eJournals Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete 88/VHN Plus

Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete
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0017-9655
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
11
2019
88VHN Plus

Fachbeitrag: Erfahrungen und Perspektiven von Frauen mit Lernschwierigkeiten im Kontext von Beschäftigung und beruflicher Teilhabe

11
2019
Marion Sigot
In diesem Beitrag werden Erfahrungen und Perspektiven von Frauen mit Lernschwierigkeiten zu Fragen im Kontext von Beschäftigung und beruflicher Teilhabe dargestellt, die in einem partizipativen Forschungsprojekt zu Selbst- und Fremdbestimmung dokumentiert wurden. Dabei wird deutlich, dass die Teilhabe an Erwerbsarbeit und Beruf eine wesentliche Basis für ein selbstbestimmtes, autonomes Leben und die Entwicklung eines positiven Selbstbildes sowie sozialer Kontakte darstellt. In sozialen Interaktionen, die damit einhergehen, wirken insbesondere wahrgenommenes Interesse, Respekt, Anerkennung und Ressourcenorientierung durch Personen aus dem sozialen Umfeld erweiternd auf Handlungsspielräume und Entwicklungsperspektiven. Frauen mit Lernschwierigkeiten beschreiben dies allerdings als seltene Erfahrung. Sie erleben sich in vielfältigen Kontexten mit negativen Zuschreibungen belegt und als nicht als gleichwertig wahrgenommene Interaktionspartnerinnen.
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1 VHN plus , 88. Jg. (2019) DOI 10.2378/ vhn2019.art16d © Ernst Reinhardt Verlag Erfahrungen und Perspektiven von Frauen mit Lernschwierigkeiten im Kontext von Beschäftigung und beruflicher Teilhabe Marion Sigot Alpen-Adria-Universität Klagenfurt Zusammenfassung: In diesem Beitrag werden Erfahrungen und Perspektiven von Frauen mit Lernschwierigkeiten zu Fragen im Kontext von Beschäftigung und beruflicher Teilhabe dargestellt, die in einem partizipativen Forschungsprojekt zu Selbst- und Fremdbestimmung dokumentiert wurden. Dabei wird deutlich, dass die Teilhabe an Erwerbsarbeit und Beruf eine wesentliche Basis für ein selbstbestimmtes, autonomes Leben und die Entwicklung eines positiven Selbstbildes sowie sozialer Kontakte darstellt. In sozialen Interaktionen, die damit einhergehen, wirken insbesondere wahrgenommenes Interesse, Respekt, Anerkennung und Ressourcenorientierung durch Personen aus dem sozialen Umfeld erweiternd auf Handlungsspielräume und Entwicklungsperspektiven. Frauen mit Lernschwierigkeiten beschreiben dies allerdings als seltene Erfahrung. Sie erleben sich in vielfältigen Kontexten mit negativen Zuschreibungen belegt und als nicht als gleichwertig wahrgenommene Interaktionspartnerinnen. Schlüsselbegriffe: Berufliche Teilhabe, Werkstätten, Frauen mit Lernschwierigkeiten, partizipative Forschung Experiences and Perspectives of Women with Learning Difficulties in the Context of Employment and Vocational Participation Summary: The present article deals with the experiences and the perspectives of women with learning difficulties on questions in the context of employment and vocational participation, which were documented in a participative research project on self-determination and heteronomy. It becomes clear that the participation in gainful employment and occupation is an essential basis for a self-determined, autonomous life and the development of a positive self-image as well as social contacts. In social interactions, perceived interest, respect, recognition and resource orientation by people from the social environment are particularly effective in widening the scope of action and development perspectives. However, women with learning difficulties describe this as a rare experience. They are faced with negative attributions and perceive themselves not as equal interaction partners. Keywords: Vocational participation, sheltered workshops, women with learning difficulties, participative research FACH B E ITR AG TH EME NSTR ANG Inklusion im Übergang von der Pflichtschule in die weitere schulische Bildung, Ausbildung oder Beschäftigung Im vorliegenden Beitrag wird spezifisch die Situation von Frauen mit Lernschwierigkeiten im Kontext von Beschäftigung und beruflicher Teilhabe, basierend auf den Ergebnissen eines partizipativen Forschungsprojektes (Sigot, 2017), in den Blick genommen. Hier wie im angesprochenen Forschungsprojekt verwende ich durchgängig die Bezeichnung „Frauen mit Lernschwierigkeiten“. Damit folge ich den Präferenzen betroffener Menschen, nicht als „Menschen mit geistiger Behinderung“ bezeichnet zu werden, da dieser Begriff von ihnen als stigmatisierend und diskriminierend wahrgenommen wird (vgl. Candussi, 2005, S. 163). VHN plus 2 MARION SIGOT Frauen mit Lernschwierigkeiten: Beschäftigung und berufliche Teilhabe FACH B E ITR AG 1 Die Teilhabe an Arbeit und Beruf und gesellschaftliche Inklusion Die Teilhabe an Erwerbsarbeit und Beruf ist ein wesentlicher Faktor im Zuge der Umsetzung umfassender gesellschaftlicher Inklusion von Menschen mit Behinderung. Mit dem durch Arbeit erzielten Einkommen wird ein selbstbestimmtes, unabhängiges Leben möglich. Darüber hinaus ergeben sich in diesem Kontext soziale Kontakte. Durch berufliche Teilhabe werden auch Bestätigung und Anerkennung möglich (vgl. Fasching, 2008, S. 44; Schreiner, 2017, S. 71). Die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-BRK, 2017) postuliert das Recht auf gesellschaftliche Inklusion, Gleichberechtigung und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen in allen Lebensbereichen und Lebensphasen. Damit verpflichtete sich Österreich wie alle anderen Vertragsstaaten dazu, „… den vollen und gleichberechtigten Genuss aller Menschenrechte und Grundfreiheiten durch alle Menschen mit Behinderungen zu fördern, zu schützen und zu gewährleisten und die Achtung der ihnen innewohnenden Würde zu fördern“ (UN-BRK, Art 1). Artikel 27 (1) UN-BRK enthält das Postulat für „das gleiche Recht von Menschen mit Behinderungen auf Arbeit“ und „das Recht auf die Möglichkeit, den Lebensunterhalt durch Arbeit zu verdienen“. Entsprechende Forderungen gehen auch aus der Menschenrechtserklärung der Vereinten Nationen hervor, wo es in Artikel 23 u. a. heißt, dass jeder das Recht auf freie Berufswahl, gerechte und befriedigende Arbeitsbedingungen, Schutz vor Arbeitslosigkeit, Recht auf gleichen Lohn für gleiche Arbeit hat. In der UN-BRK wird explizit auch auf den Zusammenhang von Benachteiligung im Kontext von Behinderung und weiblichem Geschlecht fokussiert. Frauen und Mädchen mit Behinderungen sind demnach „mehrfacher Diskriminierung ausgesetzt“ (UN- BRK, Artikel 6, Absatz 1). Die daraus abgeleitete Notwendigkeit, „Maßnahmen zur Sicherung der vollen Entfaltung, der Förderung und der Stärkung der Autonomie der Frauen“ (ebd., Abs. 2) zu ergreifen, betrifft alle Lebensbereiche und Lebensphasen und bedeutet in Anlehnung an das Modell des gender-mainstreamings, dass alle Maßnahmen daraufhin überprüft und ausgerichtet sein sollen, die Bedürfnisse von Mädchen und Frauen mit Behinderung zu berücksichtigen. Ein Blick auf aktuelle Forschungsergebnisse und