Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete
5
0017-9655
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
41
2011
802
Aktuelle Forschungsprojekte VHN 2/11
41
2011
Zur Entwicklung von dissozialem Verhalten in Abhängigkeit der Schulklassenzusammensetzung – Die Studie FRI-PEERS
5_080_2011_2_0008
VHN 2/ 2011 161 Aktuelle Forschungsprojekte Zur Entwicklung von dissozialem Verhalten in Abhängigkeit der Schulklassenzusammensetzung - Die Studie FRI-PEERS Christoph Michael Müller, Gérard Bless Universität Freiburg/ Schweiz Im Februar 2011 begann am Heilpädagogischen Institut der Universität Freiburg/ Schweiz das Forschungsprojekt „FRI-PEERS“ (Freiburger Studie zum Peereinfluss in Schulen). Darin wird untersucht, inwiefern die Klassenzusammensetzung hinsichtlich des Anteils von Jugendlichen mit dissozialem Verhalten einen Einfluss auf die individuelle Verhaltensentwicklung von Schülerinnen und Schülern hat. Die Studie wird vom Schweizerischen Nationalfonds im Rahmen der freien Grundlagenforschung über 30 Monate finanziert. Das Projekt erfolgt unter der Leitung von Dr. Christoph Müller und der Mitarbeit von zwei Forschungsassistentinnen sowie mehreren studentischen Hilfskräften. Hintergrund Dissoziales Verhalten von Jugendlichen bedeutet für potenzielle Opfer eine Bedrohung und für die betroffenen Jugendlichen eine ungünstige Entwicklungsperspektive (Quinn/ Poirier 2004). Aus diesem Grund ist es zentral, die Ursachen solchen Verhaltens zu erforschen und präventive Maßnahmen daraus abzuleiten. Als einer der größten Risikofaktoren für eine dissoziale Entwicklung gilt das Zusammensein mit dissozial ausgerichteten Peers (Dodge u. a. 2006). Erste klinische Studien deuten denn auch darauf hin, dass die Zusammenführung dieses Personenkreises in therapeutischen Fördergruppen unerwünschte negative Beeinflussungsprozesse zur Folge haben kann (Poulin u. a. 2001). Diese Befunde zu den Auswirkungen der Gruppenzusammensetzung auf die Entwicklung von dissozialem Verhalten wurden bisher wenig auf den Schulkontext übertragen. Das ist überraschend, da sich Jugendliche in der Schule und im Speziellen in ihrer Klasse täglich gegenseitig beeinflussen (Müller 2010). Dies gilt insbesondere für Jugendliche der Sekundarstufe I, die in diesem Alter als besonders empfänglich für Peereinfluss gelten (Gifford-Smith u. a. 2005). Es stellt sich daher die Frage, inwiefern dissoziales Verhalten von Mitschülerinnen und Mitschülern die individuelle Entwicklung ebensolcher Verhaltensweisen bei anderen Jugendlichen beeinflusst. Neben dem Mittelwert dissozialen Verhaltens in der Klasse könnten dabei auch die Eigenschaften der populären Jugendlichen und der persönlichen Freunde in der Klasse eine entscheidende Rolle spielen. Methodik Die Bearbeitung der Fragestellung ist im Rahmen einer längsschnittlichen Kompletterhebung im deutschsprachigen Teil des Kantons Freiburg geplant, in dem Jugendliche auf der Sekundarstufe I feste Klassenzusammensetzungen besuchen. Es sollen Schülerinnen und Schüler der ersten Sekundarstufe (7. Klasse) aller drei Regelbildungsgänge und der sonderpädagogischen Werkstufe einbezogen werden. Die Klassen werden zu diesem Zeitpunkt neu zusammengestellt, sodass Effekte der Klassenkomposition gut beobachtbar sind. Die rund 800 Jugendlichen sollen während eines Schuljahres über vier Messzeitpunkte begleitet werden. Die Datenerhebung wird an den Schulen vor Ort mit Hilfe standardisierter Tests und schriftlicher Befragungen anonymisiert durchgeführt. Dissoziales Verhalten wird dabei durch die Ausprägung aggressiv-oppositionellen und delinquent-kriminellen Verhaltens sowohl in Bezug zu einer Testnorm (Screening Psychischer Störungen - Jugendliche) als auch in absoluten Häufigkeiten durch Selbstauskünfte und Peerratings