Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete
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0017-9655
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
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Lehrersicht der sozialen Partizipation von Grundschülern
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Susanne Schwab
Schüler/innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf (SPF) sind hinsichtlich ihrer sozialen Teilhabe in der Schule einem erhöhten Risiko ausgesetzt. In Zukunft werden in Österreich nahezu alle Schüler/innen mit SPF integrativ beschult. Im Hinblick darauf hat sich die vorliegende Studie zum Ziel gesetzt, einen Lehrerfragebogen zur Erfassung der sozialen Partizipation auf seine Brauchbarkeit zu überprüfen. Die deutsche Übersetzung des Social Participation Questionnaire (SPQ; Koster u. a. 2008) wurde von Grundschullehrer/innen der vierten Schulstufe über insgesamt 296 Schüler/innen ausgefüllt. 28 dieser Schüler/innen wiesen einen diagnostizierten SPF auf. Die deutsche Übersetzung des SPQ eignet sich als ein Lehrereinschätzverfahren zur sozialen Partizipation von Grundschüler/innen mit und ohne SPF. Die Reliabilitätskennwerte sind zufriedenstellend. Erwartungsgemäß zeigte sich, dass die soziale Partizipation von Schüler/innen mit SPF geringer eingeschätzt wird als jene von Schüler/innen ohne SPF, und dies sowohl für die Gesamtskala als auch für drei der vier Subskalen (Interaktion, Freundschaften und soziale Selbstsicht). Mit der deutschsprachigen Übersetzung des SPQ steht ein Instrument zur Verfügung, welches sich dazu eignet, die soziale Partizipation von Schüler/innen aus Lehrersicht einzuschätzen. Damit können die mangelnde soziale Partizipation besser erkannt und Hinweise für Interventionen gegeben werden.
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234 VHN, 84. Jg., S. 234 -245 (2015) DOI 10.2378/ vhn2015.art27d © Ernst Reinhardt Verlag Lehrersicht der sozialen Partizipation von Grundschülern Ergebnisse einer Studie mit dem Lehrerfragebogen zur Erfassung der sozialen Partizipation Susanne Schwab Universität Bielefeld Zusammenfassung: Schüler/ innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf (SPF) sind hinsichtlich ihrer sozialen Teilhabe in der Schule einem erhöhten Risiko ausgesetzt. In Zukunft werden in Österreich nahezu alle Schüler/ innen mit SPF integrativ beschult. Im Hinblick darauf hat sich die vorliegende Studie zum Ziel gesetzt, einen Lehrerfragebogen zur Erfassung der sozialen Partizipation auf seine Brauchbarkeit zu überprüfen. Die deutsche Übersetzung des Social Participation Questionnaire (SPQ; Koster u. a. 2008) wurde von Grundschullehrer/ innen der vierten Schulstufe über insgesamt 296 Schüler/ innen ausgefüllt. 28 dieser Schüler/ innen wiesen einen diagnostizierten SPF auf. Die deutsche Übersetzung des SPQ eignet sich als ein Lehrereinschätzverfahren zur sozialen Partizipation von Grundschüler/ innen mit und ohne SPF. Die Reliabilitätskennwerte sind zufriedenstellend. Erwartungsgemäß zeigte sich, dass die soziale Partizipation von Schüler/ innen mit SPF geringer eingeschätzt wird als jene von Schüler/ innen ohne SPF, und dies sowohl für die Gesamtskala als auch für drei der vier Subskalen (Interaktion, Freundschaften und soziale Selbstsicht). Mit der deutschsprachigen Übersetzung des SPQ steht ein Instrument zur Verfügung, welches sich dazu eignet, die soziale Partizipation von Schüler/ innen aus Lehrersicht einzuschätzen. Damit können die mangelnde soziale Partizipation besser erkannt und Hinweise für Interventionen gegeben werden. Schlüsselbegriffe: Soziale Partizipation, Integration, sonderpädagogischer Förderbedarf, Lehrereinschätzung Social Participation of Primary School Students from Teacher Perspective Summary: In the near future, nearly all students with special educational needs (SEN) in Austria will be taught in inclusive classes. As students with SEN are at risk for having a reduced social participation in class, this study aims to evaluate the psychometric qualities of a teacher questionnaire developed to measure social participation in class. The German translation of