die Wahrnehmung der Perspektive von Menschen mit Behinderungen, insbesondere in Selbstbestimmt-Leben-Initiativen, machen jedoch deutlich, dass die Rahmenbedingungen für berufliche Teilhabe für Menschen mit Behinderung auch heute noch eine Barriere für die angestrebte vollständige gesellschaftliche Integration/ Inklusion darstellen. Eine Analyse der Beschäftigungszahlen zeigt, dass „weniger als die Hälfte der behinderten Menschen in der Europäischen Union […] erwerbstätig sind“ (Berger, 2015, o. S.) und damit die Mehrheit kein eigenes Einkommen erwirtschaften kann. Für Menschen mit Lernschwierigkeiten ist die Situation noch problematischer. Sie sind vor allem in Werkstätten beschäftigt, von denen aus die Übergangsquote in den allgemeinen Arbeitsmarkt sehr gering ist (vgl. Schreiner, 2017, S. 66). Dies steht im Gegensatz zu den Wünschen betroffener Menschen, von denen in einer österreichischen partizipativen Forschungsarbeit 57.2 % angaben, „lieber in einem Betrieb am allgemeinen Arbeitsmarkt als in einer Werkstätte arbeiten zu wollen“ (Koenig, 2009, o. S.). Für Frauen mit Lernschwierigkeiten treffen sowohl Wünsche nach Teilhabe als auch Einschränkungen derselben in besonderem Maße zu. Dies wird auch durch die Ergebnisse des partizipativen Forschungsprojektes bestätigt, auf die ich mich in diesem Beitrag beziehe. Diese machen deutlich, dass auch Frauen mit VHN plus 3 MARION SIGOT Frauen mit Lernschwierigkeiten: Beschäftigung und berufliche Teilhabe FACH B E ITR AG Lernschwierigkeiten selbst Erwerbsarbeit als einen wesentlichen Faktor für gesellschaftliche Teilhabe einschätzen. Insbesondere ein eigenes Einkommen zu haben bringen sie mit der Möglichkeit der Führung eines selbstbestimmten, autonomen Lebens in Zusammenhang. Die Analyse ihrer Lebensbedingungen und ihre Ausführungen bestätigen aber den Befund, wonach sie in Ausbildung und Beruf benachteiligt sind (vgl. Bretländer & Schildmann, 2011, S. 41; Sigot, 2017). Der Zugang zu Erwerbsarbeit, aber auch zu familiärer Reproduktionsarbeit wird „aufgrund vielfältiger struktureller Bedingungen“ erschwert (Fasching, 2008, S. 50) oder bleibt ihnen überhaupt verschlossen (vgl. Niehaus, 2006, S. 181; Schildmann, 2004, S. 42). Dies kann zu einem „doppelten Dilemma der Identitätsfindung“ (Reiss, 2007, S. 58) führen, da in der Sozialisation zumeist die häuslichen Fähigkeiten gefördert werden, andererseits berufliche Unabhängigkeit als Ziel formuliert wird (ebd.). Indem letztlich beide Bereiche nicht offenstehen, drohen auf psychischer und ökonomischer Ebene negative Folgen, die sich unter anderem in „Identitätsproblemen“ und „Armut“ manifestieren (vgl. Schildmann, 2004, S. 42). Mit dem eingeschränkten Zugang zu Erwerbsarbeit geht in der Regel auch finanzielle Abhängigkeit einher. Durch die „Berufswahlbegrenzung aufgrund der Verschränkung der beiden Kategorien“ Behinderung und Geschlecht (Bretländer & Schildmann, 2011, S. 42) verbleiben die Frauen häufig im Einfluss- und Kontrollbereich von Personen aus ihrem sozialen Umfeld (vgl. Sigot, 2017, S. 309). 2 Die Praxis der Zuweisung in Beschäftigungstherapiewerkstätten Spezifisch für Österreich ist die weitgehende Beschränkung des Arbeitsangebots für Menschen mit Lernschwierigkeiten auf sogenannte „Beschäftigungstherapiewerkstätten“, auch „Tageswerkstätten“ oder „Werkstätten“ genannt. Voraussetzung für die Zuweisung ist ein im Rahmen einer Begutachtung festgestellter Grad von weniger als 50 % Leistungsfähigkeit. Diese Praxis der auf dieser Begutachtung beruhenden Zuweisung bildet „gegenwärtig die Grundlage für die Konstituierung der Zielgruppe der Beschäftigungstherapiewerkstätten und somit für die Separation von Menschen mit Beeinträchtigungen“ (Koenig, 2008, o. S.). Kritisch hervorzuheben ist dabei neben der Frage der sozialen Exklusion, „dass der sozialrechtliche Status der NutzerInnen von Beschäftigungstherapie-Einrichtungen […] eine Vielzahl an Diskriminierungen aufweist“ (ebd.). Es gelten weder arbeitsrechtliche Bestimmungen oder Schutzbestimmungen für Arbeitnehmende; Sozialversicherung, Pensions- oder Arbeitslosenanspruch sind nicht gegeben (ebd.). Offizielle statistische Angaben über die Anzahl der Personen in Beschäftigungswerkstätten liegen nicht vor. Koenig geht über eine eigene Befragung der zuständigen Sozialabteilungen der Österreichischen Bundesländer davon aus, „dass in Summe etwa 17.000 Menschen in derartigen Einrichtungen beschäftigt sind“ (ebd.). Als Grund für die hohen Zahlen von Menschen mit Lernschwierigkeiten in Werkstätten sind für Österreich wie für Deutschland Sonderschulbzw. Förderschulbesuch einzuschätzen, denn an deren Ende „erfolgt nahezu automatisiert ein Übergang in die Werkstätte“ (Schreiner, 2017, S. 66). Werkstätten für Menschen mit Behinderungen wird auch die Funktion zugeschrieben, den dort beschäftigten Personen eine Tagesstruktur bereitzustellen und ihnen die Möglichkeit zu bieten, sinnstiftender Arbeit nachzugehen. Diese Funktion wird auch von den in Werkstätten beschäftigten Personen grundsätzlich so wahrgenommen (Schreiner, 2017, S. 118). VHN plus 4 MARION SIGOT Frauen mit Lernschwierigkeiten: Beschäftigung und berufliche Teilhabe FACH B E ITR AG 3 Erfahrungen von Frauen mit Lernschwierigkeiten mit Beschäftigung und beruflicher Teilhabe aus einem partizipativen Forschungsprojekt In meinem Beitrag gebe ich Einblick in die Erfahrungen von Frauen mit Lernschwierigkeiten zu Fragen im Kontext von Beschäftigung und beruflicher Teilhabe, die im Zuge eines partizipativen Forschungsprojektes zu Selbst- und Fremdbestimmung dokumentiert wurden (vgl. Sigot, 2017). Ziel der Untersuchung war es, speziell die Perspektive von Frauen mit Lernschwierigkeiten im Kontext von Fremd- und Selbstbestimmung in den Fokus zu nehmen, die bislang in der Forschung kaum berücksichtigt wurde. Davor wird ein Überblick über Entwicklung, Anspruch und Anforderungen partizipativer Forschung im Allgemeinen gegeben. 3.1 Partizipative Forschung Die Perspektive von Menschen mit Behinderung auf Fragen, die ihre konkreten Lebensbedingungen betreffen, wurde in der Forschung lange Zeit weitgehend ausgeblendet. Bis gegen Ende des letzten Jahrhunderts waren Untersuchungen über die Lebensbedingungen von Menschen mit Behinderungen zum überwiegenden Teil von einem unausgewogenen Machtverhältnis zwischen Forschenden und Beforschten gekennzeichnet. Die Forscherinnen und Forscher sind ausgestattet „mit Disziplinar-, Normierungs- und Prüfungsmacht“ (Flieger, 2007, S. 21), auf der anderen Seite stehen jene, „die abweichen, die nicht entsprechen, die anders sind und deren Nützlichkeit sich darin erschließt, Objekt des Handelns anderer zu sein“ (ebd.). Mit der Entwicklung der Selbstbestimmt-Leben-Bewegungen begannen Menschen mit Behinderungen selbst Verantwortung und Kontrolle über ihr Leben einzufordern und woll(t)en ihre „Probleme selbst definieren, Lösungen selbst ausarbeiten und nie die Initiative an andere abtreten“ (vgl. Kočnik, 2005, S. 102). Dies gilt auch für den Bereich der Forschung, indem einer wichtigen Forderung aus der emanzipatorischen Behindertenbewegung „Nichts über uns ohne uns! “ Rechnung getragen werden soll (vgl. Flieger, 2007, S. 21). Mit einiger zeitlicher Verzögerung werden dementsprechende Forschungsansätze, die sich in den USA mit den „Disability Studies“ und der „Partizipatorischen Forschung“ etabliert hatten (ebd.), nun auch im deutschsprachigen Raum diskutiert und vereinzelt umgesetzt. Im Fokus der Forschung stehen dabei Fragen der Zuschreibung und Klassifikation von Behinderung (Waldschmidt, 2009, S. 124), wobei die „binäre Klassifikation von behindert/ nichtbehindert“ (Raab, 2012, S. 71) infrage gestellt wird. Weiter im Fokus stehen „Ausgrenzungs- und Diskriminierungsmechanismen“ (Waldschmidt, 2009, S. 126) und Fragen von „Differenz und die Bedeutung von Normen und Normalisierungsprozessen“ (Dederich, 2010, S. 171). Der Fokus partizipativer Forschung liegt auf der „Teilnahme, Teilhabe, Beteiligung oder Mitbestimmung“ (Prosetzky, 2009, S. 89) der von der Forschung betroffenen Personen in Forschungskontexten. Auch wenn es heute „weitgehend akzeptiert [ist], dass Betroffene selbst am besten wissen, wie es ähnlich Betroffenen geht“ (Sierck, 2012, S. 37), hat ein dementsprechender, weitreichender Perspektivenwechsel in der Forschung allerdings noch nicht stattgefunden (vgl. Hermes, 2006, S. 25). Insbesondere die Lebenserfahrungen von Menschen mit Lernschwierigkeiten, ihr „Selbstkonzept“ und ihre „subjektiven (Alltags-)Theorien“ wurden „bis vor kurzem für pädagogisch irrelevant gehalten“ (Lindmeier, 2013, S. 11f.), deren „persönliche Erfahrungen unterbewertet“ (Johnstone, 2000, S. 265). Die Perspektive der „Forscher und Praktiker“ (Falch, 2000, S. 396) wurde als jene der Experten wahrgenommen. VHN plus 5 MARION SIGOT Frauen mit Lernschwierigkeiten: Beschäftigung und berufliche Teilhabe FACH B E ITR AG Massiv gestärkt werden die Forderungen nach der Umsetzung von partizipativen Forschungsprojekten durch die Grundsätze der UN-Konvention für Menschen mit Behinderungen (vgl. Flieger & Schönwiese, 2011, S. 27f.), die u. a. volle Teilhabe an der Gesellschaft, die Einbeziehung von Menschen mit Behinderungen in die Gesellschaft, die Achtung der Würde, Nichtdiskriminierung, Chancengleichheit und Zugänglichkeit postuliert. Trotz des Rückhalts durch die UN-Konvention kämpfen partizipative Forschungsansätze aber mit Legitimationsproblemen, da sie mit Emanzipation und Teilhabe Zielsetzungen verfolgen, die im Wissenschaftssystem üblicherweise keine (wesentliche) Rolle spielen (vgl. Waldschmidt, 2009, S. 129). Zudem bleiben die Ergebnisse der Forschung in der Regel auch „in der Verfügungsmacht der Forschenden“ (Wrentschur, 2011, S. 138). Als Ursache für die genannten Barrieren wird auch die „Abgrenzungs- und Konkurrenzkultur“ (Flieger & Schönwiese, 2011, S. 31) an Universitäten gesehen. Bei der Umsetzung partizipativer Forschung gilt es, Beziehungsaspekte, organisatorische Rahmenbedingungen und die konkrete Gestaltung inhaltlicher Abläufe zu berücksichtigen und laufend im Forschungsprozess zu reflektieren. So ist ein verändertes Rollenverständnis, das von der Intention getragen ist, einen Machtausgleich zwischen Menschen mit und ohne Behinderungen anzustreben, mit dem Erfordernis für Forschende verbunden, „die eigene Position, die Beziehungen zum Forschungsfeld und möglicherweise damit verbundene Machtgefüge“ (Finnern & Thim, 2013, S. 165) zu erkennen und zu reflektieren. Aufseiten der Forschenden mit akademischem Hintergrund sind Gegenstand solcher „selbst-reflexive[n] Elemente“ insbesondere „Gegenübertragungsphänomene“, die aus deren persönlichen und beruflichen Erfahrungen resultieren (vgl. Flieger & Schönwiese, 2011, S. 32). Forschende ohne akademischen Hintergrund wiederum müssen darin gestärkt werden, sich selbst als Expertinnen oder Experten wahrnehmen und einbringen zu können. Dies ist insbesondere für Menschen mit Lernschwierigkeiten vor dem Hintergrund von Sozialisationserfahrungen, in denen ihnen dies oft nicht zugestanden wurde, mit vielfältigen Herausforderungen verbunden. Hier gilt es, im Forschungsprozess Raum dafür zu schaffen, „das Eigene zum Sprechen“ (Anhorn & Stehr, 2012, S. 71) zu bringen. Im Verlauf des gemeinsamen Arbeitsprozesses müssen auch Rollenverständnisse immer wieder reflektiert und ausgehandelt werden, damit einhergehende Veränderungen traditioneller Rollenzuschreibungen auch emanzipatorisch wirken können (vgl. Koenig, Buchner, Kremsner & Eichinger, 2010, S. 186ff.). Zentraler Teil partizipativer Forschung ist es, gemeinsam Ziele zu definieren und darauf abgestimmt das methodische Vorgehen abzuklären. Die Themenstellungen sollen „für die Akteure in den Lebenswelten und in der Praxis eine Relevanz besitzen“ (v. Unger, 2014, S. 53). Wie bereits für die Teilhabe am Arbeitsmarkt festgestellt, sind Menschen mit Lernschwierigkeiten weitgehend „nach wie vor von den Zugangsbedingungen und Kommunikationsvoraussetzungen der Forschungsproduktion innerhalb der ‚sozialen Systeme‘ Universität und Wissenschaft ausgeschlossen“ (Koenig et al., 2010, S. 181). Im Kontext wissenschaftlicher Forschung scheint es besonders schwer vorstellbar zu sein, sie als Expertinnen und Experten wahrzunehmen, die „nicht nur in der Lage sind, ihre Sichtweisen und Bedürfnisse zu artikulieren, sondern auch Lösungsansätze zu entwickeln […]“ (v. Unger, 2014, S. 57). Besondere Herausforderungen ergeben sich durch die Verwendung nicht verständlicher, akademischer, sogenannter „schwerer“ Sprache, die für Menschen mit Lernschwierigkeiten eine Barriere für Partizipation in Forschungskontexten darstellt. Es ist daher im Kontext partizipativer Forschung erforderlich, „theoretisch- VHN plus 6 MARION SIGOT Frauen mit Lernschwierigkeiten: Beschäftigung und berufliche Teilhabe FACH B E ITR AG abstrakte und wissenschaftliche Inhalte in einfacher, allgemein verständlicher Weise zu präsentieren“ (vgl. Flieger, 2007, S. 34). Dies bedeutet im Sinne der in der UN-Konvention geforderten Barrierefreiheit auch die Verwendung barrierefreier, anschaulicher Materialien im Forschungsprozess, d. h. etwa Texte in sogenannte „leichte Sprache“ zu übersetzen und Bildmaterial zur Unterstützung zu verwenden. Weiter ist es erforderlich, den beteiligten Personen ausreichend Zeit zur Verfügung zu stellen, „sich in Thema, Inhalt und Sprache zu orientieren“ (vgl. Flieger, 2007, S. 40). Die Umsetzung partizipativer Forschung in Österreich erfolgt unter den angeführten Rahmenbedingungen wie etwa den Barrieren im Wissenschaftsbetrieb sowie Herausforderungen in der Wissenschaftspraxis. Besonders bedeutsam sind u. a. das partizipative Forschungsprojekt „Das Bildnis eines behinderten Mannes“ (Flieger & Schönwiese, 2007) und partizipative Forschung mit Fragestellungen im Kontext von Werkstätten für Menschen mit Behinderungen und beruflicher Teilhabe (Koenig, 2008, 2009) sowie aus der Erwachsenenbildung und Basisbildung (Berndl et al., 2018). 