eJournals Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete 89/1

Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete
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0017-9655
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
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2020
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Fachbeitrag: „Man sagt ja immer: 'Ja, hmm, geht das überhaupt mit deinen Augen?'“

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2020
Anne Bödicker
Der vorliegende Beitrag gibt einen Einblick in autobiografische Erfahrungen einer jugendlichen Akteurin, „deren „verkörperte Differenzen“ eine Etikettierung als „behindert“ zur Folge“ haben, wie Karac?ic´ und Waldschmidt (2018, S. 416) es bezeichnen. Aus einem narrativen Interview mit dieser Sehgeschädigten werden Interpretationsergebnisse im Spannungsfeld der Bewusstmachung des Andersseins „normal versus behindert“ dargestellt. Konkret aufgegriffen werden die im Interview angesprochenen Themen Freizeitsport und Schulsport. In der aktuellen Diskussion an der Schnittstelle von Fachdidaktik Sport, Heil- und Sonderpädagogik sowie Biografie-, Jugend- und Diskriminierungsforschung stehen Forschungsbefunde aus Sicht der Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarfen noch aus, wie Block, Giese und Ruin (2017, S. 238) resümieren. An dieser Leerstelle setzt der vorliegende Beitrag an, indem Interviewpassagen zum Sport allgemein als identitätsstiftendes Moment sowie zu Schul(sport)praxen im gemeinsamen, inklusiven Unterricht an Regelschulen und an Förderschulen vorgestellt werden.
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77 VHN, 89. Jg., S. 7 -20 (2020) DOI 10.2378/ vhn2020.art02d © Ernst Reinhardt Verlag < RUBRIK > < RUBRIK > „Man sagt ja immer: ‚Ja, hmm, geht das überhaupt mit deinen Augen? ‘“ Umgang mit und Wahrnehmung von verkörperter Differenz einer jugendlichen Sehbehinderten im Kontext von Schule und Sport Anne Bödicker Philipps-Universität Marburg Zusammenfassung: Der vorliegende Beitrag gibt einen Einblick in autobiografische Erfahrungen einer jugendlichen Akteurin, „deren ‚verkörperte Differenzen‘ eine Etikettierung als ‚behindert‘ zur Folge“ haben, wie Karacˇic´ und Waldschmidt (2018, S. 416) es bezeichnen. Aus einem narrativen Interview mit dieser Sehgeschädigten werden Interpretationsergebnisse im Spannungsfeld der Bewusstmachung des Andersseins „normal versus behindert“ dargestellt. Konkret aufgegriffen werden die im Interview angesprochenen Themen Freizeitsport und Schulsport. In der aktuellen Diskussion an der Schnittstelle von Fachdidaktik Sport, Heil- und Sonderpädagogik sowie Biografie-, Jugend- und Diskriminierungsforschung stehen Forschungsbefunde aus Sicht der Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarfen noch aus, wie Block, Giese und Ruin (2017, S. 238) resümieren. An dieser Leerstelle setzt der vorliegende Beitrag an, indem Interviewpassagen zum Sport allgemein als identitätsstiftendes Moment sowie zu Schul(sport)praxen im gemeinsamen, inklusiven Unterricht an Regelschulen und an Förderschulen vorgestellt werden. Schlüsselbegriffe: Inklusion, (Schul-)Sport, Ableism, narrative Identitätsarbeit People Often Say: “Oh well, does it actually work with your eyes? ” Working with and Being Aware of Embodied Differences of a Visually Impaired Teenage Girl in the Context of School and Sports Summary: The present article gives an insight into the autobiographical experiences of a visually impaired young woman. According to Karacˇic´ und Waldschmidt (2018, p. 416), these ‘embodied differences’ are labeled as a ‘disability’. Based on a narrative interview with the subject, this study interprets the spectrum of ‘being normal versus being disabled’. The main focus is on the topics such as school sports (PE and further specialized sports) and leisure sports. Block, Giese and Ruin (2017, p. 238) affirm that research findings from the point of view of pupils with special educational needs are still lacking at the interface of didactics in sport, special education and discrimination research. The article starts from this empty space by presenting interview passages on sport as an identity-forming moment at inclusive and mainstream schools. Keywords: Inclusion, sports/ PE, ableism, narrative identity negotiation FACH B E ITR AG TH EME NSTR ANG In shape or out? Zur (sport-)pädagogischen Relevanz exkludierender Momente in gegenwärtigen Körperkulturen VHN 1 | 2020 8 ANNE BÖDICKER Verkörperte Differenz im Kontext von Schule und Sport FACH B E ITR AG 1 (Körper-)Normen: gesellschaftlich und kulturell Mit Verweis auf Foucault schreibt Waldschmidt (2009, S. 278): „In der heutigen Normalisierungsgesellschaft, ‚einer Gesellschaft, in der sich entsprechend einer orthogonalen Verknüpfung die Norm der Disziplin und die Norm der Regulierung miteinander verbinden‘, ist die Normalitätsgrenze heftig umkämpft.“ In Bezug auf körperliche Norm- und Idealvorstellungen sowie deren Grenzen findet eine permanente Konfrontation mit Körpern in der Werbung, in Magazinen, im TV, bei Bildschirmspielen oder im Internet statt. Es werden zumeist Körper dargestellt, die als wohlgeformt und fit wahrgenommen und von der Allgemeinheit als schön bezeichnet würden. Die Kontrolle ihres Essverhaltens oder Eigenschaften wie Trainingsbereitschaft oder Disziplin werden diesen Personen möglicherweise zugeschrieben, was unterschwellig auch mit gesellschaftlich gewünschten charakterlichen Eigenschaften verknüpft wird. Brinkmann (2018, S. 192f.) verweist auf eine lange Geschichte der Disziplinierung und Normalisierung sowie der Marginalisierung des Körpers im Abendland, verbunden mit dessen Unterordnung - Vernunft, Geist und Psyche dominieren bzw. beherrschen ihn. Zinsmeister (2017, S. 594) beschreibt allgemeiner: „Als normal bzw. natürlich gilt im Sinne der ableistischen Norm, dass Menschen uneingeschränkt sehen, hören und mündlich und schriftlich kommunizieren können, dass sie uneingeschränkt mobil und möglichst produktiv sind“, was normativ u. a. an bestimmte Erwartungen, ein bestimmtes Sozialverhalten und an eine äußerliche Erscheinung geknüpft ist. Damit einhergehend thematisiert Zinsmeister die nachhaltige gesellschaftliche Prägung durch Normalitätsvorstellungen, welche letztendlich auch die Rahmenbedingungen für jede/ n Einzelne / n schaffen und an denen man sich orientiert und innerhalb derer man agieren muss (vgl. ebd.). In Anschluss daran lässt sich fragen, welche normativen Erwartungen sich gesellschaftlich mit einem „normalisierten“ Körper verbinden und implizit oder explizit - auch in der Schule und dort speziell im Sportunterricht - vermittelt werden. 