the Social Participation Questionnaire (SPQ; Koster u. a. 2008) was filled out by teachers for 296 fourth grade students, of which 28 were diagnosed as having SEN. The German version of the SPQ showed good psychometric qualities. All subscales, as well as the SPQ total score were reliable. As expected, differences between students with and without SEN were found on the total score and in three of the four subscales (contacts/ interactions, friendships/ relationships and “student’s social self-perception”). The German version of the SPQ allows teachers to evaluate students’ social participation and to identify a lack of social participation, and provides important informations for interventions. Keywords: Social participation, inclusion, special educational needs, teacher questionnaire FACH B E ITR AG VHN 3 | 2015 235 SUSANNE SCHWAB Lehrersicht der sozialen Partizipation FACH B E ITR AG 1 Soziale Integration von Schüler/ innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf Einer der Gründe, warum Schüler/ innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf (SPF 1 ) nicht gesondert in Sonderschulen unterrichtet werden sollen, ist die Tatsache, dass sich Schüler/ innen mit SPF in Hinblick auf leistungsbezogene Merkmale in Regelklassen besser entwickeln als in Sonderschulklassen (siehe dazu z. B. Haeberlin u. a. 1991; Rouse/ McLaughlin 2007; Ruijs/ Peetsma 2009). Daneben spielt aber auch der Gedanke eine Rolle, dass Sonderbeschulung zu sozialer Ausgrenzung führt. Viele Eltern von Schüler/ innen mit SPF wünschen sich daher, dass ihre Kinder in eine „normale“ Schule gehen (Gasteiger-Klicpera u. a. 2013). Eine aktuelle Studie von Schwab (2014 a) zeigte zudem, dass die Österreicher/ innen die soziale Integration von Schüler/ innen mit SPF als positiv einschätzen. Es scheint also der Glaube vorzuherrschen, dass die integrative Beschulung von Schüler/ innen mit SPF sozusagen automatisch zu einer besseren sozialen Teilhabe führt. Allerdings bestätigen Studien im Feld dies nur teilweise. Zwar kommt es durch die schulische Integration zu vermehrten Kontakten von Schüler/ innen mit und ohne SPF, in Bezug auf die Effekte zeigen Studienergebnisse jedoch Unterschiedliches. Manche Untersuchungen berichten über keinerlei Effekte, andere über positive Veränderungen (z. B. Freundschaften zwischen Schüler/ innen mit und ohne SPF) und wiederum andere über negative Effekte (z. B. häufige Viktimisierung von Schüler/ innen mit SPF in Integrationsklassen; zur Übersicht siehe Nakken/ Pijl 2002). Internationale Studien hingegen zeichnen ein überwiegend problematisches Bild der sozialen Partizipation von Schüler/ innen mit SPF. Koster u. a. (2009 a) fassten in einem Review zusammen, dass die Studien zur sozialen Partizipation (bzw. der sozialen Inklusion oder der sozialen Integration) auf vier Hauptthemen fokussieren: Freundschaften und Beziehungen, Interaktionen und Kontakte, Selbsteinschätzungen von Schüler/ innen und Akzeptanz. Für alle diese Kernbereiche der sozialen Partizipation sind aktuelle Studienergebnisse eher unerfreulich. Schüler/ innen mit SPF haben beispielsweise oftmals weniger Freunde als ihre Mitschüler/ innen ohne SPF oder sogar gar keine Freunde in der Klasse (z. B. Frostad/ Pijl 2007). Frostad u. a. (2011) stellten fest, dass in der zehnten Klasse etwa 18 % der Schüler/ innen mit SPF keinen Freund in der Klasse hatten; dieser Anteil ist bei den Schüler/ innen ohne SPF nur etwa halb so groß. Zudem scheint es auch so zu sein, dass die Qualität von Freundschaften bei Schüler/ innen mit SPF schlechter ist als jene bei Schüler/ innen ohne SPF (Locke u. a. 2010; Whitehouse u. a. 2009). Auch während der gemeinsam verbrachten Zeit haben Schüler/ innen mit SPF im Durchschnitt weniger Interaktionen mit Mitschüler/ innen als Schüler/ innen ohne SPF (Carter u. a. 2005; Pijl u. a. 2011). Zudem haben Schüler/ innen mit SPF häufiger niemanden, mit dem sie reden können, als Schüler/ innen ohne SPF (Schwab 2015 b). Hinsichtlich der subjektiven Gefühle über die soziale Situation äußert die Mehrheit aller Schüler/ innen (mit und ohne SPF) zufriedenstellende Selbsteinschätzungen (Koster u. a. 