Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete
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0017-9655
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
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2019
88VHN Plus
Fachbeitrag: Autonome Selbstbewegung als Grundlage leiborientierter Bildungsprozesse?
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2019
Martin Giese
Der Beitrag verfolgt das Ziel, im Sinne der Bewusstseinsbildung (awareness-raising) nach Artikel 8 der UN-Behindertenrechtskonvention für exkludierende Potenziale in bildungstheoretischen Modellierungen in der sportpädagogischen Theoriebildung zu sensibilisieren. In diesem Sinne wird die sportpädagogische Annahme kritisch hinterfragt, die Bildungsfähigkeit des Subjekts an seine Fähigkeit zur autonomen Selbstbewegung zu binden. Vor dem Hintergrund einer ableismuskritischen Analyse zeigt sich dabei, dass dieser Annahme unreflektierte, paradiesmetaphorische Fähigkeitsimperative zugrunde liegen, die von den realen Bedingungen des Humanen, von Begrenztheit, Gebrochenheit und Angewiesenheit des Menschen absehen und dazu führen, dass u.a. in Bezug auf Menschen mit körperlich-motorischen Behinderungen Exklusion auf theoretischer Ebene praktiziert wird.
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1 VHN plus , 88. Jg. (2019) DOI 10.2378/ vhn2019.art26d © Ernst Reinhardt Verlag Autonome Selbstbewegung als Grundlage leiborientierter Bildungsprozesse? Inklusionstheoretische Kritik einer sportpädagogischen Schimäre im Spiegel der Körperbehindertenpädagogik Martin Giese Humboldt-Universität zu Berlin Zusammenfassung: Der Beitrag verfolgt das Ziel, im Sinne der Bewusstseinsbildung (awareness-raising) nach Artikel 8 der UN-Behindertenrechtskonvention für exkludierende Potenziale in bildungstheoretischen Modellierungen in der sportpädagogischen Theoriebildung zu sensibilisieren. In diesem Sinne wird die sportpädagogische Annahme kritisch hinterfragt, die Bildungsfähigkeit des Subjekts an seine Fähigkeit zur autonomen Selbstbewegung zu binden. Vor dem Hintergrund einer ableismuskritischen Analyse zeigt sich dabei, dass dieser Annahme unreflektierte, paradiesmetaphorische Fähigkeitsimperative zugrunde liegen, die von den realen Bedingungen des Humanen, von Begrenztheit, Gebrochenheit und Angewiesenheit des Menschen absehen und dazu führen, dass u. a. in Bezug auf Menschen mit körperlich-motorischen Behinderungen Exklusion auf theoretischer Ebene praktiziert wird. Schlüsselbegriffe: Inklusion, Körperbehindertenpädagogik, Sportpädagogik, Ableismus, Disability Studies Autonomous Self-Movement as the Basis of Body-Oriented Education Processes? Critique of a PE-Chimera in the Mirror of Special Needs Education Summary: In accordance with Article 8 of the UN Convention on the Rights of Persons with Disabilities (CRPD), the aim of the article is to raise awareness of exclusionary potentials in educational theory modelling in Physical Education. In this sense, the assumption in sports pedagogy to link the individuals’ ability for education to their capacity of autonomous motion will be critically examined. Against the background of an ableism analysis, it becomes obvious that this assumption is based on unreflected imperatives that ignore the real conditions of humaneness, of limitation, of brokenness and dependence of human beings that can lead to the exclusion of people with physical disabilities. Keywords: Inclusion, special needs education, physical education, ableism, Disability Studies FACH B E ITR AG TH EME NSTR ANG In shape or out? Zur (sport-)pädagogischen Relevanz exkludierender Momente in gegenwärtigen Körperkulturen 1 Exkludierende Körpernormen im Spannungsfeld zwischen Sport- und Behindertenpädagogik Im Kontext einer virulenten Inklusionsthematisierung und der damit verbundenen völkerrechtlichen Verpflichtung, einen Beitrag dazu zu leisten, die Ausgrenzung von marginalisierten und diskriminierten Gesellschaftsgruppen zu überwinden, rücken auch im Handlungsfeld Bewegung, Spiel und Sport Menschen mit Behinderungen verstärkt in den Fokus gesellschaftlicher und wissenschaftlicher Betrachtungen. Dies trifft in Folge der UN-Behindertenrechts- VHN plus 2 MARTIN GIESE Autonome Selbstbewegung als Grundlage leiborientierter Bildungsprozesse? FACH B E ITR AG konvention in prominenter Weise für Menschen mit Behinderungen zu, gilt gleichermaßen jedoch auch für andere - hier nicht diskutierte - Diskriminierungslinien wie etwa Ethnizität, sozialer Status, Geschlecht oder sexuelle Orientierung (Booth & Ainscow, 2011, S. 6). In den Fokus der Betrachtung rücken nach der Definition der Kultusministerkonferenz (2011, S. 6) - zumindest im schulpädagogischen Kontext - damit folgende Personen: „Nach dem Verständnis der Behindertenrechtskonvention gehören zu den Menschen mit Behinderungen Kinder und Jugendliche, die langfristige körperliche, seelische, geistige Beeinträchtigungen oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, welche sie in Wechselwirkung mit verschiedenen Barrieren an der vollen, wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft hindern können. Insofern ist der Behindertenbegriff der Konvention ein offener, an der Teilhabe orientierter Begriff. Er umfasst für den schulischen Bereich Kinder und Jugendliche mit Behinderungen oder chronischen Erkrankungen ohne sonderpädagogischen Förderbedarf ebenso wie Kinder und Jugendliche mit sonderpädagogischem Förderbedarf.“ Wird im Folgenden die These vertreten, dass das Imperfekte - jenseits weitgehend isolierter Nischendiskurse - keine Provenienz in der Sportpädagogik hat, sieht sich das Fach nunmehr verstärkt mit der fundamentalen Herausforderung konfrontiert, Menschen mit Behinderungen stärker als bisher in ihrer fachwissenschaftlichen Theoriebildung zu beachten, anstatt sie indolent zu ignorieren und Exklusion auf theoretischer Ebene zu praktizieren (Giese & Ruin, 2018; Ruin & Giese, 2018 a) 1 . Möchte der vorliegende Beitrag in diesem Sinne Wissensbestände der Behindertenpädagogik sowie der Sportpädagogik systematisch aufeinander beziehen, ist bei diesem Vorhaben zu beachten, dass die Sportpädagogik - wie jede andere Anwendungs- und Handlungswissenschaft auch - vielfach mit impliziten, gesellschaftlich vorformatierten Normvorstellungen wie etwa medial kolportierten Schönheits- und Fitnessidealen hantiert (Ruin, 2015). Gleichzeitig ist sie aber auch mit verborgenen (kultur-)anthropologischen Normvorstellungen konfrontiert. Da unstrittig sein dürfte, „dass mit einem pädagogischen Menschenbild immer auch