Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete
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0017-9655
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
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2017
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Fachbeitrag: Behindern / nicht behindern: Pädagogische Schließung und Intersektionalität
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Marcus Emmerich
Der Beitrag versucht ausgehend von einem kritischen Resümee zur Kategorienabhängigkeit der Intersektionalitätsforschung die Relevanz des Ansatzes für die Analyse des Zusammenhangs von Behinderung und sozialer Ungleichheit zu diskutieren, insofern sowohl die Disability Studies als auch die Soziologie der Behinderung ihren Gegenstandsbezug gerade aus dem epistemologischen Zweifel an sozialen und wissenschaftlichen Kategorisierungen gewinnen. Der wesentlich methodologisch begründete „kategoriale’ Intersektionalitätsansatz wird dabei mit differenzierungstheoretischen Überlegungen konfrontiert und ein Perspektivwechsel von der Intersektionalität sozialer Gruppenkategorien zur Polykontexturalität gesellschaftlicher Schließungsmechanismen vorgeschlagen. Behinderung kann damit als ein Mechanismus der sozialen Schließung bestimmt werden, dessen systemspezifische Eigenrationalität am Beispiel des Erziehungssystems skizziert wird.
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102 VHN, 86. Jg., S. 102 -115 (2017) DOI 10.2378/ vhn2017.art10d © Ernst Reinhardt Verlag Behindern/ nicht behindern: Pädagogische Schließung und Intersektionalität Marcus Emmerich Universität Tübingen Zusammenfassung: Der Beitrag versucht ausgehend von einem kritischen Resümee zur Kategorienabhängigkeit der Intersektionalitätsforschung die Relevanz des Ansatzes für die Analyse des Zusammenhangs von Behinderung und sozialer Ungleichheit zu diskutieren, insofern sowohl die Disability Studies als auch die Soziologie der Behinderung ihren Gegenstandsbezug gerade aus dem epistemologischen Zweifel an sozialen und wissenschaftlichen Kategorisierungen gewinnen. Der wesentlich methodologisch begründete ‚kategoriale’ Intersektionalitätsansatz wird dabei mit differenzierungstheoretischen Überlegungen konfrontiert und ein Perspektivwechsel von der Intersektionalität sozialer Gruppenkategorien zur Polykontexturalität gesellschaftlicher Schließungsmechanismen vorgeschlagen. Behinderung kann damit als ein Mechanismus der sozialen Schließung bestimmt werden, dessen systemspezifische Eigenrationalität am Beispiel des Erziehungssystems skizziert wird. Schlüsselbegriffe: Intersektionalität, Behinderung, pädagogische Schließung, Differenzierungstheorie Disable/ Not-Disable: Educational Closure and Intersectionality Summary: Following some critical considerations on the methodological category dependency of intersectionality research, the paper discusses the relevance of intersectionality for analysing relations between disability and social inequality, since disability studies and sociology of disability obtain their genuine subject through an epistemological scepticism concerning social and scientific categorizations. Confronting the ‘categorical approach’ in intersectionality research with basic insights from differentiation theory, an epistemological shift form the intersectionality of social group categories to the ‘polycontexturality’ of social closure mechanisms will be suggested as necessary. Thus, ‘disability’ itself can be theorized as a closure mechanism operating inside ‘outdifferentiated’ social systems and driven by their recursive rationalities. The paper finally discusses the case of ‘educational closure’ as a mechanism constituting and intersecting disability and inequality inside the education system. Keywords: Intersectionality, disability, educational closure, social differentiation FACH B E ITR AG TH EME NSTR ANG Intersektionalität in der Sonderpädagogik 1 Bringing society back in: Behinderung und intersektionale Ungleichheit Der Versuch, das Verhältnis von Behinderung und sozialer Ungleichheit aus der Perspektive des Intersektionalitätsansatzes zu bestimmen, impliziert zunächst, dass der Gegenstandsbereich der Gesellschaft den Analyserahmen vorgibt: Nicht das spezifische Phänomen ‚Behinderung‘, sondern gesellschaftliche Strukturbildungsprozesse bilden den theoretischen und methodologischen Ausgangspunkt der Diskussion. Sowohl die Soziologie der Behinderung (Kastl 2010) als auch Disability Studies (Waldschmidt/ Schneider 2007) bewegen sich erklärtermaßen primär im Horizont mikro- und mesosoziologischer Analysen, mit anderen Worten auf den Ebenen der Interaktion und der Institution, auf denen die soziale Her- VHN 2 | 2017 103 MARCUS EMMERICH Pädagogische Schließung und Intersektionalität FACH B E ITR AG stellung des Phänomens ‚Behinderung‘ beobachtet wird. Das damit verbundene Bemühen, differenzielle und differenzierende Klassifikationsprinzipien und ihre performativen Effekte (Weisser 2005) zu identifizieren, hat zur Formulierung eines epistemologischen Standpunktes geführt, von dem ausgehend auch die für die Disability-Studies leitende Unterscheidung Impairment/ Disability sowie die Differenzierbarkeit zwischen medizinischpsychologischen (individuellen) und sozialen bzw. kulturellen Modellen der Behinderung dekonstruiert worden sind (Waldschmidt 2005; Kastl 2010) 1 . Gesellschaftliche Ungleichheitsstrukturen stellen demgegenüber ein makrosoziologisches Phänomen dar, das nur auf Basis statistischer Befunde (etwa zu strukturellen beruflichen Statusunterschieden zwischen Männern und Frauen oder ungleichen Partizipationschancen von Behinderten und Nicht-Behinderten) und/ oder im Rahmen von Gesellschaftstheorien als Beobachtungsgegenstand gewonnen werden kann (vgl. auch Waldschmidt 2014). ‚Behinderung‘ muss hierbei allein schon