eJournals Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete 84/3

Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete
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0017-9655
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
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2015
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Dialog: Transkription eines Gesprächs zwischen: Klaus Acker, Barbara Gasteiger-Klicpera und David Wohlhart

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2015
Klaus Ackerl
Barbara Gasteiger-Klicpera
David Wohlhart
BGK: Wenn wir über Inklusion sprechen, ist eine wichtige Frage, wie wir das schulische Umfeld stärken können. Wie kann dieses schu-lische Umfeld so gestärkt werden, früh genug, dass die Betroffenen die Unterstützung bekommen, die sie brauchen würden? KA: Das Thema, das Sie ansprechen, wie soll ich das jetzt eingrenzen? Die Kinder, die diese Schule (Förderschwerpunkt soziale und emotionale Entwicklung) besuchen, zeigen momen-tan eine Massivität an Störung, die mit den gegenwärtigen Ressourcensystemen im Regelschulwesen nicht händelbar ist.
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262 VHN, 84. Jg., S. 262 -266 (2015) DOI 10.2378/ vhn2015.art30d © Ernst Reinhardt Verlag Inklusive Modellregion Möglichkeiten und Herausforderungen Transkription eines Gesprächs zwischen: Klaus Ackerl BEd, Leiter einer Schule mit dem Förderschwerpunkt soziale und emotionale Entwicklung, Graz (KA) Barbara Gasteiger-Klicpera Professorin für Inklusive Pädagogik, Universität Graz (BGK) David Wohlhart BEd, Kirchliche Pädagogische Hochschule Graz (DW) DIALOG BGK: Wenn wir über Inklusion sprechen, ist eine wichtige Frage, wie wir das schulische Umfeld stärken können. Wie kann dieses schulische Umfeld so gestärkt werden, früh genug, dass die Betroffenen die Unterstützung bekommen, die sie brauchen würden? KA: Das Thema, das Sie ansprechen, wie soll ich das jetzt eingrenzen? Die Kinder, die diese Schule (Förderschwerpunkt soziale und emotionale Entwicklung) besuchen, zeigen momentan eine Massivität an Störung, die mit den gegenwärtigen Ressourcensystemen im Regelschulwesen nicht händelbar ist. Alle Kinder, ausnahmslos, sind in mindestens einem, oft in zwei, drei integrativen Settings gescheitert. Da ist bereits sehr viel passiert. Diese Kinder, die dann zu uns kommen, die sind verunsichert, haben häufig massive depressive Verstimmungen, weil sie ständig ihren Misserfolg erleben, oder ihr „nicht gut genug sein“ erleben. Und haben meistens eine gewisse Aversion gegen die Schule. Und deshalb, als absoluter Befürworter der Inklusion, möchte ich trotzdem sagen, dass diese Kinder, wenn sie in so einem Zustand sind, nicht Barrieren von außen haben, sondern Barrieren in sich haben. Und da sehe ich unsere Aufgabe, diesen Kindern einmal einen Boden zu geben, wo sie ankommen können. Einen Grund, ein Nest anbieten, wo sie wieder Vertrauen fassen können, wo sie wieder eine gewisse Lernfreude entwickeln können. Und wo dann auch wieder Leistungsfähigkeit entstehen kann. DW: Da möchte ich Ihre Argumentation zumindest hinterfragen. Wenn Sie sagen, gegenwärtige Ressourcen des Schulsystems - außerhalb der Sonderschule - können dies nicht leisten, dann wäre dies ein quantitativ/ qualitatives Argument, wo man sagen könnte, da müsste man die Ressourcen erhöhen, damit das Schulsystem das leisten kann. Die andere Sache, die Sie angesprochen haben, sind die inneren Barrieren. Da geht es auch um eine andere Herangehensweise. Da würde es nicht reichen, wenn wir mehr Ressourcen an allgemeinen Schulen hätten? Stimmt das so? VHN 3 | 2015 263 KLAUS ACKERL, BARBARA GASTEIGER-KLICPERA, DAVID WOHLHART Inklusive Modellregion DIALOG KA: Das sehe ich auch so, vor allem bei der Thematik