Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete
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0017-9655
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
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2018
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Fachbeitrag: Pädagogische Kooperation in komplexen Diagnoseprozessen
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2018
Mathias Mejeh
Peter Nenniger
In diesem Beitrag wird die Kooperation verschiedener Fachpersonen im schulischen Kontext am Beispiel diagnostischer Abklärungsprozesse untersucht. Dabei steht intra- und interprofessionelle Kooperation hinsichtlich ihrer Komplexität und Relevanz im Zentrum. Die Grundlage zur Erfassung dafür bildet eine Variante der Netzwerkanalyse, die ihren Ursprung in der Topologie, der formalen Logik und der Graphentheorie hat. Dazu wurde ein Verfahren entwickelt, mit dem typische Handlungsstrukturen der jeweiligen Fachpersonengruppen erfasst und dargestellt wurden. Aus den Ergebnissen wird zum einen deutlich, dass diagnostische Abklärungsprozesse eine funktionierende Kooperation zwischen verschiedenen Fachpersonen bedingen, zumal sich deren Rollen im integrativen Kontext verändern können. Zum andern geht aus dem Vergleich unterschiedlicher Netzwerke von kooperationsbezogenen Handlungsstrukturen hervor, dass Art und Ausprägung der darin enthaltenen Strukturen der jeweiligen Komplexität einer Abklärungssituation entsprechen müssen. Den Abschluss bildet die Diskussion einer Reihe von weiterführenden theoretischen und praktischen Konsequenzen, die sich aus derartigen Netzwerkanalysen ergeben.
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53 VHN, 87. Jg., S. 53 -70 (2018) DOI 10.2378/ vhn2018.art05d © Ernst Reinhardt Verlag Pädagogische Kooperation in komplexen Diagnoseprozessen Eine netzwerkanalytische Perspektive Mathias Mejeh Universität Zürich Peter Nenniger Universität Koblenz-Landau Zusammenfassung: In diesem Beitrag wird die Kooperation verschiedener Fachpersonen im schulischen Kontext am Beispiel diagnostischer Abklärungsprozesse untersucht. Dabei steht intra- und interprofessionelle Kooperation hinsichtlich ihrer Komplexität und Relevanz im Zentrum. Die Grundlage zur Erfassung dafür bildet eine Variante der Netzwerkanalyse, die ihren Ursprung in der Topologie, der formalen Logik und der Graphentheorie hat. Dazu wurde ein Verfahren entwickelt, mit dem typische Handlungsstrukturen der jeweiligen Fachpersonengruppen erfasst und dargestellt wurden. Aus den Ergebnissen wird zum einen deutlich, dass diagnostische Abklärungsprozesse eine funktionierende Kooperation zwischen verschiedenen Fachpersonen bedingen, zumal sich deren Rollen im integrativen Kontext verändern können. Zum andern geht aus dem Vergleich unterschiedlicher Netzwerke von kooperationsbezogenen Handlungsstrukturen hervor, dass Art und Ausprägung der darin enthaltenen Strukturen der jeweiligen Komplexität einer Abklärungssituation entsprechen müssen. Den Abschluss bildet die Diskussion einer Reihe von weiterführenden theoretischen und praktischen Konsequenzen, die sich aus derartigen Netzwerkanalysen ergeben. Schlüsselbegriffe: Kooperation, Diagnostik, Schulische Integration, Netzwerkanalyse Educational Cooperation in Complex Diagnostic Processes - A Network Analytical Perspective Summary: In this contribution, co-operation between educational experts is discussed with respect to processes in diagnostic decision making. Hereby, intraor inter-professional co-operations are focused in view of their complexity and relevance. The basis is formed by a variation of network-analysis having its origin in topology, formal logic and graphtheory. Therefore, a method was developed to detect and describe typical plot structures of the appropriate expert groups. The results of this study reveal that on the one hand diagnostic decision-making requires functioning co-operation between various experts that might, due to the inclusive context, be submitted to role change. On the other hand, comparisons of diverse networks disclose that the structures of co-operation have to conform to the complexity of the relative state of decision-making. Finally, some further theoretical and practical consequences from this research are discussed. Keywords: Co-operation, diagnostics, inclusion, network analysis FACH B E ITR AG VHN 1 | 2018 54 MATHIAS MEJEH, PETER NENNIGER Pädagogische Kooperation in komplexen Diagnoseprozessen FACH B E ITR AG 1 Notwendigkeit und Vielfalt pädagogischer Kooperation Die Notwendigkeit der Kooperation pädagogischer Fachkräfte im schulischen Kontext wurde in jüngster Vergangenheit immer wieder diskutiert (vgl. Terhart/ Klieme 2006; Nenniger/ Mejeh 2015; Aldorf 2016) und hat dabei auch die Realisierung schulischer Integration entscheidend beeinflusst (vgl. z. B. Eberwein/ Knauer 2009; Werning/ Arndt 2013; Widmer 2014). Schulische Integration bezieht sich dabei auf die sozial-emotionale und akademische Integration von Schülerinnen und Schülern mit besonderen Bedürfnissen in die Schulklasse (vgl. Bless 2007). In diesem Zusammenhang ist zu erkennen, dass diese lange Zeit nur terminologisch erscheinende Diskussion konkrete Auswirkungen auf die Zusammenarbeit pädagogischer Fachkräfte hat (vgl. Amrhein 2011). Ebenso wurde wiederholt betont, dass Integration in der Schule nur durch Kooperation der Beteiligten auf unterschiedlichen Ebenen gelingen kann und somit auch auf unterschiedlichen Ebenen verortet ist (vgl. Arndt/ Werning 2013). Diese Erkenntnis hat speziell für die Abklärung eines besonderen Förderbedarfs hohe Relevanz, da Bildungsprozesse gerade von Schülerinnen und Schülern mit besonderem Bildungsbedarf heute von unterschiedlichen pädagogischen und psychologischen Professionen gleichzeitig oder sukzessive gestaltet werden (vgl. Seifried 2015; Widmer 2016). Die Unterscheidungen verschiedener Kooperationsformen - u. a. in intra- und interprofessionelle Kooperation - sind hierbei vielfältig: z. B. zwischen Klassenlehrpersonen und Schulischen Heilpädagog/ innen oder zwischen Klassenlehrpersonen und Sozialpädagog/ innen, Logopäd/ innen, Psycholog/ innen, usw. Damit verbundene unterschiedliche Formen der Zusammenarbeit stellen Herausforderungen dar, die Fragen nach den Voraussetzungen erfolgreicher Kooperation für gelingende Diagnoseprozesse aufwerfen (vgl. z. B. Ingenkamp/ Lissmann 2008; Luder 2011). Gleichzeitig stellt Kooperation in der Schule einen Schulentwicklungsprozess dar, der sich auf individueller, interaktioneller, institutioneller, kulturell-gesellschaftlicher und sachlich-inhaltlicher Ebene vollzieht (vgl. Lütje- Klose/ Urban 2014) und somit nie nur auf eine Zusammenarbeit zwischen einzelnen Akteuren beschränkt ist, sondern in einem diskursiven Prozess vom ganzen Kollegium als gemeinsame Entwicklungsaufgabe zu sehen ist (vgl. Bonsen/ Rolff 2006), der durch die Entwicklung organisationaler Strukturen gestärkt und aktiv aufrechterhalten werden muss. Insgesamt gibt es einen breiten Konsens darüber, dass erfolgreiche schulische Integration ohne eine funktionierende Kooperation nicht realisierbar ist (vgl. Feyerer/ Prammer 2003) und sich die Frage nach gelingender Kooperation zu einem der relevantesten Desiderate schulintegrativer Forschung und Praxis entwickelt hat. 1.1 Herausforderungen pädagogischer Kooperation Die skizzierten Voraussetzungen für erfolgreiche Kooperation bergen gleich mehrere Herausforderungen in sich: Nicht selten spielen berufsspezifische Sozialisationen eine entscheidende Rolle für das Gelingen von Kooperationsprozessen, da durch die Herausbildung verschiedener Professionen unterschiedliche Sichtweisen auf das gleiche Phänomen entstehen können, die je nach Betrachtung zu Diffusion und Verunsicherung (vgl. Wocken 1996) und vor allem in Diagnoseprozessen zu erheblichen Unterschieden führen können (vgl. Hollenweger/ Luder 2010). In diesem Zusammenhang sind grundlegende Faktoren wie Erfahrung, Einstellung und berufsbezogene Kultur maßgebende Bedingungen für ein gemeinsames Verständnis (vgl. Lütje-Klose/ Urban 2014). Die veränderte Rolle der Lehrpersonen hat hierbei eine starke Auswirkung auf den Erfolg des Kooperationsprozesses, da sich die Aufgabenvielfalt ohne kooperative Arbeit gar VHN 1 | 2018 55 MATHIAS MEJEH, PETER NENNIGER Pädagogische Kooperation in komplexen Diagnoseprozessen FACH B E ITR AG nicht mehr bewältigen lässt (vgl. Trumpa u. a. 2016), weswegen Kooperation gleichzeitig Problem und Problemlösung ist (vgl. Werning/ Arndt 2013). Weiter stellt der Umgang mit Autonomie (vgl. Haeberlin u. a. 1992; Widmer 2016) erhebliche Anforderungen an pädagogisches und psychologisches Fachpersonal, u. a. weil Fachpersonen immer eine „gewisse Autonomie“ (Spieß 2004, 199) erleben sollten. Das gilt auch für Diagnoseprozesse in der Schule, da hier situationsabhängig unterschiedliche Professionen zu einer gemeinsamen Urteilsbildung kommen müssen (vgl. Rietmann/ Hillenbrand 2008; Werning/ Arndt 2013). Wenn aus der obigen Skizze die hohe Relevanz von Kooperation für das Gelingen schulischer Integration und speziell auch für die Diagnose heilpädagogischen Förderbedarfs hervorgeht, so wird aus empirischen Befunden ersichtlich, dass in der Schule nur selten unter Idealbedingungen kooperiert wird. So hat sich unter anderem in der Studie von Zürcher u. a. (2015) gezeigt, dass es Lehrpersonen und Schulische Heilpädagog/ innen nach wie vor eher bevorzugen, in getrennten Unterrichtssettings zu unterrichten und weniger die weitaus intensivere Form des Team-Teaching wählen. Gleichzeitig haben sich hier Probleme bei der gemeinsamen Absprache gezeigt, die oftmals auf fehlende Zeit, fehlende Infrastruktur und einen hohen Arbeitsaufwand zurückgeführt werden. Neben den Rahmenbedingungen einer funktionierenden Kooperation werden dabei, gerade vonseiten der Heilpädagog / innen, auch sachlich-fachliche Differenzen bezüglich des Unterrichtens selber nachgewiesen, die sich in der Absprache und Koordination unterrichtlicher Maßnahmen oder in den Unterrichtszielen zeigen. Es stellt sich daher die Frage nach den Bedingungen für erfolgreiche Kooperation pädagogischen und psychologischen Fachpersonals. Dabei stellt die durch die Anzahl der teilnehmenden Fachpersonen und die Vielfalt der Thematik hervorgerufene Komplexität des Diagnoseprozesses einen entscheidenden Einflussfaktor dar, wobei auch organisationale Bedingungen berücksichtigt werden müssen (vgl. Böhm-Kasper u. a. 2013). 1.2 Komplexität pädagogischer Diagnoseprozesse und Qualität von Kooperationsprozessen Ausgehend von den vorangegangenen Darlegungen wird in der Folge beispielhaft der Diagnoseprozess zur Bestimmung des besonderen Förderbedarfs analysiert, nicht zuletzt weil sich in etlichen Untersuchungen gezeigt hat, dass die Qualität des Abklärungsprozesses von diversen Faktoren wie beispielsweise gelingender Kooperation der Fachpersonen und Eltern, Förderplanungen auf Unterrichtsebene oder Ressourcenplanung abhängig ist (Übersicht hierzu s. Luder/ Kunz 2014). Aus den dargelegten Gründen ist es hilfreich, sich dazu auf die im personenorientierten, niederschwelligen und im institutionsorientierten, hochschwelligen Bereich angesiedelte Diagnostik zu beziehen und die damit verbundenen Diagnoseprozesse „Schulisches Standortgespräch“ bzw. „Schulische Abklärung“ zu analysieren (z. B. vipp 2006; Habermacher Klingenbeck/ Schmidt 2007; Luder u. a. 2016). Das Schulische Standortgespräch gilt als zentrales Element zur Bestimmung spezieller schulischer Maßnahmen im niederschwelligen Bereich. Im hochschwelligen Bereich fungiert die Schulische Abklärung (vgl. Hollenweger/ Lienhard 2009) als ergänzendes Diagnoseinstrument, das primär darauf abzielt, eine differenzialdiagnostische Sichtweise durch den Einbezug außenstehender Fachpersonen zu erhalten (vgl. EDK 2014). Bei intrabzw. interprofessioneller Zusammenarbeit stellt sich neben der Frage nach den Bedingungen erfolgreicher Kooperation auch diejenige nach deren situationsspezifischer Variation und nach der Konstitution von situationsabhängigen und somit dynamischen Gelingensfaktoren. Dies kann gerade mit dem Vergleich von Diagnoseprozessen aufgezeigt VHN 1 | 2018 56 MATHIAS MEJEH, PETER NENNIGER Pädagogische Kooperation in komplexen Diagnoseprozessen FACH B E ITR AG werden, weil davon auszugehen ist, dass sich deren Intensität und Qualität situationsspezifisch stark verändern und sich in ihrer Komplexität durch die damit verbundene Variation der Akteure und ihrer Beziehungen erhöhen bzw. reduzieren können. In diesem Kontext soll daher folgenden Fragen nachgegangen werden: 1. In welcher Weise sind die einzelnen Akteursgruppen in den untersuchten Diagnoseprozessen aufeinander bezogen? 