aus beobachtungsmethodischen Gründen als ein konstantes Personenmerkmal definiert werden, weil nur die Kategorisierung individueller Merkmalsträger eine statistische Zuordnung zu ungleichen Statusgruppen ermöglicht. Die Frage, welche gesellschaftlichen Prozesse bzw. Mechanismen Behinderung zu einer strukturhomologen Ungleichheitskategorie neben anderen (z. B. Geschlecht, Klasse und Ethnizität) machen, lässt sich damit weder auf Basis dekonstruktiver Analysen noch statistischer Befunde beantworten. Vielmehr bedarf es einer theoretischen und empirischen Beschreibung des gesellschaftlichen Prozesses, der aus sozial sichtbar gemachten Differenzmerkmalen soziale Ungleichheitspositionen macht. Im Weiteren wird vorgeschlagen, ausgehend von der Idee intersektionaler Ungleichheit, Mechanismen der sozialen Schließung im Modus Inklusion/ Exklusion in den analytischen Fokus zu stellen. Dabei macht es einen erheblichen Unterschied, welche Gesellschaftstheorie den Ausgangspunkt bildet, da hiervon abhängt, wie gesellschaftliche Differenzierung begriffen werden kann: Während etwa klassische Ungleichheitstheorien Gesellschaft als (konflikthafte) Relation von Großkollektiven wie Klassen, Schichten, Milieus oder ethnisch und geschlechtsbezogen differenzierter Gruppen beschreiben, bildet die funktionale Differenzierung in teilsystemische Bereiche wie Ökonomie, Politik, Wissenschaft und Erziehung den Ausgangspunkt der soziologischen Systemtheorie. Ein Unterschied zwischen beiden Theorietraditionen besteht dabei in der Weise, in der die Integration bzw. Inklusion von Individuen in die Gesellschaftsstruktur gefasst wird: Während Individuen im Fall der Gruppensoziologien einer oder mehreren sozialen Gruppen und den entsprechenden Gruppenkategorien subsumiert werden (z. B. Frau, Migrationshintergrund, bildungsnah, Mittelschicht, bürgerliches Milieu), verzichtet die Soziologie sozialer Systeme auf die vortheoretische Annahme, Gesellschaft bestehe aus kategorial unterscheidbaren Gruppen von Individuen. Stattdessen geht sie davon aus, dass Ungleichheiten im Modus polykontexturaler Inklusions- und Exklusionsmechanismen generiert werden, sodass die Art und Weise der Klassifizierung und Adressierung von Individuen in sozialen Systemen in den analytischen Fokus rückt (Emmerich/ Hormel 2013). Die folgende Diskussion befasst sich mit dem Reflexionsgewinn, den der Intersektionalitätsansatz im Gegenstandsbereich Behinderung bietet oder nicht bietet und geht dabei von diesen gesellschaftstheoretisch gesetzten Rahmenbedingungen aus, insofern die Intersektionalitätsperspektive empirisch impliziert, dass sich die (Ungleichheits-)Struktur der Gesellschaft als ein Gefüge kategorial differenzierbarer sozialer Gruppen beschreiben lässt und entsprechend zu einem ‚methodologi- VHN 2 | 2017 104 MARCUS EMMERICH Pädagogische Schließung und Intersektionalität FACH B E ITR AG schen Gruppismus‘ neigt. Zudem wird der Versuch unternommen, die Implikationen beider Zugangsweisen zu Behinderung - der gruppenlogischen und der systemlogischen - aufzuzeigen. Der Beitrag wird in einem ersten Schritt die breitere erziehungswissenschaftliche Thematisierung von Differenz und Ungleichheit skizzieren, vor deren Hintergrund die Adaption von Intersektionalitätsperspektiven sachlich Plausibilität gewinnt (2). Daran anschließend werden der Reflexionsgewinn und die Reflexionsgrenzen einer auf Behinderung bezogenen Intersektionalitätsperspektive diskutiert und hierbei argumentiert, dass die Kategorienabhängigkeit der Intersektionalitätsforschung im Widerspruch zur dekonstruktiven bzw. wissenssoziologisch rückgebundenen Erkenntniskritik der Disability Studies und der Soziologie der Behinderung steht, was sich insbesondere anhand der Diskussion um Behinderung als ‚Strukturkategorie‘ zeigt (3). Das wissenschaftliche Defizit des Intersektionalitätsansatzes besteht darin, bislang keinen differenzierungstheoretischen Zugang zu den komplexen Prozessen der gesellschaftlichen Erzeugung von Differenz und Ungleichheit entwickelt zu haben. Demgegenüber wird in einem weiteren Schritt (4) eine Perspektivumkehr von den ‚sozialen Kategorien‘ zu generativen Mechanismen der sozialen Schließung vorgeschlagen. In der Konsequenz kann Behinderung als eine Form der sozialen Schließung beschrieben werden, die insofern an gesellschaftliche Strukturmerkmale rückgebunden ist, als die strukturbildenden Effekte der Schließung durch institutionelle Klassifikations- und Adressierungspraxen ermöglicht werden. Ausgehend von der differenzierungstheoretischen Einsicht in die Polykontexturalität der gesellschaftlichen Ungleichheitsgenese soll abschließend der Mechanismus der pädagogischen Schließung im Bildungssystem skizziert werden, der operativ mit der Unterscheidung behindern/ nicht-behindern operiert (5). 2 Wozu Intersektionalität? Das Theorieangebot ‚Intersektionalität‘ (Knapp 2013; Walgenbach 2011; 2016) 2 findet gegenwärtig in einem erziehungswissenschaftlichen Diskursfeld Anklang, das seit dem Ende der 1980er Jahre mit Leitbegriffen wie Differenz, Diversität, Vielfalt oder Heterogenität für pädagogische (Selbst-)Orientierung gesorgt, dabei jedoch nicht oder nur marginal Fragen der sozialen Ungleichheit bearbeitet hat. Diese theoretische Abstinenz gegenüber Ungleichheitsproblemen scheint zunehmend als ein Defizit aufzufallen, für dessen Kompensation der Ansatz der Intersektionalität, der qua Selbstanspruch einen neuen analytischen Zugang zur Komplexität gesellschaftlicher Ungleichheitsverhältnisse verspricht, genutzt wird. Eingebettet in eine sozialphilosophisch konturierte Anerkennungsethik (Prengel 2006), lag und liegt der normative und programmatische Wert der leitbegrifflichen Bezugspunkte Differenz, Heterogenität oder Vielfalt darin, in schulkritischer Perspektive Formen der Binnendifferenzierung oder Individualisierung