Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete
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0017-9655
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
10.2378/vhn2020.art05d
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Fachbeitrag: Normalität und Behinderung aus Kindersicht
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David Brehme
Anita Gerullis
Christian Huber
Der Begriff Behinderung ist nicht ohne ein Normalitätskonzept zu denken. Es gibt jedoch kaum empirische Untersuchungen dazu, in welchem Verhältnis Behinderung und Normalität stehen, wenn Kinder über Behinderung sprechen. Im Rahmen dieser Studie wurden sieben Gruppeninterviews mit Grundschulkindern (N=28; 4.–6. Klasse) an inklusiven Schulen (N=4) durchgeführt. Die Interviewtranskripte wurden mittels einer diskursanalytisch-informierten Inhaltsanalyse ausgewertet. Dabei konnten drei distinkte Beziehungen zwischen Normalität und Behinderung gezeigt werden: (a) als dichotome, nichtüberlappende Konzepte, (b) als Extreme auf einem Kontinuum und (c) als vollständig überlappende Konzepte, in der „behindert“ sein bedeutet, „normal“ zu sein. Diese drei Varianten der Beziehung zwischen Normalität und Behinderung werden im Kontext der Normalismustheorie (Link, 1998, 2004) diskutiert.
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50 VHN, 89. Jg., S. 50 -63 (2020) DOI 10.2378/ vhn2020.art05d © Ernst Reinhardt Verlag Normalität und Behinderung aus Kindersicht Ergebnisse einer qualitativen Interviewstudie an inklusiven Grundschulen 1 David Brehme Humboldt-Universität zu Berlin Anita Gerullis, Christian Huber Bergische Universität Wuppertal Zusammenfassung: Der Begriff Behinderung ist nicht ohne ein Normalitätskonzept zu denken. Es gibt jedoch kaum empirische Untersuchungen dazu, in welchem Verhältnis Behinderung und Normalität stehen, wenn Kinder über Behinderung sprechen. Im Rahmen dieser Studie wurden sieben Gruppeninterviews mit Grundschulkindern (N = 28; 4. -6. Klasse) an inklusiven Schulen (N = 4) durchgeführt. Die Interviewtranskripte wurden mittels einer diskursanalytisch-informierten Inhaltsanalyse ausgewertet. Dabei konnten drei distinkte Beziehungen zwischen Normalität und Behinderung gezeigt werden: (a) als dichotome, nichtüberlappende Konzepte, (b) als Extreme auf einem Kontinuum und (c) als vollständig überlappende Konzepte, in der „behindert“ sein bedeutet, „normal“ zu sein. Diese drei Varianten der Beziehung zwischen Normalität und Behinderung werden im Kontext der Normalismustheorie (Link, 1998, 2004) diskutiert. Schlüsselbegriffe: Inklusion, Schule, Normalität, Behinderung, Qualitative Inhaltsanalyse Normality and Disability: An Interview Study with Children Attending Inclusive Primary Schools Summary: The term disability cannot be conceived of without a concept of normality. Yet, there are no empirical studies on the relation between these two concepts regarding the way children talk about them. For this study, seven group interviews were conducted with primary school-aged participants (N = 28; year 4 to 6) in inclusive school settings (N = 4). The interview transcripts were analysed based on a discourse analytically-informed qualitative content analysis. We were able to find three distinct relations between normality and disability: (a) as dichotomous, non-overlapping concepts, (b) as the two extremes on the same continuum, and (c) as fully interoperable concepts, where “being disabled” equates to being “normal”. These three models of the relation between normality and disability are discussed in the context of normalism theory (Link, 1998, 2004). Keywords: Inclusion, school, normality, disability, qualitative content analysis FACH B E ITR AG 1 Schulische