2. In welcher Weise unterscheidet sich das Zusammenwirken der einzelnen Akteursgruppen im Hinblick auf die Beteiligung und Organisation an Diagnoseprozessen im niederschwelligen und im hochschwelligen Bereich? 3. Welche Bedeutung haben Relevanz, spezifische Zuständigkeiten und partizipative Möglichkeiten von Akteursgruppen hinsichtlich pädagogischer Kooperation in Diagnoseprozessen? 4. Welche Bedingungen sind geeignet, in Diagnoseprozessen zu gelingenden Kooperationen beizutragen? Deshalb steht im Fokus der folgenden Untersuchung zum einen die Analyse des Zusammenwirkens der am Diagnoseprozess beteiligten Akteursgruppen und zum andern die Analyse des Zusammenwirkens der diesen Prozess organisierenden Akteursgruppen. 2 Die Netzwerkanalyse als Instrument zur Erforschung der Handlungsstrukturen von Akteursgruppen in komplexen Diagnoseprozessen Um Antworten auf die obenstehenden Forschungsfragen zu erhalten, wurde im Kanton Solothurn 2014 eine Stichprobe von n = 136 Personen online befragt, die sich aus verschiedenen Teilstichproben zusammensetzt: „Eltern“ (EL; n = 21), „Schulische Heilpädagog/ innen der Kompetenzzentren“ (SHP; n = 17) bzw. „Förderlehrpersonen/ Förderlehrkräfte der Regelschule“ (FLP/ FLK; n = 17), „Schulleitungen“ (SL; n = 18), „Klassenlehrpersonen“ (KLP; n = 34), „Logopäd/ innen“ (LP; n = 25) und „Psycholog/ innen“ (PL; n = 21). Die Teilnehmer/ innen wurden unterschiedlich rekrutiert: Primar- und Sekundarschulen wurden über die Schulleitungen direkt angeschrieben. Die Auswahl war dabei zufällig, wobei Rücksicht auf allfällige Stadt-Land-Disparitäten genommen wurde. Weitere Fachpersonengruppen wurden über die entsprechenden kantonalen Verbände bzw. den Schulpsychologischen Dienst des Kantons kontaktiert. Die Teilnahme der Eltern wurde über die Elternvereinigung ELPOS angefragt. Dazu wurde mit dem Online-Erfassungsinstrument Limesurvey ein Fragebogen entwickelt, in dem - bezogen auf die oben erwähnten Fragestellungen - insgesamt acht kriterienbezogene Auswahlfragen zum Diagnoseprozess gestellt wurden. In Bezug auf das Schulische Standortgespräch wurden Fragen zur Teilnahme der Akteursgruppen (1 Frage) und der Relevanz der Akteursgruppen (3 Fragen) gestellt. Hinsichtlich der Schulischen Abklärung wurden Fragen zur Teilnahme der Akteursgruppen (1 Frage) und der Relevanz der Akteursgruppen (3 Fragen) gestellt (Details vgl. Mejeh 2015, 89 - 91). Zur Auswertung der Daten und Darstellung der Netzwerkstrukturen wurden eigene Auswertungsprogramme in R und NodeXL benutzt. In methodischer Hinsicht wurden als Voraussetzung für die Analyse des Zusammenwirkens der Akteure zunächst auf Grundlage von deren Antworten Antwortmuster identifiziert, in welchen sich jeweils deren Vorstellungen widerspiegeln, die also für die jeweilige Akteursgruppe charakteristisch sind. VHN 1 | 2018 57 MATHIAS MEJEH, PETER NENNIGER Pädagogische Kooperation in komplexen Diagnoseprozessen FACH B E ITR AG Dazu wurden mithilfe eines Jackknife-Tests (vgl. z. B. Rodgers 1999) die Antworten der zu analysierenden Akteursgruppe in einem ersten Schritt systematisch dahingehend untersucht, ob in ihnen ein sie möglicherweise auszeichnendes Antwortmuster erkennbar war. Traf dies zu, wurde dieses in einem zweiten Schritt zum einen daraufhin getestet, ob es sich von diffusen (z. B. zufällig zustande gekommenen) Antwortmustern signifikant (p > .05) unterscheidet, und zum andern, zu welchem Grade es die diesbezüglich in die Analyse eingegangenen Antworten abdeckt. Im positiven Falle wurden diese als prägnante, d. h. für diese Akteursgruppe charakteristische Handlungsstruktur identifiziert (Details vgl. Mejeh 2015, 101-109). Zur hier beabsichtigten Analyse des Zusammenwirkens der Akteursgruppen wurden nun deren Handlungsvorstellungen erfasst und in identifizierte prägnante Handlungsstrukturen in einem Netzwerk zusammengeführt (vgl. Abb. 1), womit das Beziehungsgeflecht zwischen ihnen sichtbar gemacht wurde (vgl. Jansen 2006). Unter Rückbezug auf graphentheoretische Erwägungen konnte dieses Netzwerk (als gerichteter, gewichteter Graph mit Schleifen; vgl. z. B. Nenniger 1980; Diestel 2016) nun nach Merkmalen hinsichtlich der Stellung der Akteursgruppen und deren Beziehungsgeflecht als Ganzes untersucht und mit Kennwerten versehen werden. Dadurch wurden die amalgamierten Vorstellungen der im diagnostischen Abklärungsprozess involvierten Akteursgruppen im Hinblick darauf sichtbar, wer in die entsprechenden Abklärungsprozesse hinsichtlich Diagnose- und Fördermaßnahmen einbezogen wird. Somit wurde durch die von einem (eine Akteursgruppe repräsentierenden) Knotenpunkt wegführenden Pfeile ersichtlich, welche anderen Akteursgruppen jeweils in den diagnostischen Abklärungsprozess einbezogen werden, und durch die zu einem Knotenpunkt hinführenden Pfeile, welche Akteursgruppen durch die diesbezügliche Akteursgruppe einbezogen werden. Als illustrierendes Beispiel dafür mag eine Betrachtung der Ausprägung prägnanter Handlungsstrukturen der Akteursgruppe „Eltern“ bzw. der Akteursgruppe „Klassenlehrpersonen“ hinsichtlich eines Einbezugs in die Schulische Abklärung dienen und im Anschluss daran deren Zusammenführung in ein Netzwerk. Aus der Betrachtung von Abb. 1 geht zunächst hervor, dass charakteristischerweise die Eltern bei der Schulischen Abklärung die Klassenlehrpersonen, Schulleiter/ innen und Psycholog/ innen mit einbeziehen, die Klassenlehrpersonen jedoch nur die Eltern und die Psycholog/ innen. Führt