2010). Vergleiche von Schüler/ innen mit und ohne SPF zeigen jedoch häufig, dass sich Schüler/ innen mit SPF sozial weniger akzeptiert (Schwab 2014 b) und integriert (Bless/ Mohr 2007; Ruijs/ Peetsma 2009) und sich insbesondere einsamer fühlen (Bossaert u. a. 2013 a; Pijl u. a. 2010; Rubin u. a. 2008; Schwab 2015 b). Dabei spielt jedoch die Art des SPF eine wichtige Rolle: Schüler/ innen mit Verhaltensauffälligkeit fühlen sich sozial schlechter integriert (Venetz/ Tarnutzer 2012). Zwischen Schüler/ innen mit und VHN 3 | 2015 236 SUSANNE SCHWAB Lehrersicht der sozialen Partizipation FACH B E ITR AG ohne Lernbehinderung zeigen neuere Studien nicht immer Unterschiede in der selbsteingeschätzten sozialen Integration (Schwab 2014 c; Venetz/ Tarnutzer 2012). Bei der Akzeptanz in der Peergroup schneiden Schüler/ innen mit SPF im Vergleich zu den Mitschüler/ innen ohne SPF deutlich schlechter ab: sie sind weniger beliebt, weniger akzeptiert und werden häufiger zurückgewiesen (Bless 2000; Eckhart 2006; Frostad/ Pijl 2007; Huber 2008; Huber/ Wilbert 2012; Klicpera/ Gasteiger-Klicpera 2003; Ruijs/ Peetsma 2009). Ergebnisse in Bezug auf Viktimisierung zeigen, dass Schüler/ innen mit SPF ein erhöhtes Opferrisiko aufweisen (Klicpera/ Gasteiger-Klicpera 2003; Schwab u. a. 2013). Die mangelnde soziale Partizipation von Schüler/ innen mit SPF ist als äußerst bedenklich einzustufen, da sich daraus sowohl internale aus auch externale Probleme entwickeln können (siehe z. B. Durrant u. a. 1990). So wurde von Williams u. a. (1996) gezeigt, dass Kinder, die Opfer von Viktimisierung geworden sind, auch häufiger Schlafprobleme, Kopf- oder Bauchschmerzen haben. Aufgrund der negativen Effekte von mangelnder sozialer Partizipation auf die psychische und physische Gesundheit kommt der Prävention und Intervention in diesem Bereich eine hohe Bedeutung zu. Die meisten Präventionsprogramme fokussieren dabei auf die Schüler/ innen mit SPF selbst (etwa deren Sozialverhalten) oder auf die Peers (z. B. die Einstellung von Schüler/ innen zur schulischen Integration; s. dazu Chang 2004). In der Literatur wird jedoch insbesondere der Lehrperson eine äußerst hohe Bedeutung für eine funktionierende Inklusion zugesprochen (Moen 2008). Daher versuchen neuere Studien, die Rolle der Lehrperson im Zusammenhang mit der sozialen Partizipation von Schüler/ innen näher zu analysieren (z. B. Huber 2013; Huber u. a. 2015). Im Wissen um die Wichtigkeit der Lehrperson ist es umso erstaunlicher, dass es kein deutschsprachiges Instrument zur Erfassung der sozialen Partizipation über alle vier Bereiche (Freundschaften und Beziehungen, Interaktionen und Kontakte, Selbsteinschätzungen von Schüler/ innen und Akzeptanz; siehe dazu das Review von Koster u. a. 2009 a) gibt, welches Lehrer/ innen zur Einschätzung der sozialen Partizipation von Schüler/ innen mit und ohne SPF verwenden können. Im deutschsprachigen Raum gibt es zwar Instrumente zur Einschätzung des Sozial- und Lernverhaltens von Schüler/ innen (z. B. die Lehrereinschätzliste für Sozial- und Lernverhalten SLS von Petermann/ Petermann 2006), diese erfassen aber eher Kompetenzen als die soziale Partizipation. Die Subskala Sozialkontakte enthält beispielsweise das Item „Hält angemessene Distanz“, welches sich auf soziale Kompetenzen bezieht. Zur Erfassung der sozialen Teilhabe an sich wurden Items verwendet, welche nach Beliebtheit oder Ablehnung fragen (Schwab u. a. 2013). Koster u. a. (2008) entwickelten ein Instrument für Grundschullehrer/ innen auf Holländisch, welches alle vier Hauptbereiche der sozialen Partizipation erfasst. Dieses Instrument ist das erste, welches soziale Partizipation in allen vier genannten Facetten erfasst und über eine hinreichende psychometrische Güte verfügt (siehe dazu auch Koster u. a. 2009 b). Koster u. a. (2008) konnten zudem zeigen, dass die Lehrer/ innen die soziale Partizipation der Grundschüler/ innen mit SPF signifikant niedriger einschätzten als jene von Grundschüler/ innen ohne SPF. Dies konnte sowohl für den Gesamtscore als auch für alle vier Teilbereiche (Freundschaften, Interaktionen, Selbstsicht der Schüler/ innen, Akzeptanz) bestätigt