eJournals Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete 87/4

Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete
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0017-9655
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
10.2378/vhn2018.art39d
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2018
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Rezension: Rohrmann, Sabine / Rohrmann Tim (2017): Begabte Kinder in der KiTa

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2018
Sabine Tanner Merlo
Rohrmann, Sabine; Rohrmann Tim (2017): Begabte Kinder in der KiTa Stuttgart: Kohlhammer. 206 S., € 29,- Der Band „Begabte Kinder in der KiTa“ ist Teil der Lehrbuchreihe „Entwicklung und Bildung in der Frühen Kindheit“. Diese Reihe hat zum Ziel, Studierenden und Fachkräften notwendiges Grundlagenwissen zur Bildungsarbeit im Krippen- und Elementarbereich zu vermitteln. Sabine Rohrmann, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin in eigener Praxis, nahm sich gemeinsam mit Tim Rohrmann, Professor für Entwicklung und Bildung im Kindesalter an der Evangelischen Hochschule Dresden, der Herausforderung an, ein Buch zu verfassen, welches Zusammenhänge zwischen Bildung und Begabung im Frühen Kindesalter thematisiert. […]
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VHN 4 | 2018 342 REZE NSION E N Rohrmann, Sabine; Rohrmann Tim (2017): Begabte Kinder in der KiTa Stuttgart: Kohlhammer. 206 S., € 29,- Der Band „Begabte Kinder in der KiTa“ ist Teil der Lehrbuchreihe „Entwicklung und Bildung in der Frühen Kindheit“. Diese Reihe hat zum Ziel, Studierenden und Fachkräften notwendiges Grundlagenwissen zur Bildungsarbeit im Krippen- und Elementarbereich zu vermitteln. Sabine Rohrmann, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin in eigener Praxis, nahm sich gemeinsam mit Tim Rohrmann, Professor für Entwicklung und Bildung im Kindesalter an der Evangelischen Hochschule Dresden, der Herausforderung an, ein Buch zu verfassen, welches Zusammenhänge zwischen Bildung und Begabung im Frühen Kindesalter thematisiert. Diese Absicht weckt Hoffnung auf ein informatives, wissenschaftlich abgestütztes Buch, das sich einer kontrovers diskutieren Thematik annimmt. Nämlich: Müssen begabte Kinder bereits in KiTa und Kindergarten besonders gefördert werden? Und wenn ja, was gilt es dabei zu beachten? Es wäre verfehlt, in dieser umfassend angelegten und thematisch sorgfältig gegliederten Publikation vorschnelle Antworten zu erwarten. So widmen sich die ersten drei Kapitel des Buches psychologischen Grundlagen. Es wird eine Übersicht über gängige Begabungskonzepte und Diagnoseverfahren vermittelt, wobei Anknüpfungspunkte an die entwicklungspsychologische Ausgangslage von Kindern im Vorschulalter gesucht und aufgenommen werden. Die Autorenschaft klärt darüber auf, dass sich Entwicklungsvorsprünge von KiTa-Kindern zwar diagnostizieren lassen und diese Kinder auch sinnvoll gefördert werden können. Ob sich aus diesen Diagnosen jedoch biografisch stabile Hochbegabungen entwickeln, wird aufgrund des jungen Alters grundsätzlich infrage gestellt. In Kapitel 5 wird die Aussicht auf Basiswissen zur Begabungsthematik für den Anwendungsbereich der Frühen Kindheit auf theoretischer Ebene eingelöst. Innerhalb dieses Kapitels werden entwicklungspsychologisch geprägte Ansätze zum Verständnis des Lernens in der Frühen Kindheit (z. B. Bildung als Selbst-Bildung, das Spiel als Entwicklungsmotor u. a.) portraitiert und auf ihre Bedeutsamkeit für das Verständnis und die Förderung begabter Kinder analysiert. Sämtliche portraitierten Ansätze verfolgen eine konstruktivistische Orientierung, welche die Bedürfnisse und Interessen der Kinder sowie ihre Fähigkeiten, Umwelterfahrungen aktiv für Lernprozesse zu nutzen, ins Zentrum stellen. Die Autorenschaft erarbeitet an dieser Stelle wichtige Impulse zur Förderung von Vorschulkindern, die an den individuellen Entwicklungsvoraussetzungen und Bedürfnissen dieser Kinder ansetzen. Obwohl die Eigenaktivität des Kindes innerhalb der diskutierten Ansätze eine übergeordnete Bedeutung einnimmt, fließen auch Erkenntnisse zur Rolle der Fachkräfte für gelingende (Begabungs-)Förderprozesse in die Analysen mit ein. Im weiteren Verlauf des Buches (Kapitel 6 -11) werden Antworten gegeben, wie begabte Kinder im KiTa-Alltag begleitet und unterstützt werden können. Die „Schritte in die Praxis“ (Kap. 7) verdeutlichen, dass integrative resp. inklusive Förderung begabter Kinder nicht spezielle Angebote oder Programme meint. Vielmehr wird aufgezeigt, inwieweit bestimmte Ansätze oder Methoden auch für die pädagogische Arbeit mit begabten Kindern geeignet sind. Die von den Autoren ausgewählten Schwerpunktsetzungen im umsetzungspraktischen Teil des Buches konkretisieren die Förderarbeit in unterschiedlichen Bildungsbereichen (Kap. 8), für besondere Problemlagen und Herausforderungen (Kap. 9 und 10) und für die Zusammenarbeit mit Eltern (Kap. 11). Insgesamt zeigt das Buch, dass eine individuelle Förderung begabter Kinder an jeder KitTa möglich ist und den pädagogischen Alltag bereichert. Die Ausführungen in den umsetzungsnahen Kapiteln zielen darauf ab, (angehenden) Fachkräften nicht nur Freude an der Herausforderung zu vermitteln, sondern sie auch dazu zu befähigen, gelassen mit dem Thema Hochbegabung umzugehen. Insofern wird ein bemerkenswerter Beitrag geleistet, um der Tendenz zur Dramatisierung entgegenzuwirken. VHN 4 | 2018 343 REZE NSION E N Die Publikation ist für Studierende und Dozierende sowie Fachkräfte im Bereich der Frühen Bildung absolut lesenswert. Zweifellos wird der inhaltliche Rahmen relativ weit gefasst, konkrete Maßnahmen zur Begabungsförderung im frühen Kindesalter werden erst in der zweiten Hälfte des Buches diskutiert. Diesem Umstand steht eine ausgesprochen hohe Leserfreundlichkeit gegenüber. So runden Fallbeispiele, Übungen und Studien (in Kästen) den Gehalt der Aussagen ab. Die Lektüre bleibt dadurch auch in den Grundlagen-Kapiteln gut nachvollziehbar und anwendungsnah. Praktisch sind außerdem die weiterführenden Literaturhinweise zu Ende eines jeden Kapitels. Sie bieten die Möglichkeit zur Vertiefung und verleihen den einzelnen Kapiteln Eigenständigkeit, sodass ein punktuelles Eintauchen in bestimmte Schwerpunktthemen anstelle des chronologischen Abarbeitens sämtlicher Inhalte denkbar ist. Dr. phil. Sabine Tanner Merlo CH-6004 Luzern DOI 10.2378/ vhn2018.art39d