1.1 (Körper-)Normen: curricular In der Diskussion um Schulsportentwicklung weisen Schierz und Thiele (2004, S. 55) auf die traditionelle Verbundenheit des Unterrichtsfaches mit den Dimensionen Standardisierung und Operationalisierung hin. Bereits seit dem letzten Drittel des 19. Jahrhunderts zielten Gesundheitserziehung, Hygiene und Körperschulung auf Effizienz und Normierung beispielsweise von Zeiten, Formen und Mitteln des Unterrichts zur Standardisierung von Schulkörpern (ebd., S. 56). Ruin (2015) konstatiert allgemein für Körpermodelle von Schulsportkonzepten drei übergeordnete Kategorien: die disziplinierten Körper, die regulierten Körper sowie die leiblich gebildeten Körper, die jeweils noch weiter ausdifferenziert werden. Dies verdeutlicht die heterogene Sichtweise auf Körper innerhalb der Sportfachdidaktik, die jeweils auch von unterschiedlichen gesellschaftlichen, medizinischen und curricularen Denkweisen geprägt ist und sich somit als Bewegung beschreiben lässt. Die fachdidaktische Perspektive schlüsseln Ruin und Giese (2018) weiter auf: Seit den späten 1960er Jahren ist laut fachdidaktischem Mainstream eine spezifische Aufgabe des Unterrichtsfaches Sport, auf den Breiten- und Wettkampfsport vorzubereiten. Zwar gibt es dazu Gegenpole, die eine reflexive Bewegungserziehung als zentral betrachten, doch auch dabei werden „idealtypische Normvorstellungen eines gesunden, störungsfrei funktionierenden oder auch (sportiv) leistungsfähigen Körpers implizit transportiert“ (ebd., VHN 1 | 2020 9 ANNE BÖDICKER Verkörperte Differenz im Kontext von Schule und Sport FACH B E ITR AG S. 188). Mit Beginn der Jahrtausendwende lässt sich wiederum durch die Einführung des erziehenden Sportunterrichts eine andere Schwerpunktsetzung konstatieren, nämlich eine, die der „Auffassung des Körpers als zu disziplinierendes oder normierendes Objekt bewusst entgegentreten“ (ebd.) soll, was eine reflexive Auseinandersetzung mit Normen und Leistungen einschließt. Hierbei implizit mitgedacht ist aber ein hoher kognitiver Bildungsanspruch, den Ruin und Giese in seinem exkludierenden Potenzial für noch nicht ausreichend problematisiert halten (ebd.). Denn letzten Endes kann das nicht-motorische Lernen eine bedingte Teilhabe mancher Schülerinnen und Schüler an diesem Prozess bedeuten, wenn Selbstreflexionen nicht wie vorgesehen stattfinden können. Für andere Schülerinnen und Schüler - beispielsweise mit körperlichen Beeinträchtigungen - kann aber dieses Vorgehen gerade Inklusionspotenzial bieten. Derzeit werden durch die Einführung standardisierter, kompetenzorientierter Sportlehrpläne wieder vermehrt normierte Leistungserwartung sowie die Idee der Körperoptimierung curricular vermittelt, worin Ruin und Giese (ebd.) einen „eklatanten Widerspruch zu den intendierten Zielperspektiven einer inklusiven Gesellschaft und einer Beachtung von Bedarfen von marginalisierten und diskriminierten Personengruppen“ sehen. Dies hat für den Sportunterricht zur Folge, dass gerade in der normativen Setzung von Fähigkeitszuschreibungen möglicherweise ungerechtfertigte Normalitäts-, Wert- oder Leistungsanforderungen von außen an Schülerinnen und Schüler herangetragen und von ihnen verinnerlicht werden. Somit ist von einer permanenten Auseinandersetzung mit (il-)legitimen Fähigkeitszuschreibungen auszugehen, was sich auch in der Analyse der folgenden Interviewauszüge zeigen wird. Wie Block, Giese und Ruin (2017, S. 236) unter Bezugnahme auf internationale Studien zum inklusiven Sportunterricht konstatieren, fühlen sich Schülerinnen und Schüler mit Beeinträchtigungen im gemeinsamen Sportunterricht oftmals „andersartig“. Die Befragten bemängeln beispielsweise „Individualstatt Klassenaktivitäten“ (ebd.), die räumliche Segregation von ihren Mitschülerinnen und Mitschülern, „extern vordefinierte soziale bzw. sportliche Rollen in der sportlichen Aktivität (z. B. Torwart, Zeitwächter, Schiedsrichter, Zuschauer)“ (ebd.) oder eine Sonderbehandlung, was für alle Beteiligten die verkörperte Differenz als behindert bewusst macht. Darüber hinaus wird beispielsweise „das individuelle Verständnis der eigenen Körperlichkeit“ (ebd.) hinsichtlich der eigenen Andersartigkeit genannt. Damit wird einmal mehr die Wichtigkeit des Einbezuges der Betroffenen in Entscheidungen verdeutlicht, um eine individuell passende Lernumgebung gewährleisten zu können. Des Weiteren nennen die befragten Schülerinnen und Schüler einen „empfundene[n] Mangel an (sonder-)pädagogischer Expertise bei den Lehrkräften an den allgemeinen Schulen“ (ebd.). Diese Perspektive setzt aber zunächst von den Betroffenen eine Akzeptanz ihrer unterschiedlichen Bedürfnisse voraus. Es wird eine Behinderung durch den nicht adaptierten Sportunterricht für die gleichberechtigte Teilhabe an selbigem erkannt, und im Umkehrschluss wird diese Teilhabe eingefordert, indem die Voraussetzungen dafür geschaffen werden sollen. Doch derzeit ist es teilweise noch Alltag für Menschen mit Beeinträchtigung, eine Sonderrolle innezuhaben, was sich auch in den Interviews widerspiegelt, die im Rahmen dieses Forschungsvorhabens ausgewertet werden. Wie sich diese Differenz- und Andersheitserfahrung in das Sprechen und die Selbstdarstellung bezüglich gesellschaftlicher Normalitätsvorstellungen einschreiben, wenn eine permanente Konfrontation damit stattfindet, wird in Abschnitt 4 konkret