man nun diese beiden prägnanten Handlungsstrukturen in einem Netzwerk zusammen (Abb. 2), dann wird auf einen ersten Blick deutlich, dass die Eltern und die Klassenlehrpersonen im Zentrum dieses Netzwerks stehen, die Schulleiter/ innen und Psycholog/ innen darin jedoch nur wenig berücksichtigt sind. Prägnante Handlungsstruktur Eltern Klassenlehrpersonen Eltern Klassenlehrpersonen SchulleiterInnen PsychologInnen SchulleiterInnen PsychologInnen der Akteursgruppe Eltern der Akteursgruppe Klassenlehrpersonen Abb. 1 Ausprägung und Zusammenführung der prägnanten Handlungsstrukturen der Akteursgruppe Eltern und der Akteursgruppe Klassenlehrpersonen in ein Netzwerk VHN 1 | 2018 58 MATHIAS MEJEH, PETER NENNIGER Pädagogische Kooperation in komplexen Diagnoseprozessen FACH B E ITR AG Für eine systematische Aufarbeitung ist allerdings eine kennwertbezogene Analyse des Netzwerks und seiner Eigenschaften notwendig, in der dann allerdings auch alle beteiligten Akteursgruppen berücksichtigt sind. Im Hinblick auf die Stellung einzelner Akteursgruppen im Netzwerk bieten sich zentralitätsbezogene Kennwerte an 1 . Durch sie wird deutlich, in welchem Ausmaß und in welcher Weise die Akteursgruppen ins Netzwerk einbezogen sind. Im Einzelnen werden hier unterschieden: n Degree Zentralität (d) als übergreifender Kennwert für die Position einer Akteursgruppe im jeweiligen Netzwerk; hier: wie zentral ihre Stellung bei der Mitwirkung im Diagnoseprozess ist. n Out-Degree Zentralität (o) als Kennwert dafür, in welchem Ausmaß eine Akteursgruppe andere Akteursgruppen einbezieht; hier: wie stark Letztere im Diagnoseprozess mitwirken. n In-Degree Zentralität (i) als Kennwert dafür, in welchem Ausmaß eine Akteursgruppe von anderen Akteursgruppen einbezogen wird; hier: wie stark ihre Mitwirkung im Diagnoseprozess von Letzteren gesehen wird. n Betweenness Zentralität (b) als Kennwert dafür, in welchem Ausmaß eine Akteursgruppe in die Beziehungen zwischen den anderen Akteursgruppen eingebunden ist; hier: wie stark eine Akteursgruppe in einem Diagnoseprozess vermittelnd mitwirkt. Einer Akteursgruppe, die durch keine andere Akteursgruppe in das Netzwerk einbezogen ist (mit i = 0/ o > 0), wird das Strukturmerkmal „Quelle“ (q), einer Akteursgruppe, die keine anderen Akteursgruppen einbezieht (mit i > 0/ o = 0), das Strukturmerkmal „Senke“ (s) zugeordnet. Einer Akteursgruppe, die sich selbst ins Netzwerk einbezieht (mit σ > 0 / σ = 1), sich also selbst für den Diagnoseprozess relevant erachtet, wird das Strukturmerkmal „Schleife“ (σ), und einer Akteursgruppe, bei deren Nicht-Berücksichtigung das Netzwerk in mehrere unverbundene Teilnetzwerke zerfällt, das Strukturmerkmal „Artikulation“ (a) zugeordnet. Hinsichtlich der Charakterisierung von übergreifenden Eigenschaften eines Netzwerkes bieten sich netzbezogene Kennwerte an. So kennzeichnet die Dichte (δ) eines Netzwerks das Verhältnis der darin realisierten zu den grundsätzlich möglichen Bezügen; hier die Anzahl der Akteursgruppen, die sich tatsächlich ins Netzwerk einbezogen haben, im Verhältnis zu der maximalen Anzahl der möglichen Einbeziehungen. Mit Kohäsion (γ) eines Netzwerks wird dessen Dichte insoweit spezifiziert, als dabei berücksichtigt wird, dass reziproke Beziehungen einen stärkeren Zusammenhalt im Netzwerk abbilden, weil sie auf Gegenseitigkeit beruhen. Hierbei ist einerseits zwischen akteursbezogener Kohäsion (γ p ) als Verhältnis zwischen der Anzahl der reziprok verbundenen Akteursgruppen zur Anzahl der einfach verbundenen zu unterscheiden und andererseits der beziehungsbezogenen Kohäsion (γ k ), die das Verhältnis der Anzahl reziproker Akteursgruppenbeziehungen zur Anzahl der einfachen Akteursgruppenbeziehungen kennzeichnet (vgl. Jansen 2006). Darüber hinaus ergeben sich aus Dichte, Kohäsion und Existenz von Artikulationen Hinweise auf die Stabilität eines Netzwerks. Eltern Klassenlehrpersonen SchulleiterInnen PsychologInnen Abb. 2 Netzwerk aus der Zusammenführung der prägnanten Handlungsstrukturen der beiden Akteursgruppen VHN 1 | 2018 59 MATHIAS MEJEH, PETER NENNIGER Pädagogische Kooperation in komplexen Diagnoseprozessen FACH B E ITR AG 3 Ergebnisse zur Untersuchung des Zusammenwirkens von Akteursgruppen hinsichtlich Teilnahme an und Kooperation in komplexen Diagnoseprozessen Den Ausgangspunkt für die folgende Ergebnisbeschreibung bilden - wie oben erläutert - die in einem Netzwerk zusammengefügten, auf empirischer Basis gewonnenen prägnanten Handlungsstrukturen. In ihnen werden die Vorstellungen der im diagnostischen Abklärungsprozess involvierten Akteursgruppen im Hinblick darauf sichtbar, wer in diesen Prozess der festzulegenden Vereinbarung von Diagnose- und Fördermaßnahmen einbezogen wird. Dazu ist es zunächst notwendig, die Güte der in die Netzwerke eingehenden Handlungsstrukturen abzuklären. Dies geschieht einmal mit dem Signifikanztest (χ 2 -Test) hinsichtlich der Prägnanz, bezogen auf den Unterschied zwischen empirisch vorgefundener prägnanter und zufälliger Handlungsstruktur. Zum andern ist dem Abdeckungsgrad einer prägnanten Struktur mit Blick auf die in den Strukturbildungsprozess eingegangenen Antwortmuster zu entnehmen, inwieweit diese in der prägnanten Handlungsstruktur abgebildet werden. Für die Handlungsstrukturen der einzelnen Akteursgruppen ergibt sich für die Kennwerte Abdeckungsgrad (Mdn % Abd-Grad ) und Prägnanz (Mdn p Prägnanz ) folgendes Bild: Schulleiter/ innen (SL; 26.5 %, p < .001), Eltern (EL; 22 %, p < 0.001), Heilpädagog/ innen der Kompetenzzentren (SHP; 34 %, p < 0.001), Förderlehrpersonen der Regelschule (FLP/ FLK; 34 %, p < 0.001) Klassenlehrpersonen (KLP; 21.5 %, p < 0.001), Logopäd/ innen (LP; 47.5 %, p < 0.002), Psycholog/ innen (PL; 30 %, p < 0.001). Aus den Ergebnissen wird einerseits ersichtlich, dass alle Handlungsstrukturen prägnant sind. Zum andern bilden sich bei den einzelnen Akteursgruppen die in das Strukturbildungsverfahren eingehenden Antwortmuster zwar in unterschiedlichem Maße ab (22 % bis 47.5 %), jedoch noch im erwünschten mittleren Bereich (25 % < Mdn % Abd-Grad < 75 %). Somit kann davon ausgegangen werden, dass das Strukturbildungsverfahren hier zwar zu einer eher starken Verdichtung führte, bei der jedoch die Struktur der eingegangenen Antwortmuster noch in befriedigendem Ausmaß abgebildet ist. Für die in der Folge dargestellten Abbildungen gilt: n Die Handlungsstrukturen der einzelnen Akteursgruppen sind durch unterschiedliche Pfeilarten gekennzeichnet (KLP = ; EL = ; SHP/ FLP/ FLK = ; SL = ; LP = ; PL = ) n Der gegenseitige Einbezug von Akteursgruppen wird durch (von und zu einer Akteursgruppe) gerichtete Pfeile dargestellt. n Die Größe der Kreise stellt die Stärke des Einbezugs durch andere Akteursgruppen dar. n Die Breite der Pfeile stellt die Stärke des Einbezugs anderer Akteursgruppen dar. Darüber hinaus werden in die amalgamierten Netzwerke „Kinder“ (KIN) und „Sozialpädagog/ innen“ (SOZ) sowie als neutrale Bezugskategorie „Ich weiß es nicht“ als Elemente im Netzwerk berücksichtigt, weil sie - wenn auch nicht direkt befragt - in den Handlungsstrukturen der Akteursgruppen eine wesentliche Rolle spielten. Ebenso wurden aus inhaltlichen Gründen die Akteursgruppen „Schulische Heilpädagog/ innen der Kompetenzzentren“ (SHP) und Förderlehrpersonen/ Förderlehrkräfte der Regelschule“ (FLP/ FLK) aufgrund ihrer unterschiedlichen Rollen im diagnostischen Abklärungsprozess differenziert in den jeweiligen Netzwerken berücksichtigt. VHN 1 | 2018 60 MATHIAS MEJEH, PETER NENNIGER Pädagogische Kooperation in komplexen Diagnoseprozessen FACH B E ITR AG 3.1 Ergebnisse zur Teilnahme am Schulischen Standortgespräch Sowohl mit Blick auf die Ergebnisse zur Teilnahme am Schulischen Standortgespräch (Abb. 3) als auch auf die Höhe des in Tab. 1 den einzelnen Akteursgruppen zugeordneten Kennwerts „Degree-Zentralität“ (d) kann die Ausprägung des Einbezugs der Akteursgruppen in das Netzwerk wie folgt entnommen werden (Benennungen siehe Tab. 1): Am stärksten sind die KLP (d = 1) und die EL (d = 0.88) einbezo- Klassenlehrpersonen SchulleiterInnen Kinder Eltern FLP/ FLK PsychologInnen HeilpädagogInnen SozialpädagogInnen LogopädInnen Abb. 3 Netzwerk hinsichtlich der Teilnahme der Akteursgruppen am Schulischen Standortgespräch Kennwert Akteursgruppe Degree Zentralität (d) Indegree Zentralität (i) Outdegree Zentralität (o) Artikulation (a) Senken (s) Schleifen (σ) Reziprozität Kanten (γ P ) Reziprozität Knoten (γ k ) Dichte (δ) Klassenlehrpersonen Eltern Kind FLP/ FLK HeilpädagogInnen SchulleiterInnen SozialpädagogInnen LogopädInnen PsychologInnen Gesamtnetzwerk 1.00 0.88 0.63 0.63 0.50 0.75 0.13 0.75 0.75 1.00 1.00 1.00 1.00 0.20 0.60 0.20 0.00 0.20 0.63 0.38 0.00 0.38 0.38 0.63 0.00 0.75 0.63 1.00 0.00 0.00 0.00 0.00 0.00 0.00 0.00 0.00 0.00 0.00 1.00 0.00 0.00 0.00 1.00 0.00 0.00 1.00 1.00 0.00 1.00 1.00 1.00 0.00 1.00 1.00 1.00 0.20 0.34 0.66 Zum besseren Leseverständnis wird die Gruppe der Heilpädagog/ innen der Kompetenzzentren in den nachfolgenden Tabellen und Abbildungen durch „HeilpädagogInnen“ abgekürzt. Die Gruppe der Förderlehrpersonen/ Förderlehrkräfte wird durch FLP/ FLK abgekürzt. Tab. 1 Kennwerte für das Netzwerk hinsichtlich der Teilnahme der Akteursgruppen am Schulischen Standortgespräch VHN 1 | 2018 61 MATHIAS MEJEH, PETER NENNIGER Pädagogische Kooperation in komplexen Diagnoseprozessen FACH B E ITR AG gen, gefolgt von den SL (d = 0.75), LP (d = 0.75) und PL (d = 0.75), während KIN (d = 0.63) und FLP/ FLK (d = 0.63) weniger, SHP (d = 0.50) und insbesondere SOZ (d = 0.13) am wenigsten einbezogen werden. Betrachtet man die Indegree-Zentralität (i), dann wird ersichtlich, dass der Einbezug der KLP (i = 1), Eltern (i = 1), Kinder (i = 1) und FLP/ FLK (i = 1) in das schulische Standortgespräch am stärksten, derjenige der SL (i = 0.60) noch bedeutend, derjenige der anderen Akteursgruppen eher randständig ausfällt. Im Hinblick auf die Outdegree-Zentralität (o) lässt sich erkennen, dass LP die breiteste Streuung anderer einzubeziehender Akteursgruppen (o = 0.75) aufweisen, gefolgt von KLP (o = 0.63), SL (o = 0.63) und PL (o = 0.63) und schließlich den Eltern (o = 0.38), SHP (o = 0.38) und FLP/ FLK (o = 0.38). Aus der Kennzeichnung der Schleifen (vgl. Tab. 1) wird ersichtlich, dass sich alle Akteursgruppen selbst in das Netzwerk einbeziehen (σ = 1). Betrachtet man die Gesamtheit des Netzwerks der in das Schulische Standortgespräch einbezogenen Akteursgruppen, dann wird aus Abb. 3 und zugehöriger Ergebnistabelle 1 ersichtlich, dass dieses Netzwerk aus Sicht aller berücksichtigten Akteursgruppen einen hohen Dichtegrad aufweist (δ = 0.66). Allerdings ist die Kohäsion, d. h. der direkte gegenseitige Einbezug der einzelnen Akteursgruppen, auf die Beziehung zwischen SL, KLP, EL, FLP/ FLK und PL (γ P = 0.20; γ k = 0.34) beschränkt. Lässt man den nur randständigen Einbezug der Sozialpädagog/ innen (Senke) außer Betracht, so existiert im verbleibenden Netzwerk keine Akteursgruppe, bei deren Nichtberücksichtigung das Netzwerk zerfiele (Artikulation). Bezogen auf die erste Fragestellung zeigt sich im Gesamtergebnis ein dichtes und stabiles Netzwerk, bei dem die zentralen Rollen für die Teilnahme am Schulischen Standortgespräch durch die KLP, Eltern, Kinder und FLP/ FLK repräsentiert werden, die sich selbst auch einbeziehen. 3.2 Ergebnisse zur Beteiligung an der Koordination des Schulischen Standortgesprächs Aus einer analog dem vorangehenden Abschnitt erfolgten Betrachtung der Teilnahme am Schulischen Standortgespräch (Abb. 4 und zugehörige Tab. 2) wird Folgendes deutlich: Die KLP LogopädInnen Eltern PsychologInnen SchulleiterInnen Klassenlehrpersonen FLP/ FLK Abb. 4 Netzwerk hinsichtlich der Koordination des Schulischen Standortgesprächs VHN 1 | 2018 62 MATHIAS MEJEH, PETER NENNIGER Pädagogische Kooperation in komplexen Diagnoseprozessen FACH B E ITR AG nehmen die zentrale Rolle bei der Koordination des Schulischen Standortgesprächs ein (d = 0.80; i = 0.80). Diese Akteursgruppe bezieht sich hierbei selber in das Netzwerk ein (σ = 1). Ebenso wird dies - mit Ausnahme der FLP/ FLK (o = 0) - von allen anderen berücksichtigten Akteursgruppen (jeweils i = 0; d = 0.20) gesehen. Darüber hinaus wird erkenntlich, dass die Dichte (δ = 0.17) dieses Netzwerks niedrig ausfällt und die KLP als zentrale Artikulation aufweist. Das Netzwerk ist fast sternförmig ausgeprägt und zerfällt ohne Berücksichtigung der im Zentrum stehenden KLP. Bezogen auf die erste Fragestellung ist das Netzwerk mit Blick auf alle Akteursgruppen instabil und von nur geringer Dichte. In Hinsicht auf die Position der KLP ist es als einseitig einzuschätzen, insbesondere, weil ein reziproker Bezug zwischen den Akteursgruppen fehlt. 