deskriptive und vor allem normative Vorstellungen damit einhergehen, wie Entwicklungen verlaufen bzw. verlaufen sollen“ (Zirfas, 2012, S. 76), spricht Drexel (2003, S. 317) im Kontext der Sportpädagogik expressis verbis von einem „anthropologischen Imperativ“, der sich darin ventiliere, „dass das jeweilige Bild oder Verständnis vom Menschen offengelegt und diskutiert“ (Grupe & Krüger, 2002, S. 183) werden müsse, was von Scherer und Bietz auch für fachdidaktische Konzeptionen eingefordert wird: „Didaktisch-methodische Konzepte zum Lehren und Lernen von Bewegung müssen kompatibel zu anthropologischen Grundlagen und bewegungs- und lerntheoretischen Erkenntnissen konzipiert werden und sie sind in einem Rahmenkonzept von Bildung zu verankern, durch das sie hinreichende normative Orientierungen erhalten“ (Scherer & Bietz, 2013, S. 181). Da vermutet werden kann, dass immanente Normvorstellungen der vollen Teilhabe von Menschen mit Behinderungen auf einer strukturellen Ebene potenziell entgegenwirken und ein exkludierendes Potenzial entfalten können, erscheint es - im Sinne einer langfristigen pädagogischen Legitimation inklusiven Handelns im Sport(unterricht) - notwendig, diese immanenten Strukturen zunächst auf ihr inklusives bzw. exklusives Potenzial hin zu analysieren, um camouflierte diskriminierende Strukturen zu identifizieren und ggf. zu dekonstruieren. Ein in diesem Sinne struktureller Zugriff erscheint zudem umso dringlicher, als dass für den deutschsprachigen Inklusionsdiskurs - auch in der Sportpädagogik - bis dato noch VHN plus 3 MARTIN GIESE Autonome Selbstbewegung als Grundlage leiborientierter Bildungsprozesse? FACH B E ITR AG nicht einmal eine „auch nur annähernd konsensfähige Definition dessen vorliegt, was denn nun unter Inklusion zu verstehen sei“ (Ahrbeck, 2014, S. 7; vgl. auch Musenberg & Riegert, 2015, S. 13). „Begriff und Gegenstand ‚Inklusion‘ sind in der öffentlichen, politischen und pädagogischen Diskussion prominent. Aus wissenschaftlicher Sicht existiert bislang aber weder ein klares Begriffsverständnis, noch ist geklärt, wie sich die teils widersprechenden Vorstellungen von Inklusion als Menschenrecht, von normativen gesellschaftlichinklusiven Prinzipien und von Maßnahmen sowie deren Umsetzung im Bildungsbereich zueinander verhalten“ (Cramer & Harant, 2014, S. 639). Gehört es dabei zu den Besonderheiten der deutschsprachigen Debatte, dass Inklusion vor allem als Schulstrukturdiskurs thematisiert wird und eng an die Frage nach dem Existenzrecht der Förderschulen gebunden ist (Herz, 2014, S. 4), kann es aufgrund des Systemdrucks, den die UN-Behindertenrechtskonvention auf die Bildungssysteme ausübt, nicht verwundern, dass sich bisherige Arbeiten in der Sportpädagogik vor allem mit konkreten Unterrichtsrezepten (Giese & Weigelt, 2015; Sowa, 2015) beschäftigen oder die Einstellungen der beteiligten Akteure beforschen (Meier & Ruin, 2015; Rischke, Heim & Gröben, 2017) 2 . Vor diesem Hintergrund möchte der Beitrag immanente strukturelle Inklusionshemmnisse in der sportpädagogischen Theoriebildung reflektieren, um im Sinne der Bewusstseinsbildung nach Artikel 8 der UN-BRK (awareness-raising) für exkludierende Potenziale zu sensibilisieren. Als theoretische Folie dient dazu die in der deutschsprachigen Sportpädagogik bisher wenig beachtete Perspektive der Disability Studies bzw. des Ableismus (Giese & Buchner, 2019; Giese, 2019). Dieser Blick folgt der allgemein- (Jakobs, 2009, S. 297) sowie der sportpädagogischen (Giese, 2016 a, 107) Annahme, dass es infolge der Inklusionsthematisierung sowie der UN-Behindertenrechtskonvention nicht (mehr) möglich erscheint, sich auf die Suche nach immanenten Inklusionshemmnissen zu begeben, ohne dabei Wissensbestände der Disability Studies bzw. der Disability Studies in Education (DSE) zu beachten (Baglieri, Valle, Connor & Gallagher, 2011). 2 Theoretische Folie: Disability Studies & Ableism Da die Diskurse über Disability Studies und Ableism - zumindest in der Sportpädagogik - nicht als allgemein bekannt vorausgesetzt werden können, wird in diesem Kapitel zunächst eine knappe Einführung in zentrale theoretische Grundannahmen gegeben, bevor in Kapitel 3 bildungstheoretische Modellierungen innerhalb der Sportpädagogik in diesem Sinne analysiert werden. Differenzieren sich Disability Studies thematisch zunehmend aus, wird im Folgenden Ableism als eine Forschungsperspektive der Disability Studies diskutiert und für die eigene Fragestellung methodologisch nutzbar gemacht. Diese Auswahl begründet sich darin, dass der Ableismus als theoretisch fundierte Grundlage für die Suche nach immanenten Inklusionshemmnissen besonders geeignet erscheint (Buchner, 2018). Ausgangspunkt der Argumentation ist, dass Behinderung im Ableismus in der intersubjektiven und gesellschaftlichen Zuschreibung von Fähigkeiten verortet wird und nicht als Differenz zur Normalität modelliert wird. Die scheinbare Normalität, die Fähigkeiten einer Person als individuelle Kategorie zu verstehen, wird in dieser Perspektive hinterfragt, indem auch scheinbar individuelle Fähigkeiten des Subjekts als gesellschaftlich geprägte und kulturell imprägnierte externe Zuschreibungen verstanden werden. „Problematisiert und kritisiert werden sollen dagegen irrationale, verletzende, grausame und unplausible Konzeptionen von Fähigkeit (und damit auch Behinderung), die VHN plus 4 MARTIN GIESE Autonome Selbstbewegung als Grundlage leiborientierter Bildungsprozesse? FACH B E ITR AG eng mit Vorstellungen der Leistungsgesellschaft, Leistungsgerechtigkeit und insgesamt einem liberalistischen Gesellschaftsbild verknüpft sind, das in Gestalt des Neoliberalismus alle Widersprüche dieser politischen und anthropologischen Theorie eines Fähigkeits- Individualismus auf die Spitze getrieben hat: The winner takes it all! “ (Buchner, Pfahl & Traue, 2015, o. S.). Als zentrale Forschungsperspektive - und in diesem Sinne auch als Entstehungsort von Behinderung - ergibt sich damit die Reflexion immanenter Zuschreibungen von Fähigkeiten und die damit korrespondierende, scheinbar offensichtliche Tatsache, diesen Zuschreibungen - im Sinne der Un-Fähigkeit - nicht genügen zu können. Zentral erscheint dabei, dass es sich bei diesen häufig unreflektierten und institutionalisierten Zuschreibungen von „Fähigkeiten nicht um eine ontologisch zu beschreibende, sondern um eine relationale Größe handelt, die an die soziale Position des Betrachters gebunden und damit ideologisch geprägt ist“ (ebd.). Im Kontext von Bildung und Erziehung können solche ungerechten bzw. grausamen