilfeplanerinnen und Hilfeplaner, für betroffene, psychiatrieerfahrene Menschen und Menschen mit Behinderung sowie für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Einrichtungen. Auf diese drei Gruppen wirken im Alltag, in der Begegnung widerstreitende Forderungen, Zielvorstellungen, Erwartungen ein. Es wäre eine wichtige Aufgabe, die unterschiedlichen Wirkungen auf die Beteiligten der drei Gruppen zu untersuchen, insbesondere die Wirkung heimlicher Ziele, nicht ausgesprochener Erwartungen. Vor allem im oben beschriebenen Widerstreit zwischen instrumentellem und kommunikativem Handeln erleben die Beteiligten ganz direkt die Widersprüche zwischen plan- und marktwirtschaftlicher Orientierung, und ebenso jene zwischen emanzipatorisch orientierter Gesetzgebung und offen oder verdeckt betriebener Kostendämpfung. c) Konsequenzen Um die Wirkungen von Hilfeplanung zu verstehen, kommen wir nicht um eine Zuspitzung herum. Unter dem Titel „Der marktwirtschaftliche Überfall auf die Psychiatrie. Zum Vorrü- VHN 2/ 2009 101 Hilfeplanung - Verbesserung der Hilfen? cken des neoliberalen Zeit- und Sprachregimes“ schreibt Erich Wulff: „Eine Minute Arzt, eine Minute Krankenschwester, eine Minute Ergotherapie kostet eben so und soviel Euro. Für eine einfache menschliche Zuwendung wäre nirgends mehr Platz, jede einzelne Minute wäre als verkäuflicher Akt kategorisiert. Die vielen Zwischentöne im therapeutischen Geschehen, dasjenige, was sich in ärztlich-therapeutischen Akten nicht als definierbares Produkt darstellen lässt, sondern definitionstranszendent bleibt, das alles droht beim Zwang zu einer solchen totalisierenden Zeitdokumentation verloren zu gehen. Alle Zeitnischen könnten so, wenn man es wollte, mit Hilfe moderner Technologien und Datenerhebung und -verarbeitung gnadenlos ausgeräumt werden. Und außerdem verschlänge der Zeitaufwand für sie unvermeidlich auch Kontakt- und Therapiezeit für Patienten“ (Wulff 2007, 9). Erich Wulff bringt die Widersprüche auf den Punkt: Machen wir bitte aus dem Arzt eine Sozialpädagogin, aus der Krankenschwester einen Erzieher, aus der Ergotherapie einen Hausbesuch, aus dem therapeutischen Geschehen Betreuung und Begleitung, dann ergibt sich eine Beschreibung von Eingliederungshilfe, z. B. Ambulanter Betreuung, wie sie in einigen Regionen schon Realität ist, in anderen droht, Realität zu werden. Ein weiterer Aspekt der Gefährdung der Gewährleistung notwendiger und angemessener Hilfen darf nicht übersehen werden: Eine angedeutete, fast heimliche, und eine offene Infragestellung der Hilfen für Menschen mit Behinderung dringt auf vielfältige Weise in den Diskurs über Eingliederungshilfe. Zu ersterem sind dem Autor mehrfach Situationen bekannt geworden, die nach folgendem Muster abliefen: In einer regionalen Auseinandersetzung zwischen Leistungsträger der Eingliederungshilfe und Einrichtungsträger um die Erweiterung von Tagesförderstätten für geistig und körperlich schwer behinderte Menschen äußern Vertreter des Leistungsträgers im Rahmen einer Begehung angesichts schwer mehrfach behinderter Menschen fast beiläufig Fragen wie: „Was machen die hier den ganzen Tag? “, „Muss das denn alles sein? “ Diese beiläufig und heimlich angedeutete Infragestellung, die in kein Protokoll eingeht, die im Ernstfall auch vom Autor dieses Artikels nicht bewiesen werden könnte, hat eine nachhaltige Wirkung auf den weiteren Verlauf einer Verhandlung über die Ausgestaltung, Erweiterung, Entwicklung von Hilfeangeboten. Einrichtungsträger geraten durch solche die Menschen und die Arbeit entwertende Unterstellungen sofort in eine geschwächte Position. Gemeinsame ethische Grundhaltungen werden angegriffen und erschüttert und entfallen damit als notwendige, gemeinsam akzeptierte Grundlage von kooperativer Planung und Entwicklung. Neben der