exemplifiziert. VHN 1 | 2020 10 ANNE BÖDICKER Verkörperte Differenz im Kontext von Schule und Sport FACH B E ITR AG 1.2 Genese von gesellschaftlichen Normalitätsvorstellungen und Selbstnorm(alis)ierungspraktiken und -strategien Karačić und Waldschmidt (2018, S. 420) gehen davon aus, dass gesellschaftliche Norm(alitäts)vorstellungen einen großen Einfluss auf die Lebenswirklichkeit aller Menschen haben, die wiederum gleichzeitig selbst Teil dieser Normalitätskonstruktionen sind. Zusätzlich werden behinderte Menschen durch ihre Umwelt mit Norm(alis)ierungspraktiken konfrontiert. Somit kann im Sinne der Biografieforschung einerseits von einer Genese von Normalitätsvorstellungen der Gesellschaft und individuellen Selbstnorm(alis)ierungspraktiken und -strategien der Menschen - mit oder ohne Beeinträchtigung - ausgegangen werden. Andererseits zeigen sich auch davon konkret abweichende Praktiken wie Devianz, Krankheit oder Zufriedenheit, ohne sich einer Normalitätsmatrix anzupassen. An der Schnittstelle von Biografie und Behinderung hat Pfahl für Schülerinnen und Schüler mit dem Förderschwerpunkt Lernen im Sinne einer kompensatorischen Strategie eine solche „Anpassung an die Normalität“ herausgearbeitet (Pfahl, 2011, S. 250). Ähnliches zeigt sich in dem hier diskutierten Interview mit einer sehbeeinträchtigten Jugendlichen, die zum Zeitpunkt des Interviews eine Förderschule Sehen besucht. Eine Anpassung an Normalitätsvorstellungen ist auch in ihrem Erzählen erkennbar, was im Folgenden anhand einer Falldarstellung in Auszügen in Bezug auf die Themen Sport und Sportunterricht gezeigt wird. Nach einer theoretischen Gegenstandspräzisierung (unter 2) und der Darlegung des methodischen Vorgehens (unter 3) werden Interviewauszüge analysiert, interpretiert (unter 4) und theoretisch vertieft (unter 5), ehe (unter 6) einige mögliche Schlussfolgerungen im Kontext von schulischer Inklusion angedacht werden. 2 Theoretische Gegenstandspräzisierung Das ausgewählte Interview ist Teil eines Promotionsprojektes, in dem acht sehbehinderte oder blinde Jugendliche im Alter von 16 - 18 bezüglich ihrer allgemeinen Schulerfahrungen und der Übergangsentscheidungen befragt wurden. Eine Fokussierung erfolgte hinsichtlich der Darstellung des Wechsels an die aktuell besuchte Förderschule. Ziel ist das Herausarbeiten normativer Perspektiven in den Erzählungen beeinträchtigter Jugendlicher. Deshalb erfolgt die Auswertung der Interviews vor dem theoretischen Hintergrund der Disability Studies. Dederich (2007) spricht vom besonderen Interesse u. a. der Analyse gesellschaftlicher Deutungsmuster, spezifischer Praktiken, der Sprache (etwa Metaphern und Redewendungen), kultureller Symboliken sowie Formen medialer Repräsentation in Bildern, Texten und Filmen (ebd.). Ein weiterer Forschungsaspekt zielt nach Dederich darauf ab, wie sich gesellschaftliche Normen herausbilden, die auf den Körper, das Lernen, das Sozialverhalten oder die Leistungsfähigkeit bezogen sind und unter bestimmten historischen Umständen und Voraussetzungen Normalitäten produzieren (vgl. Dederich, 2010, S. 173). Im Ableismus, einer Forschungsperspektive der Disability Studies, werden vor allem gesellschaftliche und (schulisch-)organisatorische Normen, Werte und (nicht) plausible Fähigkeitszuschreibungen herausgearbeitet und hinterfragt. Campbell (2009, S. 5, zit. und übersetzt nach Campbell, 2012, S. 213) versteht Ableismus als ein Netzwerk von Überzeugungen, Prozessen und Praktiken, das eine besondere Art von Selbst und Körper erzeugt, welches wiederum als perfekt, arttypisch und daher wesentlich und komplett menschlich projiziert wird. In der Folge sei Behinderung ein minderwertiger Zustand des Menschseins. Deshalb erscheinen die Disability Studies und Ableismus „als thematisch und kontextuell besonders geeignet […], um als theoretisch fundierte Grundlage für die Suche VHN 1 | 2020 11 ANNE BÖDICKER Verkörperte Differenz im Kontext von Schule und Sport FACH B E ITR AG nach immanenten Inklusionshemmnissen zu fungieren“ (Giese, 2019, S. 111). Im Sinne der Disability Studies soll den betroffenen Jugendlichen eine Stimme gegeben werden. Meine These lautet, dass sich auffallende Wahrnehmungen in Bezug auf die Zuschreibung von (il-)legitimen Fähigkeiten im Sprechen der Jugendlichen über das Thema Sport herausarbeiten lassen, die Buchner, Pfahl und Traue (2015, o. S.) als „irrationale, verletzende, grausame oder unplausible Konzeptionen von Fähigkeiten (und damit auch von Behinderung), die eng mit Vorstellungen der Leistungsgesellschaft, Leistungsgerechtigkeit und insgesamt einem liberalistischen Gesellschaftsbild verknüpft“ sehen. Methodisch werden die Daten anhand eines narrativen Analyseverfahrens ausgewertet, der „Rekonstruktion narrativer Identität“ nach Lucius-Hoene und Deppermann (2004). 3 Interview als Interaktion: Zur Auswertungsmethode Wie Schützes „Narrationsanalyse“ basiert auch diese aus der Psychologie stammende Methode auf den Zugzwängen des Erzählens. Zentraler Ansatzpunkt ist die Interpretation von Gewesenem besonders in Bezug auf ihren Beitrag zur Ermöglichung von Zukunft und Handlungsspielräumen. Der angestrebte Erkenntnisgewinn beziehe sich auf die aktuell vollzogene Identität der erzählenden Person im Hier und Jetzt des Interviews. Damit verliere die Validität biografischen Erinnerns oder der Authentizität des Erzählens als Wiedergabe vergangener Erfahrungsaufschichtungen an Bedeutung. Im Vordergrund stehe vielmehr die Funktion der biografischen Selbstdarstellung im Dienste der aktuellen Identitätsherstellung und der Selbstvergewisserung, des Selbstwerterhalts und der Bewältigung des Erlebten. (vgl. Lucius-Hoene & Deppermann, 2004, S. 10f.) Gerade in Bezug auf den heuristischen Rahmen scheint diese Methode geeignet, um den subjektiven Umgang mit ableistischen Normen narrationsanalytisch herauszuarbeiten. Nach einer strukturellen, sequenziellen Analyse des transkribierten Materials, um besonders dichte Textstellen zu finden, erfolgt eine Feinanalyse auf mikrosprachlicher