3.3 Ergebnisse zur Teilnahme an der Schulischen Abklärung Aus der Analyse des Netzwerks hinsichtlich der Teilnahme an der Schulischen Abklärung (Abb. 5 und Tab. 3) geht Folgendes hervor: KLP (i = 0.8), Eltern (i = 1), Kinder (i = 0.8) und PL (i = 0.8) sind die zentral in das Netzwerk einbezogenen Akteursgruppen und beziehen sich auch selbst in das Netzwerk ein (σ = 0.86). SL haben einen überdurchschnittlich hohen Bezug in das Netzwerk (o = 0.75), werden aber von den anderen Akteuren gar nicht ins Netzwerk einbezogen (i = 0), was sich in ähnlicher Weise auch bei den LP zeigt (i = 0; o = 0.5). Spezifisch für dieses Netzwerk ist die aus der Höhe der „Betweenness-Zentralität“ hervorgehende Mittlerfunktion von SL (b = 0.26) und PL (b = 0.29). Das Netzwerk als Ganzes ist von niedriger Kohäsion (γ P = 0.09; γ k = 0.05), jedoch als dicht (δ = 0.6) und stabil einzuschätzen, weil es nur zwei Artikulationen besitzt, die mit jeweils einer Senke (SL mit SOZ; PL mit FLP/ FLK) verbunden sind. Bezogen auf die erste Fragestellung zeigt sich insgesamt, dass in diesem dichten und stabilen Netzwerk hauptsächlich die KLP, EL, KIN und PL einbezogen sind, wobei die SL und PL hierbei eine Mittlerfunktion einnehmen. Kennwert Akteursgruppe Degree Zentralität (d) Indegree Zentralität (i) Outdegree Zentralität (o) Artikulation (a) Schleifen (σ) Dichte (δ) Klassenlehrpersonen Eltern FLP/ FLK SchulleiterInnen LogopädInnen PsychologInnen HeilpädagogInnen Gesamtnetzwerk 0.80 0.20 0.20 0.20 0.40 0.20 0.00 0.80 0.00 0.20 0.00 0.00 0.00 0.00 0.00 0.20 0.00 0.20 0.40 0.20 0.00 1.00 0.00 0.00 0.00 0.00 0.00 0.00 1.00 0.00 1.00 1.00 0.00 0.00 1.00 0.57 0.17 Tab. 2 Kennwerte für das Netzwerk hinsichtlich der Koordination des Schulischen Standortgesprächs VHN 1 | 2018 63 MATHIAS MEJEH, PETER NENNIGER Pädagogische Kooperation in komplexen Diagnoseprozessen FACH B E ITR AG 3.4 Ergebnisse zur Beteiligung an der Koordination der Schulischen Abklärung Hinsichtlich der Koordination der Schulischen Abklärung (Abb. 6 und Tab. 4) lässt sich Folgendes feststellen: PL (i = 0.8) und KLP (i = 0.6) nehmen dabei die zentrale Rolle und auch eine Mittlerrolle (b = 0.37; b = 0.57) ein, wobei sich - im Gegensatz zu den KLP - die PL auch selber in das Netzwerk einbeziehen (σ = 1) und darüber hinaus eine Senke bilden. LP sind aufgrund ihres Bezugs zur Kategorie „Ich weiß es nicht“ inhaltlich von dieser Brückenfunktion SchulleiterInnen Kinder PsychologInnen SozialpädagogInnen HeilpädagogInnen FLP/ FLK FLP/ FLK Klassenlehrpersonen LogopädInnen Eltern Abb. 5 Netzwerk hinsichtlich der Teilnahme der Akteursgruppen an der Schulischen Abklärung Kennwert Akteursgruppe Indegree Zentralität (i) Outdegree Zentralität (o) Betweenness Zentralität (b) Artikulation (a) Senken (s) Schleifen (σ) Reziprozität Kanten (γ P ) Reziprozität Knoten (γ k ) Dichte (δ) Klassenlehrpersonen Eltern Kind FLP/ FLK HeilpädagogInnen Schulleitungen SozialpädagogInnen LogopädInnen PsychologInnen Gesamtnetzwerk 0.80 1.00 0.80 0.20 0.40 0.00 0.20 0.00 0.80 0.38 0.00 0.00 0.50 0.50 0.75 0.00 0.50 0.50 0.04 0.02 0.00 0.00 0.04 0.26 0.00 0.00 0.29 0.00 0.00 0.00 0.00 0.00 1.00 0.00 0.00 1.00 0.00 1.00 1.00 1.00 0.00 0.00 1.00 0.00 0.00 1.00 0.00 0.00 1.00 1.00 1.00 0.00 1.00 1.00 0.86 0.09 0.05 0.63 Tab. 3 Kennwerte für das Netzwerk hinsichtlich der Teilnahme der Akteursgruppen an der Schulischen Abklärung VHN 1 | 2018 64 MATHIAS MEJEH, PETER NENNIGER Pädagogische Kooperation in komplexen Diagnoseprozessen FACH B E ITR AG (a = 1) ausgenommen, was auch die Divergenz der Sichtweise dieser Akteursgruppe widerspiegelt. Insgesamt ist das Netzwerk zwar mit einer Artikulation (LP) ziemlich stabil, wenn auch von geringer Dichte (δ = 0.17). Bezogen auf die erste Fragestellung wird in der Gesamtbetrachtung des zwar stabilen, aber nicht dichten Netzwerks ersichtlich, dass insbesondere die PL, aber auch die KLP die zentralen Akteursgruppen darstellen. 4 Folgerungen für die Qualität und Art des Zusammenwirkens von Akteursgruppen hinsichtlich der Teilnahme an und Kooperation in komplexen Diagnoseprozessen Bezogen auf die zweite Fragestellung nach dem Zusammenwirken der einzelnen Akteursgruppen in den Diagnoseprozessen des niederschwelligen und hochschwelligen Bereichs zeigt sich auf der Grundlage der im vorhergehenden Abschnitt dargestellten Ergebnisse, dass zwischen Kennwert Akteursgruppe Indegree Zentralität (i) Betweenness Zentralität (b) Artikulation (a) Senken (s) Schleifen (σ) Dichte (δ) Klassenlehrpersonen Eltern HeilpädagogInnen / FLP/ FLK SchulleiterInnen LogopädInnen PsychologInnen Ich weiß es nicht Gesamtnetzwerk 0.60 0.00 0.00 0.20 0.00 0.80 0.20 0.57 0.04 0.18 0.00 0.44 0.37 0.00 0.00 0.00 0.00 0.00 1.00 0.00 0.00 0.00 0.00 0.00 0.00 0.00 1.00 1.00 0.00 0.00 0.00 0.00 0.00 1.00 0.00 0.17 0.17 Tab. 4 Kennwerte für das Netzwerk hinsichtlich der Koordination der Schulischen Abklärung SchulleiterInnen Ich weiß es nicht PsychologInnen LogopädInnen Eltern HeilpädagogInnen FLP/ FLK Klassenlehrpersonen Abb. 6 Netzwerk hinsichtlich der Koordination der Schulischen Abklärung VHN 1 | 2018 65 MATHIAS MEJEH, PETER NENNIGER Pädagogische Kooperation in komplexen Diagnoseprozessen FACH B E ITR AG den einzelnen Phasen der diagnostischen Abklärung Unterschiede bezüglich der Zuständigkeiten und der Entscheidung sowie der Partizipation an entsprechenden Maßnahmen bestehen. Bezüglich der Art der Kooperationsprozesse wird zunächst generell sichtbar, dass sowohl im niederwie auch im