Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete
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0017-9655
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
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Rezension: Schäfer, Holger / Rittmeyer, Christel (Hrsg.) (2015): Handbuch Inklusive Diagnostik Weinheim: Beltz. 608 S., € 49,9
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Chris Piller
Das Vorwort und die lesenswerte Einleitung von Holger Schäfer und Christel Rittmeyer, den Herausgebern des „Handbuchs Inklusive Diagnostik“, geben es vor: Das Werk will weder die Inklusion an sich noch eine eventuell darauf aufbauende spezifische inklusive Diagnostik neu erfinden, sondern es wirft einen kritischen Blick auf den „Stand der Dinge“ auf dem Weg zur Inklusion. Die Notwendigkeit einer solchen Zwischenschau ergibt sich aus dem Umstand, dass sich die Rahmenbedingungen für den Unterricht und die Schule in den letzten Jahren markant verändert haben. Damit einhergehend ist eine Diagnostik notwendig (geworden), welche der inklusiven Schulentwicklung entspricht: die inklusive Diagnostik.
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VHN 2 | 2016 177 REZE NSION E N Rezensionen Schäfer, Holger; Rittmeyer, Christel (Hrsg.) (2015): Handbuch Inklusive Diagnostik Weinheim: Beltz. 608 S., € 49,95 Das Vorwort und die lesenswerte Einleitung von Holger Schäfer und Christel Rittmeyer, den Herausgebern des „Handbuchs Inklusive Diagnostik“, geben es vor: Das Werk will weder die Inklusion an sich noch eine eventuell darauf aufbauende spezifische inklusive Diagnostik neu erfinden, sondern es wirft einen kritischen Blick auf den „Stand der Dinge“ auf dem Weg zur Inklusion. Die Notwendigkeit einer solchen Zwischenschau ergibt sich aus dem Umstand, dass sich die Rahmenbedingungen für den Unterricht und die Schule in den letzten Jahren markant verändert haben. Damit einhergehend ist eine Diagnostik notwendig (geworden), welche der inklusiven Schulentwicklung entspricht: die inklusive Diagnostik. Die Herausgeber stellen einen wesentlichen Gedanken ins Zentrum ihrer Darlegungen: Quantitative und qualitative Diagnostik sollen aus dem Blickwinkel der inklusiven Diagnostik nicht mehr als ein sich gegenseitig ausschließendes Entweder-oder, sonders als sich ergänzend wahrgenommen und verwendet werden (S. 22, S. 103ff). Unter dem Primat der Inklusion beinhaltet diese Forderung das Postulat, die damit verbundenen Überlegungen, Entscheidungen und Entwicklungen nicht bloß bezogen auf Schülerinnen und Schüler mit einer Beeinträchtigung oder Behinderung zu sehen, sondern neu den Fokus auf alle Schülerinnen und Schüler zu richten. Zu Ende gedacht bedeutet dieser Schritt eine Neubewertung der gesamten pädagogischen und vor allem sonderpädagogischen Angebote und Leistungen. Es scheint daher konsequent, wenn bspw. Elke Hohnstein und Katja Bieritz in ihrem Beitrag (ab S. 151) von den inklusiv arbeitenden Lehrerinnen und Lehrern einen Unterricht verlangen, welcher sich an alle Schülerinnen und Schüler richtet, unabhängig von deren individuellen Voraussetzungen. Dies bedeutet, dass viele Ansätze und Modelle der bisherigen Sonderpädagogik zwar nicht wertlos geworden sind, aber bezüglich ihrer Wirksamkeit und Angemessenheit kritisch überprüft werden müssen. Inklusive Diagnostik verändert darüber hinaus auch die Förderplanung. Viel stärker als früher ist eine „inklusive Förderplanung“ (dieser Ausdruck wird im Handbuch so nicht erwähnt) prozessorientiert und bezieht alle Akteure inkl. der Kinder/ Jugendlichen und ihrer Eltern mit ein. Abgerundet wird das Handbuch mit einem sehr ausführlichen Kapitel zu spezifischen Themen wie etwa der „Diagnostik und Inklusion in der Früherziehung“, der Diagnostik im Kontext der Sprachförderung, bei emotional-sozialen Anforderungen oder schwerer Behinderung. Besonders im letzten Kapitel „Perspektiven“ werden auch die Grenzen einer inklusiven (pädagogischen) Diagnostik erörtert (Beitrag von K. Bundschuh ab S. 525). Die Namenliste der Autorinnen und Autoren präsentiert sich als ein „Who-is-Who“ der sonderpädagogischen Szene, was sich positiv auf die VHN 2 | 2016 178 REZE NSION E N Qualität und Aktualität des Handbuchs auswirkt. Allerdings sind einzelne Beiträge oft sehr verdichtet und für „Erstleser“ recht anspruchsvoll. Da aber jedem Beitrag ein eigener Abstract vorangestellt ist, können sich alle Leserinnen und Leser einen raschen Überblick verschaffen. Die Breite der dargelegten Sicht konkurriert bisweilen mit der fachlichen Tiefe, was bei einem Sammelband kaum zu vermeiden ist. Der Gesamteindruck jedoch ist eindeutig: Es handelt sich um ein sowohl für im Feld tätige Fachleute als auch für Ausbildungsverantwortliche und Studierende sehr bereicherndes und empfehlenswertes Werk. lic. phil. Chris Piller CH-8050 Zürich DOI 10.2378/ vhn2016.art20d