verhaltensauffällige oder verhaltensgestörte Kinder. Dass man eher weniger, aber tragfähige und belastbare Betreuungssysteme hat und Personen, die nicht ständig wechseln, sondern die auch bei den Kindern bleiben. - Aber zurück zu Ihrer Ausgangsfrage. Sie müssen sich vorstellen, wenn Sie selbst ein Kind haben, das besucht eine Regelvolksschule und kommt jeden zweiten Tag mit einer Verletzung nach Hause, weil ein Mitschüler ausrastet… Ein Assistent, wenn Sie sich das Aufgabenprofil eines Schulassistenten anschauen, hat wenig Handlungsspielraum. In dem Sinn hat man oft Helfersysteme an Schulen, die da auch jetzt schon sitzen, aber (nach Schmidbauer) eigentlich hilflose Helfer sind. Es gilt da vielmehr eine Konzeption zu entwickeln. Und das können wir mit diesen Förderklassen schon anbieten, weil… mit maximal zehn Kindern drinnen, die Kolleg/ innen haben extrem hohe Kompetenz: Ausbildung, aber auch Toleranz. Und diese Kinder müssen auch in einen ganz anderen schulischen Rahmen, wo dieses Ausagieren auch Platz haben kann. Befristet Platz haben kann. Anders ist es nur ein additives Zugeben von Hilfssystemen, das bringt es auch nicht. DW: Für mich ist ein ganz wichtiges Schlüsselwort das Thema der Befristung. Befristung, das heißt, eine Einrichtung versteht sich als eine Art Brückeneinrichtung, Übergangseinrichtung, bevor was passiert. Es geht niemand von einem Inklusionsbegriff aus, der so eng ist, dass man sagt, da sind immer alle Kinder in einer Klasse zusammen, egal was passiert, das wäre eine utopische Verkennung der Realität. Aber wenn es Segregation gibt, dann muss diese einen Sinn haben und dann muss diese durch einen Prozess, der garantiert ist, auch wieder rückgeführt werden. Da gibt es ja schon einiges an Ihrer Schule! ? KA: Ja, das Gesamtkonzept unserer Schule ist einerseits das Anbieten von Unterstützung, von mobiler Betreuung durch Beratungslehrer, verhaltenspädagogisches Coaching oder verhaltenspädagogische Stützlehrer/ innen an allen Regelschulen. Zusätzlich bieten wir aber auch - ich mag den Begriff nicht - stationäre Unterstützungen durch unsere Förderklassen. Wir haben in einer internen Qualitätsentwicklung ganz klare Kriterien für die Aufnahme festgelegt, welche Kinder zu uns kommen, aber auch einen genauen Prozess, der dokumentiert werden muss. Wir haben zudem ein klares Rückführungskonzept. Es ist nur so, dass einige Kinder aus unserer Sicht mit den gegenwärtigen Unterstützungssystemen und den bestehenden Strukturen an den Schulen trotz massiver Förderung an unserer Schule nicht rückgeführt werden können. Ich spreche hier vom Sekundarbereich I, von massiver Delinquenz, sexuellen Übergriffen, Drogenmissbrauch. Diese Kinder würden in Regelschulen aus dem System fallen. Und das konterkariert auch das System der Time-out-Klassen. In diesen kleinen Klassen, wie wir sie anbieten, gelingt es, ich würde sagen, bei 90 % der Schüler, sie anzunehmen und zu Schulabschlüssen zu bringen. Und das ist für den weiteren Lebensweg wichtig. Wir haben gar nicht so schlechte Rückmeldungen auch von der Berufswelt - allerdings haben auch wir eine hohe Dropoutrate, dazu stehe ich -, aber wir sprechen hier von massiv verhaltensgestörten Kindern. DW: Ja, wie gelingt es, diese Kinder, die aus dem Bildungssystem rausfallen würden, wieder hereinzuholen? KA: Wir versuchen da, ein niederschwelliges Angebot zu machen. Das kann man in Kleingruppen: hundertmal anzurufen, hundertmal versuchen, Kinder zu erreichen, dass sie vielleicht wieder einmal in die Schule kommen. Diese Jugendlichen schaffen oft im zehnten Schuljahr dann wirklich einen Abschluss der Neuen Mittelschule. Und das, denke ich, ist trotzdem eine hervorragende Leistung. Wir kooperieren auch eng mit den Berufseinrichtungen wie Jugendcoaching und anderen Ein- VHN 