eJournals Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete 89/4

Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete
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0017-9655
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
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2020
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Aktuelle Forschungsprojekte: Lehramtsrelevante Grundlagen inklusiver Bildung durch digitales Kollaborationslernen: Das Projekt GINDIKO

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Michael Schön
Rolf Arnold
An der TU Kaiserslautern (TUK) werden im Fachgebiet Pädagogik seit mehreren Jahren Onlineseminarformate konzipiert, angeboten und evaluiert, die insbesondere Selbststeuerung, Selbstlernen und Coaching sowie auch allgemein die Kollaboration und Kooperation von Lernenden fokussieren (z.B. Arnold, Bogner & Prescher, 2012; Arnold & Schön, 2019; Bogner, 2010; Schön & Justus, 2019). Das im Folgenden vorgestellte Formatkonzept befindet sich aktuell als Teilprojekt „Grundlagen inklusiver Bildung durch digitales Kollaborationslernen“ (GINDIKO) im Rahmen des BMBF-geförderten Gesamtprojektes „U.EDU: Unified Education – Medienbildung entlang der Lehrerbildungskette“ in Entwicklung und Evaluation.
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297 AK TU E LL E FORSCHUNGSPROJ E K TE Lehramtsrelevante Grundlagen inklusiver Bildung durch digitales Kollaborationslernen: Das Projekt GINDIKO Michael Schön, Rolf Arnold TU Kaiserslautern An der TU Kaiserslautern (TUK) werden im Fachgebiet Pädagogik seit mehreren Jahren Onlineseminarformate konzipiert, angeboten und evaluiert, die insbesondere Selbststeuerung, Selbstlernen und Coaching sowie auch allgemein die Kollaboration und Kooperation von Lernenden fokussieren (z. B. Arnold, Bogner & Prescher, 2012; Arnold & Schön, 2019; Bogner, 2010; Schön & Justus, 2019). Das im Folgenden vorgestellte Formatkonzept befindet sich aktuell als Teilprojekt „Grundlagen inklusiver Bildung durch digitales Kollaborationslernen“ (GINDIKO) im Rahmen des BMBF-geförderten Gesamtprojektes „U.EDU: Unified Education - Medienbildung entlang der Lehrerbildungskette“ in Entwicklung und Evaluation. Hintergrund Die Stellungnahme der DGfE im Jahre 2017 und die gemeinsame Empfehlung der Hochschulrektoren- und Kultusministerkonferenz bzgl. einer „Lehrerbildung für eine Schule der Vielfalt“ (KMK, 2015) weisen auf die Dringlichkeit inklusiver Grundlagenbildung für Lehrkräfte hin: „Der professionelle Umgang mit Inklusion kennzeichnet künftig eine allgemeine Anforderung an die Lehrerbildung. (…) Die für den Lehrerberuf benötigten Kompetenzen schließen neben Kenntnissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten auch Einstellungen und Haltungen gegenüber Vielfalt ein“ (ebd., S. 3). Neben sonderpädagogischen und diagnostischen Kompetenzen bedarf es auch der Entwicklung selbstreflexiver Prozesse und entsprechender Einstellungen und Haltungen bezüglich inklusionsspezifischer Diversität. Unter Lehramtsstudierenden herrscht große Unsicherheit bezüglich des methodisch-didaktischen Umgangs mit Inklusionsklassen, was sich mitunter in ihren Einstellungen zu Inklusion widerspiegelt (Schön, Stark & Stark, 2018). Eine positive Ausprägung der Einstellungen gilt jedoch für ein Gelingen der Inklusion zugleich als unerlässlich (Werning, 2014). Schulische Inklusion erfordert aufgrund ihrer systemischen Ausrichtung ein pädagogisches Denken, das auf aktive Förderung durch innere Differenzierung, Kompetenzvermittlung und die Befähigung zu selbstorganisiertem, lebenslangem Lernen (Hillenbrand, Melzer & Hagen, 2013) sowie auf „collaborative problem-solving“ (Porter, 1997, S. 72) setzt. Zentral ist dabei auch die Notwendigkeit einer kollegialen Vernetzung der Lehrkräfte untereinander (Textor, 2015). Hillenbrand et al. (2013, S. 51) nennen hinsichtlich der inklusionsspezifischen Professionalisierung der universitären Lehrerbildung u. a. drei Kompetenzen, die bei Lehramtsstudierenden diesbezüglich gefördert werden sollten: (1) die Wertschätzung von Verschiedenheit, (2) die Fähigkeit zur Kooperation und (3) die Bereitschaft zur selbstständigen Weiterbildung respektive lebenslanges Lernen. Ziele des Projekts Als Ziele des Projektes GINDIKO lassen sich die folgenden Punkte fixieren: n Konzeption, Entwicklung, Durchführung, Evaluierung und Implementation eines onlinebasierten Lehr-Lernbzw. Seminarkonzepts, bei dem sich Lehramtsstudierende kollaborativ mit dem Grundlagenwissen gelingender schulischer Inklusion vertraut machen. n Studierende sollen eine positive Haltung gegenüber der Idee der Inklusion entwickeln. n Ferner sollen durch die kollaborativ-computergestützte Form der Wissensgenerierung die