3.2 Perspektiven auf Beschäftigung und berufliche Teilhabe aus dem partizipativen Forschungsprojekt „Frauen mit Lernschwierigkeiten zwischen Selbst- und Fremdbestimmung“ Die konkrete Partizipation in diesem Forschungsprojekt erfolgte auf zwei Ebenen: Einerseits indem vier Frauen mit Lernschwierigkeiten in die Planungs-, Erhebungs- und Auswertungsphase eines qualitativen Forschungsprojektes mit einbezogen wurden. Im hier beschriebenen Forschungsprojekt erfolgte die Teilhabe über eine sogenannte Referenzgruppe aus vier Frauen mit Lernschwierigkeiten, deren Lebenssituationen von unterschiedlichen aktuellen Rahmenbedingungen des Wohnens und Arbeitens geprägt waren, bei denen aber davon ausgegangen werden konnte, dass sie in ihrer Sozialisation ähnliche Erfahrungen gemacht haben 1 . Die zentrale Funktion der Referenzgruppe in der Mitgestaltung und Begleitung des Forschungsprozesses besteht darin, dass ihre Perspektive über sogenannte „konjunktive Erfahrungsräume“, d. h. Erfahrungen, die deren Mitglieder miteinander und mit der Zielgruppe der Forschung teilen, ohne mit diesen real in gemeinsamen Lebenszusammenhängen zu stehen (vgl. Przyborski, 2004, S. 29), auf verschiedenen Ebenen in den Forschungskontext integriert werden kann. Durch den Einbezug der Referenzgruppe konnte somit die Sichtweise von Frauen, die selbst „in ihrer Sozialisation die Erfahrung des Behindert-Werdens gemacht“ (Flieger, 2007, S. 22) haben, zu Inhalten, Methoden und Ergebnissen der Forschung berücksichtigt werden. Bei der Größe der Referenzgruppe wurden zwei zentrale Faktoren berücksichtigt: Einerseits sollten unterschiedliche Lebenshintergründe berücksichtigt werden, andererseits sollte die Größe der Gruppe deren kontinuierliche Arbeit ermöglichen. Es wurden sieben je dreistündige Sitzungen mit den Frauen der Referenzgruppe durchgeführt, in denen an Fragen im Zusammenhang mit der Planung, der Umsetzung und der Auswertung gearbeitet wurde, wobei ein unterschiedlich starker Einbezug der Gruppe erfolgte. Grundsätzlich gab es jedoch prinzipielle Offenheit hinsichtlich der konkreten Art der Beteiligung, was als förderlich für partizipative Projekte eingeschätzt wird (vgl. Flieger, 2007, S. 39f.). Keine konkrete Beteiligung der Referenzgruppe erfolgte nach Absprache mit den Frauen bei der Datenerhebung. Dies erschien ihnen wegen mangelnder zeitlicher Ressourcen nicht realisierbar. In der Erhebungsphase wurden aber bereits erste Erfahrungen aus Interviews mit Frauen mit Lernschwierigkeiten von den Frauen der Referenzgruppe reflektiert. Alle Sitzungen mit der Referenzgruppe wur- VHN plus 7 MARION SIGOT Frauen mit Lernschwierigkeiten: Beschäftigung und berufliche Teilhabe FACH B E ITR AG den inhaltlich strukturiert und methodisch vor- und im Anschluss daran auch nachbereitet. Dabei wurde auf die Verwendung barrierefreier, sogenannter „leichter Sprache“ geachtet. Die konkrete Art der Partizipation ist detailliert in Tabelle 1 ersichtlich. Nr. Inhalt Ergebnis Stellenwert/ Umsetzung/ Dokumentation 1 Organisatorische Fragen. Diskussion des Begriffes Selbstbestimmung durch Referenzgruppe (RG). Diskussion des Stellenwertes von Fragen der Selbstbestimmung für Frauen mit Lernschwierigkeiten (LS). Klärung von Zielen, Terminen, Rahmenbedingungen, Rollen. Einschätzung von Definitionen und eigene Definitionen der RG. Einschätzung von hoher Relevanz des Themas und Sammlung relevanter Fragen. Wissen, Transparenz. Entwurf einer Auflistung spezifischer Fragen und Themen, die von der RG als relevant für Selbstbestimmung erachtet werden. Planung und Reflexion: Inhalte und Methode 2 Präsentation und Reflexion der Auflistung aus der 1. Sitzung. Erhebungsmethode, Zielgruppe, konkrete Gestaltung. Einarbeitung von Anmerkungen und Ergänzungen und Fertigstellung der Auflistung. Präferenz von Einzelinterviews ausschließlich mit Frauen mit LS. Betonung hoher Relevanz von Anschaulichkeit und angemessener Zeit im Kontext mit den Interviews. Überarbeitete Version der Auflistung. Berücksichtigung bei der Auswahl der Stichprobe. Integration der Vignettenmethode in die Interviews. 3 Diskussion ausgewählter Fragen zu Selbst- und Fremdbestimmung. Rückmeldung und Diskussion zu ersten Interviewerfahrungen. Diskussion Vignetten allgemein u. einer Vignettenbeschreibung. Präzisierung der angesprochenen Fragen. Anregungen für idealen Gesprächseinstieg. Interpretation der Ausführungen der Interviewpartnerin durch die RG Abschließende Auflistung spezifischer Fragen und Themen, die von der RG als relevant für Selbstbestimmung erachtet werden; Resümee zentraler Aspekte in der Arbeit. Berücksichtigung im Rahmen der Erhebungen und der Auswertung. Auswertung 4 Diskussion einer Interviewpassage und einer Vignettenbeschreibung. Interpretation der Ausführungen der Interviewpartnerin durch die RG. Berücksichtigung im Rahmen der Auswertung. 5 Diskussion von drei Interviewpassagen und einer Vignettenbeschreibung. Interpretation der Ausführungen der Interviewpartnerin durch die RG. Berücksichtigung im Rahmen der Auswertung. 6 Diskussion von Zwischenergebnissen der Auswertung. Interpretation von Zwischenergebnissen durch RG. Berücksichtigung im Rahmen der Auswertung. Abschluss 7 Diskussion zentraler Ergebnisse der Auswertung. Klärung von Fragen im Zusammenhang mit der Veröffentlichung. Reflexion Forschungsprozess. Einschätzung der Typenbildung und soziogenetischer Faktoren. Einarbeitung der Beiträge der Referenzgruppe, Anonymisierung etc. Zwei Unterkapitel in der Habilitationsschrift. Art der Anführung von Personen, Inhalten; Belegen in der Arbeit Tab. 1 Inhalte und Ergebnisse der sieben Referenzgruppensitzungen (Sigot, 2017, S. 55f.) VHN plus 8 MARION SIGOT Frauen mit Lernschwierigkeiten: Beschäftigung und berufliche Teilhabe FACH B E ITR AG Die Referenzgruppe fungierte vor allem in der Planungsphase als Beraterin in inhaltlichen und methodischen Fragen. Die Diskussionen und Reflexionen, die in und mit der Gruppe geleistet wurden, bestimmten den Forschungsverlauf von Beginn an entscheidend mit, indem zunächst konkrete Fragen bzw. Bereiche identifiziert wurden, die aus der Perspektive der Frauen aus der Referenzgruppe wesentlich als Fremd- und Selbstbestimmung eingeschätzt wurden. Diese Fragen wurden als Orientierungsrichtlinien mit in den Erhebungs- und auch in den Auswertungsprozess genommen. Zudem gab die Einschätzung der Frauen aus Nummer/ Pseudonym 1 Alter Wohnform/ lebt bei/ in Arbeit/ Beschäftigung Materieller Status 1 Natalie 32 Mutter Keine Arbeit, keine Beschäftigung Kein Lohn, Taschengeld (TG) von Mutter 2 Verena 25 Institution Werkstatt TG-W (Taschengeld Werkstatt) 3 Brigitte 31 Vater Werkstatt TG-W 4 Doris 22 Eltern Werkstatt TG-W 5 Isolde 21 Eltern Werkstatt TG-W 6 Marlene 18 Mutter Werkstatt TG-W 7 Eva 27 WG selbstständig mit Unterstützung Arbeit Lohn 8 Alina 21 Eltern Keine Arbeit, keine Beschäftigung Kein Lohn, TG Eltern 9 Karin 20 Institution Werkstatt TG-W 10 Angelika 19 Eltern Werkstatt TG-W 11 Felicitas 23 Eltern Keine Arbeit, keine Beschäftigung TG von Eltern 12 Jessica 24 Eltern Werkstatt TG-W 13 Martina 21 Wohnung allein Arbeit Lohn 14 Gloria 31 Eltern Werkstatt TG-W 15 Melanie 19 Eltern Werkstatt TG-W 16 Anna 28 Mutter Projekt/ Anlehre TG-W 17 Petra 26 Institution Werkstatt TG-W 18 Sonja 30 Institution