3 | 2015 264 KLAUS ACKERL, BARBARA GASTEIGER-KLICPERA, DAVID WOHLHART Inklusive Modellregion DIALOG richtungen, die eine berufliche Integration im Weiteren fördern. Aber auch mit therapeutischen und anderen unterstützenden Einrichtungen. Ich lehne es ab, an meiner Schule 25 verschiedene Helfer herumzusitzen zu haben, das bringt in dem Sinne nichts weiter. Die Kinder brauchen klare Strukturen und vor allem auch: sie müssen sich angenommen fühlen. DW: Wir denken nun etwas weiter und fragen: Was müsste auf Systemebene passieren in einer Modellregion, dass so eine Koordination zwischen schulischen und außerschulischen Akteuren verbessert werden kann? KA: Aus meiner Sicht geht es gar nicht so schlecht, es funktioniert. Wir haben in der Steiermark ich glaube 85 % schon integrativ geführt. Ich beziehe mich jetzt noch einmal auf „verhaltensgestörte Kinder“. Wir haben eigentlich nur in Graz die Ellen Key Schule und die Klasse in Weiz. Alle anderen Kinder werden trotz Verhaltensauffälligkeiten integrativ geführt. Wenn Kinder in schwierigen schulischen Situationen sind, liegt oft auch eine familiäre Problematik dahinter, es kommt häufig zu Unterbringungen in Wohngemeinschaften: Diese kommen oft nach Graz, weil hier ein schulisches Angebot besteht. Das ist gut, denn was würde sonst mit den Kindern passieren? Diese Kinder, wenn ich mir die Förderung in den „Herkunftsschulen“ anschaue, sind oft in verkürztem Unterricht. Sitzen oft allein mit der Direktorin, einer Förder- oder Unterstützungslehrerin und werden nach zwei Stunden abgeholt. Da ist auch kein sozialer Rahmen. Da kann man in einer Kleingruppe soziales Verhalten besser anbahnen, mehr erreichen. DW: Da würde ich jetzt noch die Frage stellen: Welche Kompetenzen müssten Lehrerinnen und Lehrer mitbringen, um elementare Fördernotwendigkeiten zu erfüllen? KA: Ich muss mit etwas anfangen, was nicht quantifizierbar ist - das ist eine Haltung. Eine Haltung, auch abweichendes Verhalten nicht sofort, von vornherein abzuwerten, als deviant oder als störend zu bezeichnen. Das wäre von mir aus das Allererste. Wir sind sehr häufig eben damit konfrontiert: Das Kind zeigt ein Verhalten, „das geht in unserer Schule nicht, der gehört weg! “ Das ist das eigentlich Anstrengende an der Arbeit einer Beratungslehrerin, eines Beratungslehrers, dass man versucht, an dieser Haltung der Lehrerin, der Kolleg/ innen, die natürlich 25 Kinder in der Klasse haben, die stundenweise wechseln, die mit 60 Heften in der Tasche nach Hause gehen, um diese zu korrigieren, für die ist es natürlich extrem schwierig, auf solche Situationen einzugehen. DW: Erfordert so eine Haltung nicht eine gewisse Selbstkompetenz auf Lehrerebene? KA: Wieder zur Ausbildung zurück: Mir ist ganz wichtig, dass jemand seine eigenen Verhaltensmuster kennt. Bescheid weiß darüber, auch wie man in Extremsituationen reagiert. Ob einfache Standardmuster, Rückzug oder Aggression. Weil Schule mehr ist als Unterricht, wie Sie gesagt haben. Jeder Lehrer, jede Lehrerin wird jeden Tag mit Situationen konfrontiert, auf die man nicht vorbereitet werden kann. Da muss man sich auf sein Grundkonzept, seine Persönlichkeit verlassen können. Das ist für mich der erste Punkt. Das zweite ist für mich im Bereich Ausbildung, der ganze Bereich soziales Lernen. Da passiert glaub ich schon sehr, sehr viel an Ausbildung. BGK: Für mich hat eine ablehnende Haltung auch oft mit Hilflosigkeit zu tun. Dass die Lehrer nicht wissen, wo sie Unterstützung bekommen, wenn sie in einem konkreten Fall mit ihrem eigenen Latein am Ende sind. Das ist mir in der Schule ganz oft begegnet. Dass die Lehrer gesagt haben, wir sind völlig allein gelassen mit diesen Kindern. Sie sagen aber, innerhalb von zwei Tagen können Sie die Beratungslehrer/ innen zur Seite stellen. Diesen Eindruck vermitteln mir die Lehrer nicht. Können Sie mir das erklären? VHN 3 | 2015 265 KLAUS ACKERL, BARBARA GASTEIGER-KLICPERA, DAVID WOHLHART Inklusive Modellregion DIALOG KA: Das kann ich Ihnen gut erklären. Der Standardsatz heißt immer: „Dafür bin ich nicht ausgebildet.