Zuschreibungen beispielsweise dann entstehen, wenn in der Anwendung eines gesellschaftlich und wissenschaftlich legitimierten Normalitätskonstrukts davon ausgegangen wird, dass die Bildungs-Fähigkeit eines Individuums unhinterfragt an seine kognitivistisch-sprachliche Reflexions-Fähigkeit oder - was in diesem Beitrag diskutiert wird - an seine uneingeschränkte autonome Bewegungs-Fähigkeit gebunden wird. Dabei legt der Ableismus den Blick dafür frei, dass die Konstitution latent binärer Kategorien nach dem Muster reflexionsfähig vs. nicht-reflexionsfähig oder bewegungsfähig vs. nicht-bewegungsfähig im Sinne eines Kollateralschadens sowohl diversitätsunsensible Machtstrukturen konstituiert als auch Ausschlüsse aus unterschiedlichen sozialen Systemen produziert 3 . Dabei ist der Blick des Ableismus immer soziokulturell geprägt, wenn die Ursachen zentraler Zuschreibungen von Fähigkeiten in einer neoliberalen Gesellschaftsordnung verortet werden, die in ihrer unsichtbaren Systemlogik der Produktion leistungsfähiger und gesunder Erwerbskräfte bedarf (Ruin, 2014): „Phantasmen von perfekten Körpern, ableistische Prototypen, wie sie auch in der Konstruktion neoliberaler Fitness-Ideale auftauchen, dienen also dazu, einen korporalen Standard zu entwickeln. Für die Herstellung einer solchen Normalitätsmatrix ist ein konstitutives Außen von Nöten, eine Negativschablone, die von Einzelnen als Unterscheidungskriterium in ‚normal‘ und ‚nicht normal‘ herangezogen werden kann“ (Buchner et al., 2015, o. S.). Unabhängig von Behinderung - als wie auch immer konstituierte Kategorie - entfalten sich vor dem Hintergrund solcher Analysen Bedrohungskulissen gegenüber dem als (un-)fähig erachteten Subjekt. Neben den materiellen und sozialen Verheißungen des Neo-Liberalismus steht immer auch die Option des Ausschlusses aus dem Bereich des Menschlichen, wenn gewisse Fähigkeiten eben nicht über die gesamte Lebensspanne in Gänze zur Verfügung stehen. Vor diesem Hintergrund erweisen sich gewisse körperliche und geistige Fähigkeiten als Zugangsvoraussetzungen bzw. als Messlatte des Menschlichen 4 . Dieser Zugriff macht deutlich, dass es nicht darum geht, Behinderung aus der Perspektive des Individuums zu denken, sondern vielmehr darum, intersubjektive, wissenschaftliche und gesellschaftliche Produktionsmechanismen von Fähigkeitsimperativen in den Blick zu nehmen, von denen grundsätzlich jedes Individuum in jeder Lebensphase betroffen und bedroht sein kann. Immanente und illegitime Zuschreibungen von Fähigkeiten sind vor diesem Hintergrund auch in der Sportpädagogik zu analysieren und ggf. zu dekonstruieren: „Als illegitim müssen Fähigkeitszuschreibungen dann gelten, wenn sie zu Grausamkeit […] oder zu Ungerechtigkeit […] VHN plus 5 MARTIN GIESE Autonome Selbstbewegung als Grundlage leiborientierter Bildungsprozesse? FACH B E ITR AG führen oder Effekte von Grausamkeit oder Ungerechtigkeit sind. Grausam sind Fähigkeitszuschreibungen dann, wenn sie zur illegitimen Gewalt […] über Personen führen, denen Fähigkeiten temporär oder dauerhaft abgesprochen werden. Als ungerecht müssen Fähigkeitszuschreibungen gelten, wenn der Zugang zu Systemen der Befähigung versperrt ist“ (ebd.). Dabei geht es nicht darum, die Zuschreibung von Fähigkeiten grundsätzlich infrage zu stellen oder gar abzulehnen, sondern um die Sensibilisierung und Verunsicherung für illegitime Fähigkeitszuschreibungen. Zu analysieren und dekonstruieren sind die „Zumutungen, Überforderungen und gar unüberwindbaren Ausschlüsse, mit denen Menschen konfrontiert sind, die dieser Normalität nicht entsprechen können oder wollen“ (Meißner, 2015, o. S.). 3 Fähigkeitskritische Analysen zur autonomen Selbstbewegung Wurden im vorausgehenden Kapitel ableistische Analyseperspektiven vorgestellt, geht es in diesem Kapitel darum, vor diesem Theoriehintergrund die in der Sportpädagogik kolportierte bildungstheoretische Annahme zu hinterfragen, dass Bildung konstitutiv an Akte der autonomen Selbstbewegung gebunden sei. Es sei explizit erwähnt, dass es dabei nicht darum geht, diese These grundsätzlich abzulehnen oder einer unproduktiven Entweder-oder- Position das Wort zu reden 5 . Es geht vielmehr darum, für unreflektierte Fähigkeitszuschreibungen und Körpernormen innerhalb dieses bildungstheoretischen Narrativs zu sensibilisieren, um Verwundungen, Hierarchisierungen und Exklusion im Sinne von Buchner und Pfahl (2017, S. 220) auf einer grundlagentheoretischen Ebene aufzudecken, wozu Kapitel 3.1 primär den Aspekt der Autonomie und Kapitel 3.2 stärker den Aspekt der Selbstbewegung thematisiert. 3.1 Autonomie Dass dem Autonomiebegriff nicht nur in sportpädagogischen, sondern auch in erziehungswissenschaftlichen Diskursen eine zentrale Rolle zugesprochen und auch in der UN-BRK adressiert wird, führt beispielsweise Bielefeldt (2009) expressis verbis aus: „Die Behindertenkonvention bedeutet aber weit mehr als eine Ergänzung des bestehenden Menschenrechtsschutzsystems durch die besondere Berücksichtigung der spezifischen Belange behinderter Menschen. Beachtung verdient insbesondere die starke Akzentsetzung auf soziale Inklusion, die ausdrücklich vom Postulat individueller Autonomie [kursiv MG] her gedacht und von dorther von vornherein als eine freiheitliche Inklusion definiert wird“ (Bielefeldt, 2009, S. 16) 6 . Dass Autonomie in pädagogischen Settings dabei „nicht nur anthropologisch vorgegeben, sondern auch pädagogisch aufgegeben“ (Zirfas, 2012, S. 80) ist, wird beispielsweise von Zirfas explizit betont, denn „der Mensch zeichnet sich dadurch aus, dass er sich seine Bestimmung selbst zu geben hat; die Bestimmung des Menschen liegt, so der Tenor des pädagogischen Denkens der Neuzeit, in der Selbstbestimmung. (…) Er [der Pädagoge, MG] muss Autonomie als regulativen Horizont seines Denkens und Handelns verstehen, um der Offenheit und Bildungsfähigkeit der Menschen gerecht zu werden“ (ebd.). In dieser Lesart wird Autonomie nicht als Epiphänomen bildungspolitischer oder normativer Überlegungen verstanden, sondern vielmehr als eine Grundbedingung des Humanen - als eine kulturanthropologische Conditio sine qua non. Aus einer behindertenpädagogischen Perspektive wäre allerdings zu beachten, dass es dabei nicht darum gehen kann, Autonomie ideologisch zu überfrachten, „denn das immer und zuerst bemühte Erziehungsziel, die Mündigkeit (Autonomie), führt nicht nur VHN plus 6 MARTIN GIESE Autonome Selbstbewegung als Grundlage leiborientierter Bildungsprozesse? FACH B E ITR AG bei Menschen mit (geistiger) Behinderung meist in eine Aporie“ (Jakobs, 