unter dem Verweis auf die soziale Unterschiedlichkeit der Adressat/ innen pädagogischer Bemühungen begründen zu können. Da sich soziale Unterscheidungsmerkmale wie geschlechtliche oder sprachlich-kulturelle Zugehörigkeiten jedoch kaum systematisch und wenig plausibel in pädagogisch-praktische Kriterien wie Lernvoraussetzung, Lernmotivation usw. übersetzen lassen, ist der Gebrauch sozialer Unterscheidungen als handlungsleitender Orientierungsrahmen in den letzten Jahren verstärkt zum Gegenstand erziehungswissenschaftlicher (Selbst-)Befragung gemacht worden (Trautmann/ Wischer 2011; Budde 2012; Emmerich/ Hormel 2013). Insbesondere wurde dabei angemerkt, dass der auf die Anerkennung individueller Lebens- und Lernvoraussetzungen gerichtete pädagogische Blick die Unterschiedlichkeit der Adressat/ innen nicht unschuldig registriert, sondern immer VHN 2 | 2017 105 MARCUS EMMERICH Pädagogische Schließung und Intersektionalität FACH B E ITR AG schon reifizierend verstrickt ist in diejenigen sozialen Macht- und Ungleichheitsverhältnisse, die Unterschiedlichkeiten erzeugen und zur Sichtbarkeit bringen (Diehm u. a. 2013). Die Bezugnahme auf Intersektionalität steht gegenwärtig für diese Wiederentdeckung der Ungleichheitsfrage im erziehungswissenschaftlichen Diskurs um Diversität und Heterogenität, und vor diesem Hintergrund scheint auch Behinderung zum Gegenstand der Ungleichheitsdiskussion zu werden. Zu klären ist daher, ob und in welcher Hinsicht Behinderung als eine makrosoziologische Strukturkategorie begriffen werden kann - und mit welchem wissenschaftlichen Ertrag. 3 Behinderung: Personenkategorie oder Strukturkategorie? Die Frage, in welcher Form Disability Studies und Intersektionalitätsforschung theoretisch und empirisch anschlussfähig sind, lässt sich in zwei Richtungen stellen: Zum einen, ob und inwiefern die Kategorie ‚Behinderung‘ die Analysefähigkeit der Intersektionalitätsforschung steigert, zum anderen, ob die Intersektionalitätsperspektive im Rahmen der Formanalyse von Behinderung als sozialer Konstruktion einen Erkenntnisgewinn verspricht - und worin dieser besteht (Dederich 2014; Baldin 2014). Im ersten Fall stellt sich das Problem, Behinderung als eine gesellschaftliche Ungleichheitskategorie theoretisch begründen zu müssen, die - homolog zu den Kategorien Klasse, Ethnizität oder Geschlecht konstruiert - eine Struktur der sozialen Einteilung aller Individuen in kategorial unterschiedene Gruppen beschreibt (nur dann ließe sich von einer gesellschaftlichen Strukturkategorie im makrosoziologischen Sinn sprechen). Im zweiten Fall dürfte das Problem darin bestehen, Behinderung als ‚sozial-kategoriales Kompositum‘ zu konstruieren, mit dem in der sozialen Praxis Individuen einer bestimmten Gruppe bezeichnet werden. Zu diskutieren wäre zum einen, ob Behinderung im Prozess der gesamtgesellschaftlichen Reproduktion als eine Strukturkategorie und/ oder als eine Personenkategorie in Betracht gezogen werden muss (s. dazu Weinbach 2014). Zum anderen folgt die Intersektionalitätsperspektive in beiden Fällen der Logik eines methodologischen Gruppismus (vgl. Emmerich/ Hormel 2016), der hinsichtlich der Konstruktion von ‚Behinderung‘ als intersektionaler Kategorie zu problematisieren wäre. Aus der Perspektive der Disability Studies und der Soziologie der Behinderung liegt in der Erkenntnis, dass es sich bei Behinderung um eine soziale Kategorie handelt, indes kein Neuigkeitswert: Als Reflexionstheorien einer strukturell besondernden Zielgruppenpädagogik befassen sich beide Ansätze seit jeher in erkenntniskritischer Absicht mit der Frage der gesellschaftlichen Konstruktion jener Adressat/ innen, aus deren vermeintlicher Existenz die Pädagogik ihre Besonderungslegitimation bezieht. Die kulturwissenschaftlich fundierte Dekonstruktion von Normalität/ Abweichungs-Differenzierungen in institutionalisierten medizinischen, sozialrechtlichen, pädagogischen usw. Diskursen (Dederich 2007) zielt entsprechend ebenso auf die Analyse der gesellschaftlichen Differenzierungsmechanismen wie im weitesten Sinn wissenssoziologische Analysen zur sozialen Konstruktion von Behinderung in Interaktionspraxen und institutionellen Kontexten (Kastl 2010) oder systemtheoretische Reflexionen zur Konstruktion sonderpädagogischer Selbstreferenz im Horizont von Semantiken der Behinderung (Moser 2003; Wansing 2005). Trotz erkennbarer Unterschiede zwischen soziologisch und kulturwissenschaftlich argumentierenden Reflexionsansätzen (Waldschmidt/ Schneider 2007) sind die unterschiedlichen sozial- und kulturwissenschaftlichen Theoriezugänge von der grundlegenden Einsicht getragen, dass der wissenschaftliche Gebrauch beobachtungsleitender Personenkategorien wie Behinderung oder Geschlechtszugehörigkeit selbst Teil jener sozialen Differenzierungsmechanismen ist, auf VHN 2 | 2017 106 MARCUS EMMERICH Pädagogische Schließung und Intersektionalität FACH B E ITR AG deren Grundlage Individuen zu merkmalshomogenen Gruppen zusammengefasst werden. Die Forderung nach radikaler Dekategorisierung von ‚Behinderung‘ (Weisser 2005, 35) ist entsprechend auch und gerade im Modus der wissenschaftlichen Selbstreferenz formuliert und geht über die politisch motivierte Kritik an ‚sozialen Verhältnissen‘, die es zu überwinden gilt, hinaus. Mit anderen Worten ist der gesellschafts- und kulturanalytische Stil der Disability Studies von einem epistemologischen Zweifel gegenüber Gesellschaftsbeschreibungen auf Basis von Personenkategorien getragen, insofern diese nicht als analytischer Ausgangspunkt gesetzt, sondern als das sozial sichtbare Resultat gesellschaftlicher Differenzierungsprozesse begriffen werden müssen. Erst diese Erkenntnisposition ermöglicht die systematische Reifikationsvermeidung in der Beschreibung sozialer Realitäten. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, wie von diesem wissenschaftstheoretischen Standort ausgehend Anschlüsse an eine Intersektionalitätsforschung möglich sind, deren Beobachtungsfähigkeit gerade auf der methodologischen Operationalisierung sozialer Kategorien basiert 3 . In der deutschsprachigen Intersektionalitätsdiskussion ist die erkenntniskritische Theoriebildung mit Ausnahme der Beiträge von Gudrun Axeli Knapp und Cornelia Klinger weitgehend durch Kategorienbildung ersetzt worden, sodass die Zugangsweise zum Gegenstandsbereich Ungleichheit wesentlich methodologischer Natur ist. McCalls (2005) einschlägige empirische Studie zu intersektionaler Ungleichheit in den USA, die den categorical approach innerhalb der Intersektionalitätsforschung begründet hat, stellt in der deutschsprachigen Diskussion einen zentralen Referenzpunkt dar. McCalls intersektionale Ungleichheitsanalyse nutzt dabei das gängige statistische Repertoire der quantitativen Sozialstrukturanalyse, sodass die sozialen Kategorien class, race und gender als Individualmerkmale behandelt und zu Gruppenvariablen aggregiert werden müssen, um intersektionale Ungleichheiten in Bezug auf Einkommen und Beruf in Form einer Verteilungsvarianz abbilden zu können, die zwischen den statistischen Aggregaten bestehen. Methodisch ist diese Intersektionalitätsanalyse folglich nur auf Basis von ex ante konstruierten Gruppenkategorien möglich. Zudem unterscheidet der ‚kategoriale Ansatz‘ nicht zwischen sozialer Differenz, die sich auf manifeste Askriptionen wie Geschlecht, Sprache, Hautfarbe oder Körper, und strukturierter gesellschaftlicher Ungleichheit, die sich auf latente Strukturmuster der Ungleichverteilung im Sinne der Klassen- und Schichtenbildung bezieht (s. dazu Emmerich/ Hormel 2016). Eine Lösung für das Problem, komplexe Ungleichheiten gesellschaftsanalytisch erfassen zu können, besteht in der Unterscheidung zwischen horizontalen und vertikalen bzw. materiellen und symbolischen Ungleichheiten (Weiß u. a. 2001). Horizontale oder symbolische Ungleichheiten, die an Geschlecht, Ethnizität, aber auch an Behinderung (Maschke 2007) abgelesen werden, liegen demnach ‚quer‘ zur Struktur der vertikalen gesellschaftlichen Stratifikation in Schichten und Klassen auf Grundlage von Einkommen, Beruf, Macht und Bildung, was dann die Frage nach den unterschiedlichen Überlagerungsformen dieser Ungleichheitsdimensionen aufwirft. Intersektionalität stellt im Grunde genau diese (alte) Frage erneut. Wenn Gesellschaftsstruktur nicht als Gruppenrelation konstruiert, sondern nach den sozialen Prozessen gefragt wird, die beide Dimensionen erzeugen, fällt auf, dass zwei unterschiedliche gesellschaftliche Differenzierungsformen ins Spiel kommen: Im Fall der ‚horizontalen‘ Ungleichheiten werden Strukturen der sozialen Sichtbarkeit bzw. der sozial sichtbaren ‚Differenz‘ oder ‚Diversität‘ zwischen Individuen generiert, im Fall der ‚vertikalen‘ Ungleichheiten materielle Disparitäten und Statushierarchien (Emmerich/ Hormel 2013). Die Entstehung vertikaler Ungleich- VHN 2 | 2017 107 MARCUS EMMERICH Pädagogische Schließung und Intersektionalität FACH B E ITR AG heitsrelationen zwischen Schichten und Klassen ist theoretisch und empirisch hinreichend geklärt: Die Erzeugung dieser sozialen Gruppen basiert ja gerade auf den ökonomischen, politischen und rechtlichen Mechanismen, die zu einer strukturierenden Ungleichverteilung gesellschaftlicher Ressourcen zwischen Individuen führen. Die Entstehung symbolischer Ungleichheiten hingegen verlangt der Theoriebildung ein erheblich höheres Reflexionsniveau ab und verleitet deshalb zu Rückfällen in sozial-ontologisches Denken: Denn die Frage ist nunmehr, wie Männer und Frauen, Ethnien und Behinderte überhaupt als soziale Gruppen hervorgebracht werden. Geschlecht und Ethnizität werden auch in makrosoziologischen Gesellschaftstheorien gängigerweise als vorsoziale Realitäten behandelt, die implizit auf die Körperlichkeit der Individuen zurückgeführt werden. Die Sichtbarkeit von ‚Differenz‘ wird damit aber quasi-naturalistisch durch eine sensuelle Wahrnehmbarkeit der Physis von Personen erklärt. Aus einer sozialkonstruktivistischen Perspektive muss eine derartige Erklärung, die lediglich die Alltagswahrnehmung dupliziert, zurückgewiesen werden: Weder erschließt sich der Geschlechterbinarismus aus ‚empirischen‘ Befunden noch lassen sich ‚Ethnien‘ oder ‚Kulturen‘ als solche ‚sehen‘. Vielmehr basiert die Sichtbarkeit in beiden Fällen auf sozialen Klassifikationen, d. h. auf diskursiv oder institutionell verfügbaren Unterscheidungen, die zur Bezeichnung von Personen genutzt werden. Wie ein ‚Zusammenwirken‘ beider gesellschaftlicher Differenzierungsformen historisch und systematisch als strukturbildender Mechanismus operiert, lässt sich auf Basis von Intersektionalitätskategorien nicht beantworten: Diese können nur diesseits der ‚sichtbaren‘ Effekte der sozialen Differenzierung von Personen ansetzen, und gerade darin besteht das tendenziell reifizierende Moment der Intersektionalitätsforschung. Auch ‚Behinderung‘ kann in einer solchen methodologischen Zugangsweise ebenfalls nur als eine Gruppenkategorie konstruiert werden, auf deren Grundlage Ungleichverteilungen etwa von Berufspositionen, faktischen Zugängen zum Bildungssystem usw. sichtbar gemacht werden können. „Für die Intersektionalitätsforschung ist ‚Behinderung‘ hingegen eine Analysekategorie zur Kritik interdependenter Ungleichheiten. Ihre Benennung wird solange notwendig sein, wie die Kategorie ‚Behinderung‘ sozial relevant gesetzt wird.