Ebene nach verschiedenen Punkten. Die Methode selbst versteht sich als Baukastenmethode, die je nach Erkenntnisinteresse genutzt werden kann. So können nach Lucius-Hoene (2010, vgl. S. 593ff.) beispielsweise folgende Textaspekte fokussiert werden: Durch Kategorisierungen zeigt sich, wie die Interviewten ihre Welt (und damit verbundene Personen) konstruieren, womit Werthaltungen erkennbar werden. Bei dem Aspekt Perspektiven geht es darum, welche Sichtweisen und emotionalen und moralischen Positionierungen die Erzählenden einnehmen. Stimmen anderer Leute werden als implizite oder explizite Darstellung untersucht, die beispielsweise Rechtfertigungsaktivitäten oder Abgrenzungen verdeutlichen. Bei Re-Inszenierungen wird vom telling zu showing des Erzählens gewechselt und eine Identifikation mit der Perspektive der erzählenden Person ermöglicht. Die interaktiven Aushandlungsstrategien zwischen Interviewer oder Interviewerin und interviewter Person werden als steuerndes Element des Interviews gedeutet. Die Positionierung als Metaperspektive der Konstruktion von Identität ermöglicht die Rekonstruktion diskursiver Aushandlung der Selbst- und Fremdpositionierungen in Interaktionen und stellt den dritten übergeordneten Auswertungsschritt dar (ebd., vgl. Kap. 9). Diese im Sprechen wahrnehmbare identitätsspezifische Auseinandersetzung mit der eigenen Beeinträchtigung vor dem Hintergrund gesellschaftlicher Normalitätsvorstellungen im normativ-curricular regulierten schulischen Umfeld soll nun durch die Analyse von Interviewauszügen einer sehgeschädigten Jugendlichen, Kai Schuhmann, weiter herausgearbeitet werden. Nach einer biografischen Einführung werden die Themen Positionierung zum Fußball sowie Fußball als identitätsstiftendes und krisenhaftes Moment (4.2) aufgegriffen, gefolgt von Ausführungen zum exklusiven/ inklusiven Schulsport (4.3). VHN 1 | 2020 12 ANNE BÖDICKER Verkörperte Differenz im Kontext von Schule und Sport FACH B E ITR AG 4 Kai Schuhmann Das der folgenden Darstellung zugrunde liegende Interview wurde auf Wunsch der Jugendlichen nachmittags in ihrem Klassenraum geführt, zu dem die Interviewte - wie alle Schülerinnen und Schüler der jeweiligen Klasse - einen eigenen Schlüssel besaß. 4.1 Biografische Daten Kai ist zum Zeitpunkt des Interviews 15 Jahre alt, Schülerin der 9. Klasse und erst seit etwa einem Vierteljahr an ihrer neuen Schule mit Internatsunterbringung. Zunächst besuchte sie eine internationale Grundschule, wiederholte dort das dritte Schuljahr, wechselte nach der vierten Klasse auf ein Regelgymnasium, das sie bis zu ihrem Schulwechsel an die aktuelle Schule besuchte. Fast während der gesamten Schulzeit wurde sie konstant von derselben Förderschullehrerin einmal wöchentlich besucht, die im gemeinsamen, inklusiven Unterricht beratend und materiell die Regelschullehrkraft und Kai unterstützte. Außerdem stand ihr phasenweise ein Zivildienstleistender zur Seite. Mit 16 Monaten wurde Kai adoptiert, etwas später ein weiteres Mädchen, das bei der Adoption zweieinhalb Jahre alt war. Beide Töchter haben eine Sehbeeinträchtigung, wobei Kai ihrer Schwester, die nur ein sehendes Auge besitzt, „100 % Sehfähigkeit“ zuspricht. Sie selbst ist auf einem Auge komplett blind und hat etwa vier Prozent Sehfähigkeit auf dem anderen Auge bei einem eingeschränkten Blickfeld. In ihrem „Ausweis“, wie Kai erzählt, sei „blind“ vermerkt. Während der Grundschulzeit hat die Familie unter der Woche in der Stadt gewohnt, in der die Mutter gearbeitet hat und in der auch die Grundschule der beiden Töchter lag, der Wohnsitz am Wochenende und in den Ferien war in einem anderen Ort, was den Aufbau von Freundschaften außerhalb der Schule erschwerte. Mit Kais Schulwechsel auf die weiterführende Schule ist die Familie erneut umgezogen in die Stadt, in der sich das aufnehmende Gymnasium befand und in der die Familie auch zum Zeitpunkt des Interviews noch wohnt. Kai spielt leidenschaftlich Fußball, hört gern Musik und verbringt ihre freie Zeit mit ihren Freunden. 4.2 Positionierung zum Thema Fußballspielen Als Kai nach ihren Hobbys gefragt wird, antwortet sie lachend: „Ich spiel auf jeden Fall Fußball“ (01: 50 - 01: 54). Sie spricht explizit nicht von Blindenfußball, bei dem die Torwartposition die einzige sehende Position auf dem Spielfeld ist und alle anderen Augenbinden tragen. Ihre Worte „auf jeden Fall“ unterstreichen zudem die Bedeutung des Fußballspielens für sie. Weitere Abschnitte des Interviews zeigen ebenfalls die besondere Wichtigkeit des „normalen“ Fußballspiels in Kais Selbstverständnis als normale, nicht beeinträchtigte Person: „Also ich kann mir keinen Blindenfußball vorstellen, weil ich habe mein Leben so organisiert, dass ich mein Auge nicht unbedingt brauche. […] Ich lebe wie ein Sehender. Ohne Augenlicht. Deswegen, beim Blindenfußball könnte ich nur ins Tor gehen“ (24: 41 - 25: 03). Diese gerade widersprüchlich anmutende Aussage - Sehender ohne Augenlicht - und Kais Selbstpräsentation als aktiv Handelnde, die ihr Leben organisiert, offenbaren einen starken Gestaltungswillen, sich selbst als Person ohne Behinderung, als Sehende zu verstehen und auch so von anderen wahrgenommen werden zu wollen. In Anlehnung an Zinsmeisters Ausführungen kann Kais Narration als (un-)bewusste Darstellung einer „normal fähigen“ Person rekonstruiert werden. Gleichzeitig verdeutlicht diese Aussage in trotzig-lässigem Tonfall durch ihre Positionierung jenseits des Blindenfußballs eine Selbstbeschreibung, die Kais Ringen um ihre Akzeptanz der Beeinträchtigung verdeutlicht, die als identitätsbedrohendes Moment gedeutet wer- VHN 1 | 2020 13 ANNE BÖDICKER Verkörperte Differenz im Kontext von Schule und Sport FACH B E ITR AG den kann und durch das die letzte Aussage einleitende kausale Adverb „deswegen“ noch verstärkt wird. Mit Lucius-Hoene (2010, S. 595) gesprochen, zeigen sich anhand des Auszuges „Aspekte der ständig ablaufenden diskursiven Aktivitäten, mit denen Personen sich in Interaktionen selbst her- und darstellen durch die