eJournals Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete 87/1

Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete
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0017-9655
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
10.2378/vhn2018.art10d
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2018
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Rezension: Voß, Stefan / Blumenthal, Yvonne / Mahlau, Kathrin / Marten, Katharina / Diehl, Kirsten / Sikora, Simon / Hartke, Bodo (2016): Der Response-to-Intervention-Ansatz in der Praxis. Evaluations

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2018
Ulrich Heimlich
Voß, Stefan; Blumenthal, Yvonne; Mahlau, Kathrin; Marten, Katharina; Diehl, Kirsten; Sikora, Simon; Hartke, Bodo (2016): Der Response-to-Intervention-Ansatz in der Praxis. Evaluationsergebnisse zum Rügener Inklusionsmodell Münster, New York: Waxmann. 352 S., € 39,90
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VHN 1 | 2018 88 REZE NSION E N Voß, Stefan; Blumenthal, Yvonne; Mahlau, Kathrin; Marten, Katharina; Diehl, Kirsten; Sikora, Simon; Hartke, Bodo (2016): Der Response-to-Intervention-Ansatz in der Praxis. Evaluationsergebnisse zum Rügener Inklusionsmodell Münster, New York: Waxmann. 352 S., € 39,90 Auf der Basis des „Rügener Inklusionsmodells (RIM)“ stellt die Rostocker Forschungsgruppe unter der Leitung von Bodo Hartke die Evaluationsergebnisse zum „Response-to-Intervention-Konzept (RTI-Konzept)“ vor. Die Insel Rügen steht bekanntlich für den ersten flächendeckenden Versuch der Einführung des aus den USA stammenden RTI-Konzeptes im deutschsprachigen Raum. Es ist das Verdienst der Rostocker Forschungsgruppe, das RTI-Konzept als Modell der Mehrebenenprävention von Lernschwierigkeiten besonders im Primarbereich aufgefasst zu haben. Unterschieden werden die Förderebene 1 mit einem qualitativ guten Klassenunterricht für alle Schülerinnen und Schüler und die Förderstufe 2 mit gezielter Kleingruppenförderung (für ca. 20 % der Schülerinnen und Schüler). Erst auf der Förderstufe 3 kommt es auch zur Einzelförderung bei gravierenden Lernschwierigkeiten (ca. 1 -5 % der Schülerinnen und Schüler). Nach einer Vorstellung des RTI-Konzeptes in Kap. 2 und einem Überblick zur Umsetzungspraxis auf der Insel Rügen werden die Evaluationsergebnisse bis 2013 (Kap. 4) und die Abschlussevaluation nach vier Jahren (Kap. 5) vorgestellt. Ein weiteres zentrales Element des RTI-Konzeptes ist das „Curriculumbasierte Messen (CBM)“, das über eng begrenzte Testaufgaben eine Lernverlaufsmessung für alle Schülerinnen und Schüler ermöglicht. Eine Zusammenfassung der Befunde (Kap. 6) und deren Diskussion (Kap. 7) beschließen den Band. Der Anspruch der evidenzbasierten sonderpädagogischen Forschung wird in insgesamt sieben Teilstudien umgesetzt. Neben der Kontrollgruppenstudie mit einem Vergleich zwischen den Regionen Rügen und Stralsund und der Analyse der VERA-Daten (Vergleichsarbeiten) der Rügener Schülerinnen und Schüler sowie einem Vergleich mit dem Schulamtsbezirk Greifswald werden ebenso die Diagnose-Förderklassen (DFK) untersucht. Es folgen eine weitere Kontrollgruppenstudie zum Rügener Modell, eine Darstellung der Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf zum Ende der Klasse 4 sowie eine abschließende Befragung zur Zufriedenheit mit dem Modellversuch. Die aufwendigen empirischen Studien zeigen eindrucksvoll, dass das RTI-Konzept in hervorragender Weise geeignet ist, sonderpädagogische Fachkompetenz in den allgemeinen Schulen zu implementieren. Damit ist zugleich ein Garant für eine qualitätsvolle inklusive Schulentwicklung gegeben. Ein Vergleich mit Finnland, wo das RTI-Konzept bereits landesweit umgesetzt wird (ebenso wie in den USA), veranschaulicht allerdings auch, dass der praktische Umgang mit dem RTI-Kon- VHN 1 | 2018 89 REZE NSION E N zept ein hohes Maß an Flexibilität benötigt, um nicht erneut soziale Ausgrenzungsprozesse zu riskieren. Zugleich ist in Finnland die Förderstufe 2 als sog. „part-time special needs education“ in den letzten Jahren deutlich ausgebaut worden, sodass inzwischen annähernd 20 % eines Schülerjahrgangs über diesen Weg sonderpädagogische Förderung in der allgemeinen Schule erhalten. Das Buch „Der Response-to-Intervention-Ansatz in der Praxis“ sei allen empfohlen, die an einer qualitätsvollen inklusiven Schulentwicklung mit einer gut abgesicherten sonderpädagogischen Unterstützung interessiert sind. Prof. Dr. Ulrich Heimlich D-80802 München DOI 10.2378/ vhn2018.art10d