werden. Bossaert u. a. (2013 b) erprobten das Instrument für Schüler/ innen der Sekundarstufe und fanden im Gesamtscore sowie in allen Subskalen außer der Akzeptanz bei Peers signifikant niedrigere Werte für Schüler/ innen mit SPF im Vergleich zu Schüler/ innen ohne SPF. VHN 3 | 2015 237 SUSANNE SCHWAB Lehrersicht der sozialen Partizipation FACH B E ITR AG 2 Zielsetzung Ziel der vorliegenden Studie ist es, eine deutschsprachige Übersetzung des SPQ (Koster u. a. 2009 b) auf dessen Einsetzbarkeit bei Schüler/ innen mit und ohne SPF zu überprüfen. Neben der Reliabilität, der faktoriellen Struktur und der Skaleninterkorrelation wird auch geprüft, ob Lehrer/ innen die soziale Partizipation von Schüler/ innen mit SPF insgesamt sowie in allen vier Facetten (Freundschaften, Interaktionen, Selbstsicht der Schüler/ innen und Akzeptanz; s. Koster u. a. 2009 a) niedriger einschätzen als jene von Schüler/ innen ohne SPF. Des Weiteren wird untersucht, ob sich in den Einschätzungen der Lehrer/ innen Unterschiede zwischen Schüler/ innen von Integrations- und Regelklassen zeigen. 3 Untersuchungsmethode 3.1 Stichprobe Die hier verwendeten Daten wurden im Rahmen eines größeren Projektes, des ATIS-SI Projekts (Attitudes towards inclusion in schools linked with social inclusion), erhoben. Das Projekt wird von der Autorin dieses Beitrags geleitet und fokussiert neben Grundschüler/ innen auch Schüler/ innen der Sekundarstufe (s. dazu auch Schwab 2015 a). Im Folgenden wird jedoch nur die für diesen Artikel relevante (Teil-)Stichprobe näher beschrieben. Für die Auswertungen werden die Daten von 296 Schüler/ innen (156 Schüler, 140 Schülerinnen; 28 Schüler/ innen wiesen einen diagnostizierten SPF auf) aus vierten Grundschulklassen aus drei österreichischen Bundesländern (Steiermark, Niederösterreich und Burgenland) herangezogen. Über die Hälfte der Schüler/ innen (60,8 %) besuchte eine Integrationsklasse mit 1 bis 5 Schüler/ innen mit SPF. 90,9 % der Schüler/ innen sind in Österreich geboren, 8,4 % weisen einen Migrationshintergrund auf, und von 0,7 % lag keine Information über das Geburtsland vor. 3.2 Erhebungsinstrumente Zur Erfassung der sozialen Partizipation wurde das Social Participation Questionnaire (Koster u. a. 2009 b) verwendet. Die theoretische Einbettung erfolge grundsätzlich auf Basis des Reviews von Koster u. a. (2009 a). Koster u. a. (2008) entwickelten das Instrument anhand des erwähnten Reviews, der eigenen Erfahrungen sowie einer Panel- und Expert/ innenbefragung. Anschließend wurde der Fragebogen im Hinblick auf die psychometrische Güte analysiert und überarbeitet (Koster u. a. 2009 b). Die überarbeitete Version besteht aus insgesamt 24 Items (siehe Tab. 1). Fünf Items beziehen sich auf Freundschaft, neun auf den Kontakt beziehungsweise die Interaktionen zwischen den Schüler/ innen, fünf auf die soziale Selbstsicht und nochmals fünf auf die soziale Akzeptanz. In der Studie von Koster u. a. (2009 b) zeigten sich für alle Subskalen zufriedenstellende Kennwerte (sowohl für die Stichprobe von Schüler/ innen ohne SPF als auch für jene von Schüler/ innen mit SPF). Die Items wurden auf einer fünfstufigen Likertskala erfasst (1 = „trifft überhaupt nicht zu“, 5 = „trifft völlig zu“). 4 Ergebnisse Wie man Tab. 2 entnehmen kann, liegen alle internen Konsistenzen der vier Subskalen sowohl für die Gruppe der Schüler/ innen ohne SPF (α = .82 - .93) als auch für jene mit SPF (α = .80 - .90) in einem zufriedenstellenden Bereich. Auch für die Gesamtskala konnten jeweils zufriedenstellende Reliabilitäten gezeigt werden (α = .94/ .93). Die Trennschärfen der einzelnen Items für die entsprechenden Subskalen sind durchwegs zufriedenstellend (siehe Tab. 1). Mit Ausnahme eines Items der Subskala Akzeptanz (Item 18), welches nur in der Gruppe der Schüler/ innen ohne SPF eine etwas niedrigere Trennschärfe aufweist, sind alle Trennschärfen VHN 3 | 2015 238 SUSANNE SCHWAB Lehrersicht der sozialen Partizipation FACH B E ITR AG Nr. Subskala Item des SPQ (holländische Version, entnommen aus Koster u. a. 2009 b) Schüler/ innen ohne SPF Schüler/ innen mit SPF M(SD) r it / λ M(SD) r it / λ 1 Int 1 Das Kind hat offensichtlich Spaß mit seinen Mitschülern (gemeinsam lachen). 