2010, S. 86). In einer ableismuskritischen Lesart wäre Autonomie vielmehr als eine relative Fähigkeitszuschreibung zu verstehen, die immer auch die soziale Bezogenheit des Subjekts zu bejahen und anzuerkennen hat, dass sich Autonomie nicht in Vereinzelung manifestiert, sondern immer auch „auf Kooperation und Anerkennung durch andere angewiesen ist“ (ebd., S. 87). So weisen auch Ahrbeck und Rauh kritisch darauf hin, dass die autonomen Möglichkeiten des Menschen häufig idealisierend überhöht werden und in diesem Sinne „ein problematisches Ungleichgewicht eingetreten [ist]. Abhängigkeit, Bedürftigkeit und Angewiesenheit sind auch bei behinderten und psychosozial beeinträchtigten Menschen zu einem ungeliebten Thema geworden“ (Ahrbeck & Rauh, 2004, S. 9). Zudem merkt Waldschmidt (2012) kritisch an, dass sich „eine alte Hierarchie wieder durchgesetzt hat, nämlich eine Rangordnung, an deren Spitze diejenigen mit Körperbehinderungen stehen, diejenigen also, deren Geist - ‚trotz Behinderung‘ - tadellos funktioniert, und an deren Ende sich die geistig behinderten Menschen befinden, diejenigen, die als ‚vernunftlos‘ gelten. Es sind die körperbehinderten Männer und Frauen, die ihr Recht auf ein selbstbestimmtes Leben am ehesten haben realisieren können; es sind vorzugsweise diejenigen mit Durchsetzungsvermögen und höherer Bildung, mit leichteren Beeinträchtigungen und guten äußeren Rahmenbedingungen, die die Chance zur Autonomie nutzen können“ (ebd., S. 29), wogegen geistig und vor allem auch schwerbehinderten Personen die Chance zur Ausübung ihrer Autonomie häufig nicht gegeben ist. „Trotz aller Bemühungen […] ist die Lebenslage Behinderung auch heute noch durch äußere Bedingungen geprägt, unter denen die Betroffenen eher unterworfene Objekte als handelnde Subjekte ihres Lebens sind. In der großen Mehrheit bilden behinderte Kinder und Erwachsene weiterhin den Gegenstand von Hilfeleistung und Betreuung und gestalten diese selbst kaum aktiv mit“ (ebd., S. 47). Anzuerkennen wäre in dieser komplexen Gemengelage, dass Autonomie und Selbstbestimmung vor dem Hintergrund eines konstitutiven Angewiesen-Seins zu verstehen sind und dass die Beziehung zwischen Abhängigkeit und Autonomie mit Honneth (1997, S. 39) als „ein Verhältnis der steten Spannung“ zu verstehen ist (vgl. auch Meyer-Drawe, 1990). Insbesondere im Kontext von sog. geistiger oder schwerer Behinderung erscheint dabei zudem problematisch, dass Autonomie bildungstheoretisch üblicherweise an individuelle Vernunftleistungen der Individuen gebunden wird: „Meine These ist, dass eine Einteilung der Menschen je nach ihrem Autonomievermögen existiert und ein differenzierter Zugang zum Selbstbestimmungsrecht etabliert ist. Diese Abstufung, das Mehr oder Weniger an Unabhängigkeit, das einem Individuum zugestanden wird, stellt sich nicht willkürlich her, sondern ist gesellschaftlich bestimmt und richtet sich nach einem Maßstab. Dieser Maßstab scheint die Vernunft zu sein“ (Waldschmidt, 2012, S. 23). In Anschluss an diese These lenkt eine ableistische Lesart den Blick auf die Frage, „unter welchen Bedingungen nicht unabhängige Individualität, sondern konstitutive Angewiesenheit als Grundlage von Selbstbestimmung und Teilhabe erscheinen können. (…) Wenn sich also kritische Debatten, die mehr Chancengleichheit einfordern, auf dieses Individualitätsparadigma beziehen, erscheinen auch ihnen Fähigkeiten letztlich als Frage individueller Stärken und Schwächen angesichts gegebener (Leistungs-)Anforderungen, die es institutionell zu fördern oder auszugleichen oder medizinisch-technisch zu optimieren gilt“ (Meißner, 2015, o. S.). VHN plus 7 MARTIN GIESE Autonome Selbstbewegung als Grundlage leiborientierter Bildungsprozesse? FACH B E ITR AG Zentral erscheint in diesem Sinne, dass Autonomie nicht als individuelle Kategorie zu denken ist, sondern als etwas, „das immer nur in spezifischen Relationen entstehen kann und somit auch nicht einzelnen Individuen zurechenbar ist, sondern zwischen ihnen entsteht“ (ebd.) oder eben gerade nicht entsteht bzw. systematisch untergraben wird. „Das Problem erschöpft sich nicht darin, dass manche aufgrund mangelnder Ressourcen verletzbarer sind als andere und daher marginalisiert werden. Vielmehr erscheint die Prämisse einer auf Unverletzbarkeit beruhenden Autonomie als Bedingung selbstbestimmter Handlungsfähigkeit als historischer Skandal. Wenn nämlich möglichst weitgehende Unverletzbarkeit die Voraussetzung für den Status des Subjekts ist, dann bleibt dieser Status immer das Privileg einer kleinen Gruppe“ (ebd.). Unter Bezug auf die Philosophin Judith Butler resümiert Meißner in diesem Sinne, dass insbesondere die Annahme einer verallgemeinerten Verletzbarkeit als Grundlage einer sozialen Ontologie Räume für Gegenerzählungen schafft, die uns erlauben, autonome Handlungsfähigkeit anders zu denken. „Wir können auch noch mal ganz anders darüber nachdenken, wozu wir fähig sein könnten, wenn wir die Parameter und Maßstäbe der Befähigung nicht in der vermeintlichen unverfügbaren Äußerlichkeit einer auf Verwertung und Wachstum ausgerichteten Ökonomie, sondern in einer auf konstitutiver Angewiesenheit basierenden Solidarität begründet sehen“ (ebd.). Als Zwischenfazit bleibt zu formulieren, dass die hier adressierte Autonomie als eine Frage des bzw. im Anderen herzustellen ist und Autonomie und Angewiesenheit eben nicht als Gegensatz, sondern komplementär zu verstehen sind. Immanente Körpernormen, die eine jederzeit ungebrochene Verfügbarkeit über den eigenen Körper kolportieren, sind nicht nur in den philosophischen Fallstricken eines cartesianischen Dualismus verfangen (Giese, 2008, S. 164) bzw. in einem eurozentrischen Dualismus von Körper und Geist (Brinkmann, 2018), sondern implizieren auch diskriminierende Potenziale, weil sie infolge romantisierender Bildungsvorstellungen von den realen Bedingungen des Humanen absehen (vgl. Kap. 3.2). Zur indolenten Aufführung gebracht werden solche diskriminierenden und exkludierenden Potenziale in der Sportpädagogik beispielsweise in sportanthropologischen Positionierungen in der Tradition eines homo sportivus, eines homo performator oder eines homo olympicus 7 , in aktuellen, kompetenzorientierten Sportlehrplänen (Ruin, 2014, 2015; Ruin & Giese, 2018 b) oder auch in kompetenzorientierten Ansätzen innerhalb der Fachdidaktik Sport (Giese, 2016 a). 