Inklusion und der Normalitätsbegriff Schulische Inklusion beinhaltet, dass Kinder ohne Behinderung vermehrt mit Kindern mit Behinderung in Kontakt kommen (Frey, Dauenheimer, Page & Haisch, 2001; Hase, 2012; Hinz, 1995; Klein, Kreie, Kron, Reiser & Klein, 1987). Die Theorie integrativer Prozesse prognostiziert, dass inklusive Schulstrukturen dazu führen, dass durch die Verschiedenheit der dort beschulten Kinder Unterschiedlichkeit zur Nor- VHN 1 | 2020 51 DAVID BREHME, ANITA GERULLIS, CHRISTIAN HUBER Normalität und Behinderung aus Kindersicht FACH B E ITR AG malität wird und Ausgrenzung aufgrund von wahrgenommener Andersartigkeit so reduziert wird (Frey et al., 2001; Hinz, 1995). Da dies aber nicht automatisch durch die bloße Platzierung von Kindern mit Behinderung in die Regelschule geschieht (Heimlich, 2014; Hinz, 2002), ist ein zentrales Ziel inklusiven Unterrichts, die Akzeptanz von Vielfalt und Unterschiedlichkeit zu fördern (Ainscow, 2007; Barton, 1997; Hinz, 2002). So können Schulkinder ein möglichst breites Normalitätsverständnis erwerben, welches die Unterschiedlichkeit von Menschen akzeptiert, statt diese als „abnormal“ abzuwerten (Hinz, 1993, 2002; Prengel, 2006, 2013). Die Vermittlung eines weiten Normalitätsbegriffs kann daher als zentraler Punkt in der Umsetzung inklusiver Bildung verstanden werden (Anderka & Helbig, 1999; Rheker, 2008). Während lehrkraftbezogene Einstellungen zur Inklusion vergleichsweise gut untersucht wurden (z. B. Hintz et al., 2015; Jordan, Schwartz & McGhie-Richmond, 2009; Kunz, Luder & Moretti, 2010), ist jedoch kaum bekannt, was Kinder und Jugendliche über Normalität und Behinderung denken. Erste Ergebnisse deuten darauf hin, dass Behinderung in inklusiven Settings eine der zentralen sozialen Kategorien ist (Pohl, 2013; Schumann, 2014). Gewöhnlich werden mit Behinderung Leid, Schwäche und Einschränkungen verbunden (Davis, 1995; Puar, 2013; Mitchell & Snyder, 2000; Waldschmidt, 2010). Aus wissenschaftlicher Sicht muss Behinderung aber als komplexes soziales Phänomen verstanden werden, für welches es keine eindimensionale Definition geben kann (Bickenbach, 2012, S. 52). Vorherrschend unter den Behinderungsmodellen (Goodley, 2016; Waldschmidt, 2005) ist das sogenannte Medizinische oder Individuelle Modell (Goodley, 2016, S. 11). Hier wird Behinderung als individuelles Defizit einer Person verstanden (Waldschmidt & Schneider, 2007, S. 9). Aus der Kritik dieses eindimensionalen, pathologisierenden Verständnisses von Behinderung entstand aus der Behindertenbewegung das Soziale Modell, welches Behinderung nicht als individuelles Schicksal, sondern als vergesellschaftet, d. h. zweidimensional versteht: Behinderung ist Folge gesellschaftlicher Barrieren, die Menschen mit Einschränkungen daran hindere, vollumfänglich teilzuhaben (Oliver, 2013; Oliver, Sapey & Thomas, 1983; The Union of the Physically Impaired Against Segregation & Alliance, 1976). Dagegen begreift das Kulturelle Modell (vgl. z. B. Waldschmidt, 2005, 2010, 2017) Behinderung als Diskurs sensu Foucault (vgl. Alldred & Burman, 2005): Behinderung werde als „verkörperte Differenz“ produziert (Waldschmidt & Schneider, 2007, S. 13). Im Vordergrund steht hier die Differenzproduktion in Bezug auf die Dimension der Befähigung (ability) eines Subjekts (Campbell, 2009; Maskos, 2015; Wolbring & Yumakulov, 2015). Behinderung wird so als Abweichung von Fähigkeitserwartungen (Weisser, 2005) begriffen, die damit auch „unsichtbare Behinderungen“ sowie die Auswirkung chronischer und psychischer Erkrankungen miteinschließt (Adams, Reiss & Serlin, 2015). Ein solch kulturwissenschaftlicher Zugang erlaubt eine Untersuchung sprachlicher Kategorisierungsprozesse und ermöglicht „die Dekonstruktion