erhoben. Die Entwicklung der sozialen Netzwerke innerhalb der verschiedenen Klassen wird durch Peernominationen erfasst. Die statistische Analyse erfolgt aufgrund der geschachtelten Datenstruktur (Ebene 1: Messzeitpunkte; Ebene 2: Individuen; Ebene 3: Klassen) mehrheitlich mit Hilfe mehrebenenanalytischer Verfahren. Das Hauptinteresse richtet sich dabei auf die Frage, welche Variablen der Klassenzusammensetzung die Veränderungsrate des dissozialen Verhaltens in der 7. Klasse signifikant beeinflussen. Auf allen Ebenen der Datenstruktur werden dabei zentrale Kontrollvariablen berücksichtigt. Relevanz der Studie Die Ergebnisse der Untersuchung erlauben ein besseres Verständnis von schulischen Bedingungsfaktoren für dissoziale Entwicklungen und zeigen dies- VHN 2/ 2011 162 Aktuelle Forschungsprojekte bezüglich Handlungsperspektiven auf. So lassen sich Hinweise zu günstigen und weniger günstigen Klassenkonstellationen ableiten sowie mögliche Folgen der Zusammenführung verhaltensauffälliger Jugendlicher in niedrigen Bildungsgängen analysieren. Eine besondere Relevanz gewinnt die Studie durch die aktuelle Diskussion über die Erfolge und Schwierigkeiten der Integration von sonderpädagogisch geförderten Schülerinnen und Schülern mit Verhaltensproblemen in allgemeinen Schulen. Darüber hinaus bieten die Ergebnisse der Untersuchung verlässliche Angaben zur Häufigkeit und Entwicklung dissozialer Verhaltensweisen von Jugendlichen in einem Schweizer Kanton, welche für die gezielte Planung von schulweiten Präventionsmaßnahmen bedeutsam sind. Weitere Informationen und Literaturangaben können eingeholt werden bei: christoph.mueller2@unifr.ch Empirische Evaluation des Lerntrainings für Jugendliche mit ADHS (LeJA) im Kontrollgruppendesign Timo Hennig, Satyam Antonio Schramm, Friedrich Linderkamp Carl von Ossietzky Universität Oldenburg Forschungshintergrund Die Aufmerksamkeitsdefizit-/ Hyperaktivitätsstörung (ADHS) stellt eines der häufigsten Störungsbilder des Kindes- und Jugendalters dar. Die Diagnosehäufigkeit ist am höchsten in der Gruppe der 11 - 13-Jährigen (7,1 %), gefolgt von der Gruppe der 14 - 17-Jährigen (5,6 %) (Huss u. a. 2008). Jugendliche mit ADHS sind von einem signifikant erhöhten Risiko komorbider Störungen und sekundärer Probleme wie z. B. Schulabbruch betroffen (Biederman u. a. 2006; Barbaresi u. a. 2007). Dennoch liegt im deutschsprachigen Raum bislang kein Interventionskonzept vor, dessen Wirksamkeit unter kontrollierten Bedingungen nachgewiesen werden konnte. Um diese Lücke zu schließen, wurde auf der Grundlage von Ergebnissen der empirischen Wirksamkeitsforschung das kognitiv-behaviorale Trainingsprogramm LeJA („Lerntraining für Jugendliche mit ADHS“) konzipiert. Das Lerntraining LeJA Das Trainingsverfahren LeJA verfolgt vorrangig zwei Ziele: 1. Verbesserung schulischen bzw. ausbildungsrelevanten Lern- und Leistungsverhaltens und 2. Unterstützung bei der Bewältigung normativer Entwicklungsaufgaben. Die Verbesserung des Lernverhaltens wird durch eine Übungsbehandlung anhand aktuell relevanter Schulaufgaben bewirkt. Dabei kommen Techniken der kognitiv-behavioralen Therapie zum Einsatz, z. B. soziale Verstärkung gelungener Verhaltensteile, Verhaltensfeedbacks, Selbstinstruktion und Problemlösetraining. Zur Unterstützung der adoleszenztypischen Autonomieentwicklung bzw. zur besseren Bewältigung normativer Entwicklungsaufgaben wird ein Coaching im Sinne der Selbstmanagementtherapie nach Kanfer u. a. (2006) durchgeführt. Die Haltung des Trainers orientiert sich an den von Grawe und seinem Team gefundenen allgemeinen Wirkfaktoren (Grawe 2005). Das Training wird im Einzelsetting in 16 - 20 Sitzungen durchgeführt und liegt in manualisierter Form vor (Linderkamp u. a. 2011). Evaluationsstudie Zur empirischen