3.2 Selbstbewegung Neben dem Verweis auf die Notwendigkeit der autonomen Selbstgestaltung des Weltbezugs wird der individuelle Bildungsprozess im Sport - beispielsweise vor dem Hintergrund symbolphilosophischer Überlegungen - üblicherweise an die autonome (Selbst-)Bewegung gebunden (Franke, 2015, S. 237). Da dem animal symbolicum i. S. der Offenheit des Weltbezugs automatisierte Verhaltensmuster weitestgehend fehlen, ist es bei der Konstitution seiner Weltbezüge auf den Erwerb entsprechender Kompetenzen angewiesen. Grundlage der Synthesis symbolischer Formen ist in dieser Modellierung „nicht das bloße Betrachten, sondern das Tun“ (Cassirer, 1954, S. 187), das seinerseits unhintergehbar an die Bewegung gebunden ist. So weisen auch Prohl und Scheid (2012, S. 33) darauf hin, dass der Sport als gesellschaftliches Kultursegment vor allem dadurch gekennzeichnet ist, dass die leiblichkörperliche Bewegung als primäre, individuelle und soziale Weltbegegnung zu verstehen ist und genau darin auch das spezifische Bildungspotenzial des Sports zu sehen ist. VHN plus 8 MARTIN GIESE Autonome Selbstbewegung als Grundlage leiborientierter Bildungsprozesse? FACH B E ITR AG Die Bewegung ermöglicht dem Individuum die Herausbildung individueller Symbolismen, weshalb „der Mensch sein gesamtes Dasein gewissermaßen am ‚Leitfaden der Bewegung‘ orientiert“ (Hildenbrandt, 2005, S. 205). Nur in der Bewegung kann der Formungs- und Ausdruckswille des Individuums eine Brechung durch die Welt erfahren. Bewegung wird dadurch zum Urgrund unserer biologischen, individuellen und kulturellen Existenz. „Gebunden ist dieser Prozess an das Handeln. Die kulturelle Wirklichkeit muss ‚er-wirkt‘ werden, und auf ihrer fundamentalsten Stufe ist dieses Tun an die Bewegungsfähigkeit gebunden“ (ebd., S. 206). Im Rahmen dieser Theoriekontexte kann die Bedeutung der Selbstbewegung kaum hoch genug eingeschätzt werden, weil sie nach diesem bildungstheoretischen Verständnis allen individuellen Bildungsleistungen konstitutiv zugrunde liegt. „Da auf der Bewegung der fundamentale Weltbezug des Subjekts gründet, der sich in primären Ordnungen natürlicher Symbolik niederschlägt, kann in der Bewegung die Urform der Synthesis gesehen werden, die dem Bewußtsein sowohl einen Begriff der Welt als auch vom eigenen Ich symbolisch vermittelt“ (Scherer & Bietz, 2000, S. 146). An anderer Stelle formulieren Scherer und Bietz dazu in Abgrenzung zum erziehenden Sportunterricht: „Auch in diesem Strukturverständnis von Bildung zeigt sich ein bedeutsamer Unterschied zu dem in der Sportpädagogik einflussreichen Konzept des Erziehenden Sportunterrichts. Bewegung ist hier nämlich nicht das Medium für die Inszenierung transitiver Bildungsprozesse, wie sie im Doppelauftrag mit der Orientierung an pädagogischen Perspektiven angezielt werden. Bewegung ist vielmehr der Modus von Bildung und damit die Grundlage reflexiver Bildung“ (Scherer & Bietz, 2013, S. 48). Wird die Bewegungsfähigkeit in diesem Sinne als modale Bedingung der Möglichkeit von Bildung verstanden und ist Bewegung „insofern nicht nur Mittel der Gestaltung und des Ausdrucks, sondern auch Mittel der Erkenntnis“ (Bietz, 2005, S. 95), dann drängt sich vor dem Hintergrund der hier entwickelten Argumentationsfigur die Frage nach dem Umkehrschluss auf, nämlich was diese bildungstheoretischen Annahmen für Menschen bedeuten, die zu einer möglichst autonomen Selbstbewegung aufgrund körperlich-motorischer Behinderungen eingeschränkt oder ggf. gar nicht in der Lage sind. Insbesondere Menschen mit sog. schwerer Behinderung sind durch solche bildungstheoretischen Modellierungen ggf. von Exklusion betroffen oder werden zumindest dadurch bedroht. Dass Menschen mit schwerer bzw. mehrfacher Behinderung unhinterfragt bildungsfähig sind und dass auch für diese Personen in der Behindertenpädagogik Konzepte des aktiven und bewegten Lernens existieren - wie es beispielsweise in Lilli Nielsens Konzept des aktiven Lernens zum Tragen kommt (Nielsen, 1992, 1993, 1995) -, darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass diese Menschen nicht nur in den bildungstheoretischen Diskursen der Sportpädagogik nicht mitgedacht werden und deshalb sowohl theoretisch als auch praktisch von Exklusion bedroht sind (Giese & Ruin, 2018). In ähnlicher Diktion weisen auch Jennessen, Kuhn und Wagner (2018) im Hinblick auf Menschen mit schwerer Behinderung darauf hin, dass „die These, dass bestimmte Gruppen von Menschen in dieser Diskussion vergessen, ausgeklammert oder vernachlässigt würden“ (ebd., S. 43), das Selbstverständnis einer modernen Pädagogik als Ganzes infrage stelle und die Frage nach der Teilhabe dieser Menschen in inklusiven Schulsettings „vor dem Hintergrund der Frage nach dem Rest fortgesetzt begründungs- und verständigungsbedürftig“ (ebd.) erscheint. Die ableismuskritischen Analysen zum Ausgrenzungspotenzial bildungstheoretischer Grundannahmen zeigen, dass die besonderen VHN plus 9 MARTIN GIESE Autonome Selbstbewegung als Grundlage leiborientierter Bildungsprozesse? FACH B E ITR AG Bedarfe von Menschen mit Behinderungen in der Sportpädagogik bisher nicht ausreichend in den Blick genommen wurden. In Analogie zu Kapitel 3.1 ist u. a. vor dem Hintergrund sportanthropologischer Ansätze, kompetenzorientierter Lehrplangenerationen oder fachdidaktischer Diskurse vielmehr darauf hinzuweisen, dass das neuzeitliche Menschenbild, das den Menschen über das Projekt der Vervollkommnung definiert, mit Stinkes (2008) als Paradiesmetapher zu verstehen ist: „Je deutlicher aber die realen Verhältnisse, in denen benachteiligte und behinderte Menschen leben, das Bild einer verstreuten Subjektivität bieten, eines zerrissenen Ich zwischen Leid, privater Isolation, öffentlicher Gängelung oder struktureller Gewalt, umso attraktiver scheinen Paradiesmetaphern der Bildung zu werden, die von einem soliden Selbst ausgehen und Autonomie und Selbstbestimmung, Normalisierung, Integration und Teilhabe versprechen. Es fällt auf, dass […] die Möglichkeiten des einzelnen Menschen überschätzt werden, sich über die Bedingungen und Verhältnisse hinwegsetzen zu können“ (ebd., S. 92). 