der ausgrenzenden Systematik“ (Waldschmidt, 2005, S. 25). Dies impliziert eine Umkehrung des analytischen Fokus (decentering) und wirft die Frage auf: wer kann nicht als „behindert“ verstanden werden - sondern im Gegenteil als „befähigt“? Anders formuliert: Behinderung ist ohne ihr Gegenstück Befähigung nicht zu denken (Weisser, 2005). Die diskursive Beziehung zwischen den beiden wird aber (wie so viele andere Relationen in modernen Gesellschaften) durch Normalitätskonstruktionen strukturiert und kann nur durch diese verstanden werden (Davis, 1995; Schildmann, 2001; Waldschmidt, 2007). 1.1 Normalität „Normalität“ stellt im Alltag, in gesellschaftlichen und politischen Debatten und in der Wissenschaft eine zentrale Kategorie dar (Link, VHN 1 | 2020 52 DAVID BREHME, ANITA GERULLIS, CHRISTIAN HUBER Normalität und Behinderung aus Kindersicht FACH B E ITR AG 1998, S. 15; Link, Loer & Neuendorff, 2003 a, S. 7). In Disziplinen, die sich mit Behinderung auseinandersetzen (insb. Medizin, Sonder- und Heilpädagogik und Psychologie), ist Normalität aber bislang kein zentraler Begriff, der nachhaltig vertieft oder gar kritisch reflektiert wurde (Link, 1998; Schumann, 2014, S. 291; von Stechow, 2004; Waldschmidt, 1998) - obschon gerade in der Sonderpädagogik eine Reihe von wichtigen Einzelpublikationen (z. B. Lindmeier, 1993; Lingenauber, 2003; Schildmann, 1999, 2004) vorliegt. Im Gegenteil liegt der disziplinäre Fokus auf Abweichungen und „Abnormalität“ bzw. deren Korrektur durch Prävention und Intervention (Bohn, 2003; Waldschmidt, 2005). Autor/ innen bemängeln seit Langem die fehlende Auseinandersetzung mit diesem zentralen Normalitätsbegriff (s. z. B. Hanselmann, 1928; Mürner, 1981, 1982 a, 1982 b). Die „Normalismustheorie“ (Link, 1998; Link, Loer & Neuendorff, 2003 b) präsentiert ausgehend von Foucaults Arbeiten (u. a. Foucault, 2003, 2013) drei sich widersprechende, aber doch gleichzeitig in modernen Gesellschaften existierende Arten von Normalität: (1) Protonormalismus definiert eine klare Grenze zwischen Normalität und Abnormalität und ist gekennzeichnet durch das Bestreben, diese Grenze dauerhaft möglichst eindeutig zu halten (Link, 1998, 2004, S. 27f; Waldschmidt, 1998, S. 12, und 2009, S. 331). Normalität hat hier eine klar privilegierte, normative Stellung inne (Goodley, 2011, S. 78). Im schulischen Umgang mit Heterogenität findet sich dieser Ansatz im „Separierungsmodell“ (Hinz, 1993, 1995) wieder: Aus einem Verständnis von Behinderung als grundsätzlicher Verschiedenheit wird die Notwendigkeit segregierter Beschulung von Kindern mit Behinderung abgeleitet. Die zweite Art, der (2) flexible Normalismus, beschreibt Normalität als „eindimensionales Kontinuum“ (Link, 1998, S. 22). Hier findet eine Erweiterung und Öffnung von „Normalität“ statt mit einem breiten Übergangsbereich zur Abnormalität (Lingenauber, 2008, S. 164; Link, 1998, S. 141 & S. 266) - Normalität wird zu einem „unscharfe[n]“ Begriff (Frances, 2013, S. 64). Auch dem flexiblen Normalismus liegt eine Abwertung von Abnormalität und damit Behinderung zugrunde. Parallelen zeigen sich hier zu Hinz’ (1993, 1995) „Anpassungsmodell“ im Umgang mit Vielfalt in der Schule: Kinder mit und ohne Behinderung werden zwar als weitestgehend gleich angesehen, allerdings bilden Kinder ohne Behinderungen den normativen Vergleichsmaßstab. Eine dritte Art von Normalität nennt Link (1998) (3) „Transnormalismus“, eine „radikale[n] Überdehnung“ der Normalitätszone (ebd., S. 32), bis diese auch Behinderung umfasst. Dies geht einher mit einem egalitären Differenzbegriff (vgl. Prengel, 2006), der in klarer Abgrenzung zu einem hierarchischen Normalitätsverständnis (vgl. Krell, 2007) zu verstehen ist. Auf praktisch-politischer Ebene bedeutet dies die Gleichsetzung von Menschen mit und ohne Behinderung mit dem Ziel der Normalisierung von Behinderung. Dies findet sich auch im integrationspädagogischen Ziel der Schaffung von „Behinderung als neue[r] Normalität“ (Lingenauber, 2008, S. 166) im Sinne der Pädagogik Feusers und Eberweins wieder (s. Lingenauber, 2003, S. 179ff.): Die „Vielfalt menschlichen Seins [wird] zur Normalität“ (Eberwein & Knauer, 2009, S. 12). 