“ (Walgenbach 2016, 652) Wenn aber die Benachteiligung von Personen, die als ‚behindert‘ gelten, empirisch nur dadurch beobachtet werden kann, dass sie methodologisch als ‚behindert‘ kategorisiert - wissenschaftlich als ‚sozial relevant gesetzt‘ - werden, dann sagt dies mehr über die Annahmen und methodischen Kategorisierungszwänge der Forschenden aus als über die gesellschaftlichen Mechanismen, die zur Erzeugung von Behinderung beitragen 4 . Es überrascht daher nicht, dass sich der wissenschaftliche Kern der Intersektionalitätsdiskussion primär mit dem methodologischen Problem befasst, welche und wie viele soziale Kategorien - race, class, gender oder mehr - empirisch zu berücksichtigen seien, um Diskriminierungen und Ungleichheiten kontextbezogen abbilden zu können (Winker/ Degele 2009). Christine Weinbach (2014) hat angemerkt, dass die Intersektionalitätsforschung gesellschaftstheoretisch betrachtet an Personenkategorien und nicht an differenzierungstheoretisch begründeten Strukturkategorien orientiert ist, mit der Folge, dass die „Fokussierung der Intersektionalitäts-Debatte auf Individuen statt auf Sozialstrukturen […] sicherlich nicht zur Entwicklung eines begriffsscharfen Intersektionalitäts-Paradigmas“ (Weinbach 2014, 81) führt. Weinbach schlägt daher vor, die Intersektionalitätsperspektive an eine konstruktivistische Soziologie rückzubinden, insofern diese über eine tragfähige Theorie der sozia- VHN 2 | 2017 108 MARCUS EMMERICH Pädagogische Schließung und Intersektionalität FACH B E ITR AG len Strukturerzeugung verfüge. Denn ein Folgeproblem der von Weinbach kritisierten Fokussierung auf Personenkategorien ist, dass die Intersektionalität (Überschneidung, Kreuzung) von Ungleichheitsdimensionen im Kontext des methodologischen Zugangs des Ansatzes nur in Form einer Überlagerung personaler Gruppenzugehörigkeiten dargestellt werden kann. Sozialkonstruktivistisch betrachtet liegt der Unterschied zwischen Personen- und Strukturkategorien allerdings darin, dass in Bezug auf das Verhältnis Individuum/ Gesellschaft Erstere exklusiv kategorisieren, letztere inklusiv: Zwar muss die ubiquitäre Relevanz der Binärunterscheidung behindert/ nicht-behindert (Weisser 2005) als eine soziale Klassifikationsressource in Rechnung gestellt werden, die Individuen als ‚Personen mit Behinderung‘ sozial sichtbar macht. Aber den solchermaßen zur Sichtbarkeit gebrachten Individuen wird der Status der Nicht-Normalität, der Abweichung zugeschrieben, sie werden mit anderen Worten aus der Normalitätserwartung der Gesellschaft ausgeschlossen. Demgegenüber folgt die Kategorie Geschlecht einer anderen Bezeichnungslogik, insofern alle Individuen entweder als männlich oder als weiblich klassifiziert werden können (Ausnahmen bestätigen hierbei gleichermaßen die Regel wie die Machtförmigkeit heteronormativer Klassifikationszwänge), was die strukturelle Einschließung aller Individuen in gesellschaftliche Normalitätserwartungen impliziert. Eine Differenzierung von Individuen nach dem Schema ‚geschlechtszugehörig/ nicht-geschlechtszugehörig‘ oder ‚schichtzugehörig/ nicht-schichtzugehörig‘ entzieht sich nicht nur der Intelligibilität, es wird vielmehr deutlich, dass die Zuschreibungen ‚Geschlecht‘ und ‚Schichtung‘ jedes Individuum in die Ungleichheitsstruktur der Gesellschaftinkludieren. Gesellschaftstheoretisch sind damit Analyseperspektiven ins Spiel gebracht, die, statt die Kategorisierbarkeit des Sozialen methodisch auszuloten, die Logiken der sozialen Schließung im Modus von Inklusion und Exklusion zu rekonstruieren versuchen. Welcher Perspektivwechsel dadurch in Bezug auf den Zusammenhang von Behinderung und sozialer Ungleichheit ermöglicht wird, soll im Weiteren diskutiert werden. 4 Behinderung als soziale Schließung: Inklusion / Exklusion Ausgehend von Luhmanns Überlegungen zu Inklusion/ Exklusion als basaler gesellschaftlicher Differenzierungsform soll im Folgenden skizziert werden, dass auch Max Webers Theorem der ‚sozialen Schließung‘ unter der Bedingung funktionaler Differenzierung als ein gleichzeitiger In- und Exklusionsmechanismus beschrieben werden kann (vgl. Emmerich/ Hormel 2013) und daraus Reflexionsoptionen für die Analyse von Behinderungen in und durch das Bildungssystem gewonnen werden können. Die Theorie sozialer Systeme nimmt an, dass ‚der Mensch‘ nicht Teil des autopoietisch operierenden Kommunikationssystems ‚Gesellschaft‘ ist und sieht daher konsequent von einer soziologischen Bewertung des Individuums (etwa nach dem Schema rational/ irrational) ab (Luhmann 2008, 26f.). Diese Bewahrung des ‚Nichtidentischen‘ des Individuums gegenüber den Typisierungsansprüchen der sozialen Systeme hat eine weitere, sozialwissenschaftlich folgenreichere Seite, denn Luhmanns Soziologie folgt damit implizit einem methodologischen Anti-Gruppismus: Da die Gesellschaft nicht aus Menschen besteht, besteht sie folgerichtig auch nicht aus (strukturell relationierten) Gruppen von Menschen (Geschlechtern, Ethnien, Klassen, Schichten, Milieus usw.). Die Struktur der modernen Gesellschaft resultiert nach Luhmann vielmehr aus der selbstläufigen Dynamis sich funktionsspe- VHN 2 | 2017 109 MARCUS EMMERICH Pädagogische Schließung und Intersektionalität FACH B E ITR AG zifisch ausdifferenzierender Sinnsysteme und nicht aus einer Segmentierung und Stratifizierung gruppierter Individuen. Dies schafft eine andere Ausgangssituation für die Analyse gesellschaftlicher Benachteiligungs- und Ungleichheitsphänomene, da sich diese - beobachtungstheoretisch reflektiert - empirisch nicht mehr aus der Ex-ante-Konstruktion sozialer Gruppen erschließen lassen. Sie zwingt damit zu einer theoretischen wie empirischen Anstrengung, die strukturellen, vor allem aber die operativen Ursachen sozialer Ungleichheit nicht aus der sozialen Sichtbarkeit von Individuen abzulesen, denen ihre Gruppenzugehörigkeiten allererst gesellschaftlich und wissenschaftlich zugeschrieben werden. Differenzierungstheoretisch muss infolge der funktionalen Systemdifferenzierung von der Polykontexturalität gesellschaftlicher Strukturbildungsprozesse ausgegangen werden, d. h. dass gesellschaftliche Phänomene immer zugleich