Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete
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0017-9655
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
10.2378/vhn2016.art10d
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2016
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Rezension: Lubitz, Heike (2014): „Das ist wie Gewitter im Kopf!“ - Erleben und Bewältigung demenzieller Prozesse bei geistiger Behinderung
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2016
Barbara Jeltsch-Schudel
Im vorliegenden Buch, das auf einem Forschungsprojekt basiert, geht es um „Bildungs- und Unterstützungsarbeit mit Beschäftigten und Mitbewohner/innen von Menschen mit geistiger Behinderung und Demenz“ (so der Untertitel). Das eine Besondere an diesem Buch ist, dass nicht geistig behinderte Menschen mit einer Demenz im Zentrum stehen, sondern Menschen aus ihrem Umfeld. Nicht Angehörige sind gemeint, sondern die professionell in der Behindertenarbeit Tätigen (als Mitarbeiter/innen bezeichnet) und – und dies ist eine weitere Besonderheit, die dieses Buch auszeichnet – Mitbewohner/innen, mithin Menschen, welche selber unter den Bedingungen einer geistigen Behinderung leben. In ihrer Untersuchung geht es Heike Lubitz um die Erfahrungsmuster dieser Personen aus dem Umfeld „sowie deren Erlebnis-, Deutungs- und Umgangsstrukturen demenzieller Prozesse“ (S.110). Die Fragestellung impliziert nicht nur eine Analyse, sondern, basierend auf Beobachtung und Befragung, eine Begleitung der Mitarbeiter/innen und Mitbewohner/innen. Diese Begleitung informiert und unterstützt die Beteiligten im Umgang mit den komplexen Herausforderungen, welche sich in Betreuung demenziell erkrankter Menschen mit geistiger Behinderung stellen.
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VHN 1 | 2016 88 REZE NSION E N Lubitz, Heike (2014): „Das ist wie Gewitter im Kopf! “ - Erleben und Bewältigung demenzieller Prozesse bei geistiger Behinderung Bad Heilbrunn: Klinkhardt. 299 S., € 45,- Im vorliegenden Buch, das auf einem Forschungsprojekt basiert, geht es um „Bildungs- und Unterstützungsarbeit mit Beschäftigten und Mitbewohner/ innen von Menschen mit geistiger Behinderung und Demenz“ (so der Untertitel). Das eine Besondere an diesem Buch ist, dass nicht VHN 1 | 2016 89 REZE NSION E N geistig behinderte Menschen mit einer Demenz im Zentrum stehen, sondern Menschen aus ihrem Umfeld. Nicht Angehörige sind gemeint, sondern die professionell in der Behindertenarbeit Tätigen (als Mitarbeiter/ innen bezeichnet) und - und dies ist eine weitere Besonderheit, die dieses Buch auszeichnet - Mitbewohner/ innen, mithin Menschen, welche selber unter den Bedingungen einer geistigen Behinderung leben. In ihrer Untersuchung geht es Heike Lubitz um die Erfahrungsmuster dieser Personen aus dem Umfeld „sowie deren Erlebnis-, Deutungs- und Umgangsstrukturen demenzieller Prozesse“ (S.110). Die Fragestellung impliziert nicht nur eine Analyse, sondern, basierend auf Beobachtung und Befragung, eine Begleitung der Mitarbeiter/ innen und Mitbewohner/ innen. Diese Begleitung informiert und unterstützt die Beteiligten im Umgang mit den komplexen Herausforderungen, welche sich in Betreuung demenziell erkrankter Menschen mit geistiger Behinderung stellen. Die Komplexität der Fragestellung und der Untersuchungsanordnung zeigt sich auch darin, dass die ersten gut 100 Seiten der Aufarbeitung von internationalen Studien und Fachliteratur gewidmet sind, aufgeteilt in die drei Themen „Menschen mit geistiger Behinderung im Alter“, „Demenz“ und „Erleben und Bewältigung von individuellen Belastungen durch Demenz“. Diesem Informationsteil folgen in einem weiteren Kapitel eine methodische Grundlegung zu qualitativer Forschung sowie eine Beschreibung des Projekts in seiner Vielfalt. Die nächsten beiden Kapitel - wiederum gegen 100 Seiten - beinhalten die Darstellung der Ergebnisse sowie deren Interpretation. Im Anhang lassen sich, aufgegliedert nach Personengruppen, die Ergebnisse und deren Aufbereitung (Kategoriensystem) nachlesen. Die komplexe Anlage der Studie führt nicht zu repräsentativen Ergebnissen, was ja auch nicht intendiert sein kann (und ist), weil es zum einen um sehr heterogene Personengruppen geht und zum andern der Reiz der Studie darin liegt, dass kleine Systeme in Veränderungsprozessen im Zentrum der Untersuchung stehen. Dies hat allerdings den Nachteil, dass eine riesige, schwer zu bewältigende Datenmenge generiert wird. Wer sich auf die sorgfältigen Beschreibungen von Heike Lubitz einlässt, wird das Buch mit Gewinn lesen. Es ist eine wertvolle Ergänzung zum Grundlagenbuch von Sinikka Gusset-Bährer zur Thematik geistige Behinderung und Demenz. Dies besonders deshalb, weil Heike Lubitz eine empirische Studie vorgelegt hat und den Fokus auf Mitarbeiter/ innen und Mitbewohner/ innen legt. Prof. tit. Dr. Barbara Jeltsch-Schudel CH-1700 Freiburg DOI 10.2378/ vhn2016.art10d