1.2 Fragestellung Normalität ist ein essenzielles Konzept für die Sonderpädagogik im Speziellen und westliche Regelschulsysteme im Allgemeinen - denn diese sind im Kern auf das „normale“ Kind ausgerichtet (Baglieri, Broderick, Connor & Davis, 2011). Darum bedarf es auf dem Weg zu einem inklusiven Schulsystem einer Dekonstruktion von Normalität (Graham & Slee, 2008) und einer kritischen Auseinandersetzung damit, was es heißt „normal“ zu sein (Ratner, 2016). Die vorliegende Untersuchung stößt in eine VHN 1 | 2020 53 DAVID BREHME, ANITA GERULLIS, CHRISTIAN HUBER Normalität und Behinderung aus Kindersicht FACH B E ITR AG Forschungslücke, die eine qualitativ-explorative Methodologie notwendig macht: Zur empirischen Frage, wie im Alltag über „Normalität“ und „Behinderung“ gesprochen wird, gibt es im deutschsprachigen Raum bislang kaum Veröffentlichungen. Erste empirische Hinweise auf Normalitätskonzepte gibt eine von Waldschmidt (2009) durchgeführte Diskursanalyse eines Internetforums zu Bioethik, die das komplexe Verhältnis von Behinderung und Normalität im Widerstreit von Protonormalismus und flexiblem Normalismus herausarbeitet. Augenfällig ist hier insbesondere, dass Behinderung stark stereotyp beschrieben wurde, während Normalität als leeres, bedeutungsloses Konzept Verwendung fand. In einer ethnografischen Untersuchung des Sprechens über Behinderung in einer Bremer inklusiven Klasse findet Pohl (2011) Hinweise auf transnormalistische Tendenzen. Es liegt bisher keine Untersuchung vor, die explizit die Rolle von Normalität als Konzept im Sprechen über Behinderung an inklusiven Schulen untersucht (Albers, 2012; Kreuzer & Ytterhus, 2013). Aus diesen Überlegungen befasst sich die vorliegende Studie anhand eines qualitativen Forschungsdesigns aus dem Blickwinkel eines „kulturellen Modells“ von Behinderung (Waldschmidt, 2005, 2010) mit der Frage: In welchem Verhältnis stehen die Begriffe „Behinderung“ und „Normalität“ zueinander, wenn Kinder an inklusiven Grundschulen über Behinderung reden? 2 Methoden 2.1 Stichprobe Insgesamt wurden 28 Grundschulkinder (11 Jungen, 17 Mädchen) aus den Klassenstufen 4 (N = 9), 5 (N = 11) und 6 (N = 8) an vier inklusiven Schulen in Brandenburg befragt. Die teilnehmenden Schulen wurden in zufälliger Reihenfolge aus einer Liste aller Schulen (N = 84) ausgewählt, die Teil des Brandenburger Pilotprojekt[s] Inklusive Grundschule waren (Ministerium für Bildung, Jugend und Sport des Lands Brandenburg, 2013). Die Auswahl der befragten Schulkinder erfolgte durch deren Lehrkräfte. Eines der befragten Kinder hatte einen diagnostizierten sonderpädagogischen Förderbedarf im Bereich Lernen, zwei weitere bezeichneten sich im Laufe der Interviews selbst als „behindert“ (in beiden Fällen chronische Erkrankungen: Diabetes bzw. Asthma). Die Mehrheit der Kinder (N = 20) besuchte eine Klasse, welche von mindestens einem Kind mit sonderpädagogischem Förderstatus besucht wurde. Auch aufgrund der geringen Schulgrößen (je weniger als 130 Kinder) ist davon auszugehen, dass alle Teilnehmer/ innen vermehrt Kontakt zu Kindern mit Behinderungen hatten. 2.2 Design Das Studiendesign entspricht einer qualitativen Feldstudie in Form von Gruppeninterviews. Die Fragestellung erfordert keine Aufteilung der Stichprobe in verschiedene Untersuchungsgruppen, sodass alle Schüler/ innen der Stichprobe sämtliche Interviewfragen bearbeiteten. 