Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete
5
0017-9655
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
10.2378/vhn2014.art15d
41
2014
832
Rezensionen: Herzog, Walter (2013): Bildungsstandards
41
2014
Ulrich Halbheer
Mittlerweile sind rund zehn Jahre vergangen seit der von Eckhard Klieme und Mitarbeitenden verfassten Expertise zu Bildungsstandards und der Einführung von Regelstandards in den deutschen Bundesländern. In der Schweiz wurden 2011 mit der Verabschiedung nationaler Bildungsziele für die vier Fachbereiche Schulsprache, Fremdsprachen, Mathematik und Naturwissenschaften Grundkompetenzen formuliert, welche die Basis für die Entwicklung von Lehrmitteln, Lehrplänen und Evaluationsinstrumenten bilden sollen (siehe: http://www.edk.ch/dyn/12930.php ).
5_083_2014_2_0011
VHN 2 | 2014 178 REZE NSION E N Der vorgestellten Publikation ging ein wichtiges Werk voraus: Im ersten Band „Erzählte Behinderung. Grundlagen und Beispiele narrativer Heilpädagogik“ (Haupt 2012) begründet Johannes Gruntz-Stoll als Autor die wissenschaftliche Relevanz seines Ansatzes. Im dritten Band der Trilogie „Alles wie immer? Geschichten mit Behinderung“ (Hrsg. J. Gruntz-Stoll und C. Mürner, Chronos Verlag Zürich 2013) haben vierundzwanzig Schweizer Autorinnen und Autoren Geschichten von und über Menschen mit Behinderung zur Verfügung gestellt. Die drei Bände eröffnen auf einer breiten Grundlage neue und unbekannte Perspektiven von Menschen mit Behinderungen und helfen mit, diese in ihrem So-Sein besser zu verstehen und sie damit auch adäquat begleiten zu können. Dr. Andreas Fischer CH-4143 Dornach DOI 10.2378/ vhn2014.art14d Herzog, Walter (2013): Bildungsstandards Stuttgart: Kohlhammer. 116 S., € 19,90 Mittlerweile sind rund zehn Jahre vergangen seit der von Eckhard Klieme und Mitarbeitenden verfassten Expertise zu Bildungsstandards und der Einführung von Regelstandards in den deutschen Bundesländern. In der Schweiz wurden 2011 mit der Verabschiedung nationaler Bildungsziele für die vier Fachbereiche Schulsprache, Fremdsprachen, Mathematik und Naturwissenschaften Grundkompetenzen formuliert, welche die Basis für die Entwicklung von Lehrmitteln, Lehrplänen und Evaluationsinstrumenten bilden sollen (siehe: http: / / www.edk.ch/ dyn/ 12930.php ). Kompetenzbasierte Bildungsstandards sind somit auch im deutschen Sprachraum zu einem zentralen Element staatlicher Bildungspolitik geworden. Was aber sind Bildungsstandards genau und was soll und kann mit ihnen erreicht werden? Welches Verständnis von Lernen und Lehren steht hinter dem heute inflationär verwendeten Kompetenzbegriff? Was ist unter Output-Steuerung zu verstehen und welche möglichen Auswirkungen hat sie auf die Arbeit von Lehrpersonen sowie auf Unterricht und Schülerleistungen? Solchen und weiteren Fragen geht der Berner Erziehungswissenschaftler Walter Herzog in seiner jüngsten Publikation mit dem Titel „Bildungsstandards“ nach. Als ausgewiesener Kenner der Materie, der sich in zahlreichen Publikationen kritisch mit der Standardisierung im Bildungswesen auseinandergesetzt hat, identifiziert er die Problemzonen standardbasierter Bildungsreformen, indem er die fehlende Klarheit und Schärfe gängiger Kompetenzkonzepte moniert und die Probleme artikuliert, die sich mit dem Anspruch der Systemsteuerung einstellen. Dabei bezieht er sich einerseits auf die Konzeptionen im deutschsprachigen Raum und andererseits auf die weitgehend ernüchternden Erfahrungen mit Standards im angelsächsischen Raum. Auch wenn Herzogs kompaktes Buch durchaus den Charakter einer Streitschrift trägt und der Autor mit analytischer Schärfe und unmissverständlich auf Unstimmigkeiten und mögliche Fehlentwicklungen verweist, geht es ihm nicht darum, Bildungsstandards per se abzulehnen, sondern der mit ihnen einhergehenden Entwicklung Gegensteuer zu geben: „Gegensteuer würde nicht heißen, dass wir die Standardbewegung in Bausch und Bogen verdammen, wohl aber, dass wir auf deren Grenzen hinweisen, die sich vor allem aus ihren unausgesprochenen theoretischen Grundlagen ergeben.“ (S. 101, unter Verweis auf eigene frühere Publikationen.) Leser/ innen stellen sich angesichts dieses kritischen Fazits natürlich die Frage, welches denn mögliche Konsequenzen im Umgang mit der Thematik sein könnten. Darauf kann und will Herzogs Buch keine Antwort geben. Es bildet einen zwar reichlich späten, aber notwendigen und kritischen Beitrag, um die Diskussion um Kompetenzkonzepte und Bildungssteuerung (z. B. im Zuge der Einführung des Lehrplans 21) neu zu beleben. Dr. phil. Ulrich Halbheer CH-8280 Kreuzlingen DOI 10.2378/ vhn2014.art15d