“ D. h. jetzt kommen wir wieder zurück zum Punkt Haltung. Als Lehrer oder als Lehrerin wird man sehr, sehr breit gefordert, ich kann diese Hilflosigkeit absolut nachvollziehen. D. h. wenn dann jemand einmal da ist, dann wird alle Hilfe sofort erst mal eingesogen. Und „uns hilft sowieso niemand“ und „dann haben wir oft vier, fünf Helfersysteme vor Ort, bleiben tut keiner“ und dann sind sie wieder auf sich allein gestellt. Das ist das eine Muster. Das erzählen mir meine Beratungslehrer/ innen. Daher ist auch viel Arbeit vor Ort an den Schulen, diesen Umgang mit Helfer/ innensystemen zu lernen. Dass sich die Helfer/ innensysteme positionieren: „Was können wir leisten? Was können wir nicht leisten? “ Dass man wirklich auch weiß, wohin man sich wenden kann. Und das andere: Es ist zweitens ein weites Auseinanderklaffen zwischen dem, was von der Behörde von Lehrern und Lehrerinnen gefordert wird und mit welchen Situationen diese Kolleg/ innen auch wirklich konfrontiert werden. Und das ist dann oft eine gewisse Frustration und wie gesagt „uns hilft niemand, es ist keiner für uns da“ usw. Sehr wohl aber in der Ausbildung wäre mir wichtig, dass auch ein Grund gelegt wird: Basales Handling - was kann ich selbst leisten? Aber auch, das ist ganz wichtig aus meiner Sicht, da Verhaltensauffälligkeit oder Verhaltensstörung immer auch vom Schulstandort selbst definiert werden, dass es Personen gibt, die von außen kommen und das ein bisschen standardisierter betrachten können. DW: Ich würde jetzt noch ganz gern einen ganz anderen Aspekt ansprechen, nämlich die Frage der Schulstruktur, der Standortstruktur. Sie stehen für die Dualität von Schule, in diesem Fall Sonderschule und andererseits Beratungseinrichtung. Warum soll das gekoppelt sein? KA: Diese Förderschule muss nicht so etwas wie eine Sonderschule sein. Wichtig ist nur, Eintritt und Austritt müssen ganz klar definiert sein. Deshalb, weil sonst die Gefahr besteht - ich sage es jetzt sehr salopp -, wer am lautesten von einem Regelstandort schreit, sich von allen unliebsamen Schülern befreien kann … deshalb gehört eine Standardisierung für den Eintritt her. Der Status Sonderschule hat uns bisher nur geschadet. Aber ich glaube sehr wohl, dass es Kinder gibt, die Kleinklassen länger als ein halbes Jahr brauchen. BGK: Wobei die zweite Frage noch nicht beantwortet ist: Warum muss das gekoppelt sein mit dem Beratungszentrum? KA: Das hat mehrere Gründe. Als erstes haben wir jetzt dieses Ineinandergehen des ambulanten und stationären Stützsystems, das ist für uns eine große Ressource. Die Leute kennen sich, d. h. die Beratungslehrerin, die das Kind an der Herkunftsschule betreut hat, stellt das Kind vor, begleitet es an die Schule, begleitet die Eltern, da ist ein Vertrauensverhältnis da. Es ist ein großer, schwieriger Schritt für Eltern, dass sie sagen, ich vertraue mein Kind der Förderschule an. Wie gesagt, wir sind übel beleumundet. Ich kann Ihnen aber ganz sicher sagen, bis auf ganz, ganz wenige Ausnahmen - ich bin jetzt neun Jahre Leiter -, das sind nur zwei Fälle, wo Leute nach kurzer Zeit nicht sagen: „Eigentlich ist das eine tolle Schule! Mit meinem Kind wird gut umgegangen.