2.3 Untersuchungsmaterial Interviews: Zur Datengenerierung wurden sieben halb-strukturierte Interviews in Kleingruppen von jeweils zwei bis fünf Schulkindern geführt, die einem festen Ablauf folgten. Um allen Kindern einen anschaulichen Einstieg in die Thematik zu verschaffen, wurde ein 8-minütiges Video gezeigt, das Ausschnitte aus dem Dokumentarfilm Berg Fidel - eine Schule für alle (Heller & Wenders, 2012) enthielt. Dieses zeigt einen Jungen mit Down-Syndrom im Grundschulalter im Kontext seiner inklusiven Schulklasse. Das Video wurde so geschnitten, dass es keine manipulierenden Informationen über das Interviewthema (Normalität) enthielt. Der sich anschließende, aufgezeichnete Interviewteil variierte in Dauer zwischen 30 und 44 Minuten VHN 1 | 2020 54 DAVID BREHME, ANITA GERULLIS, CHRISTIAN HUBER Normalität und Behinderung aus Kindersicht FACH B E ITR AG (M = 35 Minuten; SD = 5 Minuten), die Gesamtlänge aller Aufnahmen betrug 244 Minuten. Der hier verwendete halbstandardisierte Interviewleitfaden orientierte sich an den Fragen des Revised Primary Student Survey Of Handicapped Persons (R-PSSHP; Dyson, 2005). Und knüpfte an die Inhalte des Anfangsvideos an: 1. Was ist dir an dem Video, besonders den Kindern, aufgefallen? 2. Denkst du, das Kind im Video hat eine Behinderung? Wenn ja (nein), warum (nicht)? 3. Kennst du Kinder/ hast du Freunde, die eine Behinderung haben? 4. Was haben „behinderte“ Kinder gemeinsam mit Kindern ohne Behinderungen? 5. Woher kommt es, dass ein Kind eine Behinderung hat? Die Begriffe „normal“/ „Normalität“ wurden durch den Interviewer aktiv vermieden. Fragebogen: Zusätzlich wurde ein Fragebogen für Lehrkräfte eingesetzt, der Informationen über die Klassenstufe und den sonderpädagogischen Förderbedarf erfasste. 2.4 Datenaufbereitung und Datenanalyse Zur Generierung der hier analysierten Daten wurde der Ton der Gruppengespräche aufgezeichnet, transkribiert (Loughborough School, 2014) und mit dem Softwarepaket MAXQDA 11 (VERBI GmbH, 2015) analysiert. Aus den Interviewtranskripten wurde mit Hilfe der qualitativen Inhaltsanalyse (Mayring, 2010) induktiv ein Kategoriensystem gebildet (Mayring, 2003, S. 472, 2010, S. 83). Es wurden alle diejenigen Interviewausschnitte kodiert, die (a) „normale“/ nichtbehinderte bzw. „behinderte“ Kinder und (b) das Verhältnis von Behinderung und Normalität/ Nicht-Behinderung thematisierten. Da ein inhaltsanalytisch gewonnenes Kategoriensystem nicht für sich steht, war eine Interpretation der Kategorien notwendig (Mayring, 2010, S. 85), für deren theoretischen Rahmen hier die Diskurstheorie Foucaults (insb. 1970, 1981) herangezogen wurde. Nach Foucault können „Diskurse“ verstanden werden als „sprachlich produzierte Bezugssysteme von Bedeutungen“ (Alldred & Burman, 2005, S. 178; Übers. d. Verf.), die Gegenstände und Personen „konstruieren“ (Parker, 1994, S. 245). Das heißt, das Wort wird nicht als Abbildung der sozialen Realität verstanden, sondern vielmehr werden durch sprachliche Äußerungen soziale und psychologische Wirklichkeiten konstruiert (Fein & Florea, 2007; Keller, Hirseland, Schneider & Viehöver, 2011; Parker, 2003; Willig, 2008). In Anlehnung an Willigs (2008) Empfehlungen zur praktischen Durchführung einer Foucault’schen Diskursanalyse wurden die in den inhaltsanalytisch aufgebauten Kategorien gesammelten Interviewausschnitte anhand folgender Fragen diskursanalytisch interpretiert: a) Welche unterschiedlichen Facetten der Darstellung von Normalität und Behinderung finden sich und was ist deren Beziehung zueinander („Phänomenstruktur“; Alldred & Burman, 2005, S. 184; Schutter, 2012, S. 254)? b) Was ist der sprachliche Kontext dieser unterschiedlichen „Bedeutungsschattierungen“ (Parker, 2003, S. 552), und welche Funktion haben diese für die sprechenden Personen („Action Orientation“; Willig, 2008, S. 114)? c) Wie erfolgt die sprachliche Konstruktion von Personen und welche Personengruppen und Beziehungen werden beschrieben („subject positions“; Alldred & Burman, 2005, S. 179)? 