4 (Körper-)Behindertenpädagogische Perspektiven auf das Konstrukt der autonomen Selbstbewegung Im vorausgehenden Kapitel wurde diskutiert, dass das Verdikt der autonomen Selbstbewegung vor dem Hintergrund immanenter, körperbezogener Normalitätskonstrukte in der Sportpädagogik ideologisch überhöht erscheint und unkritisch an korporale Phantasmen geknüpft wird, die von den „realen Verhältnissen des Subjekts absehen. Daran, nämlich am Projekt der Vervollkommnung, der Steigerung der Kompetenzen, der ‚Höherbildung‘, mussten Menschen (in soziokultureller und ökonomischer Benachteiligung und mit Behinderung) scheitern“ (Stinkes, 2008, S. 87). Vor dem Hintergrund dieser kritischen Bestandsaufnahme geht es im Sinne der interdisziplinären Anlage dieses Beitrags nun darum, wie bildungstheoretische Fragen zum Zusammenhang von Bildung, Autonomie und Bewegung in der Körperbehindertenpädagogik diskutiert werden, um der Frage nachzugehen, ob sich daraus bildungstheoretische und bildungsdidaktische Erkenntnisse für die Präzisierung einer inklusiven Fachdidaktik Sport gewinnen lassen 8 . So ist zunächst darauf zu verweisen, dass im Kontext der Körperbehindertenpädagogik nicht nur sportlich normierte bzw. in einem weiteren Sinne sportliche Tätigkeiten wie beispielsweise Gartenarbeit oder Treppensteigen in den Blick geraten. In der Körperbehindertenpädagogik sind auch Bewegungen wie das Kauen, das Schlucken, Kehlkopfbewegungen zur Lautäußerung oder auch - zumindest nach sportlich normierten Maßstäben - rudimentäre Kopfbewegungen explizit in den Blick zu nehmen, die in der Körperbehindertenpädagogik in ihrer ästhetischen Dimension u. a. von Fornefeld (2001, S. 136) als interpersonale Verstehensprozesse vor anderen modelliert werden. Vor diesem Hintergrund erscheint die einflussreiche sportpädagogische Unterscheidung zwischen alltäglichen, funktionellen und eben dadurch nicht-sportlichen Bewegungshandlungen auf der einen Seite sowie kulturellen und ästhetischen sportlichen Bewegungshandlungen auf der anderen Seite (Prohl & Scheid, 2012, S. 25) als ein zu grobes Raster, weil das Imperfekte in dieser Modellierung ignoriert wird. Problematisch erscheint dabei insbesondere, dass die sportpädagogische Theoriebildung primär sportlich-ästhetischen Bewegungshandlungen ein Bildungspotenzial zuspricht. Ob der Umkehrschluss dazu ist, dass Bewegungen mit eingeschränkter oder ohne autotelische und ästhetische Qualität im Sinne klassischer sport- und bewegungskultureller VHN plus 10 MARTIN GIESE Autonome Selbstbewegung als Grundlage leiborientierter Bildungsprozesse? FACH B E ITR AG Deutungsmuster kein Bildungspotenzial innewohnt, bleibt in den sportpädagogischen Diskursen ungeklärt, weil die Frage, was eine körperliche Behinderung für die sportpädagogische Theoriebildung bedeutet, im Geiste eines unhinterfragten Kalokagathia-Ideals bisher ausgeklammert blieb (Giese, 2016 b) 9 . In ableistischer Diktion lässt sich jedoch vermuten, dass der bildungstheoretischen Annahme, Bildungspotenziale primär sportlich-ästhetischen Bewegungshandlungen zuzusprechen, eine bedenkliche bzw. hierarchische Zuschreibung von (Bewegungs-)Fähigkeiten zugrunde liegt und beispielsweise Menschen mit Körperbehinderungen damit unausgesprochen zentrale ästhetische Bildungspotenziale zumindest potenziell bzw. partiell stillschweigend abgesprochen werden und Exklusion damit auf der Ebene der Theorie praktiziert wird. Besonders problematisch im Sinne einer illegitimen Zuschreibung von Fähigkeiten erscheint die sportpädagogische Annahme, dass das Bildungspotenzial der Bewegung mit dem Grad an Normierung einer intendierten Zielbewegung zunehme. Ungerechtfertigt erscheinen solche Grundannahmen auch dann, wenn das Bildungspotenzial des Individuums unausgesprochen abhängig von dessen Bewegungsfähigkeit gemacht wird und ihm der Zugang zum Bildungssystem aus solchen Gründen erschwert oder verwehrt wird, wie es von Giese und Sauerbier (2018) aus einer autoethnographischen Perspektive beschrieben wurde. Zum körperbehindertenpädagogischen Selbstverständnis gehört in diesem thematischen Kontext, dass auch hier körperliche Bewegung als Grundlage individueller Bildung zu verstehen ist, dabei aber jedes Individuum als bewegungsfähig und jede Bewegungsäußerung als potenziell bildungswirksam betrachtet wird. Der Körper wird dabei sozialtheoretisch als ein leibliches Zur-Welt-Sein vor andern verstanden (Brinkmann, 2018). „Somit entwickelt der Körper im Spiegel der andern sein identitätsstiftendes Potenzial. Der Körper - und zwar jeder Körper und somit auch der differente Körper - steht für das Verhältnis des Individuums zu sich selbst und zu den anderen“ (Jennessen, 2016, S. 50). Ein Ansatz in der Arbeit mit Menschen mit schweren, mehrfachen bzw. komplexen Körperbehinderungen geht in diesem Sinne auf den Active Learning Approach (ALA) zurück, der insbesondere von Lilli Nielsen (2001) in den letzten 45 Jahren kontinuierlich entwickelt wurde. In der deutschen Übersetzung des Aktiven Lernens wird bereits deutlich, dass auch hier Selbstbewegung - allerdings nicht im sportpädagogischen Verständnis ästhetischer Bewegungshandlungen - als Ausgangspunkt dieser pädagogischen Bildungskonzeption fungiert. Vielmehr geht es darum, auch bei Schülerinnen und Schülern mit schwerer Behinderung, die ggf. kaum zu autoteleologischen Bewegungshandlungen in der Lage sind, Spielräume zu eröffnen, spontan und aus eigener Initiative zu lernen (Nielsen, 2001, S. 235). Ziel ist, Lernarrangements zu schaffen, in denen alle Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit haben, auf Basis ihrer eigenen Aktivität zu lernen: „Die Philosophie des Ansatzes des Aktiven Lernens ist, dass jedes Kind, dem ausreichend Möglichkeiten geboten werden, aktiv Dinge zu erforschen und zu untersuchen, in der Lage ist, Fertigkeiten zu erlernen, die Teil seiner Persönlichkeit werden und so ganz selbstverständlich in der Interaktion mit anderen und zur Erfüllung der eigenen Bedürfnisse eingesetzt werden. Dies ermöglicht ihm, auf Anweisungen angemessen zu reagieren und eine möglichst große Selbstständigkeit zu erlangen“ (ebd., S. 242f.). Da solche Fördermaßnahmen in der Sportpädagogik evtl. wenig bekannt sind, sollen als Beispiele der Little Room und der sog. HOPSA- Dress (Hold-up for Standing Activities-Dress) illustriert werden (vgl. Abb. 1) 10 . VHN plus 11 MARTIN GIESE Autonome Selbstbewegung als Grundlage leiborientierter Bildungsprozesse? FACH B E ITR AG Der Little Room ist primär für blinde, geistig und körperlich mehrfachbehinderte Säuglinge und (Klein-)Kinder konzipiert, die im Little Room die Möglichkeit haben, möglichst selbstständig konzentriert Raumerfahrungen zu machen und Selbstwirksamkeit zu erleben. Der HOPSA-Dress unterstützt ältere Kinder und Jugendliche, die sich nicht selbstständig aufrecht fortbewegen können, indem er ihnen die Möglichkeit gibt, sich aufrecht zu bewegen. Im Hinblick auf schwerbehinderte Menschen mit ggf. massiven (pränatalen) Hirnschädigungen und korrespondierenden körperlichen und sensorischen Behinderungen ist an dieser Stelle auch auf das Konzept der Basalen Stimulation hinzuweisen. Die Basale Stimulation entwickelte sich etwa ab Mitte der 1970er Jahre vor dem