4.54 (0.80) .61/ .71 4.50 (0.84) .56/ .66 2* Int 2* Die Mitschüler schließen das Kind generell von Aktivitäten aus. 4.65 (0.91) .73/ .80 4.82 (0.55) .65/ .74 4* Int 3* Die Mitschüler warten auf das Kind nach der Schule, jagen es, beschimpfen es, provozieren es und Ähnliches. 4.40 (0.83) .33/ .40 3.82 (1.19) .42/ .48 5 Int 4 Die Mitschüler fragen das Kind, ob es mitspielen möchte. 4.67 (0.77) .77/ .85 4.54 (0.88) .86/ .89 7* Int 5* Die Mitschüler mobben/ hänseln das Kind. 4.56 (0.77) .64/ .71 4.18 (0.94) .73/ .81 10 Int 6 Das Kind nimmt an Spielen teil, ohne dass der Lehrer die anderen Kinder dazu auffordern muss. 4.65 (0.77) .64/ .74 4.50 (0.92) .67/ .73 11* Int 7* Die Mitschüler lachen das Kind aus. 4.55 (0.82) .63/ .70 3.75 (1.38) .66/ .76 16 Int 8 Wenn die Schüler in einem Kreis sitzen, setzen sich andere Schüler freiwillig neben das Kind. 4.47 (0.87) .78/ .84 4.11 (1.23) .76/ .82 19 Int 9 Die anderen Kinder arbeiten spontan mit dem Kind, ohne dass dies vom Lehrer initiiert werden muss. 4.07 (0.91) .75/ .83 3.96 (0.88) .79/ .84 3 Akz 1 Wenn es nötig ist, sind die Mitschüler gewillt, die Regeln eines Spiels so anzupassen, dass das Kind mitspielen kann. 4.17 (0.90) .72/ .86 4.50 (0.64) .71/ .83 12 Akz 2 Wenn gemeinsam gearbeitet wird, berücksichtigen die Kinder die Lernfähigkeit des Kindes (was das Kind tun kann und was nicht). 4.15 (0.90) .79/ .92 4.32 (0.82) .84/ .91 13 Akz 3 Wenn ein Spiel ausgewählt wird, berücksichtigen die Kinder die Fähigkeiten und Fertigkeiten des Kindes (was das Kind kann und was nicht). 4.59 (0.72) .82/ .94 4.39 (0.69) .70/ .84 15 Akz 4 Die Mitschüler ergreifen Partei für das Kind, wenn Schüler anderer Klassen oder Schulen das Kind schlecht behandeln (würden). 3.99 (0.96) .18/ .26 4.07 (0.98) .46/ .62 23 Akz 5 Die Mitschüler sind darauf vorbereitet, dem Kind zu helfen. Z. B.: Schuhe binden, Dinge aufheben, Material und Unterlagen ordnen usw. (Hilfe im positiven Sinne; nicht bemuttern o. Ä.). 4.37 (0.92) .54/ .69 3.86 (1.46) .54/ .72 6 Fr 1 Das Kind ist Teil von einem Freundeskreis. 4.33 (0.93) .73/ .82 3.82 (1.28) .60/ .72 8 Fr 2 Das Kind hat einen oder mehrere gute Freunde in der Gruppe (mit dem es gemeinsame Unternehmungen macht und regelmäßigen Kontakt hat). 4.07 (1.05) .81/ .88 3.14 (1.38) .70/ .79 14 Fr 3 Das Kind wird von einem oder mehreren Mitschülern zum Spielen nach der Schule eingeladen. 4.07 (1.03) .88/ .93 2.79 (1.34) .70/ .83 Tab. 1 Übersicht über die deutsche Version der SPQ-Items mit Mittelwerten und Standardabweichungen getrennt für Schüler/ innen mit und ohne SPF u VHN 3 | 2015 239 SUSANNE SCHWAB Lehrersicht der sozialen Partizipation FACH B E ITR AG über dem kritischen Wert von .3. Für die Prüfung der Faktorenstruktur wäre eigentlich eine konfirmatorische Faktorenanalyse durchzuführen (s. z. B. Bühner 2011). Da die Itemanzahl jedoch hoch ist und die Stichprobe im Vergleich relativ klein und Vergleiche mit der sehr kleinen Stichprobe der Schüler/ innen mit SPF daher nicht möglich wären, wurde die Faktorenstruktur lediglich mittels explorativer Faktorenanalysen berechnet. In einem ersten Schritt wurde die ursprünglich vierfaktorielle Skalenstruktur mittels einer oblimin-rotierten Hauptachsenanalyse mit Beschränkung auf vier Faktoren berechnet. Dabei zeigte sich, dass die meisten Items der ursprünglichen Zuordnung von Koster u. a. (2009 b) entsprechen. Dennoch wiesen vereinzelte Items bedeutsame Nebenladungen auf. Deswegen wurde in einem nächsten Schritt mittels Hauptkomponentenanalyse mit Beschränkung auf eine einfaktorielle Lösung für alle Subskalen separat analysiert, wie hoch die einzelnen Items auf die jeweiligen Skalen laden (siehe Tab. 1). Dabei zeigte sich, dass sich die Itemzuordnung mit zwei Ausnahmen (Item 15 in der Stichprobe der Schüler/ innen ohne SPF sowie Item 4 in beiden Stichproben) gut replizieren lässt. Demzufolge wurden auch alle Items nach der Skalenzuordnung von Koster u. a. (2009 b) belassen, um die Vergleichbarkeit mit der Originalskala nicht zu gefährden. Hinsichtlich der Gesamtskala mit allen 24 Items ergaben sich für beide Subgruppen zufriedenstellende