ökonomisch, rechtlich, politisch, pädagogisch, moralisch usw. strukturiert sind, sich folglich empirisch immer ‚überschneiden‘. Auch soziale Ungleichheitsstrukturen wären damit als eine polykontextural konstituierte gesellschaftliche Realität zu untersuchen, wobei hinsichtlich ihrer Genese je systemspezifisch auftretende operative Eigenrationalitäten in Rechnung zu stellen sind: Das Wirtschaftssystem und das Erziehungssystem generieren ihre bereichseigenen Ungleichheiten, deren Verknüpfung bspw. erst beim Übergang Schule - Beruf hergestellt wird. Inklusion/ Exklusion ist von Luhmann (1999) als eine ‚quer‘ zur funktionalen Systemdifferenzierung liegende gesellschaftliche Differenzierungsoperation beschrieben worden, die sich auf Individuen bzw. auf Personen bezieht (Stichweh 2009). Die Theorie der Inklusion/ Exklusion reflektiert und ersetzt innerhalb der Systemtheorie den tradierten soziologischen Begriff der Sozialintegration (Luhmann 1999, 60) und thematisiert die Form, in der Individuen durch Systeme kommunikativ berücksichtigt (inkludiert) oder nicht-berücksichtigt (exkludiert) werden. Berücksichtigen meint hierbei: als Person für operative Systemerfordernisse in Anspruch genommen zu werden und zwar auf Basis der Relevanzstrukturen des jeweiligen sozialen Systems. Ökonomisch interessieren Individuen als Kund/ innen oder Arbeitskräfte, rechtlich als Klient/ innen oder Delinquent/ innen, politisch als Wähler/ innen, pädagogisch als Schüler/ innen usw. Als solche erscheinen sie auf der Inklusionsseite der Unterscheidung; die Frage wäre, auf welcher Seite Personen als ‚Behinderte‘ erscheinen. Peter Fuchs (2002) hat darauf hingewiesen, dass Behinderung ein Phänomen der Moderne, eine Folgeerscheinung funktionaler Differenzierung darstellt: Insofern in den Funktionssystemen wie Wirtschaft, Recht oder Bildung ebenso wie in modernen Organisationen jeweils systemrelative Kommunikationserfordernisse entstehen, werden zugleich Formen der Nicht-Erfüllung dieser Erfordernisse ‚sichtbar‘ und innerhalb der Systeme zum Anlass der besondernden Adressierungen von Personen gemacht. Innerhalb des Rechtssystems bzw. der rechtsprechenden Institutionen lässt sich dies etwa beobachten, wenn Individuuen als schuldfähig klassifiziert werden, während im Erziehungssystem betriebsbedingte Normalitätserwartungen an die Lern- und Leistungsfähigkeit von Individuen existieren, die Normabweichungen allererst entstehen lassen. Mit anderen Worten produziert die Inklusion aller Individuen in das funktional ausdifferenzierte Gesellschaftssystem zugleich systemspezifische Exklusionsbereiche, in denen - wie Foucault klassisch am Beispiel der Klinik und des Gefängnisses gezeigt hat - Abweichungsindividualisierungen erzeugt werden. ‚Behinderung‘ kann hierbei geradezu als prototypisch für die Adressierung von Personen als abweichend oder ‚nicht fähig‘ (disable) konturiert werden, insofern ihnen zugeschrieben wird, dass sie die VHN 2 | 2017 110 MARCUS EMMERICH Pädagogische Schließung und Intersektionalität FACH B E ITR AG sozialen Voraussetzungen der gesellschaftlich diversifizierten Kommunikationsanforderungen nicht erfüllen können. Entscheidend ist hierbei, dass die Askription ‚Behinderung‘ kategorial erfolgt, insofern sie ein nicht veränderbares Personenmerkmal behauptet: Die Unterscheidung behindert/ nicht-behindert manifestiert erwartungsstrukturierte Invarianz und Zeitstabilität, sie determiniert damit strukturell zukünftige Möglichkeiten - etwa die Möglichkeit, dass ein als ‚lernbehindert‘ kategorisierter Schüler diese Kategorie jemals wird verlassen können. Dieser Determinismus qua Zuschreibung von Personenmerkmalen kann, einen Begriff Max Webers aufgreifend, als Mechanismus der sozialen Schließung begriffen werden. Nach Weber bedeutet soziale Schließung, „dass irgendein äußerlich feststellbares Merkmal eines Teils der (aktuell oder potenziell) Mitkonkurrierenden: Rasse, Sprache, Konfession, örtliche oder soziale Herkunft, Abstammung, Wohnsitz usw. von den anderen zum Anlass genommen wird, ihren Ausschluss vom Mitbewerb zu erstreben. […] Und das Ziel ist: in irgendeinem Umfang stets Schließung der betreffenden (sozialen und ökonomischen) Chancen gegen Außenstehende.“ (Weber 2005, 260f.) Soziale Schließungen verwandeln folglich soziale Sichtbarkeit - jenes ‚äußerlich feststellbare Merkmal‘ - in soziale (Chancen-)Ungleichheit, insofern bestimmte Personen aus den Zugangsmöglichkeiten zu Ressourcen wie Bildung und Einkommen ausgeschlossen werden. Webers Merkmalsaufzählung, die den Möglichkeitsraum optionaler Schließungskriterien skizziert, eröffnet bereits die Frage, welche intersektionalen Schließungsformen empirisch beobachtet werden können. Die Frage wäre nunmehr, ob und in welcher Hinsicht ‚Behinderung‘ als ein Mechanismus der ‚sozialen Schließung‘ begriffen werden kann, der im Modus einer Kategorisierung und Zuschreibung von Gruppenmerkmalen auf Individuen operiert. Was eine an Weber anschließende Theorieperspektive zugleich ermöglicht, ist die Erkenntnis, dass der Mechanismus der ‚Behinderung‘ nicht durch Beobachtung der ‚Behinderten‘, sondern der behindernden sozialen Kontexte - Funktionssysteme, Institutionen, Organisationen, Interaktionen - erschlossen werden kann, die Schließungsoperationen prozessieren. Die wissenschaftliche Analyseperspektive wechselt damit von der Beobachtung der als ‚behindert‘ Adressierten in eine Beobachtung institutionalisierter Adressierungspraxen: Durch diese Einnahme einer Beobachtungsposition zweiter Ordnung (Luhmann 1998) lässt sich zeigen, dass die Herstellung von Behinderung innerhalb der Systeme handlungspraktisch an der Unterscheidung behindern/ nicht-behindern orientiert ist, die somit als operative Leitunterscheidung sozialer Schließung fungiert. Welche intersektional konstruierten Merkmalszuschreibungen hierbei relevant werden, wäre dann als