3 Ergebnisse Die inhaltsanalytische Untersuchung der Interviewtranskripte ergab drei Superkategorien mit je mehreren Unterkategorien (Tabelle 1): Nicht-Behinderung, einen Übergangsbereich zwischen Behinderung und Normalität sowie Behinderung. VHN 1 | 2020 55 DAVID BREHME, ANITA GERULLIS, CHRISTIAN HUBER Normalität und Behinderung aus Kindersicht FACH B E ITR AG Die diskursanalytische Deutung dieser Kategorien zeigt, dass in den geführten Gruppengesprächen mit Kindern die Konzepte „Behinderung“ und „Normalität“ in unterschiedlichen, teils widersprüchlichen Konstellationen zu finden sind. Insgesamt lassen sich aus den Interviews drei zentrale Ergebnisse ableiten, die im Folgenden dargestellt werden. 3.1 Teilergebnis 1: Menschen mit Behinderungen sind keine normalen Menschen - Behinderung & Normalität als nichtüberlappende Dichotome In diesen Aussagen ließen die befragten Kinder eine Sichtweise auf Behinderung und Normalität erkennen, bei der es undenkbar ist, Behinderung als „normal“ zu verstehen (s. Abbildung 1). So entstehen überschneidungsfreie Kategorien. „Normale“ können gemäß dieser Interpretation nicht behindert sein: „normale (…) also ohne behinderung“ (2/ 351) 2 . Behinderung als getrennt von Normalität zu denken, erlaubt es, diese beiden Konzepte sprachlich zu vergleichen und eng aneinander zu rücken: „eigentlich (…) sind (…) sind behinderte fast so wie ganz normale“ (2/ 369). 3.2 Teilergebnis 2: Behinderung und Normalität als Kontinuum Behinderung und Normalität können als Extreme auf einem Kontinuum verstanden werden, die durch einen breiten Übergangsbereich verbunden sind. Dieses Kontinuum kann hier aufgrund des großen inhaltlichen Umfangs nicht in Gänze vorgestellt werden. Daher werden nur die „Extrempositionen“ und Kernaspekte der Übergangszone dargestellt. Superkategorie Nichtbehinderung Übergangsbereich Behinderung Unterkategorien Behinderung als normal Grenze Behinderung/ Normalität Dimensional: Schwere der Behinderung Normale haben keine Behinderung Behinderte und Normale sind gleich/ ähnlich Normal(e) als Norm Normalsein als Traum/ Ziel Tab. 1 Inhaltsanalytisches Kategoriensystem Behinderung Normalität Abb. 1 Venn-Diagramm von „Behinderung“ und „Normalität“ als Konzepte ohne Überschneidung Behinderung Übergangsbereich Normalität Abb. 2 Behinderung und Normalität als Pole eines Kontinuums VHN 1 | 2020 56 DAVID BREHME, ANITA GERULLIS, CHRISTIAN HUBER Normalität und Behinderung aus Kindersicht FACH B E ITR AG 3.2.1 Richtige Behinderung: Linkes Extrem des Kontinuums Am äußersten linken Ende des Kontinuums finden sich stark stereotyp-erscheinende Beschreibungen von Behinderung - die „wahren“ Behinderungen (zum Beispiel „wirklich ne (…) richtige behinderung“; 4/ 409). Hier wird die Konstruktion einer Beeinträchtigung als Behinderung durch deren besondere Schwere legimitiert: „also was ich am schlimmsten finde (…) an- (…) für behinderte is ebend dass sie (…) das leben nich richtig leben können. (…) die zum beispiel ne ganz schwere behinderung haben. (…)“ (6/ 257) Dabei wird entweder auf die Komplexität („sehr schwierige behinderung“; 6/ 84), die Schrecklichkeit („ganz schlimme behinderung“; 6/ 113 - 115) oder den Grad der Beeinträchtigung („ganz schwere behinderung“; 6/ 257) rekurriert. 