Werkstatt TG-W 19 Tamara 29 Eltern Arbeit Lohn 20 Ursula 23 Mutter Werkstatt TG-W Tab. 2 Angaben zu den 20 Interviewpartnerinnen (Sigot, 2017, S. 298f.) 1 Die Vornamen sind anonymisiert, die Pseudonyme wurden zum Teil von den Frauen selbst gewählt, zum Teil (falls kein eigener Name gewählt wurde) von der Autorin vergeben. Diese werden im Kontext dieses Beitrages aus dem Grund angeführt, da in den späteren Ausführungen zur Veranschaulichung wörtliche Zitate aus den Interviews verwendet werden, die dadurch auch vor dem Hintergrund der Lebensbedingungen wahrgenommen werden können. VHN plus 9 MARION SIGOT Frauen mit Lernschwierigkeiten: Beschäftigung und berufliche Teilhabe FACH B E ITR AG der Referenzgruppe zahlreiche Hinweise für die methodische Anlage der Studie. So wurden u. a. Fragen in Zusammenhang mit der Erhebungsmethode, der Zielgruppe und der konkreten Gestaltung der Interviewsituation besprochen (u. a. Anregungen zum Gesprächseinstieg im Interview). Im Rahmen der Auswertung interpretierten die Frauen der Referenzgruppe Interviewpassagen und Vignettenbeschreibungen. Die Auswertungsergebnisse wurden ihnen präsentiert und zur Diskussion gestellt. Auf den mit der Referenzgruppe erarbeiteten Grundlagen wurden über erzählgenerierende Interviews mit 20 betroffenen Frauen Erfahrungen, Einstellungen und Handlungsstrategien junger Frauen mit Lernschwierigkeiten im Spannungsfeld von Selbst- und Fremdbestimmung erhoben und analysiert. Alter, Wohnform, gegebenenfalls Art der Einbindung in Arbeit oder Beschäftigung sowie materieller Status der interviewten Frauen sind in Tabelle 2 ersichtlich. Nachdem die Frauen aus der Referenzgruppe in der Planungsphase die Verwendung anschaulicher Methoden in den Interviews empfohlen hatten, wurde die sogenannte Vignettenmethode einbezogen, wobei eine Orientierung an den Dresdner Bewältigungsmethoden erfolgte (vgl. Stiehler & Werner, 2008). Vignetten werden als „prägnante Geschichtenanfänge oder visuelle Abbildungen“ (ebd., S. 185) definiert, die dazu dienen, „eine stimulierende Aufforderungssituation herzustellen, die die befragte Person zu Beurteilungen oder zu weiterführenden Handlungsentwürfen anregt“ (ebd.). Über die Assoziationen und Entwürfe erfolgt meist eine Identifikation mit der Protagonistin oder dem Protagonisten der Szene, „eigene Motive, Gefühle und Verhaltensweisen“ werden diesem/ r zugeschrieben (ebd.). Im beschriebenen Projekt konnten über die Verwendung visueller Vignetten 2 „persönliche Haltungen, Einstellungen und Verhaltensweisen im sozialinteraktiven Kontext“ (ebd.) erhoben werden. Die Auswertung der Interviews erfolgte mit der dokumentarischen Methode (vgl. Bohnsack, 2007; Nohl, 2012), wobei die Frauen aus der Referenzgruppe in einem Analyseschritt, der formulierenden Interpretation ausgewählter Interviewpassagen, beteiligt waren. Dadurch wurde der Zugang zu den Einschätzungen und Erfahrungen aus der Perspektive von der Forschung betroffener Frauen selbst eröffnet. Dies ermöglichte es, in den Interpretationsschritten der dokumentarischen Methode den Erfahrungshintergrund von Frauen mit Lernschwierigkeiten auf einer weiteren Ebene zu reflektieren und somit um deren Perspektive zu bereichern. Über einen weiteren Schritt - die Rückkoppelung von (Zwischen)- Ergebnissen an die Referenzgruppe - wurde auch dem „partizipatorische[n] Anspruch nach kommunikativer Validierung“ (Schönwiese, 2005, S. 56) Genüge getan, es wurde also die „korrekte […] Erfassung ihrer Sichtweisen“ (v. Kardorff, 2009, S. 247) diskutiert und reflektiert. In diesem Zusammenhang erwies sich die Tatsache, dass durch sogenannte konjunktive, also geteilte Erfahrungen „Beschreibungen und Erzählungen […] unmittelbar verstanden“ (ebd.) werden, als besonders bedeutsam. 3.2.1 Erfahrungen mit Beschäftigung in Beschäftigungstherapiewerkstätten In den 20 erzählgenerierenden Interviews wurden auch Erfahrungen mit Beschäftigung/ Arbeit insbesondere in Beschäftigungstherapiewerkstätten - von Frauen mit Lernschwierigkeiten durchgängig kurz als „Tageswerkstätten“ oder „Werkstätten“ bezeichnet - thematisiert. Seltener kamen Erfahrungen aus Praktika und Arbeitsprojekten sowie Versuche beruflicher Integration am 1. Arbeitsmarkt zur Sprache. Dies entspricht den eingangs angeführten Befunden zu den eingeschränkten beruflichen Chancen von Frauen mit Lernschwierigkeiten am allgemeinen Arbeitsmarkt. Viele von ihnen verfügen hingegen über Erfahrungen in Tages- VHN plus 10 MARION SIGOT Frauen mit Lernschwierigkeiten: Beschäftigung und berufliche Teilhabe FACH B E ITR AG werkstätten für Menschen mit Behinderungen, in denen kein Einkommen erwirtschaftet werden kann, sondern lediglich ein geringfügiges Taschengeld ausbezahlt wird. In der folgenden Darstellung der Forschungsergebnisse wird detailliert und mit Interviewausschnitten der Frauen belegt auf diese Erfahrungen Bezug genommen. Das Verhältnis von erbrachter Leistung und Bezug von „Taschengeld“ über „Beschäftigung“ in einer Werkstätte wird von einem Teil der Frauen, denen durchwegs keine Alternativen bekannt sind, als gegeben und unveränderbar hingenommen, von einigen Frauen aber auch sehr kritisch gesehen. So führt Jessica, eine junge Frau mit Lernschwierigkeiten, aus, sie würde bereits seit Jahren in einer Werkstätte arbeiten, „aber fast nichts“ dafür bekommen. Was sie benötige, bekomme sie „alles von den Eltern“, sie sei auch nicht versichert. Als Resümee hält sie fest: „Ja, ich finde das nicht normal, dass ich nichts kriege. Das ist nicht in Ordnung“. Ähnlich kommt dies in den Ausführungen von Anna zur Sprache, die im Interview quasi als Lobbyistin für gerechten Lohn für Frauen mit Lernschwierigkeiten in Werkstätten auftritt und sich wünscht, dass „jeder den normalen Lohn kriegen würde“. Beide Frauen sprechen auch an, dass sie zu dem geringfügigen Taschengeld, das für die Arbeit in der Werkstätte ausbezahlt wird, auch Taschengeld von den Eltern beziehen. Damit einhergehend werden Unbehagen und Unzufriedenheit deutlich. So werden u. a. im Zusammenhang mit der Auszahlung von „Taschengeld“ Praktiken dokumentiert und kritisch reflektiert, die auf nicht altersgemäße, hierarchische Beziehungsstrukturen verweisen. Anna begründet ihre Forderung nach regulärem Lohn für Frauen mit Lernschwierigkeiten in Werkstätten mit dem Wunsch nach finanzieller Unabhängigkeit und der Möglichkeit, den eigenen Unterhalt abzudecken. Sie müsse dann, so Anna, nicht ständig fragen „Mama, darf ich ein Geld haben […], weil ich bin 28 Jahre alt“. Mit dieser Formulierung wird deutlich, dass Anna es nicht als altersgemäß empfindet, als junge, erwachsene Frau die Eltern um Geld bitten zu müssen. Über die mit der Auszahlung von Taschengeld von den Eltern verbundenen konkreten Auszahlungssituationen dokumentiert sich ein Gefälle in diesen Beziehungen, das darauf verweist, dass finanzielle Abhängigkeit Hierarchien begünstigt. Schon durch die Art der Angabe der Personen aus dem sozialen Umfeld, von denen das Taschengeld übergeben wird, und über den Modus der Übergabe deutet sich auch in weiteren Interviews sprachlich eine darüber