Wirksamkeitsprüfung wird aktuell am Lehrstuhl für Sonder- und Rehabilitationspädagogische Psychologie (Prof. Dr. F. Linderkamp) der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg eine Kontrollgruppenstudie durchgeführt. Das Design umfasst eine Interventionsgruppe, eine Wartekontrollgruppe und eine Kontrollgruppe mit einer Alternativbehandlung (Entspannungstraining). Angestrebt ist eine Gesamtteilnehmerzahl von 100 Jugendlichen im Alter von 12 - 17 Jahren. Zu drei Messzeitpunkten (prä, post, follow-up) werden die Erfolgskriterien ADHS-Symptomschwere, Gesamtproblembelastung, Strategiewissen, Lernverhalten und Aufmerksamkeitsleistung mittels standardisierter Verfahren erfasst. In die Evaluation gehen Testergebnisse und Selbsteinschätzungen der Jugendlichen ein sowie Fremdbeurteilungen von Eltern und Lehrern. Aktuell liegen Daten aus 41 Trainingsdurchgängen vor (Alter: M = 14,3; SD = 1,53). Das LeJA-Training zeichnet sich durch deutliche Verbesserungen im Vorher-nachher-Vergleich aus, die sich in einem über alle Erfolgsmaße integrierten Effekt von d = 0,54 nie- VHN 2/ 2011 163 Aktuelle Forschungsprojekte derschlagen. Im Vergleich zu den beiden Kontrollgruppen ist LeJA deutlich überlegen (Alternativbehandlung: d = 0,21; Wartegruppe: d = 0,14). Gute Einzeleffektstärken wurden insbesondere in den primären Erfolgsmaßen ADHS-Symptomschwere (0,62; p < .01) und Strategiewissen (0,63; p < .05) erzielt. Ausblick Die Evaluationsstudie wird voraussichtlich Ende 2011 abgeschlossen sein. Im Anschluss an die Signifikanzprüfung können für LeJA absolute Effektstärken sowie bereinigte Effektstärken durch Herausrechnen der Effekte bestimmt werden, die sich in den Kontrollgruppen zeigen. Weiterhin sollen Erkenntnisse zur differenziellen Trainingswirksamkeit gewonnen werden, insbesondere zur Auswirkung des Alters auf den Trainingserfolg. In der Erforschung kognitiv-behavioraler Verfahren zeigen sich Alterseffekte insofern, als ältere Kinder bzw. Jugendliche aufgrund ihrer gestiegenen kognitiven Reife stärker von CBT-Interventionen profitieren (Durlak u. a. 1991; McCart u. a. 2006). Allerdings ist die Wirksamkeit in der mittleren Adoleszenz, etwa ab 14 Jahren, kaum erforscht. Die aktuellen Daten der Evaluationsstudie zeigen beispielsweise, dass sich die ADHS-Symptomschwere der jüngsten Teilnehmer (12 Jahre) am wenigsten gebessert hat und die der 14-Jährigen am meisten. Die Wirksamkeit des Trainings bezogen auf das Ausmaß der Symptomverbesserung scheint im Intervall von 12 bis 14 Jahren linear zuzunehmen. Diese lineare Zunahme findet sich für die Teilnehmer von 15 bis 17 Jahren nicht mehr. Es werden auch für diese Altersspanne im Mittel durchgehend Verbesserungen erzielt, aber das Ausmaß der Verbesserung scheint mit steigendem Alter abzunehmen. Daraus abgeleitet lässt sich vorläufig vermuten, dass die mittlere Altersgruppe (14 Jahre) bezüglich der Verminderung ihrer ADHS-Symptomatik in besonderem Maße vom Training profitiert. Literatur Linderkamp, F.; Hennig, T.; Schramm, S. A. (2011): ADHS bei Jugendlichen. Das Lerntraining Le- JA. Weinheim: Beltz PVU Linderkamp, F.; Hennig, T.; Schramm, S. A. (2010): Das Lerntraining für Jugendliche mit Aufmerksamkeitsstörungen (LeJA). Konzept und Kasuistik. In: Verhaltenstherapie mit Kindern & Jugendlichen 6, 107 - 116 Kontakt timo.hennig@uni-oldenburg.de http: / / www.sonderpaedagogik.uni-oldenburg.de/ 37663.html Der Spracherwerb CI-versorgter Kinder gehörloser bzw. hochgradig schwerhöriger Eltern Johanna Dumanski Ludwig-Maximilians-Universität München Forschungshintergrund Das vorgestellte Teilprojekt gehört zum Forschungsprojekt „CI-versorgte Kinder gehörloser bzw. hochgradig hörgeschädigter Eltern“ des Lehrstuhls für Gehörlosen- und Schwerhörigenpädagogik der Universität München (Projektleitung: Prof. Dr. habil. Annette Leonhardt). Die Reihe begann 2001 mit der Pilotstudie „Cochlea-implantierte Kinder gehörloser bzw. hochgradig hörgeschädigter Eltern“, welche 2006 durch das Projekt „Entwicklung von Informationsmaterial über die CI-Versorgung von Kindern für gehörlose und hochgradig hörgeschädigte Eltern“ (Dierner 2007) fortgeführt wurde. Die Zahl der cochlea-implantierten Kinder gehörloser bzw. hochgradig hörgeschädigter Eltern ist in den letzten Jahren trotz anfänglich großer Zurückhaltung dieser Eltern und einiger sich in der Gehörlosengemeinschaft lang haltender Vorurteile gegen das CI stetig gestiegen. Durch die CI-Versorgung befinden sich diese Kinder in Bezug auf ihre sprachliche Sozialisation in einer anderen Situation als beispielsweise gehörlose Kinder gehörloser Eltern oder CI-versorgte Kinder hörender Eltern. Letztere wurden in der bisherigen Forschung schon näher betrachtet, die cochlea-implantierten Kinder gehörloser bzw. hochgradig hörgeschädigter Eltern dagegen noch nicht. Diesem Missstand soll mit dem vorliegenden Projekt Abhilfe geschaffen werden. Forschungsziel und Forschungsfragen Das Projekt „Spracherwerb CI-versorgter Kinder gehörloser bzw. hochgradig hörgeschädigter Eltern“ zielt auf die Erfassung des Ist-Zustandes der Wortschatzkenntnisse der betroffenen Kinder ab. Deutschlandweit sollen möglichst viele Kinder der Zielgrup- VHN 2/ 2011 164 Aktuelle Forschungsprojekte pe in ihrem expressiven bzw. rezeptiven Wortschatz in Laut- und Gebärdensprache getestet und so ihre aktuelle sprachliche Situation erfasst werden. Folgenden Fragen wird dabei besonderes Interesse entgegengebracht: 1. Gebrauchen CI-versorgte Kinder gehörloser bzw. hochgradig schwerhöriger Eltern Laut- und Gebärdensprache gleichermaßen? 2. Welchen Kenntnisstand im expressiven bzw. expressiven und rezeptiven Wortschatz haben die Kinder in der Lautsprache? Gibt es hier eventuell qualitative Auffälligkeiten (zum Beispiel in Bezug auf Wortarten)? 3. Welchen Kenntnisstand im rezeptiven Wortschatz haben die Kinder in der Gebärdensprache? Gibt es hier eventuell qualitative Auffälligkeiten (zum Beispiel in Bezug auf Wortarten)? 4. Zeigen sich Zusammenhänge zwischen den Wortschatzkenntnissen und äußeren Einflüssen wie etwa Geschlecht, Tragedauer des Cochlea- Implantats/ der Cochlea-Implantate oder der zuhause hauptsächlich genutzten Kommunikationsform? Forschungsdesign a) Untersuchungsteilnehmer Die untersuchte Gruppe setzt sich aus Kindern im Alter von 4 bis 12 Jahren aus ganz Deutschland zusammen, die mit einem oder zwei Cochlea-Implantaten versorgt sind. Die Kinder zwischen vier und sechs Jahren sollten das CI seit mindestens drei Jahren tragen. Eine weitere Voraussetzung ist, dass beide Elternteile gehörlos bzw. hochgradig hörgeschädigt sind. b) Untersuchungsmethodik Da bislang keine empirischen Daten zum Forschungsgegenstand vorliegen, weist das Projekt insgesamt den Charakter einer Pilotstudie auf. Die für eine vergleichende Auswertung benötigten Daten wie etwa Alter, Anpassungszeitpunkt und Tragedauer des CIs bzw. der CIs, Kommunikationsform im Elternhaus und mit den Großeltern sowie Art der Beschulung bzw. des Kindergartenbesuchs werden in einem kurzen Interview mit einem oder beiden Elternteilen erhoben. Für die Erfassung des Wortschatzes werden die Kinder in zwei Gruppen eingeteilt: Die erste Gruppe setzt sich aus Kindern zusammen, die über eine Hörerfahrung von 3; 0 bis 5; 6 Jahren verfügen. In den meisten Fällen handelt es sich hierbei um die Hörerfahrung mit CI. In einigen wenigen Fällen, vor allem bei spät implantierten Kindern, wird - sofern sie vor der CI-Versorgung regelmäßigen Nutzen aus einer Versorgung mit Hörgeräten ziehen konnten - die Zeit mit Hörgeräten in das Höralter mit