Hintergrund der Erkenntnis, „dass bestimmte Dinge einfach nicht über pädagogische Motivation, didaktische Aufbereitung und dergleichen zu lösen sind, sondern dass die bisherige Pädagogik einfach an den Gegebenheiten des Menschen und seiner Behinderung scheitern muss“ (Fröhlich, 2001, S. 155) und dass betroffene Menschen deshalb weithin als bildungsunfähig betrachtet wurden, was insbesondere durch die allgemeine Pädagogik befördert bzw. verursacht wurde. „Und sie [die Pädagogik, MG] war schnell dabei, die Voraussetzungen zur Bildungsfähigkeit zu definieren: Man musste die Sprache beherrschen, man musste mit anderen Menschen kommunizieren können, man musste sich in einer Gruppe ansprechen lassen können, man musste Symbolverständnis entwickeln und man musste vor allem auch motiviert sein, sich den Anstrengungen des Lernens in diesem System zu unterziehen. Wer dies nicht konnte, galt als bildungsunfähig, zumindest aber als unfähig, eine Schule zu besuchen“ (ebd., S. 145). Vor diesem Hintergrund ist auch die Begrifflichkeit der Basalen Stimulation zu verstehen, indem es darum geht, eine möglichst voraussetzungslose Basis zu schaffen, die erst den Abb. 1 Little Room und HOPSA-Dress nach Lilli Nielsen (aus: Held & Lux, 2014, S. 80) VHN plus 12 MARTIN GIESE Autonome Selbstbewegung als Grundlage leiborientierter Bildungsprozesse? FACH B E ITR AG Zugang für eine pädagogische Stimulation bildet. In diesem Sinne geht es nach Fröhlich (2001) darum, Spiel- und Anregungsmaterialien oder Sitz-, Steh- und Inkontinenzhilfen zu entwickeln. Auch wenn das Konzept der Basalen Stimulation - ebenso wie der Ansatz des Aktiven Lernens - seit nunmehr 40 Jahren fester Bestandteil der Körperbehindertenpädagogik ist und ständigen Erweiterungen unterliegt, ist bis heute unverändert, dass der Ansatz seinen Ausgangspunkt bei der Bewegungsfähigkeit und der Körperlichkeit des Menschen hat: „Der Körper ist die Existenzform des Menschen in dieser Welt. So lange er lebt, haben wir Zugang zu diesem Körper, so lange er lebt, begegnet der Mensch uns in seinem Körper. Berührung, Nähe sind die zentralen Medien der Begegnung und diese können wir mit jedem Menschen realisieren, unabhängig von seiner gerade aktuellen Intelligenz, Wachheit und symbolischen Kommunikationsfähigkeit“ (ebd., S. 156). So macht gerade dieses letzte Zitat deutlich, dass es auch in diesem Ansatz - im Kontext schwerer körperlicher Mehrfachbehinderung - explizit darum geht, vertrauensvoll zwischenmenschliche Bewegung zu initiieren und dass jeder Bildungsprozess seinen Ursprung in der Bewegungsfähigkeit findet, die im Kontext der Basalen Stimulation möglichst voraussetzungslos im Modus der Berührung und der Nähe modelliert wird. Das Bildungspotenzial der Bewegung an Akte eines ästhetischen Bewegungshandelns oder an genormte Bewegungsformen zu knüpfen, reicht offensichtlich nicht aus, um es angemessen zu erfassen. Vor dem Hintergrund der beiden referierten körperbehindertenpädagogischen Ansätze bleibt zu resümieren, dass das Bildungspotenzial bzw. der Bildungsprozess auch bzw. gerade in der Körperbehindertenpädagogik explizit an die körperlich vermittelte Bewegungsfähigkeit des Individuums gebunden wird und dabei explizit auch der „differente Körper“ adressiert ist. In diesem Sinne wird auf die Zuschreibungen neoliberaler Fähigkeitsimperative weitestgehend verzichtet, wie es in der Sportpädagogik bisweilen der Fall ist, wenn das Bildungspotenzial an die Normierung bzw. das Formungspotenzial der Zielbewegung oder an kulturell-ästhetische Bewegungshandlungen geknüpft wird. Für die sportpädagogische Theoriebildung bedeutet dies, dass sie im Zuge einer prosperierenden Inklusionsthematisierung dazu aufgerufen ist, ihren Blickwinkel auf Menschen mit komplexen körperlichen Behinderungen zu erweitern, um diese nicht länger aufgrund zweifelhafter Zuschreibungen von Fähigkeiten potenziell zu exkludieren bzw. zu diskriminieren. Der Blick in die Körperbehindertenpädagogik kann dabei insofern hilfreich sein, weil er auch der Sportpädagogik die bildungstheoretische Notwendigkeit aufzeigt, den Begriff der Bewegungshandlung weiter und gleichzeitig differenzierter zu fassen, als es in der sportpädagogischen Theoriebildung und korrespondierenden fachdidaktischen Konzeptionen bisher der Fall ist. Der kritische Blick in die Körperbehindertenpädagogik zeigt allerdings auch, dass körpersoziologische Analysen im Hinblick auf den differenten Körper dort bisher wenig Tradition haben. So fordert Jennessen (2016, S. 51) im Sinne eines Forschungsdesiderats, dass „die Körperbehindertenpädagogik die diskursiven Zuschreibungen des Merkmals ‚Differenter Körper‘ beleuchten [sollte], um so neben der leiblichen Erfahrung auch die Subjektivierungsprozesse im Kontext eines abweichenden Körpers zu erfassen und zu verstehen“. Eine körpersoziologische Analyseperspektive, die hinterfragt, was eine differente Körperlichkeit für die Konstitution gesellschaftlicher Macht- und Herrschaftsstrukturen bedeuten kann, wäre hilfreich, um auch körperbehin- VHN plus 13 MARTIN GIESE Autonome Selbstbewegung als Grundlage leiborientierter Bildungsprozesse? FACH B E ITR AG derten-pädagogische Praktiken ableismuskritisch zu hinterfragen. So wäre beispielsweise, was hier abschließend allerdings nur angedeutet werden kann, im Hinblick auf den sog. HOPSA-Dress zu fragen, welche Macht- und Herrschaftsstrukturen sich durch sein An- und Ablegen manifestieren und welche unhinterfragten gesellschaftlichen Körpernormen sich in der Orientierung am aufrechten Stand ventilieren. 5 Fazit und Forschungsdesiderate Zusammenfassend bleibt zu betonen, dass es in diesem Beitrag nicht darum geht, das kultur-anthropologisch und erziehungswissenschaftlich gut begründete bildungstheoretische Konstrukt der autonomen Selbstbewegung grundsätzlich in Abrede zu stellen oder gar zu negieren. Im Sinne einer Bewusstseinsbildung (awareness-raising) im Hinblick auf die Bedarfe von Menschen mit Behinderungen im Kontext von Bewegung, Sport und Spiel soll vielmehr dafür sensibilisiert werden, dass sich in der fachimmanenten Deklination dieses bildungstheoretischen Konstrukts illegitime Fähigkeitszuschreibungen clandestin ventilieren. Folgen wir Sloterdijks Einschätzung, dass bereits „die philosophische Anthropologie des 20. Jahrhunderts […] die Beiträge der Behindertenpädagogik ignoriert“ (Sloterdijk, 2009, S. 95) hat, so gilt diese Kritik auch in Bezug auf die philosophische Sportanthropologie, die sportpädagogische Theoriebildung sowie die Fachdidaktik Sport, weil das Imperfekte in der Tradition eines