wahrgenommene Eltern-„Kind“-Beziehung erwachsener Frauen mit Lernschwierigkeiten zu ihren Eltern an: Angelika beschreibt etwa, sie bekomme 20 Euro Taschengeld von ihrem „Papa“ , Ursula bezieht dieses „immer von der Mama“. Einige Frauen können offenbar nicht einmal mit einem fix kalkulierbaren, minimalen Taschengeld rechnen. Die mehrmals von verschiedenen Frauen unabhängig voneinander verwendete Metapher des „Zusteckens“ von kleinen Beträgen dokumentiert die finanzielle Abhängigkeit und ein deutlich wahrnehmbares hierarchisches Gefälle in der Beziehung. Eingeschränkte finanzielle Mittel werden von Frauen mit Lernschwierigkeiten auch im Zusammenhang mit gesellschaftlicher Partizipation thematisiert. So würde Marlene beispielsweise gerne mit Freundinnen ins Kino gehen, „wenn [sie] Geld hätte“. Auch bei fast allen anderen Frauen wird in den Interviews ein wahrgenommener eingeschränkter Aktionsradius im Freizeitbereich schon alleine aufgrund fehlender finanzieller Mittel dokumentiert. Die Möglichkeit, soziale Kontakte außerhalb der Werkstätte zumindest über das Handy zu führen, ist wegen mangelnder finanzieller Mittel ebenfalls eingeschränkt, wie Marlene im Zusammenhang mit der Frage der Kosten für das Aufladen von Handyguthaben beschreibt: „also morgen […] wahrscheinlich kann ich noch VHN plus 11 MARION SIGOT Frauen mit Lernschwierigkeiten: Beschäftigung und berufliche Teilhabe FACH B E ITR AG telefonieren und dann […], genau morgen kann ich noch telefonieren und am Freitag nicht mehr dann ist aus“. Daraus ergibt sich, dass soziale Aktivitäten außerhalb des Familien- oder Werkstattzusammenhanges de facto nur marginal erfolgen. So erläutert Doris auf Nachfrage, ob sie z. B. einmal mit den Freunden in die Stadt oder ins Kino gehe, „ich habe es immer nur mit meinen Eltern gemacht“. Wie in der Untersuchung weiter deutlich wurde, kann wirtschaftliche und finanzielle Abhängigkeit dazu führen, dass sich Frauen mit Lernschwierigkeiten in ihrer konkreten alltäglichen Handlungspraxis stark an den wahrgenommenen Normen und Vorgaben aus dem Umfeld, zu dem diese Abhängigkeit besteht, ausrichten (müssen). So orientiert sich etwa Doris ohne sichtbaren inneren oder äußeren Widerstand an den Vorstellungen der Eltern und anderer Personen. Sie sagt, dass sie es „nicht so schlimm“ finden würde, wenn ihr die Eltern beim gemeinsamen Einkauf nicht erlauben würden, etwas zu kaufen, das ihr selbst, aber nicht den Eltern gefalle. Besonders deutlich wird der Zusammenhang von Anpassung an vorgegebene Strukturen und Orientierung an vorgegebenen Normkonstrukten und Vorstellungen mit wirtschaftlicher Abhängigkeit am Beispiel von Melanie. Bei der Schilderung des Einkaufs von Bekleidung führt sie aus, dass sie dabei immer den Vorgaben der Mutter folge und übernimmt bzw. rechtfertigt im Interview die Argumentation der Mutter, dass von ihr selbst ausgesuchte Kleidungsstücke sich nicht für die Arbeit eignen würden oder von der Größe her nicht passen könnten. Sehr deutlich dokumentieren sich in der Untersuchung die von den Frauen mit Lernschwierigkeiten gedanklich hergestellten Zusammenhänge von materieller Abhängigkeit und der eigenen Lebenssituation mit Wünschen und Vorstellungen für ihre Zukunft, die aktuell nicht realisierbar scheinen. So wird etwa über Doris’ Ausführung: „Ja, wenn ich eines Tages genug Geld hätte, dann könnte ich irgendwo hinreisen, wo es mir gefällt“ deutlich, dass sie um die Abhängigkeit der Erfüllung dieses Wunsches von finanziellen Mitteln Bescheid weiß. Auch Anna thematisiert im Interview explizit den Zusammenhang von finanzieller und persönlicher Abhängigkeit. Für Anna scheinen Vorstellungen von einem selbstbestimmten Leben noch in weiter Ferne zu liegen, zumal ein Wechsel von einer begonnenen Anlehre in die Beschäftigung bevorsteht, wodurch ihre finanziellen Mittel noch weiter eingeschränkt werden. 3.2.2 Erfahrungen im Zusammenhang mit beruflicher Teilhabe Im Gegensatz zu den Erfahrungen von Frauen aus Werkstätten thematisieren diejenigen wenigen interviewten Frauen mit Lernschwierigkeiten, die über ein Arbeitsverhältnis eigenen Lohn erwirtschaften können, von sich aus Zusammenhänge von finanzieller Unabhängigkeit und einem selbstbestimmten, autonomen Leben. So zeigt sich an Evas Lebenssituation, dass ein über ein geregeltes Dienstverhältnis erwirtschaftetes eigenes Einkommen die Basis für die eigene Lebensgestaltung darstellen kann, indem dadurch Lebenshaltungskosten, Grundbedürfnisse und Freizeitinteressen abgedeckt werden können. Dass sich ein aus einem regulären Arbeitsverhältnis ergebender Lohn von dem „Taschengeld“ unterscheidet, das in Werkstätten ausbezahlt wird, ist nicht nur Eva, sondern allen Frauen, die darüber verfügen, bewusst. So erläutert Tamara, dass sie für ihre Arbeit nun im Unterschied zu Erfahrungen in der Werkstätte „alle Monat etwas“ bekomme, und bestätigt, dass dies „richtiges Gehalt“ sei, mit dem sie auch versichert sei und Urlaubsgeld bekomme. Am Beispiel von Tamara dokumentiert sich auch, dass zunächst sehr vage und als unrealistisch eingeschätzte Vorstellungen von einem selbstbestimmten Leben durch VHN plus 12 MARION SIGOT Frauen mit Lernschwierigkeiten: Beschäftigung und berufliche Teilhabe FACH B E ITR AG den Bezug eines eigenen Lohns in greifbare, realistische Nähe rücken. Durch den Lohn könne sie „in Zukunft vielleicht eine Wohnung, also betreutes Wohnen“ umsetzen. Das Bewusstsein, selbst etwas zur Umsetzung dieses Wunsches durch eigene finanzielle Mittel beitragen zu können, führt dazu, dass Tamara diesen auch hinsichtlich seiner möglichen Umsetzung zu reflektieren beginnt. Die Wahrnehmung von materieller Autonomie als wichtige Basis für ein selbstbestimmtes Leben dokumentiert sich auch sehr deutlich an den Ausführungen von Eva. „Ja, was der Job mit sich bringt, ist ganz einfach: du kannst dein eigenes Leben finanzieren, du kannst dir deine Wünsche erfüllen, du kannst dein - , ja du bist ein Teil der Gesellschaft, wo man eigentlich hingehört, ja, du bist ein ganz ein normaler Teil der Gesellschaft, du erwirtschaftest dein Leben sogar, du gehst sogar einkaufen, du gehst ein Waschmittel kaufen […] du zahlst deine, deine Arztrechnungen, deine Telefonrechnungen, alles, du = du bist für dein Leben, egal in welcher Hinsicht Job, Arb-, Job, Privatleben, finanzielle Dinge, man ist für sein Leben komplett selber verantwortlich.