Reliabilitäten (siehe Tab. 2). Die Itemtrennschärfen lagen bei den Schüler/ innen ohne SPF zwischen .24 und .81, bis auf zwei Items lagen alle Trennschärfen über .3 und sind somit zufriedenstellend. Auch bei den Schüler/ innen mit SPF lagen die Trennschärfen mit Ausnahme von zwei Items (r it < .3) im zufriedenstellenden Bereich (r it = .09 - .85). Die Skalensummenwerte der einzelnen Subskalen wurden in Anlehnung an Koster u. a. (2009 b) transformiert, damit die Ergebnisse der vorliegenden Studie mit jenen von Koster u. a. (2009 b) vergleichbar sind. Der theoretische Range der Skalenwerte liegt dadurch zwischen 0 und maximal 25, der Summenscore liegt zwischen 0 und 100. Nr. Subskala Item des SPQ (holländische Version, entnommen aus Koster u. a. 2009 b) Schüler/ innen ohne SPF Schüler/ innen mit SPF M(SD) r it / λ M(SD) r it / λ 17 Fr 4 Ein oder mehrere Kinder ergreifen die Initiative, mit dem Kind auch während der Ferien zu spielen. 4.16 (1.00) .82/ .89 2.89 (1.20) .76/ .88 20 Fr 5 Das Kind wird zu Geburtstagsfeiern eingeladen. 4.34 (0.98) .85/ .90 4.11 (1.07) .77/ .88 9 SE 1 Das Kind fühlt sich als Teil der Gruppe und sieht sich selbst nicht als Außenseiter. 4.48 (0.93) .67/ .81 4.46 (0.79) .49/ .67 18* SE 2* Das Kind fühlt sich in der Schule einsam. 4.56 (0.77) .64/ .79 4.50 (0.69) .62/ .76 21 SE 3 Das Kind darf es selbst sein in der Schule und muss sich nicht verstellen oder vorgeben, anders zu sein als es ist. 4.57 (0.86) .68/ .82 3.96 (1.32) .58/ .72 22* SE 4* Das Kind fühlt sich mehr gemobbt/ gehänselt als andere Kinder. 4.37 (0.84) .62/ .77 3.96 (1.14) .73/ .87 24 Se 5 Das Kind geht gerne zur Schule. 4.54 (0.80) .49/ .64 4.50 (0.84) .64/ .78 u * umkodierte Items; Int = Interaktionen, Akz = Akzeptanz, Fr = Freundschaften, SE = soziale Selbstsicht VHN 3 | 2015 240 SUSANNE SCHWAB Lehrersicht der sozialen Partizipation FACH B E ITR AG Um die Skaleninterkorrelationen zu berechnen, wurden Korrelationen nach Pearson getrennt für die beiden Subgruppen berechnet (siehe Tab. 3). Für beide Subgruppen zeigten sich moderate bis hohe Zusammenhänge. Bei den Schüler/ innen mit SPF sind die meisten Korrelationen etwas niedriger, insofern sind aufgrund der kleinen Stichprobe auch nicht alle Zusammenhänge signifikant. Die relativ hohe Interkorrelation bestätigt, dass die vier Bereiche der sozialen Partizipation zusammengehören und dass ein starker Generalfaktor der sozialen Partizipation existiert. Zur Berechnung der diskriminanten Validität werden zudem Unterschiede zwischen den Einschätzungen über die Schüler/ innen ohne und mit SPF mittels multivariater Varianzanalyse berechnet. Dabei werden jeweils nur die Schüler/ innen aus den Integrationsklassen in die Berechnung einbezogen. Der SPF stellt die unabhängige Variable dar (nein vs. ja), als abhängige Variablen werden alle Skalenscores sowie der Gesamtscore in die Analyse aufgenommen. Die abhängigen Variablen waren in der deutlich kleineren Stichprobe der Schüler/ innen mit SPF normalverteilt, in der Stichprobe der Schüler/ innen ohne SPF wichen sie jedoch signifikant von einer Normalverteilung ab 2 . Die Ergebnisse zeigen einen signifikanten Haupteffekt (F [4, 175] = 6.48, p < .01, η2 = .13, power = .99). Die univariaten Resultate zeigten für den Gesamtscore (F [1, 178] = 14.18, p < .01, η2 = .07, power = .96), für die Skala Interaktionen (F [1, 178] = 9.43, p < .01, η2 = .05, power = .86), Freundschaften (F [1, 178] = 24.37, p < .01, η2 = .12, power = 1.00) sowie soziale Selbstsicht (F [1, 178] = 4.89, p < .01, η2 = .03, power = .60) signifikante Gruppenunterschiede zugunsten der Schüler/ innen ohne SPF. Nach Bühner und Ziegler (2009) sind die vorliegenden Effektgrößen als kleine Effekte einzustufen. Bei der Subskala Akzeptanz zeigte sich hingegen kein signifikanter Unterschied (F [1, 178] = 2.46, n.s.). Schüler/ innen ohne SPF Schüler/ innen mit SPF α VA M (SD) α VA M (SD) Interaktionen Akzeptanz Freundschaften soziale Selbstsicht Gesamtscore .89 .82 .93 .82 .94 55.10 % 60.21 % 78.50 % 59.14 % 46.29 % 22.27 (3.67) 19.97 (4.18) 19.96 (5.37) 21.65 (4.19) 83.84 (14.79) .90 .83 .87 .80 .93 57.10 % 62.49 % 67.35 % 57.92 % 43.63 % 20.44 (4.69) 