3.2.2 Übergangsbereich: In der Mitte des Kontinuums Bewegt man sich auf dem Kontinuum nach rechts, finden sich differenziertere Beschreibungen von Personen, denen dennoch nicht vollständig zugestanden wird, „normal“ zu sein - eine Art „partieller Normalität“ wird konstituiert. Behinderung und Normalität werden nicht durch eine harte Grenze, sondern einen fließenden Übergang getrennt. So wird ein Kind, das Leukämie hat, beschrieben als „eigentlich nich so richtig“ behindert, da „sie […] ja eigentlich noch normal gewesen [ist; d. Verf.]. sie hatte halt nur keine haare mehr […]“ (1/ 611). Dennoch dient Behinderung als wichtiger Referenzpunkt für die Beschreibung. 3.2.3 Normalität als Norm und Sehnsuchtsort: rechtes Extrem des Kontinuums Auf der rechten Seite des Kontinuums finden sich sprachliche Positionierungen von Normalität als Norm und Sehnsuchtsort für Menschen mit Behinderung: „das find ich einfach am schlimmsten (…) dass die ihr leben nich richtig leben können. (…) man lebt nur einmal (…) und dass- (…) da sollte mans auch richtig […] [(leben wie)] äh (…) normale menschen. (.) aber die mit behinderungen (…) die könns nich richig leben. (…) und deswegen tun die mir einfach richtig leid.“ (6/ 259 - 261) In dieser Beschreibung der Auswirkungen „ganz schwerer behinderung“ (6/ 257) wird impliziert, dass „normale Menschen“ ein „richtiges“ Leben hätten, welches Menschen mit Behinderungen verwehrt bleibe, aber doch Maßstab für sie sei. Normalität wird mit uneingeschränktem Leben gleichgesetzt; die Heilung einer Einschränkung bedeutet die Wiederherstellung dieses Zustands: „wenns wieder verheilt is (…) kann man da alles wieder machen“ (7/ 333). Auch in Textstellen, die „normale […] menschen“ (6/ 117) und Menschen mit Behinderung vergleichen, funktionieren erstere als Norm für letztere: „[und] dann muss man sie eigentlich auch wie normale menschen behandeln […]“ (7/ 182). Am rechten Extrem des Kontinuums findet sich auch eine Einordnung von Normalität als eine Art Sehnsuchtsort, also als ein anzustrebender Zustand für Menschen mit Behinderungen: „von manchen is es ja der traum wieder normal zu sein“ (7/ 391). 3.3 Teilergebnis 3: Behinderung und Normalität als identische Konzepte Eine letzte Variante der Normalitätskonstruktion findet sich in der Gleichsetzung von Normalität und Behinderung bzw. der Normalisierung von Behinderung: n „ich seh da jetzt eigentlich nich so wirklich den unterschied. also kein unterschied zwischen (…) normal (…) sag ich jetzt mal […] und äh (…) jemanden (…) behinderten.“ (5/ 110 - 112) VHN 1 | 2020 57 DAVID BREHME, ANITA GERULLIS, CHRISTIAN HUBER Normalität und Behinderung aus Kindersicht FACH B E ITR AG n „[…] (…) sind ganz normale menschen wie wir auch“ (6/ 189) n „[…] weil das auch bloß normale kinder sind. […]“ (7/ 239) In diesen Aussagen sind Menschen mit Behinderungen normale Menschen, nicht lediglich „wie“ diese (6/ 117) oder ihnen „ähnlich“ (2/ 382). Diese Überlagerung von Normalität und Behinderung (s. Abb. 3) steht im Gegensatz zu den in den vorherigen Abschnitten dargestellten Verständnissen der Polarität von Behinderung und Normalität und zeigt einen der zahlreichen Widersprüche im Diskurs auf. 4 Diskussion Die vorliegende Studie untersuchte, welche Rolle Normalitätskonzepte spielen, wenn Kinder über Behinderung sprechen. Die Daten zeigen im Kern, dass Kinder beim Sprechen über Behinderung auf verschiedene Normalitätskonzepte zurückgreifen. Diese verschiedenen Verhältnisse innerhalb des Behinderungsdiskurses sind logisch nicht miteinander vereinbar: Behinderung kann nicht gleichzeitig normal und abnormal sein, die Grenze von Normalität und Behinderung kann nicht gleichermaßen hart/ undurchlässig und fließend/ durchlässig sein. Die Normalismustheorie (Link, 1998; Link et al., 2003 b) erweist sich als hilfreich, um die vorliegenden