Gegenstand einer differenzierungstheoretischen Intersektionalitätsforschung zu bestimmen, die empirisch zu untersuchen hätte, in welchen Kontexten sich überschneidende Formen der Behinderung prozessiert werden 5 . Es wird an dieser Stelle folglich eine Analyseperspektive vorgeschlagen, die von der Intersektionalität sichtbarer Sozialstrukturen zurückgeht zur Polykontexturalität gesellschaftlicher Strukturierungsprozesse. Damit ist eine methodologische Offenheit hinsichtlich der zu erwartenden strukturbildenden Ungleichheitseffekte verbunden, die es ermöglicht, das Erkenntnishindernis gruppensoziologischer Beobachtungsprämissen zu vermeiden und die Frage, welche komplexe Ungleichheit in welchen gesellschaftlichen Kontexten entsteht, allererst als eine empirische Problemstellung eröffnet. Abschließend soll dies in Bezug auf das Funktionssystem der Erziehung und seine Organisationsform - die Schule - exemplarisch durchgespielt werden. VHN 2 | 2017 111 MARCUS EMMERICH Pädagogische Schließung und Intersektionalität FACH B E ITR AG 5 Behinderung als selbstreferenzielle Form pädagogischer Schließung Institutionalisierte Handlungspraxen, die operativ an der Frage orientiert sind, ob und in welcher Weise eine Person behindert/ nichtbehindert wird, benötigen ein entsprechendes personenbezogenes Klassifikationswissen, das es ihnen ermöglicht, Individuen den systeminternen Handlungserfordernissen entsprechend zu kategorisieren (Pfahl 2011). In diesem Sinn hat Powell (2007) im Horizont neoinstitutionalistischer Organisationstheorien gezeigt, dass und wie die pädagogisch-professionelle Sichtbarmachung von Behinderung bzw. die Konstituierung von Behinderten als homogener Gruppe in und durch das Schulwesen Effekt schulorganisatorischer Segregation sowie der Institutionalisierung eines pädagogischen Klassifikationssystems ist: „Schulische Behinderung ist demnach definiert als ein kontinuierlich sich ausbreitender Prozess des Behindertwerdens durch eine offizielle Klassifizierung und Beschulung in räumlich getrennten und stigmatisierenden Einrichtungen.“ (ebd., 321) Angesichts dessen wäre in Bezug auf das Erziehungssystem davon auszugehen, dass der systemeigene Schließungsmechanismus operativ durch spezifische pädagogische Klassifikationen orientiert wird. Wenn systemtheoretisch von der operativen Geschlossenheit des Erziehungssystems und entsprechend von einer Selbstreferenz der „pädagogischen Kommunikation“ (Kade 2004) ausgegangen werden kann, dann ist damit impliziert, dass die Aufrechterhaltung der Rekursion der pädagogischen Kommunikation das Referenzproblem der (schulisch organisierten) Erziehung darstellt. Was aber geschieht, wenn die pädagogische Kommunikation mit Rekursionsblockaden konfrontiert ist, die durch die Individuen, die sie adressiert, evoziert zu werden scheinen? Die abschließende These ist, dass dieses Problem pädagogisch durch Schließungsoperationen bearbeitet wird und Behinderung für die pädagogische Kommunikation nicht das Problem, sondern die Lösung darstellt. Das vielfach beschriebene Technologiedefizit organisierter Erziehung (Luhmann/ Schorr 1982), das endemic uncertainties (Lortie 2002, 134ff.) hinsichtlich des pädagogischen Handlungserfolgs als strukturelles Dauerproblem hervorruft, motiviert in der schulischen Alltagspraxis - trotz aller didaktisch-methodischer Retechnologisierungsbemühungen - diffuse Strategien der pädagogischen Erwartungsstabilisierung. Zu diesen zählt, dass die Pädagogik im Normalfall davon ausgeht, dass Individuen gleichen Alters in einem erwartbaren Rahmen kognitiv, emotional und sozial entwicklungsfähig sind und pädagogische Bemühungen wiederum in Lernentwicklung umgesetzt werden. Hiermit ist operativ der Horizont der Inklusion markiert, insofern diese Normalitätserwartung für alle Individuen gilt. Auch die graduelle Unterscheidung von Leistungsdifferenzen zwischen Schüler/ innen durch Zensuren (die als solche zukunftsoffen ist) findet auf der Inklusionsseite der pädagogischen Kommunikationsstrukturen statt, auch wenn sie primär der Ermöglichung von Selektion dient. Eine schlechte Note schließt kein Individuum kategorisch aus der Normalitätserwartung der Schule aus. Eine Maßnahme wie ‚Lernzielbefreiung‘ indes, die für gewöhnlich als operatives Element inklusiver Bildung begriffen wird, wäre demgegenüber - kontraintuitiv - dem Exklusionsbereich der pädagogischen Kommunikation zuzurechnen: ‚Befreit‘ werden die betroffenen Individuen von den Normalitätserwartungen, die die pädagogische Praxis an ihre kognitive, emotionale und soziale Entwicklungsfähigkeit stellt; die pädagogische Schließung erfolgt vielmehr dadurch, dass den Betroffenen Chancen auf Lernmöglichkeiten vorenthalten werden 6 . VHN 2 | 2017 112 MARCUS EMMERICH Pädagogische Schließung und Intersektionalität FACH B E ITR AG Das Außerkraftsetzen von Selektionskriterien durch gesonderte Lernziele folgt dabei der kategorialen (und damit nicht mehr zukunftsoffenen) Unterscheidung normal/ abweichend, die nicht lediglich den Exklusionsbereich pädagogischer Kommunikation markiert, sondern auch und vor allem für Erwartungsstabilität im pädagogischen Prozess sorgt. Behindern ist die operative Lösung für das Problem, dass die ‚normale‘ pädagogische Kommunikation nicht fortgesetzt werden kann. Die bis hierhin offen gebliebene Frage ist, welche Funktion soziale Kategorien (und damit auch ‚intersektionale‘ Klassifikationen) im Prozess der schulischen Behinderung übernehmen: Wenn Behinderung eine Form der pädagogischen Schließung darstellt, dann kann angenommen werden, dass jene von Weber akzentuierten ‚äußerlich feststellbaren Merkmale‘ auch in diesem Fall Bedeutung erlangen, weil und insofern sie der homologen Lösung desselben Rekursionsproblems dienen. Für die Intersektionalität von ‚Behinderung‘ und ‚Migrationshintergrund‘ sowie ‚Geschlecht‘ liegen empirische Befunde vor (Powell/ Wagner 2014; Thielen 2014): Die drastische strukturelle Überrepräsentation von ‚armen Jungen mit Migrationshintergrund‘ auf Sonderschulen mit dem Förderschwerpunkt Lernen verweist darauf, dass eine Überlagerung von schulischen Schließungskategorien (Behinderung) und sozialen Differenzkategorien (Migration, Schicht, Geschlecht) relevant wird, die sich nur aus der Praxis der schulischen Inklusion/ Exklusion erschließen lässt - zumal dann, wenn hinsichtlich der Überweisungspraxis auf Sonderklassen und Sonderschulen eine erhebliche interkantonale (Kronig 2007) oder auch interkommunale (Weishaupt/ Kemper 2009) Varianz besteht. Das Schulsystem scheint folglich die interne Kategorie der Behinderung, mit der es seine operative Rekursion reguliert, mit externen sozialen Kategorien zu ‚matchen‘ 7 , um die solchermaßen adressierten Individuen als ‚behindert‘ behandeln zu können. Insofern Behinderung operativ gedacht wird, lässt sich die These formulieren, dass ‚behindern‘ immer dann als praktische Option realisiert wird, wenn die Fortsetzung der pädagogischen Kommunikation unter Normalitätserwartungen als problematisch definiert wird: Dann blockieren mangelnde Fertigkeiten im Umgang mit der schulischen Verkehrssprache und/ oder Abweichungen von kulturell und geschlechtlich codierten Verhaltenserwartungen die Selbstläufigkeit der pädagogischen Praxis und werden solchermaßen als Problem definiert, dass die im System verfügbare Lösung - pädagogische Schließung - greifen kann. Die Schule behindert Schüler/ innen, um sich in ihrem normalen Tun nicht behindern zu lassen. Intersektionalität wäre vor diesem differenzierungstheoretisch aufgespannten Hintergrund als Resultat institutioneller bzw. systeminterner Matching-Strategien zu begreifen, deren Struktur sich nicht aus der methodologischen Setzung ex ante konzipierter Personenkategorien ergibt, sondern erst ex post, d. h. aus der empirischen Rekonstruktion institutioneller Klassifikationsoperationen, erschließen lässt. Damit plädiert der Beitrag abschließend dafür, Intersektionalität als eine empirische Frage zu behandeln und dabei methodologisch offen zu halten, welche Personenkategorien in sozialen Systemen zur Strukturbildung beitragen. Dies scheint allerdings erst dann möglich, wenn der Intersektionalitätsansatz an eine tragfähige Differenzierungstheorie rückgebunden wird. Anmerkungen 1 Die Unterscheidung Impairment/ Disability generiert ähnliche Schwierigkeiten, wie die insbesondere von Judith Butler problematisierte Sex/ Gender-Unterscheidung in den Gender Studies: Die Differenzierung zwischen einer körperlichen und einer sozialen Dimension von ‚Behinderung‘ macht nur dann ‚Sinn‘, wenn VHN 2 | 2017 113 MARCUS EMMERICH Pädagogische Schließung und Intersektionalität FACH B E ITR AG Körper oder Geist als eine vor- oder außergesellschaftliche Realität angesehen werden. Erkenntnislogisch wäre hier allerdings einzuwenden, dass auch körperlich oder psychisch ‚sichtbare‘ Unterschiede nur unter der Bedingung ihrer sozialen Konstruktion den Status der Sichtbarkeit erlangen und sich die Leitdifferenz ‚Beeinträchtigung/ Schädigung und Behinderung‘ daher selbst als erklärungsbedürftig erweist. Areheart (2010) spricht deshalb in Anschluss an Butler von ‚Disability Trouble‘. 2 Die Facetten der aktuellen Intersektionalitätsdiskussion sowie ihre grundlegenden Annahmen werden im Rahmen dieses Beitrags nicht gesondert rekapituliert. Es sei diesbezüglich auf den im Jahrgang 85 (2016) der VHN erschienenen Einführungsbeitrag von Katharina Walgenbach (211 -224) verwiesen sowie auf den Diskussionsband zu Gudrun Axeli Knapps resümierender Bestandsaufnahme zur Entwicklung des Intersektionalitätsansatzes (Knapp 2013). 3 Die Antwort auf die Frage, ob eine Person in einer sozialen Situation diskriminiert wird, weil sie behindert ist oder weil sie eine Frau ist, lässt sich empirisch nur dadurch beantworten, dass die Zugehörigkeit zu einer der beiden Kategorien beobachtungsmethodisch ‚konstant‘ gehalten wird. Der Intersektionalitätsansatz erkennt demgegenüber in der Diskriminierung als behinderte Frau eine genuine - intersektionale - Form der Ungleichheit, er kann dabei jedoch aus beobachtungspraktischen Gründen ebenfalls nicht auf die Übertragung von Strukturkategorien auf Personen verzichten, bleibt folglich methodisch in die Kategorien-Logik verstrickt. 4 Es sei an dieser Stelle zudem daran erinnert, dass es sich im Fall von ‚Kategorien‘ um sprachliche Symbole zum Zweck der Bezeichnung von Wirklichkeiten in der Kommunikation handelt, nicht um diese Wirklichkeiten selbst, auch wenn ihnen politisch begegnet wird. 5 Hierzu liegen bereits instruktive Beiträge zum Zusammenhang von Migration und Behinderung vor, vgl. die Beiträge in Wansing/ Westphal 2014. Insbesondere die institutionelle Herstellung einer statistisch signifikanten Intersektionalität von Migrationshintergrund und Lernbehinderung ist dabei gut belegt (Powell/ Wagner 2014). 6 Es sei hier nur angemerkt, dass auch im Fall inklusiver Bildung, die auf eine formal-organisatorische Trennung der Schüler/ innen verzichtet, diejenigen Schüler/ innen, die aus der Normalitätserwartung herausfallen, als Rekursionsproblem behandelt werden (Emmerich 2016). 7 Der Begriff matching ist an dieser Stelle der Theorie der kategorialen Ungleichheit Charles Tillys (1999) entlehnt. Literatur Areheart, B. A. (2010): Disability Trouble, Yale Law & Policy Review: Vol. 29: Iss. 2, Article 1. Online: http: / / digitalcommons.law.yale.edu/ cgi/ viewcontent.cgi? article=1611&context=ylpr, 24. 11. 2016 Baldin, D. (2014): Behinderung - eine neue Kategorie für die Intersektionalitätsforschung? In: Wansing, G.; Westphal, M. (Hrsg.): Behinderung und Migration. Inklusion, Diversität, Intersektionalität. 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