eingerechnet. Bei dieser Gruppe wird der Kenntnisstand des lautsprachlichen Wortschatzes auf rein expressiver Ebene mit dem AWST-R (Aktiver Wortschatztest für 3bis 5-jährige Kinder - Revision) erhoben. Die Ergebnisse hieraus werden quantitativ und qualitativ ausgewertet. Die qualitative Analyse erfolgt unter anderem in Bezug auf die verwendeten Wortarten, Ersetzungsstrategien und morphologischen Kenntnisse. Die rezeptiven Wortschatzkenntnisse in der Deutschen Gebärdensprache werden mit dem PER- LESKO (Prüfverfahren zur Erfassung lexikalischsemantischer Kompetenz) getestet. Dieses erfasst 54 Gebärden (je 18 Nomen, Verben, Adjektive) des Grundwortschatzes der Deutschen Gebärdensprache. Die verwendeten Gebärden werden meist auch von Kindern dieser ersten Gruppe beherrscht. Die Ergebnisse des PERLESKO dienen in dieser Altersgruppe dennoch nur zu einer ungefähren Einschätzung, da der Test nur in einer Normierung für das 3. und 4. Schulbesuchsjahr vorliegt. Nichtsdestoweniger können Schlüsse über den Kenntnisstand und die qualitative Zusammensetzung des Gebärdenwortschatzes sowie die erhobenen Verwechslungen gezogen werden. Die zweite Gruppe besteht aus CI-versorgten Kindern mit einem Höralter von 5; 7 bis 10; 11 Jahren bei einem maximalen Lebensalter von 12 Jahren. Diese Kinder werden mit einer Kurzform des WWT (Wortschatz- und Wortfindungstest für 6bis 10-Jährige) getestet. Hierbei werden sowohl die expressiven als auch die rezeptiven Wortschatzkenntnisse der Kinder erhoben. Die Ergebnisse werden wiederum quantitativ wie qualitativ ausgewertet. Die qualitative Analyse erfolgt auch hier unter anderem in Bezug auf die verwendeten Wortarten und Ersetzungsstrategien. Die rezeptiven Wortschatzkenntnisse in der Deutschen Gebärdensprache werden in dieser Altersgruppe ebenfalls mit dem PERLESKO getestet. Bei der Auswertung der Ergebnisse dieses Tests wird die zweite Gruppe allerdings erneut unterteilt: Einerseits VHN 2/ 2011 165 Aktuelle Forschungsprojekte in die Kinder, die noch nicht (oder eventuell nicht mehr) die 3. oder 4. Klasse besuchen, und andererseits in jene, die in der 3. oder 4. Klasse beschult und damit mit der Normgruppe des PERLESKO vergleichbar sind. Bei Letzteren wird eine genaue quantitative und qualitative Auswertung vorgenommen. Bei den Kindern, die nicht mit der Normgruppe vergleichbar sind, dienen die Ergebnisse wiederum nur zu einer ungefähren Einschätzung und einer Analyse der qualitativen Aspekte. Erste Ergebnisse Die ersten erhobenen Daten zeigen eine Tendenz dahingehend, dass die meisten der bisher getesteten Kinder über gute rezeptive Gebärdenkenntnisse verfügen, während die lautsprachlichen Fähigkeiten individuell größere Schwankungen aufweisen. Dies betrifft wie zu erwarten gerade die expressiven lautsprachlichen Fähigkeiten. Weiterhin ließ sich feststellen, dass alle bisher getesteten Kinder das oder die CIs ganztägig tragen und meist sehr davon profitieren. Ein Zusammenhang zwischen Geschlecht bzw. der zuhause genutzten Kommunikationsform und den Testergebnissen konnte bisher noch nicht beobachtet werden. Ausblick Im ersten Viertelbis Halbjahr 2011 sind die Akquisition weiterer Kinder der genannten Untersuchungsgruppe sowie weitere Testungen vorgesehen. Daran anschließend folgen die quantitative Auswertung sowie die qualitative Analyse der individuellen Ergebnisse. Der Vergleich der erhobenen Daten mit den Daten der jeweiligen Normgruppen, aber auch der Vergleich innerhalb der getesteten Gruppen soll einen geeigneten Überblick über die Wortschatzkenntnisse der Untersuchungspopulation ermöglichen und eine Grundlage für eventuelle folgende, darauf aufbauende Forschungsprojekte bieten. Weitere Informationen sowie Literaturangaben können eingeholt werden bei johanna.dumanski@edu.lmu.de