heimlich angedeuteten Form der Infragestellung gibt es die laute, fahrlässig sensationsheischende, wie sie z. B. in folgendem „Spiegel“-Zitat zum Ausdruck kommt: „Der wahre Treibsatz für die Sozialhilfeetats steckt in den Ausgaben für Schwerstbehinderte“ (zit. nach Bremer 2006, 15). Hier sei auch auf die von Markus Dederich zitierten Ergebnisse der Untersuchung von Wilhelm Heitmeyer zu den „Deutschen Zuständen“ (Heitmeyer 2007) verwiesen. Heitmeyers Untersuchung ergebe, dass 33,3 % der Deutschen der Ansicht seien, „die Gesellschaft könne sich wenig nützliche Menschen nicht mehr leisten, (…) und etwa 40 % meinen, unsere Gesellschaft nehme zu viel Rücksicht auf Versager“ (Dederich 2008). Die Ökonomisierung immer weiterer Lebensbereiche wird für immer mehr Menschen zur scheinbar nicht hinterfragbaren Normalität. Die für die „Schwächsten“, für beeinträchtigte, hilfebedürftige Menschen lebensnotwendigen Empfindungen und Haltungen - Mitgefühl und mitmenschliche Fürsorge -, die in ökonomischen Begriffen und Vorgängen nicht vermittelbar sind, werden für altmodisch gehalten und belächelt. „… nicht marktgängige Grundsätze wie Empathie und Fürsorglichkeit (werden) in den Hintergrund gedrängt. Dies führt, so Heitmeyer, zu einer Bedrohung des inneren Zusammenhalts der Gesellschaft“ (Dederich 2008). VHN 2/ 2009 102 Fritz Bremer Hilfeplanung - im Sozialrecht emanzipatorisch und kooperativ gut gedacht - wird verwirklicht in einem ideologisch und ökonomisch neoliberal beherrschten Gebiet. Sie wird in einigen Regionen unter der Hand zum Machtkampf zwischen Leistungsträgern und Leistungserbringern auf Kosten der Hilfeplanerinnen und Hilfeplaner, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Betroffenen und Angehörigen, die alle unter unterschiedlichen Druck geraten. Die Hoffnung, diesen Druck und die oben beschriebenen Widersprüche durch geregelte Verfahren entschärfen, lösen, klären zu können, ist trügerisch, solange nicht geklärt ist, ob die Politik bereit ist, dem Geist des Gesetzes gegen rationalisierendes und kontrollierendes Machtgebaren Geltung zu verschaffen. Die Verbände der psychiatrieerfahrenen Menschen, behinderter Menschen und der Angehörigen, Vertreter der Hilfeplaner/ innen und Mitarbeiter/ innen sollten die Politik dringend auffordern zur Klarstellung der Zielsetzung von Hilfeplanung für seelisch und körperlich und geistig behinderte Menschen. Zugleich ist es notwendig, hilfebedürftige Menschen umfassend aufzuklären über ihre sozialen Bürgerrechte und sie bei der Durchsetzung ihrer Rechte zu unterstützen. Literatur Achberger, Christel (2008): Die Folgen der Änderungen im Sozialrecht für psychisch kranke Menschen. Veröffentlichung in Vorbereitung Bremer, Fritz (2006): „Du bist Deutschland“ und die Radikalisierung von Ausgrenzung. In: Brückenschlag 22, Neumünster Dederich, Markus (2008): Die Universalisierung der Ökonomie - Ursachen, Hintergründe und Folgen. In: VHN 77, 288 - 300 Habermas, Jürgen (2004): Brief zu den „Soltauer Impulsen“. Starnberg Hase, Ulrich (2008): Erlebte Inklusion in den Jahren 2007 und 2008 - Wahrnehmung und Bewertung der neuen Bedingungen. Referat zur Tagung Kommunalisierung der Eingliederungshilfe. Kiel Heitmeyer, Wilhelm (2007): Moralisch abwärts im Aufschwung. In: Die Zeit Nr. 51 Regus, Michael (2006): Gemeindenah ist auch vorbei? - Gegenwartsprobleme und Zukunftsherausforderungen der Gemeindepsychiatrie. In: Soziale Psychiatrie 3 Schernus, Renate (2007): Risiken einer Verdatung der Hilfeplanung. In: Elgeti, H. (Hrsg.): Psychiatrie in Niedersachsen. Bonn Wulff, Erich (2007): Der marktwirtschaftliche Überfall auf die Psychiatrie - Zum Vorrücken des neoliberalen Zeit- und Sprachregimes. In: Forum Kritische Psychologie 51 Fritz Bremer Dipl.-Päd./ Sonderschullehrer Schmiedekoppel 18 D-24802 Grossvollstedt