“ Finanzielle Unabhängigkeit und damit die Möglichkeit der Erfüllung eigener Bedürfnisse stellen somit für Eva die Grundlage eines selbstbestimmten Lebens und von Inklusion dar. Gesellschaftliche Partizipation bedeutet damit für sie auch, einen eigenen Beitrag innerhalb der Gesellschaft zu leisten. Finanzielle Unabhängigkeit eröffnet auch Spielraum, sich hinsichtlich der Gestaltung des eigenen Äußeren zu erproben. So erzählt Eva davon, dass sie im Zuge des autonomen Wohnens und der Erwirtschaftung eines eigenen Einkommens Piercings und Tattoos machen ließ, die ihren Vater in Aufregung versetzten. Eva begründet die Gestaltung ihres Äußeren damit, dass sie „Veränderung sehr stark nach außen“ trage. Das eigene Einkommen stellt damit auch die Basis für selbstbestimmte Entscheidungen hinsichtlich der Gestaltung des eigenen Äußeren dar, verbunden mit der Reflexion und Nicht-Erfüllung von Erwartungen von Personen aus dem sozialen Umfeld. Neben Zusammenhängen von Autonomie und Selbstbestimmung mit materiellen Rahmenbedingungen dokumentiert sich in der Untersuchung die Bedeutung sozialer Kontakte im Kontext von beruflicher Teilhabe, aber auch mit der Arbeit in Werkstätten. Über die Einbindung in Beschäftigung oder Arbeitsverhältnisse außer Haus wird es möglich, soziale Kontakte knüpfen und pflegen zu können. Über tägliche Wege von und zur Werkstatt oder Arbeitsstelle wird gesellschaftliche Beteiligung über den vertrauten Rahmen hinaus sichtbar. Dazu stellten die Frauen aus der Referenzgruppe als besonders bedeutsam fest, dass es dadurch auch möglich sei, neue Kontakte zu knüpfen. Zudem ergäben sich dadurch Aktivitäten, die neue Perspektiven eröffneten. Man könne und müsse sich in verschiedenen neuen Situationen erproben, wenn man etwa auf dem Arbeitsweg etwas einkaufen, jemanden treffen oder auch in ein Kaffeehaus gehen würde. Wenn man nur zu Hause sei, habe man diese Möglichkeiten nicht. Man sehe nicht, was möglich sein könnte, sondern „immer nur das, was immer gleich ist“. 3.2.3 Erfahrungen in sozialen Interaktionen in Beschäftigung und im Rahmen beruflicher Teilhabe Zu Fragen von Selbst- und Fremdbestimmung allgemein, aber auch explizit zu Beschäftigung und beruflicher Teilhabe wurden im Forschungsprojekt auch viele Erfahrungen von Frauen mit Lernschwierigkeiten in sozialen Interaktionen dokumentiert. Als besonders einschränkende negative Erfahrungen werden von Frauen mit Lernschwierigkeiten sehr häufig wahrgenommener mangelnder Respekt, vorenthaltene Anerkennung und erlebte defizitorientierte Zuschreibungen ge- VHN plus 13 MARION SIGOT Frauen mit Lernschwierigkeiten: Beschäftigung und berufliche Teilhabe FACH B E ITR AG nannt. So erzählt Jessica von schlechter Behandlung einer früheren „Chefin“ in der Werkstätte. Sie berichtet, dass sie von dieser schlecht behandelt und mit ablehnenden Worten auf Distanz gehalten wurde. Die Chefin, so Jessica, sei „überhaupt nicht nett“ zu ihr gewesen. Jessica beschreibt das Verhalten der Chefin im Interview als respektlos, ablehnend und unangemessen. Damit einhergehend beschreibt sie das für sie einschränkende und beschämende Gefühl, nicht den Status einer gleichwertigen Interaktionspartnerin zu haben. Als häufig wahrgenommene defizitorientierte Zuschreibung gerade in Werkstätten, Praktika und Beruf wird in der Untersuchung der deutlich wahrgenommene Hinweis, „zu langsam“ zu sein, dokumentiert. Marlene etwa beschreibt im Hinblick auf ihr Praktikum in einer Wäscherei: „ich kann nicht schneller, ich kann nicht, das geht nicht bei mir, ich kann nicht so schnell, das geht nicht. Dann hat sie gesagt, wie lang brauchst denn, nachher hat sie mich gefragt, wie lang brauchst Du …“. Der Verweis auf die eigenen Defizite über die dargestellte Eigen- und Fremdsicht weist darauf hin, dass über defizitorientierte Zuschreibungen das Selbstbild nachhaltig negativ beeinflusst und geprägt wird. In Marlenes Beschreibung deuten sich diese Prozesse an: Sie beschreibt weiter, dass ihr der Verweis auf die eigenen Defizite „so peinlich“ war und ihr in der Folge alles „zu viel, einfach“ war. Sie habe sich „nachher […] halt blöd angestellt“. Marlene fokussiert zunehmend auf eigene Defizite und schreibt sich vor dem Hintergrund dieser Erfahrungen aktuell zu: „ich kann nicht schneller, das geht bei mir nicht“. Die defizitorientierte Zuschreibung scheint also bei Marlene wie eine „self-fulfilling-prophecy“ wirksam zu werden. Marlene nimmt sich selbst letztlich so wahr, wie sie vom Umfeld eingestuft wird. Frauen mit Lernschwierigkeiten berichten aber auch über Erfahrungen, die als den Handlungsspielraum und die Entwicklungsperspektiven erweiternd eingeschätzt werden können. So dokumentieren sich in der Untersuchung insbesondere das Respektiert-, Akzeptiert- und Anerkannt-Werden, verbunden mit einem erlebten Interesse an der eigenen Person über soziale Beziehungen als zentrale Momente und Ausgangspunkte von Weiterentwicklung. Allerdings sind diese Erfahrungen eher der Ausnahme- und nicht der Regelfall, was sich in mehreren Interviews mit betroffenen Frauen zeigt, die die Besonderheit dieser Erfahrungen betonen. So beschreiben Anna und Eva entsprechende Erfahrungen als solche, die sie nie wieder im Leben vergessen würden. Auch die Frauen aus der Referenzgruppe beschreiben ein erlebtes Interesse an der eigenen Person in verschiedenen sozialen Kontexten als eher seltene Erfahrung für Frauen mit Lernschwierigkeiten, die - wenn sie erlebt wird - als sehr positiv wahrgenommen wird. Verbunden mit Anerkennung, so der einhellige Tenor, „macht das stark“, man wachse daran. Eine der Frauen berichtet, dass die Anerkennung, die sie im beruflichen Umfeld erhalten habe, dazu geführt habe, dass sie mehr Selbstbewusstsein entwickelt habe und zu ihrer Behinderung stehe: „Ich sage, wer ich bin, dass ich behindert bin, ich schäme mich nicht mehr! “ Eine andere Frau erzählt, dass sie die Rückmeldung bekommen habe, dass sie im Arbeitsumfeld sehr gefehlt habe, als sie einmal krank war. Niemand hätte ihre Arbeit ersatzweise tun können, weil sich keiner so ausgekannt habe wie sie. Mit dieser Erfahrung sei das Gefühl gewachsen, dass sie etwas leisten und vielleicht noch mehr erreichen könne. Sie selbst denke nun immer öfter: „Ich schaffe alles! “ Auch die Erfahrung, dass einem etwas zugetraut wird, so die Frauen aus der Referenzgruppe, führe dazu, dass man sich gut fühle. Als sehr wesentliche Erfordernis, insbesondere auch für die Teilhabe im beruflichen Feld, wird im Forschungsprojekt Unterstützung dokumentiert, die spezifischen Ansprüchen genügen muss, um von betroffenen Frauen tatsäch- VHN plus 14 MARION SIGOT Frauen mit Lernschwierigkeiten: Beschäftigung und berufliche Teilhabe FACH B E ITR AG lich als wirksam erlebt zu werden. So muss aus deren Perspektive Unterstützung dann konkret verfügbar sein, wenn sie gebraucht und gewünscht wird, und kann nicht auf einen Zeitpunkt verschoben werden, der sich etwa aus institutionellen Abläufen oder Ressourcen ergibt. Steht Unterstützung zum konkreten Zeitpunkt des Bedarfs auf die gewünschte Weise zur Verfügung, dann begünstigt dies Selbstbestimmung und Autonomie. Das Vorenthalten von Unterstützung hingegen bzw. Unterstützung, die nicht den von betroffenen Frauen selbst definierten Bedürfnissen entspricht, kann die Entwicklung eines positiven Selbstbildes untergraben und Entwicklungsperspektiven verengen. Selbstbestimmtes Leben von Frauen mit Lernschwierigkeiten bedarf aus deren Perspektive also angemessener, nicht bevormundender Unterstützungssysteme. Unterstützung und Begleitung wirken dann besonders entwicklungsfördernd, wenn sie im Sinne von Empowerment, also der Stärkung der betroffenen Personen, differenziert in jenen Zusammenhängen und dann geleistet werden, wenn sie von diesen als erforderlich eingestuft werden. Unterstützung soll auch nicht, etwa um Abläufe zu beschleunigen, ungefragt geleistet bzw. gar aufgezwungen werden. Stehen Bedarf und angebotene Unterstützungsleistung in einem Missverhältnis, kann es auch zu Einbußen an „Eigenständigkeit […], an Selbstbestimmung“ kommen, wie eine Frau aus der Referenzgruppe feststellte. 