“ Das ist für mich ein gutes Feedback. Dann geben wir die Kinder meistens nicht an die gleiche Schule zurück, weil dort meist die vorgefassten Haltungen den Kindern gegenüber herüberschwappen. Deshalb bringen wir diese Kinder an andere Schulen, wenn wir sie wieder zurückführen. Da erfolgt dann wieder die Begleitung durch eine Beratungslehrerin. Zudem ist mir wichtig, dass Beratungslehrer/ innen nicht ganz den Bezug zum Unterrichten verlieren. Daher versuche ich auch, dass viele Beratungslehrer/ innen, die an der Förderschule unterrichten, an anderen Tagen dann eben draußen beraten. Und wir können so auch eine Stätte der Ausbildung sein, weil Studierende zu uns kommen und das alles ineinander geht. Ist das schlüssig in etwa? VHN 3 | 2015 266 KLAUS ACKERL, BARBARA GASTEIGER-KLICPERA, DAVID WOHLHART Inklusive Modellregion DIALOG BGK und DW: Nein. DW: Ich wollte noch eine möglicherweise seltsam klingende Anmerkung zum Thema Ausbildung machen. In der UN-Konvention steht ganz stark verankert die Möglichkeit des Zugangs von behinderten Menschen zu Lehrerausbildungen im Sinne von Role Models. Die Frage ist, wieweit ist das eine realistische Möglichkeit, dass Kinder, die Sie jetzt betreuen, Jugendliche, in den Lehrerberuf einrücken könnten? Hätte es einen Sinn? Ist das überhaupt denkbar? KA: Eine persönliche Devianzerfahrung finde ich sehr gut sogar. Diese Arbeit - es ist wichtig, dass die Kolleginnen und Kollegen, die in diesem Bereich unterrichten, eine gewisse Felderfahrung haben. Das ist absolut von Vorteil. Also wenn Kinder, die eine Erfahrung in diesem Bereich haben, den Lehrberuf ergreifen. Die kommen dann von selbst. Ich habe ganz viele Anfragen in diese Richtung. Und wichtig ist vor allem eine Haltung, dass Regeln nicht alles sind und dass es da auch Regeln gibt. Dass man sich traut, kreativ zu sein, aber dass man den Kindern doch auch einen Halt gibt. Und dass man diese Dualität in sich selbst auch aushalten kann. Und dass man einfach viel mehr denken kann. DW: Gut, ich würde gerne am Ende … noch ein, zwei Fragen stellen zum Prozess, der nun im Augenblick lauft. Nämlich wir befinden uns in der Konzeptentwicklung für eine Modellregion. Wie nehmen Sie diesen Prozess wahr? Was läuft schlecht? Was läuft gut? KA: Drei Dinge dazu. Erstens: Ich glaube, dass die Auswahl Modellregion Zentralraum eine falsche war. Das sage ich auch rückblickend jetzt. Weil ich glaube, dass die Komplexität unterschätzt wurde. Im Zentralraum besuchen nur noch Kinder Sonderschulen, die wirklich nicht mehr in Regelschulen führbar sind. Da gibt es eine ganz klare Abgrenzung. Diese Kinder haben einen enormen Betreuungsaufwand, wo von vornherein eine viel größere Zusammenschau von Unterstützung und gesetzlicher Klarheit angeboten werden müsste. Jetzt reduziert sich das auf den Bereich Schule. Supportsysteme ziehen sich mehr oder weniger zurück, das ist meine Wahrnehmung. Der Prozess selbst war gut geplant, aber ich glaube, er ist nicht sehr geglückt. In der Steiermark sind wir sehr weit und daher auch sehr stolz im Bereich der Integrativen Betreuung. Und es ist erstaunlich, welche Verunsicherungen sich vor allem im Bereich Integrativer Betreuung ergeben haben. Da gibt es Existenzängste. Das ist das, was ich in dieser Phase nicht brauche, denn da muss ich Leute haben, die mitziehen, die mitgehen. Warum das so ist, weiß ich nicht. Es ist schwierig, so viele Bereiche, Gebietskörperschaften, andere Einrichtungen, die daran beteiligt sind, die alle auf Schiene zu bringen. Man muss das ganz pragmatisch sehen. Das ist die Schwierigkeit. DW und BGK: Danke für das Gespräch! Anschriften der Teilnehmenden Prof. Dr. Barbara Gasteiger-Klicpera Karl-Franzens-Universität Graz Institut für Erziehungs- und Bildungswissenschaft Arbeitsbereich für Integrationspädagogik und Heilpädagogische Psychologie Merangasse 70/ II A-8010 Graz barbara.gasteiger@uni-graz.at Klaus Ackerl, BEd Ellen Key Schule Dürergasse 2 A-8010 Graz klaus.ackerl@stadt.graz.at David Wohlhart Kirchliche Pädagogische Hochschule Graz Lange Gasse 2 A-8010 Graz david.wohlhart@kphgraz.at