Selbstlernkompetenz, der Perspektivenwechsel, die Kooperationsbereitschaft, der Netzwerkgedanke sowie indirekt auch medienpädagogische Kompetenzen gefördert werden. Maßnahmen und Vorgehen Im Projekt GINDIKO wird ein Onlineseminarkonzept zur inklusionsspezifischen Grundlagenbildung für Lehramtsstudierende konzipiert, entwickelt und erprobt. Im Rahmen des online durchgeführten bildungswissenschaftlichen Bachelorseminars „Heterogene Lerngruppen: Inklu- VHN, 89. Jg., S. 297 -298 (2020) DOI 10.2378/ vhn2020.art39d © Ernst Reinhardt Verlag VHN 4 | 2020 298 AK TU E LL E FORSCHUNGSPROJ E K TE sion in Schule und Unterricht“ werden fünf grundlegende Themenfelder schulischer Inklusion vorgestellt, behandelt und reflektiert: (1) Inklusionsspezifische Theorien und Modelle, (2) Inklusion im deutschen Bildungssystem und im internationalen Vergleich, (3) inklusive Schulentwicklung, (4) Heterogenität und Differenzierung sowie (5) inklusive Unterrichtsentwicklung. Methodisch-didaktisch orientiert sich das Onlineseminar an computer-supported collaborative learning bzw. CSCL (Haake, Schwabe & Wessner, 2012), an Peer-E-Coaching (Arnold, Bogner & Prescher, 2012) sowie am Kompetenzmodell lebendigen und nachhaltigen Lernens (Arnold, 2012). Aufgaben- und Feedbackinstruktionen werden dabei mittels eines Kollaborationsskripts dargeboten, um Anleitung und Orientierung zu geben (Weinberger & Fischer, 2012). Die Lernenden eignen sich das erforderliche Grundwissen individuell im Rahmen ausführlicher Lektürearbeit sowie kollaborativ durch Diskussion spezifischer Aufgabenstellungen an, die sie auf Basis von Arbeitsaufträgen individuell oder kooperativ in ihren Lern- und Arbeitsgruppen bearbeiten. Sämtliche Inhalte und Aufgaben sind auf der Lernplattform OLAT des Virtuellen Campus Rheinland-Pfalz hinterlegt. Die Aufgaben im Onlineseminar bestehen u. a. in der Durchführung von Fallanalysen, dem Anfertigen von Essays sowie dem Erstellen von Concept- Maps. In jedem der fünf Themenbereiche stehen diesbezüglich verschiedene frei wählbare Individual- und Gruppenaufgaben zur Verfügung. Nach dem Prinzip der Gamification (Zichermann & Cunningham, 2011) werden im Seminar feste Punktzahlen für bestimmte Teilleistungen vergeben, wobei individuell mindestens 100 Punkte für den erfolgreichen Abschluss des Seminars erzielt werden müssen. Die Ausgestaltung des eigenen Lernprozesses - d. h. die Auswahl der Aufgaben - ist dabei den Studierenden überlassen. Indem die Studierenden mittels Punktetabelle stetig über ihren Leistungsfortschritt informiert werden und ihre eigenen Lernleistungen auf Basis der jeweils erreichbaren Punkte planen, sollen Motivation sowie das Ausmaß der Verantwortung für den eigenen Lernprozess gesteigert werden (Sailer, 2016). Die Punktetabelle bietet zudem die Möglichkeit, den eigenen Punktestand mit dem der Kommilitonen zu vergleichen, was als weiterer Faktor die Motivation und Leistung fördern kann (Landers & Landers, 2014). Die Auseinandersetzung mit den Vorlesungsinhalten unterstützt einen (formativen) Feedback- und Diskussionsprozess, in dem argumentativ und kollaborativ Wissen konstruiert wird. Feedback und Diskussion finden innerhalb der verschiedenen thematischen Foren des OLAT-Onlinekurses statt, in denen die bearbeiteten Individual- oder Gruppenleistungen hochgeladen und so von den anderen Teilnehmenden eingesehen werden können. Anhand eines Kooperationsskripts sollen diese kommentiert werden, was den Teilnehmenden wiederum einen Perspektivenwechsel ermöglicht. Ausblick Für den Forschungsprozess sind qualitative und quantitative Methoden im Sinne eines Mixed- Method-Designs geplant. Hinsichtlich des Umfangs und des Niveaus der Kollaborationen sind qualitative Inhaltsanalysen geplant. Als Datengrundlage dienen die schriftlichen Aufgaben, Feedbacks und Diskussionsverläufe aus dem Onlinekurs sowie eine Abschlussbefragung. Des Weiteren werden die Einstellungen der Teilnehmenden zu Beginn und Ende des Seminars mittels standardisierter Fragebögen sowie der Wissensstand bzw. die Vorstellungen bezüglich Inklusion durch offene Fragen schriftlich erhoben. Eine erste Test- und Entwicklungsphase der Seminarinhalte erfolgte im Wintersemester 2019/ 20. Die Pilotierung des Onlineseminars findet im Sommersemester 2020 an der TUK statt. Förderhinweis: Das Vorhaben „U.EDU: Unified Education - Medienbildung entlang der Lehrerbildungskette“ (Förderkennzeichen: 01JA1916) wird im Rahmen der gemeinsamen „Qualitätsoffensive Lehrerbildung“ von Bund und Ländern aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung gefördert. Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung liegt bei den Autoren. Für weitere Informationen und Literaturangaben wenden Sie sich gerne an michael.schoen@sowi.uni-kl.de