Attribute, Eigenschaften, Motive oder Rollen, die sie für sich diskursiv relevant machen (Selbstpositionierung). Damit weisen sie zum anderen gleichzeitig und komplementär ihren Interaktionspartner/ innen eine Position zu (Fremdpositionierung)“. Argumentativ unterstützend erzählt Kai anschließend, dass sie - ohne eine konkrete Zeitangabe zu ergänzen - bei einem Training für Blindenfußball war, allerdings waren da „nur so 30-jährige Männer und dann wurde ich immer umgerannt und dann wollte ich da nicht mehr hin“ (25: 23 - 25: 31). Trotzdem kann sie sich eine Teilnahme bei den Paralympics durchaus vorstellen, was als starke Kontrastierung des zuvor Gesagten gedeutet werden kann und einen Hinweis auf ihre narrative Identitätsarbeit im Spannungsfeld von normal vs. sehbehindert gibt. Dennoch: „Normal“ zu sein trotz Beeinträchtigung hat für Kai einen hohen Stellenwert, wie sie mehrmals sagt. 4.3 Fußball als identitätsstiftendes und krisenhaftes Moment Im Interview mit Kai nimmt das Fußballspielen insgesamt einen großen Raum ein. Sie erzählt im Zusammenhang mit Freundschaften in der Grundschule: „Ich bin öfter gegen Mülltonnen gelaufen […] aber ich hab mit denen draußen Fußball gespielt“ (06: 16 - 06: 26). Auffällig ist hier zunächst ihre möglicherweise irritierend klingende Aussage, sie sei gegen Mülltonnen gelaufen, habe dennoch Fußball spielen können, denn damit bekommt man einen Einblick in das Ausmaß ihrer Sehbeeinträchtigung. Gleichzeitig wird daran nachvollziehbar, wie viel Anstrengung es für Kai bedeuten muss, an diesem Fußballspielen teilzuhaben bzw. inwiefern das gemeinsame Ballspiel in Anbetracht ihrer Sehschädigung für sie eine enorme Kompensationsleistung darstellt, mit den anderen ohne Sehbeeinträchtigung mithalten zu können. Scheinbar war dieses Übersehen der Mülleimer aber weder für Kai noch für ihre Mitspielerinnen und Mitspieler auf dem Pausenhof problematisch bzw. eine Situation, die zur Ausgrenzung geführt hätte, denn sie spielte trotzdem „mit denen“ Fußball. Die den Nebensatz einleitende Konjunktion „aber“ stärkt diese Interpretation. Es fällt auf, dass Kai selbst an dieser Stelle des Interviews, wie an vielen weiteren, den Unterschied zwischen „denen“, also den Kindern ohne Beeinträchtigung, und ihr thematisiert. Die Differenzmarkierung kommt hier nur verbal zum Ausdruck, während das gemeinsame Spielen in der beschriebenen Situation alle teilhabenden Kinder verbindet. Kai lässt sich somit nicht behindern und scheint auch von den Gleichaltrigen nicht an der Teilhabe gehindert zu werden. Ihre Anpassung an die normal sehende Umwelt wird in Kais Wahrnehmung belohnt, denn sie stellt in Bezug auf Freundschaften mit nicht beeinträchtigten Gleichaltrigen fest: „Vielleicht ist es anderen Blinden oder so anders ergangen, die hatten keine Freunde oder so, aber bei mir hat das gut geklappt eigentlich“ (06: 33 - 06: 41), wenngleich das abschließende „eigentlich“ ihre Aussage etwas abzuschwächen oder einzuschränken scheint bzw. den Deutungsraum für phasenweise krisenhafte Momente in Bezug auf Freundschaften eröffnet. Liest man diese beiden Textstellen parallel, offenbart sich wieder das Spannungsfeld, in dem Kai sich bewegt: Einerseits unterscheidet sie zwischen „denen“, den Normalen, und sich, der „Anderen“, andererseits präsentiert sie sich in ihrer Narration wiederum nicht als selbstverständlichen Teil der „Anderen“, der Sehbeeinträchtigten, was sich bereits in der Aussage, sie lebe wie ein Sehender ohne Augenlicht, angedeutet hat und in Bezug auf den Sportunterricht an der Förderschule ebenfalls zeigen wird. VHN 1 | 2020 14 ANNE BÖDICKER Verkörperte Differenz im Kontext von Schule und Sport FACH B E ITR AG Als Kai von ihrem Wechsel von der Grundschule auf ein Regelgymnasium erzählt, ist Fußball erneut von Bedeutung für sie. Denn durch ein Probetraining am neuen Wohnort vor Beginn des neuen Schuljahres kennt sie bereits einen zukünftigen Mitschüler: „Und da wussten wir voneinander, dass wir beide Fußball spielen, und dann haben wir beide uns so irgendwie zusammengetan oder so“ (11: 55 - 12: 03). Für Kai lässt sich dieses Zusammentun an der Stelle nicht genauer sprachlich fassen, wie ihre Worte „so irgendwie […] oder so“ zeigen. Im Sinne einer ableismuskritischen Perspektive kann Kais Erzählung als Bewegung innerhalb einer der schulischen Logik immanenten Normalmatrix rekonstruiert werden, denn es ist „normal“, Freunde zu haben. Diese durch den Sport neu entstandene Freundschaft mit einem nicht beeinträchtigten Mitschüler hat über ihre gesamte Zeit an der dortigen Schule Bestand und kann als sie stabilisierend bezeichnet werden, gerade in manchen Situationen auf dem Flur in der fünften und sechsten Klasse, in denen sie mit „blöden Kommentaren oder so“ von anderen Kindern konfrontiert wird. „Deswegen [wegen der Freundschaft, AB] […] mich stört sowas halt irgendwie nicht“ (12: 09 - 12: 18). Diese Freundschaft scheint für Kais Ankommen in der neuen Schule hilfreich, dennoch spricht sie davon, sich erstmal einen Platz in der Klasse erarbeitet haben zu müssen, weil „ich bin zugezogen“ (11: 24 - 11: 27). Sie führt weiter aus, dass die anderen Kinder sich schon zum Teil aus der Grundschule oder über Eltern kannten, die miteinander befreundet waren. Als zweite Besonderheit, die sie ebenfalls als erschwerend beim Start an der neuen Schule empfindet, ergänzt Kai: „Eben meine Augen“ (11: 27 - 11: 29). In diesem Zitat zeigt sich etwas, das an mehreren Stellen des Interviews zu finden ist: Kai setzt ihre Augen zentral, möglicherweise losgelöst vom restlichen, funktionierenden, gesunden Körper, und findet in ihnen eine Begründung, wenn Dinge nicht so laufen, wie sie es sich wünscht oder erhofft. Ein weiteres Beispiel dafür offenbart sich in ihrer Erzählung, als sie zum Sichtungstraining bei einer nationalen Sportorganisation eingeladen ist. Zu Beginn der Sequenz erzählt Kai, dass ihr die Chance „versaut wurde“, aus ihrem Hobby Fußball einen Beruf zu machen, „wegen meinen Augen“ (22: 52 - 22: 58). In dieser Formulierung