antiken Kalokagathie-Ideals bisher systematisch ignoriert wird. Die Rezeption der körperbehindertenpädagogisch orientierten Ansätze macht dafür sensibel, dass es in der sportpädagogischen Theoriebildung zukünftig stärker als bisher darum gehen muss, den fachimmanenten Blick auf differente Körper zu erweitern, was einer Erweiterung des sportpädagogischen Begriffs der Bewegungshandlung bedarf. Geht es abschließend um die Formulierung von Forschungsdesideraten, erscheint eine stärker diversitätssensible und inklusive Sportpädagogik möglich, wenn sich fachdidaktische Ausdeutungen der autonomen Selbstbewegung stärker auf funktionale bzw. strukturelle Aspekte fokussieren und auf problematische Zuschreibungen von überhöhten Fähigkeiten weitestgehend verzichten, wie es beispielsweise in der Körperbehindertenpädagogik üblich ist. In der allgemeinen Erziehungswissenschaft plädiert Zirfas dafür, dass es durchaus „pädagogisch und moralisch sinnvoll sein kann, von pädagogisch-anthropologischen Erkenntnissen auszugehen, ohne dass dies zu einer Sonderanthropologie von Menschen mit Behinderungen führen muss“ (Zirfas, 2012, S. 75). Er schlägt vor, dass „an drei humanen Bestimmungen festgehalten werden [solle], die wohl von allen neueren Ansätzen Pädagogischer Anthropologie mitgetragen werden können: an der Negativität und Offenheit der anthropologischen Bestimmung, an der Bildungs- und Erziehungsnotwendigkeit und an der Bildungs- und Entwicklungsmöglichkeit“ (ebd., S. 78). Anerkennen wir Offenheit, Bildungsfähigkeit und Erziehungsnotwendigkeit als Grundlagen einer inklusiven Pädagogischen Sportanthropologie, dann impliziert das auch „immer die moralischen Aspekte der Autonomie“ (ebd., S. 80). Damit sind allerdings gerade keine kognitivistischen Autonomieleistungen gemeint: „Mit Selbstbestimmung soll hier nicht eine an komplexe kognitive Strukturen und Prozesse gebundene Autonomie verstanden werden, sind hiermit doch oftmals sehr umfangreiche Rationalitäts- und Reflexivitätsansprüche verbunden, die von vielen Menschen kaum eingelöst werden können. Selbstbestimmung zielt, anthropologisch betrachtet, darauf anzuerkennen, dass Menschen ihr Leben in einer spezifischen Weise verstehen, bewerten sowie praktizieren können und wollen“ (ebd.). VHN plus 14 MARTIN GIESE Autonome Selbstbewegung als Grundlage leiborientierter Bildungsprozesse? FACH B E ITR AG Im Sinne eines Forschungsdesiderats bleibt damit zu formulieren, dass es darum geht, wie und ob eine funktionale bzw. strukturelle Ausdeutung sportpädagogischer und körperbehindertenpädagogischer Bildungsnarrative erfolgen kann, die auf eine ideologisch überhöhte Überschätzung der Möglichkeiten der Menschen verzichtet und immanente Körpernormativa nicht zur heimlichen Messlatte des Menschlichen macht. Anmerkungen 1 Zu bedenken wäre auch, ob der bildungspolitische Inklusionsauftrag insbesondere die Sportpädagogik in möglicherweise unauflösbare, weil strukturelle Paradoxien verstrickt, wenn eine Pädagogik, die sich über Sport und Bewegung definiert, auch tatsächlich alle Menschen mit Behinderungen mitdenken möchte, auch dann, wenn diese unter Umständen nur eingeschränkt zu autonomen zielgerichteten Bewegungen bzw. zu sportlichen Leistungen in der Lage sind. 2 Zudem ist kritisch zu konstatieren, dass die deutschsprachige Debatte bisher kaum Anschluss an die internationalen Diskurse finden konnte (Reich, 2016, S. 18), was explizit auch im Kontext der Sportpädagogik zu bilanzieren ist (Block, Giese & Ruin, 2017; Giese, Kiuppis & Baumert, 2016) 3 Autoethnographische Beispiele, wie solche Körper-Dispositive Exklusion erzeugen, finden sich beispielsweise bei Giese und Sauerbier (2018). 4 Im Kontext ableistischer Diskurse verwendet Overboe (1999, S. 24) dafür den Begriff des „fully human“ und spricht eingänglich von der „benchmark for humanity“. 5 Ausgeklammert bleibt auch die Frage, ob die These eines u. a. kognitiv überladenen Autonomiebegriffs nicht auch außerhalb der Sportpädagogik zur generellen Abwertung von leib- und körperbezogenen Bildungsprozessen führen würde. 6 In dem expliziten Bemühen, die Autonomie von Menschen mit Behinderungen zu fördern, können auch strukturelle Parallelen zwischen der Salamanca-Erklärung sowie der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen gesehen werden. Da die Autonomie auch im Kontext der Integrationsthematisierung breit diskutiert wurde, kann hier nicht auf alle Autorinnen und Autoren verwiesen werden, die sich mit dieser Frage beschäftigt haben. Stellvertretend sei auf die Arbeiten von Speck (2008, S. 125ff.) sowie - im Kontext einer Pädagogik der Vielfalt - von Prengel (2006, S. 191) verwiesen. 7 Weitere Überlegungen zur Diskussion behindertenfeindlicher anthropologischer Grundannahmen in der Sportpädagogik finden sich beispielsweise bei Giese (2016 b). 8 Die Wahl der Körperbehindertenpädagogik als behindertenpädagogische Referenzdisziplin orientiert sich an der Fokussierung auf eine - ggf. eingeschränkte - Bewegungsfähigkeit, wobei allerdings explizit keine Eins-zu-eins- Zugehörigkeit zwischen Inklusionshemmnis und Förderschwerpunkt kolportiert werden soll. Selbstverständlich wären auch andere behindertenpädagogische Bezüge denkbar, und genauso selbstverständlich sind die Grenzen zwischen den einzelnen Förderschwerpunkten (nicht nur) an ihren Rändern unscharf. So wären beispielsweise in Bezug auf die Frage nach gelegentlich durchscheinender Reflexionsfähigkeit der Schülerinnen und Schüler auch gewinnbringende Bezüge zur Lernbehindertenpädagogik oder zur Sprachheilpädagogik denkbar, was in diesem Beitrag allerdings nicht geleistet werden kann und als ergänzendes Forschungsdesiderat zu betrachten ist. 9 Ähnliche innere Widersprüche lassen sich auch an der Schnittstelle zwischen normierten Leistungserwartungen und korrespondierenden Benotungssystemen einerseits sowie dem inklusionspädagogisch legitimierten Anspruch andererseits, individualisierte Lern- und Entwicklungsangebote zu unterbreiten, vermuten (Hoffmann, 2018). 10 Weitere Beispiele zur pädagogischen Unterstützung selbstständiger und bildungswirksamer Aktivitäten von Menschen mit komplexen Behinderungen und anschauliche Möglichkeiten der praktischen Arbeit mit diesen Fördermaterialien in inklusiven Unterrichtssettings finden sich beispielsweise bei Held und Lux (2014, S. 81). 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Martin Giese Humboldt-Universität zu Berlin Institut für Rehabilitationswissenschaften Blinden- und Sehbehindertenpädagogik Georgenstraße 36 D-10117 Berlin E-Mail: martin.giese@hu-berlin.de