4 Fazit: Zusammenhänge von beruflicher Teilhabe, sozialen Interaktionen und Selbstbestimmung Die Teilhabe an Erwerbsarbeit und Beruf ist aus der Perspektive von Frauen mit Lernschwierigkeiten ein wesentlicher Faktor für gesellschaftliche Teilhabe. Ein eigenes Einkommen ist die Basis für ein selbstbestimmtes, autonomes Leben, die Entwicklung eines positiven Selbstbildes, die Erweiterung von Handlungsspielräumen und Entwicklungsperspektiven sowie sozialer Kontakte. Förderlich auf die Entwicklung eines positiven Selbstbildes wirken zudem wahrgenommenes Interesse, Respekt und Anerkennung durch Personen aus dem sozialen Umfeld. Erfahrungen in alltäglichen Interaktionsprozessen bedingen häufig die Art der Einschätzung eigener Kompetenzen, Ressourcen und Perspektiven. Defizitorientierte Zuschreibungen aus dem sozialen Umfeld werden häufig internalisiert und beeinträchtigen damit das Selbstbild nachhaltig. Dies kann in der Folge dazu führen, dass Herausforderungen nur zögerlich begegnet wird und Entwicklungschancen somit ungenutzt bleiben. Erlebte Anerkennung durch andere Personen ist hingegen in der Regel mit einem Anstieg der Selbstachtung verbunden (vgl. Honneth, 1992, S. 127). Ein damit einhergehender ressourcenorientierter Zugang befördert die Wahrnehmung von Handlungs- und Entwicklungsperspektiven durch betroffene Frauen selbst, wird jedoch von Frauen mit Lernschwierigkeiten als seltene Erfahrung beschrieben. Sie erleben sich in vielfältigen Kontexten mit negativen Zuschreibungen belegt - wie etwa „zu langsam“ zu sein. Über diese Zusammenhänge werden auch Handlungsperspektiven deutlich, die sich aus einem ressourcenorientierten Zugang eröffnen. Auf Basis der Entwicklung eines positiven Selbstbildes, die mit dieser Erfahrung gefördert wird, ist kontinuierliche Weiterentwicklung möglich. Es werden dann mitunter Perspektiven als realistisch eingeschätzt, die in einem defizitorientierten Kontext kaum in Erwägung gezogen werden. Ressourcenorientierung im Umfeld aktiviert auf diese Weise Ressourcenorientierung im Selbstbild (vgl. Sigot, 2017, S. 266f.). Über diese Zusammenhänge, die sich aus dem beschriebenen partizipativen Forschungsprojekt ableiten lassen, in vielfältigen Kontexten zu informieren und dadurch Reflexion und eventuell Änderungen herbei- VHN plus 15 MARION SIGOT Frauen mit Lernschwierigkeiten: Beschäftigung und berufliche Teilhabe FACH B E ITR AG zuführen, war explizites Anliegen der Frauen aus der Referenzgruppe (ebd., S. 254). Dies auch in Kontexten beruflicher Integrationsbemühungen und beruflicher Teilhabe umzusetzen, kann daraus als Anspruch abgeleitet werden. In jedem Kontext werden damit Entwicklungschancen und Handlungsspielräume gefördert. Voraussetzung dafür ist, sich auf politischer Ebene für die Umsetzung des in Artikel 27 (1) der UN-BRK verankerten Rechtes auf Arbeit einzusetzen, das „auf der Grundlage der Gleichberechtigung mit anderen“ beruht und die Möglichkeit beinhaltet, „den Lebensunterhalt durch Arbeit zu verdienen“. Diese Forderungen erheben auch people-first-Initiativen mit Verweis auf die Menschenrechtserklärung der Vereinten Nationen, wo es in Artikel 23 u. a. heißt, dass jeder das Recht auf freie Berufswahl, gerechte und befriedigende Arbeitsbedingungen, Schutz vor Arbeitslosigkeit, Recht auf gleichen Lohn für gleiche Arbeit hat. Die Ausführungen der people-first-Initiativen und der UN-Konvention decken sich hier weitgehend und zeigen dramatischen Handlungsbedarf (Sigot, 2011, S. 49f.). Denn das in (Beschäftigungstherapie-)Werkstätten praktizierte Taschengeld-Modell - wenn auch längst als „Konventionsverletzung“ beurteilt 3 - schränkt die Selbstbestimmung in vielen anderen Lebensbereichen ein und verfestigt bestehende Abhängigkeiten. Bemühungen zur beruflichen Integration von Menschen mit Behinderungen sind von gesellschaftlich-politischen Entwicklungen beeinflusst, insbesondere auch von den Rahmenbedingungen eines Arbeitsmarktes, der von strukturellem und technologischem Wandel und Automatisierungsprozessen geprägt ist (vgl. Balz & Nüsken, 2012, S. 184f.). Ausbildungs- und Beschäftigungssysteme sind in Richtung „Effektivität, Effizienz und internationalen Wettbewerb“ (ebd., S. 181) orientiert. Dass diese Faktoren die Inklusion von Menschen mit Lernschwierigkeiten in die Arbeitswelt erschweren, ist evident. Gerade der Bereich der Arbeit ist von den gesellschaftlichen Individualisierungsprozessen besonders betroffen. Fragen nach Veränderungen, Brüchen und notwendiger Neuorientierung stellen sich für alle Menschen, wie Schumann bereits 2001 festgestellt hat - verstärkt für Menschen mit Behinderungen, die „tendenziell eher zu den VerliererInnen der Individualisierung gehören“ (Schumann, 2001, S. 26). Im Zusammenhang damit ist auch kritisch anzumerken, dass die Möglichkeit der Umsetzung des Modells der persönlichen Assistenz für Menschen mit Lernschwierigkeiten in Österreich nur sehr eingeschränkt bei Vorliegen einer zusätzlichen körperlichen Beeinträchtigung gegeben ist. Denn gerade dieses Modell würde jenen Ansprüchen, die betroffene Menschen an förderliche und angemessene Unterstützung formulieren, am besten entgegenkommen. Anmerkungen 1 Mit den Frauen wurde vereinbart, keine weiteren Angaben zu ihrer Person und zu ihren konkreten Lebensbedingungen zu machen. 2 Die interviewten Frauen konnten im Verlauf des Interviews bei Interesse aus einem Repertoire von zur Auswahl gestellten Bildern auswählen und wurden ersucht, ihre Assoziationen dazu auszuführen. Siehe dazu ausführlich Sigot 2017, S. 59ff. 3 Siehe dazu die Stellungnahme des Unabhängigen Monitoringausschusses (Österreich) zur Umsetzung der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen vom 24. März 2010 über die Konventionsverletzung durch die Situation von Menschen in Tagesstrukturen, insbesondere in der sogenannten Beschäftigungstherapie, Arbeit in Werkstätten oder „Fähigkeitsorientierten Aktivität“ sowie die Stellungnahme des Menschenrechtsbeirates der Volksanwaltschaft zu „Beschäftigungstherapiewerkstätten“ vom 8. April 2014. VHN plus 16 MARION SIGOT Frauen mit Lernschwierigkeiten: Beschäftigung und berufliche Teilhabe FACH B E ITR AG Literatur Anhorn, R. & Stehr, J. (2012). Grundmodelle von Gesellschaft und soziale Ausschließung: Zum Gegenstand einer kritischen Forschungsperspektive in der Sozialen Arbeit. In E. Schimpf & J. Stehr (Hrsg.), Kritisches Forschen in der Sozialen Arbeit. Gegenstandsbereiche - Kontextbedingungen - Positionierungen - Perspektiven, 57 -78. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften. Balz, H.-J. & Nüsken, D. (2012). Das Übergangssystem in der beruflichen Bildung - Inklusions- oder Exklusionsinstrument? In H.-J. Balz, B. Benz & C. 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