eJournals Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete 88/1

Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete
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0017-9655
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
10.2378/vhn2019.art12d
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2019
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Rezension: Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung (2017): Wenn Schüler mit geistiger Behinderung verhaltensauffällig sind. Konzepte und Praxisimpulse für Regel- und Förderschulen

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2019
Holger Schäfer
Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung (2017): Wenn Schüler mit geistiger Behinderung verhaltensauffällig sind. Konzepte und Praxisimpulse für Regel- und Förderschulen München: Reinhardt. 288 S., € 39,90 Dass die Publikation bereits nach kurzer Zeit in zweiter Auflage erscheint, lässt die Brisanz und die Bedeutsamkeit der Thematik erahnen: Zunehmend schildern Lehrer die besonderen Anforderungen und das Erleben von Überforderung und Ohnmacht im Zusammenhang mit problematischen Verhaltensweisen und/oder psychischen Störungen im Kontext von geistiger Behinderung. Den Erkenntnissen aktueller Veröffentlichungen zufolge – z.B. in Schäfer, H. & Mohr, L. (Hrsg.) (2018): Psychische Störungen im FgE. Beltz – scheinen diese Muster und Herausforderungen zugleich überproportional im System der Förderschulen vertreten zu sein. Oder anders formuliert: Schüler mit sogenannten Doppeldiagnosen, also mit geistiger Behinderung und bspw. ausgebildeter psychischer Störung, werden als Systemsprenger (auch den Einschätzungen der Regelpädagogik sowie den Wünschen der Eltern folgend) weniger oft in inklusiven Settings unterrichtet. Die Aufgaben von Unterricht und Erziehung des o.g. Personenkreises obliegen daher in erster Linie den Schulen mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung (SFgE), deren (in diesem Kontext notwendigerweise interdisziplinäre) Arbeit im bayrischen Raum durch das Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung (ISB) durch eine zweijährige Schulungsreihe in den Bereichen kinder- und jugendpsychiatrische Störungsbilder, Diagnostik, Intervention in der Schule sowie videogestützte Fallarbeit und Beratung begleitet und gestützt wurde.
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VHN 1 | 2019 86 REZE NSION E N Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung (2017): Wenn Schüler mit geistiger Behinderung verhaltensauffällig sind. Konzepte und Praxisimpulse für Regel- und Förderschulen München: Reinhardt. 288 S., € 39,90 Dass die Publikation bereits nach kurzer Zeit in zweiter Auflage erscheint, lässt die Brisanz und die Bedeutsamkeit der Thematik erahnen: Zunehmend schildern Lehrer die besonderen Anforderungen und das Erleben von Überforderung und Ohnmacht im Zusammenhang mit problematischen Verhaltensweisen und/ oder psychischen Störungen im Kontext von geistiger Behinderung. Den Erkenntnissen aktueller Veröffentlichungen zufolge - z. B. in Schäfer, H. & Mohr, L. (Hrsg.) (2018): Psychische Störungen im FgE. Beltz - scheinen diese Muster und Herausforderungen zugleich überproportional im System der Förderschulen vertreten zu sein. Oder anders formuliert: Schüler mit sogenannten Doppeldiagnosen, also mit geistiger Behinderung und bspw. ausgebildeter psychischer Störung, werden als Systemsprenger (auch den Einschätzungen der Regelpädagogik sowie den Wünschen der Eltern folgend) weniger oft in inklusiven Settings unterrichtet. Die Aufgaben von Unterricht und Erziehung des o. g. Personenkreises obliegen daher in erster Linie den Schulen mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung (SFgE), deren (in diesem Kontext notwendigerweise interdisziplinäre) Arbeit im bayrischen Raum durch das Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung (ISB) durch eine zweijährige Schulungsreihe in den Bereichen kinder- und jugendpsychiatrische Störungsbilder, Diagnostik, Intervention in der Schule sowie videogestützte Fallarbeit und Beratung begleitet und gestützt wurde. Die vorliegende Veröffentlichung der Arbeitsgruppe des ISB schließt hier in aktualisierter, zweiter Auflage an und möchte Lehrkräften, Mitarbeitern, Schulleitungen und Schulträgern Unterstützung bieten, „um den Herausforderungen, die sich im Unterricht für Schüler mit problematischem Verhalten und/ oder psychischen Erkrankungen stellen, lösungsorientiert begegnen zu können“ (S. 11). Die große Stärke der Publikation liegt in der Verbindung klar und prägnant zusammengestellter theoretischer Grundlagen mit interdisziplinärer Ausrichtung (nicht zuletzt durch die Begleitung der kinder- und jugendpsychiatrischen Abteilungen der Universitäten Würzburg und München sowie der Bezirkskrankenhäuser Landshut und Regensburg) mit wiederum konkreten Hinweisen für die Gestaltung von Schule und Unterricht. Diese fußen auf systematischer und videogestützter Beobachtung und Dokumentation, um darauf aufbauend Unterstützungsmöglichkeiten im Klassenunterricht und in der Schulgemeinschaft mit zahlreichen Beispielen (auch mit Fotos und Abbildungen) zu beschreiben. Dem interdisziplinären Anspruch wird die Herausgeberschaft gerecht, indem den möglichen VHN 1 | 2019 87 REZE NSION E N Unterstützungsstrukturen und institutionellen Angeboten ein eigenes Kapitel (S. 215ff.) gewidmet wird (bspw. Angebote der Medizin oder des Sozialwesens mit Beratungsstellen oder jugendamtlichen Hinweisen). Den bajuwarischen Einschlag gilt es natürlich auf die schulrechtlichen und administrativen Gegebenheiten der Bundesländer und die infrastrukturellen Bedingungen vor Ort (bspw. Stadt/ Land) zu übertragen. Die beiliegende DVD ist eine praxisnahe Bereicherung: Vier Filme mit Beispielen aus dem schulischen Leben geben durch die Kommentare und ergänzenden Materialien beispielhafte Hinweise und übertragbare Hilfestellungen für die eigene Klasse oder Schule. Die Tabellen der Kapitel 3.1 und 3.2 im Buch werden gut aufbereitet zur Verfügung gestellt und bieten dem Leser für die individuelle Recherche eine stringente Systematik. Darüber hinaus finden sich neben den Materialien zu den Filmbeispielen und Beobachtungsbögen hilfreiche Konzepte für den Klassenunterricht und die Schulstruktur in ansprechendem Layout. Fazit: Ein wichtiges Kompendium der schulischen Geistigbehindertenpädagogik und zugleich konkretes Lehrmaterial für das Studium und die zweite Ausbildungsphase im FgE als Vorbereitung auf eine (in sich wiederum heterogene! ) Schülergruppe mit problematischem und herausforderndem Verhalten. Dr. phil. Holger Schäfer D-54470 Bernkastel-Kues DOI 10.2378/ vhn2019.art12d