zeigt sich ihre eigene Unschuld bzw. Passivität. Die Interpretation des gesamten Interviews lässt den Schluss zu, dass Kai sich in diesem Zusammenhang als Opfer erfährt, was eine aktive Behinderung durch andere impliziert. Auf Nachfrage der Interviewerin erzählt Kai im Weiteren von einer Einladung zu einem Probetraining bei eben jener Organisation: „Und dann hatten die auch eigentlich einen ganz guten Eindruck von mir. Das hat man gemerkt. Hm, dann war da leider aber auch noch ein Mädchen, das schon gegen mich gespielt hat. Und die wusste halt, weil es gibt nicht so viele, die im Fußball sind und nicht so gut sehen, also wusste die, dass ich nicht gut sehe. Und bei ihr ging es darum weiterzukommen. Und mein Platz hätte dann, ist dann ihrer geworden. Und dann ist sie zu ihrem Vater gerannt und hat gesagt ‚die kennen wir doch‘. Und dann ist der Vater zum Trainer, ‚ey gucken Sie mal da. Die mit der Kappe, die sieht nichts‘. Ja und dann ist der Trainer zu mir gekommen, hat gesagt, dass meine Leistungen ganz gut sind und so, aber es leider nicht reicht. Aber man hat gemerkt, dass das wegen der Augen war“ (23: 14 - 24: 09). In dieser Erzählpassage lässt Kai andere Personen zu Wort kommen durch die Verwendung einer Außenperspektive. Diese Re-Inszenierung wird durch die Verwendung der indirekten Redewiedergabe hervorgebracht und ermöglicht der Interviewerin eine bessere Identifikation mit der Perspektive der Erzählenden. Es scheint, als habe Kai diese Version bereits häufiger erzählt und dadurch für sich angenommen, um mittels Distanzierung mit dieser schwierigen Situation, die negativ für den sonst positiv belegten und identitätsstiftenden Sport wirkt, umgehen zu können. Im Sinne einer Resilienzstrategie ließe sich interpretieren, dass Kai den sportlichen Misserfolg von VHN 1 | 2020 15 ANNE BÖDICKER Verkörperte Differenz im Kontext von Schule und Sport FACH B E ITR AG sich selbst abkoppeln möchte. Ihre Sehbehinderung stellt sie demgegenüber sachlich und neutral dar, indem sie schlicht sagt, dass sie nicht gut sieht. Dadurch wird einmal mehr Kais besonderer Umgang mit ihrer Sehschädigung deutlich, die Augen werden erneut - sprachlich in fast gleicher Weise wie zu Beginn der Erzählpassage - als Argument dafür angeführt, dass sie bzw. ihre sportliche Leistung keinen Einfluss darauf hatte, als Auswahlspielerin angenommen zu werden. Die Interpretation der gesamten Narration in diesem Kontext erlaubt die Schlussfolgerung, dass Kai sich ohnmächtig und ausgeliefert fühlt. Hinzu kommt eine Wut auf andere, die sich nicht Kais normativen Erwartungen entsprechend verhalten, wie im folgenden Textabschnitt gezeigt wird, wenn es um Sport als Unterrichtsfach an der Förderschule geht. 4.4 Schulsport an der Förderschule und inklusiv am Gymnasium Kai erzählt im weiteren Verlauf des Interviews von ihren Eindrücken an der Förderschule, die sie nach über neun Jahren in Regelschulen seit Kurzem besucht. In dieser Passage zeigt sich Kais - normativ geprägte - Verwunderung über die motorische Unsicherheit mancher und deren körperliche Verhaltensweisen wie Herumzappeln, sodass sie sich die Frage stellt: „Hm, seid ihr eigentlich nur sehbehindert oder auch noch anders? “ (37: 51 - 37: 55). Wieder verdeutlicht diese Narration durch die gewählten Worte „seid ihr“, dass Kai sich nicht als Teil dieser Gruppe fühlt, und gleichzeitig lässt sich eine negative Sicht auf ihre Mitschülerinnen und Mitschüler in der Verbalisierung „eigentlich nur sehbehindert oder auch noch anders“ erkennen. Die körperlichen Auffälligkeiten missfallen ihr, sie findet dieses Verhalten befremdlich und stellt in Frage, ob die anderen nicht mehrfach „behindert“ seien. Damit stellt sie Differenz über körperliche Heterogenität bzw. besonderes Verhalten innerhalb der Gruppe der Sehgeschädigten her, von der sie sich gleichzeitig durch das benutzte „ihr“ ausschließt. Kais Äußerung kann als eine Orientierung am Durchschnitt, an der Normalität verstanden werden. Dies wird im weiteren Verlauf des Interviews erneut deutlich, als Kai von einem Erlebnis aus dem Sportunterricht der Förderschule erzählt: „Jede normale Klasse mit sehenden Schülern würde jetzt sagen, wenn wir eine Freistunde haben, Völkerball oder so. Und die Klasse möchte eh (…) kennen Sie Ball über die Matte? Das haben wir heute gespielt“ (38: 25 - 38: 41). Ihre Entrüstung über das freiwillig gewählte und ihrem Empfinden nach „unnormale“ Spiel ist anhand ihres Tonfalls deutlich hörbar. Durch ihre sprachlich markante Positionierung, ihre Klasse als nicht „normal“ anzusehen und sehende Schülerinnen und Schüler dieser verallgemeinernd entgegenzusetzen, verstärkt sich die Aussagekraft auf der inhaltlichen Ebene. Ihre Auseinandersetzung mit „normalen“ Fähigkeitszuschreibungen wird beim Erzählen über den weiteren Verlauf der Sportstunde abermals deutlich, denn trotz der Tatsache, dass der Ball ein Gymnastikball war, auf dem man auch sitzen kann, hat sich Kai beim Spiel den Finger umgeknickt, „obwohl der nicht hart war. Weil der halt so komisch aufgekommen ist. Weil ich den nicht/ weil ich den mit meinen Händen nicht greifen konnte. Der war wirklich groß“ (38: 41 - 38: 56). Dieser Interviewauszug greift erneut ihre Situation zwischen eigenem Anspruch und realen Umsetzungsmöglichkeiten auf, da sie sich trotz der Adaption verletzt. Gleichzeitig verdeutlicht diese Aussage ihre Abneigung gegen diejenigen, die sich anders verhalten als sie, wenn sie weiter ausführt: „Und dann wollten wir einen kleineren nehmen, der auch noch doppelt so groß war wie ein normaler Fußball, und dann haben andere rum/ rumgeflennt, so gesehen“ (38: 57 - 39: 04). Zunächst positioniert sich Kai als Teil der Gruppe, die das Spiel herausfordernder gestalten wollten, gekennzeichnet durch das Pronomen „wir“. Als dies nicht umgesetzt wird, tritt die sprachliche Differenz VHN 1 | 2020 16 ANNE BÖDICKER Verkörperte Differenz im Kontext von Schule und Sport FACH B E ITR AG durch ihre negativ konnotierte Wortwahl „rumgeflennt, so gesehen“ in Kombination mit