20.31 (3.92) 14.69 (6.30) 20.00 (4.81) 75.44 (15.67) Tab. 2 Übersicht über die vier Subskalen sowie den Gesamtscore VA = Varianzaufklärung Interaktionen Akzeptanz Freundschaften soziale Selbstsicht Interaktionen Akzeptanz Freundschaften soziale Selbstsicht - .58** .63** .68** .53** - .34 .47* .76** .43** - .35 .80** .49** .76** - Tab. 3 Skaleninterkorrelationen getrennt für Schüler/ innen ohne SPF (oberhalb der Diagonale) und Schüler/ innen mit SPF (unter der Diagonale) ** p < .01, * p < .05 VHN 3 | 2015 241 SUSANNE SCHWAB Lehrersicht der sozialen Partizipation FACH B E ITR AG 5 Diskussion Ergebnisse aus bisheriger Forschung zeigen ein deutlich erhöhtes Risiko in der sozialen Partizipation für Schüler/ innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf (SPF). Die vorliegende Studie überprüfte den Einsatz des Social Participation Questionnaire (SPQ; siehe Koster u. a. 2008; 2009 b) als Lehrereinschätzskala der sozialen Partizipation von Grundschüler/ innen mit und ohne SPF. Die Ergebnisse zeigen, dass die Subskalen des SPQ sowie die Gesamtskala ein hohes Maß an interner Konsistenz aufweisen (α = .80 - .94), dies gilt sowohl für die Lehrer/ inneneinschätzung der sozialen Partizipation von Schüler/ innen ohne SPF als auch für Schüler/ innen mit SPF. Dies entspricht auch den Ergebnissen von Koster u. a. (2009 b) sowie Bossaert u. a. (2013 b). Auch die Trennschärfekoeffizienten der einzelnen Items waren durchwegs zufriedenstellend, mit Ausnahme eines Items (Item 15); da dieses Item in den beiden Vergleichsstudien jedoch zufriedenstellende Kennwerte zeigte, wurde es in der Skala belassen. Die faktorielle Struktur des Fragebogens konnte über alle Items hinweg zu einem großen Teil nachgewiesen werden; die Faktorenladungen nach der ursprünglichen Itemzuordnung zu den jeweiligen Skalen sind mit Ausnahme von Item 15 entsprechend hoch, sodass die von Koster u. a. (2009 b) angenommene ursprüngliche Struktur beibehalten werden konnte. Dennoch muss kritisch angemerkt werden, dass einzelne Items teilweise bedeutende Nebenladungen auf den jeweils anderen Faktoren aufwiesen. Demzufolge ist es auch nicht verwunderlich, dass die Skaleninterkorrelation als hoch eingestuft werden kann. Insofern stellt sich aus ökonomischen Gründen die Frage, ob nicht eher eine Kurzskala erstellt werden sollte, welche Items aller vier Subfaktoren enthält, und in Zukunft auf eine Analyse auf allen vier Subfaktoren verzichtet werden sollte. Allerdings weisen die Ergebnisse der diskriminanten Validität darauf hin, dass eine Trennung der Teilbereiche inhaltlich sinnvoll ist. Die Skalenscores liegen in ihrer Höhe jeweils ziemlich nahe an jenen, welche von Koster u. a. (2009 b) für die Stichprobe von holländischen Schüler/ innen berichtet wurden. Lediglich bezüglich der Akzeptanz scheinen die Werte in der österreichischen Stichprobe höher zu sein. Was den Gesamtwert betrifft, wurde in der vorliegenden Stichprobe für Schüler/ innen mit SPF ein Mittelwert von 75.44 erreicht und für Schüler/ innen ohne SPF einer von 83.84. Im Vergleich dazu berichteten Koster u. a. (2009 b) von einem Gesamtscore von 67.52 für Schüler/ innen mit SPF und 80.19 für die Peers ohne SPF. Insgesamt sind sowohl die Skalenscores wie auch der Gesamtscore als hoch einzustufen. Das bedeutet, dass die soziale Partizipation von den Lehrer/ innen als positiv eingeschätzt wird. In Bezug auf die diskriminante Validität wurden Mittelwertvergleiche zwischen Schüler/ innen ohne SPF aus Integrationsklassen und Schüler/ innen mit SPF berechnet. Dabei zeigten sich mit Ausnahme der Skala Akzeptanz jeweils signifikante Unterschiede. Die soziale Partizipation wurde von den Lehrer/ innen insgesamt (Gesamtscore) sowie in Bezug auf Interaktionen, Freundschaften und die soziale Selbstsicht für Schüler/ innen ohne SPF als positiver eingeschätzt als für Schüler/ innen mit SPF. Dieses Ergebnis ist ident mit jenen von Bossaert u. a. (2013 b), welche in der Akzeptanz auch keine Gruppenunterschiede fanden, widerspricht allerdings jenen von Koster u. a. (2009 b), welche in allen Subskalen signifikante Unterschiede zeigten. Bossaert u. a. (2013 b) erklären die Tatsache, dass in ihrer Studie keine Gruppenunterschiede in der Akzeptanz gefunden wurden, obwohl solche in der Literatur mehrfach gezeigt werden konnten (z. B. Frostad/ Pijl 2007; Huber 2008; Ruijs/ Peetsma 2009), VHN 3 | 2015 242 SUSANNE SCHWAB Lehrersicht der sozialen Partizipation FACH B E ITR AG mit der Itemformulierung. Die Items sind hypothetisch formuliert (z. B. „Wenn es nötig ist, sind die Mitschüler gewillt die Regeln eines Spiels so anzupassen, dass das Kind mitspielen kann.