hochschwelligen Bereich die Akteure in einem dichten Netzwerk aufeinander bezogen sind, wenn es um die Teilnahme an der Abklärung von Maßnahmen geht (vgl. Abb. 3 und Tab. 1 mit Abb. 5 und Tab. 3). Ein entscheidender Unterschied liegt allerdings beim gegenseitigen Einbezug einzelner Akteursgruppen: Im niederschwelligen Bereich wird deutlich, dass der gegenseitige Einbezug bei mehreren Akteursgruppen gegeben ist, im hochschwelligen Bereich jedoch auf ein Akteursgruppenpaar beschränkt bleibt. Wenn man nun die beiden Netzwerke des Schulischen Standortgesprächs und der Schulischen Abklärung hinsichtlich ihrer Komplexität vergleicht, dann geht daraus hervor, dass sich deren Kohäsion trotz gleichbleibender Dichte verändert und fragiler wird. Komplexere Situationen gehen daher offensichtlich mit einfacher strukturierten Netzwerken einher. Im Gegensatz zu den auf die Teilnahme an diagnostischen Abklärungsprozessen bezogenen Ergebnissen wird aus denjenigen zur Koordination dieser Abklärungsprozesse (vgl. Abb. 4 und Tab. 2 mit Abb. 6 und Tab. 4) ein anderes Beziehungsgeflecht erkennbar. Die Netzwerke sind nur von geringer Dichte. Konkret stehen die KLP im niedrigschwelligen Bereich klar im Zentrum des auf diesen Aufgabenbereich bezogenen Netzwerks; im hochschwelligen Bereich treten ergänzend die PL hinzu. Somit geht mit zunehmender Komplexität des Abklärungsprozesses eine Ausdifferenzierung der darauf bezogenen Netzwerke einher. Das bedeutet, dass hinsichtlich der Koordination des Schulischen Standortgesprächs keine komplexen Netzwerke bei den unterschiedlichen Akteursgruppen sichtbar werden. Der geringen Komplexität der Abklärungssituation entspricht somit auch ein einfaches, aber auch wenig kohärentes Netzwerk, da es ohne den Einbezug der KLP zerfällt. Bei der Betrachtung des Netzwerks der Schulischen Abklärung zeigt sich hingegen, dass die Koordinationsaufgaben auf mehrere Akteursgruppen verteilt sind, was hier zwar nicht in einer einfacheren, dafür aber inkohärenteren Ausprägung des Netzwerks sichtbar wird. Bezogen auf die dritte Fragestellung zur Bedeutung von Relevanz, spezifischen Zuständigkeiten und partizipativen Möglichkeiten von Akteursgruppen für die Ausprägung von Charakteristika pädagogischer Kooperation in Diagnoseprozessen ist ersichtlich, dass die diesbezüglichen Netzwerke nicht deckungsgleich sind: Spezifische Zuständigkeiten, verschiedene partizipative Möglichkeiten und Unterschiedlichkeit von Entscheidungsträgern werden erkennbar. Berücksichtigt man - inhaltsbezogen - die Relevanz einzelner Akteursgruppen in den jeweiligen Prozessen, dann zeigen sich einige bedeutende Unterschiede: Bezogen auf das Schulische Standortgespräch nehmen die KLP für die Koordination im entsprechenden Netzwerk eine zentrale Stellung ein. Aus der Eigenreferenz weiterer Akteursgruppen lässt sich zudem vermuten, dass diese bei einem Ausfall der KLP die Koordination übernehmen könnten. Dieser Fall ist im Hinblick auf die Schulische Abklärung nicht gegeben, da sich außer den PL keine weitere Akteursgruppe selber in das Netzwerk einbezieht. In diesem Kontext werden z. B. hinsichtlich der Rolle von KLP bei der Schulischen Abklärung auch Widersprüche deutlich, wenn man diese netzwerkbezogenen Ergebnisse im Lichte darunterliegender akteursspezifischer Handlungsstrukturen betrachtet: Die Gruppe der KLP erlangt durch den hohen Einbezug anderer Akteurs- VHN 1 | 2018 66 MATHIAS MEJEH, PETER NENNIGER Pädagogische Kooperation in komplexen Diagnoseprozessen FACH B E ITR AG gruppen zwar eine bedeutende Rolle im Netzwerk, weist selber jedoch keine prägnante Handlungsstruktur auf. In ähnlicher Weise betrifft dies auch die Akteursgruppe der LP und stützt die Vermutung, dass der Komplexitätsgrad einer Abklärungssituation zu einfacheren oder inkohärenteren Beziehungsgeflechten in den Netzwerken führen kann (vgl. im Detail Mejeh 2015, 127ff.). Ein weiterer Erklärungsansatz bietet sich auf der Basis der vorzufindenden Praxis an, wenn die Verschiedenartigkeit von Schulkulturen als Einflussfaktor für Handeln und Einstellung bestimmter Fachpersonen herangezogen wird (vgl. Eberwein/ Knauer 2009). Aber auch Effizienzgründe oder fehlendes Rollenverständnis von Fachpersonen (vgl. Lütje-Klose/ Urban 2014) sind in diesem Kontext anzuführen. Gerade fehlendes Rollenverständnis wird als Erklärungsfaktor dann augenscheinlich, wenn - wie im aufgeführten Fall - KLP zwar einen hohen eigenen Einbezug im Netzwerk aufweisen, sich aber selber nicht in dieser Rolle sehen: Sie werden für die Schulische Abklärung von anderen Akteursgruppen als wichtig erachtet, schätzen allerdings ihre eigene Position ambivalent ein. Aber auch im Vergleich der Stellung anderer Akteursgruppen im Netzwerk können Unterschiede und Widersprüche Ausgangspunkt zu weiterführenden Erklärungen geben. So ist einmal festzustellen, dass die Relevanz der SHP im Gegensatz zu den FLP/ FLK für die Schulische Abklärung deutlich höher ausfällt, was primär aus deren institutioneller Zuordnung erklärbar ist: SHP sind in diesem Fall an einem regionalen Kompetenzzentrum angestellt, und ihre Arbeit vollzieht sich in unterschiedlichen Bereichen des Bildungssystems (vgl. Melzer/ Hillenbrand 2015; Sigrist/ Kummer-Wyss 2015). Weiterhin ist die deutlich höhere Relevanz der PL im Falle der Schulischen Abklärung im Vergleich zum Schulischen Standortgespräch dadurch erklärbar, dass mit der Bezeichnung „Schulpsychologischer Dienst“ dessen Stellung als offizielle Abklärungsstelle unmittelbar sichtbar wird (vgl. z. B. EDK 2014). Aufgrund der Unterschiede zwischen den Netzwerken lässt sich zudem die veränderte Rolle der PL erkennen: Für die Schulische Abklärung nehmen sie eine wichtige Mittlerfunktion ein und dienen als zentrale Informationsstelle, was für das Schulische Standortgespräch nicht gilt. Im Vergleich dieser Abklärungssituationen zeigt sich besonders deutlich, wie mit zunehmender Komplexität auch eine Rollenänderung einzelner Akteursgruppen einhergehen kann und unterstreicht, dass Kooperationsstrukturen der Fachpersonen sowohl klar geregelt wie