den „anderen“ wieder auf. Kai möchte „normale“ Spiele spielen, sie lehnt blindenspezifische Sportarten und somit die ihr durch die Sportlehrkraft und ihre Mitschülerinnen und Mitschüler zugeschriebene Sonderrolle an dieser Stelle des Interviews ab. Weiter argumentiert sie: „Judo/ eh Judo, Reiten und Schwimmen und so, und Rudern, das sind/ ich weiß nicht, blindenspezifische Sportarten. Ganz viele blinde und sehbehinderte Leute machen sowas, finde ich. Vor allem Reiten und so. Und das ist halt nicht die Normalität, finde ich“ (41: 04 - 41: 22). Mit dieser wieder generalisierenden Aussage legt sie einmal mehr fest, was für sie Normalität bedeutet und dass „ganz viele blinde und sehbehinderte Leute“ ihrem Bild nicht entsprechen. Orientiert sich die Interpretation an den Ausführungen Buchners und Pfahls (2017, S. 212) zu den essential abilities, kann in Kais Narration eine Negativschablone - vom fähigen Subjekt zu unfähigen Subjekten - rekonstruiert werden, womit sich gesellschaftliche Normalitätskonstruktionen in Kais Sprechen aufzeigen. Gleichzeitig erscheint sie als selbstbewusstes Subjekt und drückt ihre Unzufriedenheit mit dieser Situation aus: „[…] das stört mich am meisten, diese Sportarten, die es hier nicht gibt“ (41: 23 - 41: 26). Kai möchte also nicht adaptierten, sondern „normalen“ Sportunterricht erleben, ihr eigener Anspruch ist es, „normal“, also wie eine Sehende, behandelt zu werden und sportliche Herausforderungen anzunehmen, wie sie im Interview erzählt. Dafür nimmt Kai in Kauf, beim Sport teilweise ihre körperlichen Leistungsbzw. Fähigkeitsgrenzen schmerzlich zu spüren oder auch im inklusiven Sportunterricht „mal einen Ball ans Gesicht [zu, AB] bekommen“ (39: 30 - 39: 34), weil sie ihn zu spät gesehen hat, wie sie an anderer Stelle erzählt. Eine weitere Sequenz, in der sie über den inklusiven Sportunterricht an ihrem Regelgymnasium erzählt, verdeutlicht, wie schwer ihr das Einnehmen einer Sonderrolle fällt. Sie berichtet vom Badmintonspiel ihrer Klasse, Kai aber spielt mit einer Schülerin ihrer Wahl Speedminton wegen des anderen Balls und dessen Flugeigenschaften und der besseren Sichtbarkeit. Zusätzlich gibt es eine Vereinfachung hinsichtlich der Spielfläche. Diese Adaptionen kann sie nicht gut aushalten, wie folgende Aussage erkennen lässt: „Aber das sind alles Dinge, die ich selbst auch nicht wollte, angepasst, aber es hätte nie anders funktionieren können“ (39: 56 - 40: 05). Hier lässt sich Kais Einsicht sprachlich rekonstruieren, wenngleich ihr Hadern damit zum Ausdruck kommt: u. a. durch das zweimalige „aber“, die Benutzung des Konjunktiv 2 zur Verdeutlichung der nicht realen anderen Möglichkeit „hätte nie anders funktionieren können“ und ihre Worte „nicht wollte, angepasst“. Abschließend kommentiert Kai die Szene folgendermaßen: „Und am Ende hat es auch Spaß gemacht, und/ und so, aber diese Veränderung selbst anzunehmen, annehmen zu müssen, fällt mir schwer“ (40: 25 - 40: 33), womit sie selbst ihr Spannungsverhältnis im Umgang mit der Andersheit ausdrückt, verstärkt durch die verbale Klimax „anzunehmen, annehmen zu müssen“. 5 Theoretische Vertiefung einzelner Ergebnisse Kai präsentiert sich als willensstarke Person mit einem hohen Eigenanspruch in Bezug auf ihren Umgang mit der Sehbehinderung. Wenn sie beispielsweise Fußballspielen als ihr zentrales Hobby benennt, grenzt sie sich damit zunächst vom Blindenfußball eindeutig ab. Für Kai hat das Fußballspiel mit anderen Kindern, die nicht beeinträchtigt sind, einen großen Stellenwert, und es zeigt sich für die Rekonstruktion, dass Behinderung hier keine ontologische Tatsache ist (vgl. Dederich, 2010). Kai ist trotz ihres vermeintlichen Nachteils der Sehbehinderung Teil der Gruppe der Fußball- VHN 1 | 2020 17 ANNE BÖDICKER Verkörperte Differenz im Kontext von Schule und Sport FACH B E ITR AG spielenden auf dem Schulhof. Anhand Kais Erzählung kann in ihrer Peergroup eine für sie legitime soziale und sportliche Rolle rekonstruiert werden. Möglicherweise bedingt diese Erfahrung auch Kais überwiegende Präsentation als normal Sehende. Doch „Normalität [muss] immer wieder neu hergestellt werden. Sie ist nicht mehr ein Effekt a priori gesetzter Vorschriften, sondern ein a posteriori konstituierter Tatbestand. […] Das Wissen darüber, was die anderen tun, beeinflusst unser Verhalten; Normalität wirkt nicht länger über äußeren Zwang, sondern wird von den handelnden Subjekten selbst hergestellt“ (Waldschmidt, 2009, S. 277). Weiter schreiben Karačić und Waldschmidt (2018, S. 420f.) diesbezüglich: „Viele behinderte Menschen orientieren sich an den gesellschaftlich etablierten Norm(alitäts)vorstellungen und hinterfragen diese nicht; vielmehr übernehmen sie selbst negative Konzepte von Behinderung“, was sich in Kais Frage, ob andere sehbehinderte Mitschülerinnen und Mitschüler nur sehbehindert seien, oder in ihrer Aussage, einige hätten „rumgeheult“, als ein kleinerer Ball im Sportunterricht der Förderschule zur Diskussion stand, zugespitzt verdeutlicht. In Kais Narrationen lassen sich „idealtypische Normvorstellungen“ und eine Orientierung an „(sportiv) leistungsfähige[n] Körpern“ rekonstruieren (vgl. Ruin & Giese, 2018, S. 188). Brian, Haibach-Beach, Lieberman und Giese (2017) verweisen in Bezug auf motorische Fertigkeiten bei sehgeschädigten Schülerinnen und Schülern darauf, dass sich die größten Entwicklungsverzögerungen bei diesen Kindern „bei der Einhandgeschwindigkeit, bei der Augen-Hand-Koordination, beim Fangen sowie bei statischen und dynamischen Gleichgewichtsaufgaben“ zeigten (ebd., S. 290). Auch wenn Kais Erzählung über ihren umgeknickten Finger in Verbindung zu der obigen Aussage stehen kann, scheint sie dennoch über eine hohe Selbsteinschätzung ihrer motorischen Kompetenzen zu verfügen (vgl. ebd., S. 289), da sie sich gegen die Zuweisung einer Sonderrolle im Sport(-unterricht) verwehrt, wie sie von Block et al. (2017) herausgearbeitet wurde. Gleichzeitig bestätigen Kais Aussagen auch die von Ruin und Giese (2018) vorgestellten