“) und weisen zudem eine eher geringe Beobachter/ innen-Übereinstimmung auf. Zu den gefundenen Gruppenunterschieden in der vorliegenden Studie ist zu bemerken, dass die Effektstärken sehr niedrig und die Gruppenunterschiede demzufolge nur von geringer Bedeutung sind. Generell bestätigt diese Studie, dass Schüler/ innen mit SPF einem erhöhten Risiko für mangelnde soziale Partizipation ausgesetzt sind (siehe dazu z. B. auch Huber/ Wilbert 2012; Pijl u. a. 2011; Rubin u. a. 2008; Ruijs/ Peetsma 2009) und zeigt den Bedarf für Prävention und Intervention auf. Mithilfe des vorliegenden Instruments wird es Lehrer/ innen möglich, die soziale Partizipation der Schüler/ innen mit relativ geringem Aufwand im vollen Spektrum zu erfassen. Nun gilt es daran anzuknüpfen und für die verschiedenen Teilbereiche Interventionen zu entwickeln, die von den Lehrer/ innen durchgeführt werden können, denn die Feststellung, wo Veränderungsbedarf herrscht, bietet den Lehrer/ innen einen guten Ausgangspunkt für konkretes praktisches Handeln. Abschließend sind noch ein paar Einschränkungen für die vorliegende Studie zu machen. Zum einen ist die Stichprobengröße bei den Schüler/ innen mit SPF sehr gering, und zum anderen ist es nicht möglich, Schüler/ innen mit unterschiedlichen Arten von SPF zu vergleichen. Aufgrund der Literatur wären unterschiedliche Ergebnisse zu erwarten; so schneiden die Schüler/ innen mit SPF im Bereich Verhalten hinsichtlich der sozialen Partizipation schlechter ab als jene mit SPF im Bereich Lernen (Koster u. a. 2009 b; Wocken 1993). Die deutschsprachige Übersetzung des SPQ sollte daher an einer größeren Stichprobe von Kindern mit SPF geprüft werden. Zudem sollten weitere Validierungsstudien mit dem SPQ durchgeführt werden. Beispielsweise wäre es wichtig, zwei Lehrer/ innen dasselbe Kind beurteilen zu lassen, um die Beobachterübereinstimmung zu berechnen. Auch Validierungen mit der Fremdeinschätzung der Lehrer/ innen, den Selbsteinschätzungen der Schüler/ innen sowie weiteren Fremdeinschätzungen (z. B. Peers oder Eltern) sollten durchgeführt werden. Für die Zukunft wäre es wichtig, die Entwicklung der sozialen Partizipation zu analysieren, denn damit hat sich die österreichische Forschung bisher kaum beschäftigt. Es gilt, fördernde Einflussfaktoren zu finden, um psychosoziale Probleme zu vermeiden. Anmerkungen 1 Der SPF wird in Österreich durch einen Bescheid des Bezirksschulrates zugewiesen. Dieser Bescheid beruht auf einem sonderpädagogischen Gutachten. Die meisten Schüler/ innen mit SPF (über 70 %) weisen dabei eine Lernbehinderung auf, etwa ein Zehntel eine geistige Behinderung oder eine Verhaltensauffälligkeit (s. dazu z. B. Schwab u. a., im Druck). 2 Demzufolge wäre ein nonparametrisches Testverfahren zu bevorzugen. Da jedoch die nicht parametrischen Tests zu identen Resultaten führten, werden lediglich die Ergebnisse der Varianzanalyse präsentiert, da diese relativ robustgegen Verletzungen der Normalverteilung sind. Dadurch kann die Teststärke genauer bestimmt werden, und zudem liegt das Problem der Alphafehlerkumulierung nicht vor (siehe z. B. Bühner/ Ziegler 2009). Zudem wurden die Ergebnisse mit einer zufällig gezogenen Stichprobe von N = 28 Schüler/ innen ohne SPF und allen Schüler/ innen mit SPF (N = 28) überprüft, um festzustellen, ob die Ergebnisse auch bei gleich großer Stichprobe stabil sind. Da auch diese Berechnung zu denselben Signifikanzen führt, werden im vorliegenden Artikel nur die Ergebnisse der gesamten Stichprobe dargestellt. VHN 3 | 2015 243 SUSANNE SCHWAB Lehrersicht der sozialen Partizipation FACH B E ITR AG Literatur Bless, G. 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