auch dynamisch bleiben müssen, da sich je nach Situation auch die jeweilige Relevanz der Akteursgruppen anders ausgestaltet. Schließlich ist die geringe Bedeutung der SL für die Schulische Abklärung damit zu erklären, dass sie in dieser Phase des Abklärungsprozesses direkt aus dem Führungsprozess ausscheiden, aber nicht zwingend die Verantwortung für die Organisation und Koordination abgeben. Zudem ist die starke Orientierung der SL auf die anderen Akteure im Netzwerk trotz deren fehlendem Einbezug ein Indikator dafür, dass die Schulische Abklärung trotzdem ein erhöhtes Maß an Koordinationsaufgaben mit sich bringt. Darüber hinaus ist im Netzwerk zur Schulischen Abklärung insgesamt festzustellen, dass die Orientierung der Akteursgruppen auf andere Akteursgruppen nicht stärker ausfällt, da die Schulische Abklärung im Gegensatz zum Schulischen Standortgespräch durch den höheren Einbezug von Fachpersonen und Meinungen gekennzeichnet ist. Bezogen auf die vierte Fragestellung nach Bedingungen, die geeignet sein können, in Diagnoseprozessen zu gelingenden Kooperationen beizutragen, lässt sich vor allem festhalten, dass eine Differenzierung des Komplexitäts- VHN 1 | 2018 67 MATHIAS MEJEH, PETER NENNIGER Pädagogische Kooperation in komplexen Diagnoseprozessen FACH B E ITR AG grades für Diagnoseprozesse relevant ist. Das betrifft bei der Abklärung besonderen Förderbedarfs auch die Unterscheidung zwischen Schulischem Standortgespräch und Schulischer Abklärung. Hier wird die innerhalb des Diagnoseprozesses gesetzliche und somit systemische Ausdifferenzierung ersichtlich: Die Schulische Abklärung bezieht sich insbesondere auf den Einsatz heilpädagogischer Maßnahmen, das Schulische Standortgespräch jedoch auf die Regelung der speziellen Unterstützung im Regelschulbereich. Damit sind jedoch unterschiedliche Handlungsstrukturen verbunden, die bei den betroffenen Akteursgruppen mit zunehmender Komplexität simpler oder diffuser werden können. Aus fachlich-inhaltlicher Perspektive bedeutet dies, dass für eine Entwicklung funktionierender Kooperationsstrukturen diese zwar intensiver, jedoch mit entsprechendem Differenzierungsgrad etabliert werden müssen, wobei zu bedenken ist, dass Reduktion von Komplexität diese selber nicht negieren kann (vgl. Luhmann 2009). 5 Herausforderungen für inter- und intraprofessionelle Kooperation in komplexen Diagnoseprozessen Die vorgestellte Studie stellt einen Beitrag zur Diskussion über die Kooperation verschiedener Fachpersonen im schulischen Kontext dar. Dies erfolgt am Beispiel diagnostischer Abklärungsprozesse und nimmt intrabzw. interprofessionelle Kooperation hinsichtlich ihrer „Komplexität“ und „Relevanz“ in den Fokus. Aus den Ergebnissen wird erkennbar, dass sich für eine gelingende Kooperation bei einer Abklärung im integrativen Kontext die Rollen der verschiedenen Fachpersonen entsprechend verändern. Anhand des Vergleichs unterschiedlicher Netzwerke lässt sich erkennen, dass mit höherer Komplexität der Abklärungssituation auch entsprechende Kooperationsstrukturen herausgebildet werden müssen: Die Kooperation bzw. die Kooperationsanforderungen erhöhen sich dadurch, dass nicht mehr nur intrabzw. interprofessionelle Kooperation betroffen ist, sondern auch eine Kooperation der entsprechenden Institutionen. Hierbei stellen sich einige Fragen und Probleme, die weiterer Untersuchung bedürfen, wie beispielsweise: n Besteht organisationaler Änderungsbedarf auf struktureller und persönlicher Ebene, insbesondere wenn damit auch im hochschwelligen Bereich eine effektive und zuverlässige Kooperation gewährleistet werden kann? n Wie können in komplexen Situationen die notwendigen Informationen für eine zielführende, stabile und nachhaltige Diagnose erschlossen werden (vgl. von Knebel 2012), wenn nur wenige zentrale Akteursgruppen daran beteiligt sind und/ oder wenn damit widersprüchliche Handlungsstrukturen bei Akteuren verbunden sind? n Wie können bzw. müssen im Falle höherer Komplexität eines Netzwerks die Handlungsstrukturen von betroffenen Akteursgruppen angepasst werden - gerade wenn mit einfachen Handlungsstrukturen auf komplexe Situationen reagiert wird? n Wie können Verständnis und Kooperation durch eine gemeinsame Sprache und Kommunikation als eine wesentliche Gelingensbedingung (vgl. Haeberlin u. a. 1992; Luder 2011) erreicht und gefördert werden? n Welche Zusatzanforderungen stellen sich für Fachpersonen aufgrund der veränderten interorganisationalen Kooperation? In der Konsequenz ergibt sich auf praktischadministrativer Ebene eine Reihe von Herausforderungen, an vorderster Stelle z. B., ob und wie kantonale schulpsychologische Dienste die Kooperation mit unterschiedlichen Schulen VHN 1 | 2018 68 MATHIAS MEJEH, PETER NENNIGER Pädagogische Kooperation in komplexen Diagnoseprozessen FACH B E ITR AG der einzelnen Gemeinden in diesem Ausmaß überhaupt leisten können oder welche Modelle sich für die Diagnose von Förderbedarf eignen, wenn Flexibilität bei Ressourceneinteilung und der inhaltlichen Ausrichtung mitbedacht werden muss. Ebenso dürfte an Weiter- und Fortbildungskonzepte zu denken sein, die sich sowohl auf die Kooperation verschiedener Professionen wie auch unterschiedlicher Institutionen beziehen und sich damit nicht nur auf konkrete Unterrichtspraxis beschränken, sondern das ganze Bildungssystem berücksichtigen (vgl. z. B. Biewer/ Fasching 2012; bmask 2012). Anmerkung 1 Details zu den zentralitätsbezogenen Kennwerten auf Akteurs- und Netzwerkebene finden sich in Borgatti u. a. (2013). Literatur Aldorf, A. M. (2016): Lehrerkooperation und die Effektivität von Lehrerfortbildung. Wiesbaden: Springer VS. http: / / dx.doi.org/ 10.1007/ 978-3- 658-11677-4 Amrhein, B. (2011): Inklusion in der Sekundarstufe - Eine empirische Analyse. Bad Heilbrunn: Klinkhardt Arndt, A. K.; Werning, R. (2013): Unterrichtsbezogene Kooperation von Regelschullehrkräften und Lehrkräften für Sonderpädagogik. Ergebnisse eines qualitativen Forschungsprojektes. In: Werning, R.; Arndt, A. K. 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