Untersuchungsergebnisse, denn auch in Kais Sprechen lässt sich das Hadern mit dem Gefühl, „andersartig“ zu sein, rekonstruieren. Auch werden in Kais Darstellungen ihre Augen u. a. als Begründung herangezogen, weshalb ihr etwas versagt wurde, wie beispielsweise der Wechsel nach der Grundschule auf ein bestimmtes Gymnasium oder die Aufnahme in den Kader beim Sport. Mit Blick auf die gewählte Auswertungsmethode, die narrative Identität rekonstruiert, kann bezüglich Kais Identität auch auf die interaktionistische Perspektive Goffmans (1967, vgl. S. 20) Bezug genommen werden. Damit können diese Aussagen nach Goffman so gedeutet werden, dass Kai als ein stigmatisiertes Individuum zu bezeichnen ist, welches möglicherweise sein Stigma für sekundäre Gewinne nutzt, als Entschuldigung für seinen Misserfolg, der ihm aus anderen Gründen widerfahren ist. Goffman (ebd., S. 96) schreibt allgemein: „Wegen der großen Belohnung, die die Tatsache, als normal betrachtet werden zu können, mit sich bringt, werden fast alle Personen, die die Möglichkeit haben, zu täuschen, dies auch bei irgendeiner Gelegenheit absichtlich tun.“ Wird an die obige Interpretation im Sinne einer Resilienzstrategie angeknüpft, ließen sich diese Aussagen allerdings nicht so interpretieren. An Buchners und Pfahls (2017, S. 215) Ausführungen anschließend will Kai zu den „vermeintlich Normalen“ dazugehören. Buchner und Pfahl verweisen in diesem Zusammenhang darauf, dass mit „der Etablierung des in das Konzept der kindlichen Entwicklung verstrickten ‚ableist divide‘ in nicht/ normal […] demnach ein bedrohlicher normativer Schatten“ (ebd.) entsteht, der sich auch im vorliegenden Material narrativ rekonstruieren lässt. Kai bewegt sich permanent im Spannungsfeld von (il-)legitimen, normierten Leistungserwartun- VHN 1 | 2020 18 ANNE BÖDICKER Verkörperte Differenz im Kontext von Schule und Sport FACH B E ITR AG gen im Bereich (Schul-)Sport sowie den intendierten Zielperspektiven einer inklusiven Gesellschaft (vgl. Ruin & Giese, 2018, S. 188). Im Rahmen der Rekonstruktion Kais narrativer Identität vor dem Hintergrund der Erzählungen im schulischen Umfeld kann zur weiteren Einordnung außerdem auf Pfahl (2012, S. 432f.) verwiesen werden: „Das Schulwesen richtet eine symbolische Ordnung auf, an der Schüler und Schülerinnen sich in ihren Selbstbeschreibungen und Handlungsstrategien orientieren. Es (re-)produziert nicht nur Wissen um soziale Wertigkeit von Individuen, sondern eröffnet, begrenzt und strukturiert deren Handlungsfähigkeit.“ 6 Offene Fragen und mögliche Schlussfolgerungen im schulischen Kontext Diese Darstellungen einer jugendlichen Sehgeschädigten zum Sport(-unterricht) verdeutlichen die differenzierten Herausforderungen, mit denen in Bezug auf (schulische) Inklusion umgegangen werden muss: Im Spannungsfeld zwischen der Standardisierung von Körpern und den individuellen Bedarfen der Einzelnen muss eine theoretische Auseinandersetzung um (fach-)didaktische Konzepte inklusiven Unterrichtes vor der Folie gesellschaftlicher Normalitätssetzungen stattfinden. Ziele könnten eine weitere theoretische Fundierung vor dem Hintergrund ableistischer Normalitätsanforderungen sowie eine praxiswirksame Theorie schulischer Inklusion sein. Eine systematische Analyse, inwiefern es sich im schulisch-organisatorischen Kontext in den dargestellten Interviewauszügen auch um direkte oder indirekte institutionelle Diskriminierung handelt, steht noch aus. Die etwa im Titel zitierte Frage ist möglicherweise von der fragenden Person als rücksichtsvoll und umsichtig intendiert, denn sie erkennt das Gegenüber als Individuum mit besonderen Bedarfen an. Gomolla (2017) verweist darauf, dass institutionelle Diskriminierung auch im Handeln wohlmeinender Akteurinnen und Akteure zustande kommt, und deshalb müssen latente Formen der Benachteiligung und des Ausschlusses zur Sprache gebracht und für selbstverständlich genommene Überzeugungen, Wertorientierungen und Praktiken infrage gestellt werden (vgl. ebd., S. 142), um der Organisation Schule strukturell immanente Inklusionshemmnisse sichtbar zu machen (vgl. Giese, 2019, S. 111). Mit Blick auf das pädagogische Handeln spricht Buchner (2018, S. 323) bezüglich einer inklusiven Bildung von dem „Verlernen ableistischer Normalitäten“, dies meint „eine stete Arbeit an der eigenen Einstellung in Richtung eines transnormalistischen anders Denkens“ (ebd.). Umso mehr gilt: Die Individuen mit ihren jeweils spezifischen Voraussetzungen sowohl in ihren körperlichen Beschaffenheiten, aber eben auch in ihrer persönlichen Positionierung zur eigenen Beeinträchtigung sowie deren (Nicht-)Akzeptanz müssen bei den Unterrichtsplanungen in annehmbarer Form berücksichtigt und im Unterrichtsgeschehen selbst sprachsensibel und situationsangemessen behandelt werden, um mögliche atypische und ausgrenzende Situationen zu vermeiden. Aus allgemeindidaktischer Perspektive scheint das von Capovilla, Gebhardt und Hastall (2018) skizzierte Modell des Universal Design for Learning für Unterrichtsplanungen in inklusiven Settings basal. Allerdings müsste komplementierend ein Einbezug des Individuums mit seinen individuellen Bedarfen mitgedacht werden. Innerhalb des Sportfachdiskurses kann das Modell „Sportunterricht Inklusiv“ von Tiemann (2016, o. S.) als möglicher Ansatzpunkt für inklusiven Sportunterricht verstanden werden. Als grundlegend für dieses Modell wird die wertschätzende Haltung „gegenüber dem Anders-Sein von Menschen“ (ebd.) gesehen, womit im Sinne des Ableismus ein legitimes Konzept von Fähigkeitsvorstellungen und Körpern zugrunde liegt. VHN 1 | 2020 19 ANNE BÖDICKER Verkörperte Differenz im Kontext von Schule und Sport FACH B E ITR AG Literatur Block, M. E., Giese, M. & Ruin, S. (2017). Inklusiver Sportunterricht - eine internationale Standortbestimmung. Sonderpädagogische Förderung heute, 62 (3), 233 -243. https: / / dx.doi.org/ 10.3262/ sof1703233 Brian, A., Haibach-Beach., P., Lieberman, L. & Giese, M. (2017). 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