Ergebnisse einzuordnen. Die klare sprachliche Trennung von Behinderung und Normalität als dichotome diskrete Konzepte kann als protonormalistische Konstruktion verstanden werden. Dederich (2010, S. 179ff.) und Waldschmidt (1998) weisen darauf hin, dass sich diese auch in den Diskursen der Psychologie, Psychiatrie, Sonderpädagogik und sozialen Arbeit wiederfinden. Das in den Aussagen gefundene Kontinuum zwischen den Polen Normalität und Behinderung ist kompatibel mit Links (1998) Konzept des flexiblen Normalismus, also Normalität als singuläres Kontinuum mit einem breiten Übergangsbereich zwischen Normalität und Abnormalität. Die Grenzziehung muss hierbei immer ausgehandelt werden (Link, 2004, S. 27). Neu ist allerdings das beschriebene Konstrukt der partiellen Normalität, welches Links (1998, zitiert nach Kelle, 2013, S. 20, Herv. i. O.) Setzung einer letztlich „binären Unterscheidung in (noch) normal und nicht (mehr) normal“ entgegensteht. Auf Grundlage des vorliegenden Materials kann partielle Normalität verstanden werden als die Konstruktion von Menschen mit Behinderung als „teilweise Normale“, deren diskursive Unterscheidung von jenen durch ein spezifisches Defizit konstruiert wird. Das binäre Denken von Normalität vs. Behinderung wird im Übergangsbereich zwischen den beiden Komplexen also aufgebrochen (vgl. Shildrick, 2012, S. 33). Das postulierte Kontinuum bestätigt die These, „dass der flexible Normalismus zwar die Grenzbereiche verbreitert, jedoch die Polarität zwischen Behinderung und Normalität nicht zum Verschwinden bringt“ (Waldschmidt, 1998, S. 3). Behinderung kann in der Interpretation der vorliegenden Interviewtranskripte nicht ohne Normalität gedacht werden. Auch die Konstruktion von Menschen mit Behinderungen als „normale Menschen“, welche zunächst als unvereinbar mit den beiden oben postulierten Strategien erscheint, kann mithilfe der Normalismustheorie (Link, 1998) als „Trans- Behinderung Normalität Abb. 3 Venn-Diagramm: „Normalität“ und „Behinderung“ überlappen sich vollständig VHN 1 | 2020 58 DAVID BREHME, ANITA GERULLIS, CHRISTIAN HUBER Normalität und Behinderung aus Kindersicht FACH B E ITR AG normalismus“ erklärt werden. Unklar bleibt aber, sowohl empirisch als auch theoretisch, welche Folgen transnormalistische Konstruktionen von Behinderung haben. Link (1998, S. 33) sah diese als notwendigerweise instabil und daher stets nur temporär. Aus Lingenaubers Sicht (2003) hat Transnormalismus dagegen die Auflösung bisheriger Normalfelder (z. B. der Leistung) und die Entstehung neuer Normalfelder (konkret Integration) zur Folge. Die im Transnormalismus implizierte Normalisierung funktioniert als positive Affirmation - aber nur wegen der zugrunde liegenden Denormalisierung von Behinderung (Kelle, 2013, S. 19) und der Positionierung von Normalität als erstrebenswerten Zustand (Waldschmidt, 1998, S. 6). Auf theoretischer Ebene stellen die vorliegenden Ergebnisse einen wichtigen Beitrag zur bislang kaum untersuchten Frage des Sprechens über Behinderung an inklusiven Schulen dar. Mit Blick auf die wissenschaftlichen Debatten in der Sonder-, Integrations- und Inklusionspädagogik lässt sich zudem festhalten, dass die Bandbreite der vorliegenden Ergebnisse grundlegend mit den dort vertretenen Positionen hinsichtlich des Umgangs mit Heterogenität in der Schule übereinstimmen (s. z. B. Separations-, Angleichungs- und Ergänzungsmodell bei Hinz, 1993, 1995). Auch die viel diskutierte Frage, ob (Sonder-)Pädagogik die Normalisierung von Kindern mit Behinderung fördern sollte oder im Gegenteil Ziel (sonder-)pädagogischer Arbeit die Anerkennung von Behinderung als normale Daseinsform ist, findet sich in den vorliegenden Ergebnissen wieder (s. Teilergebnis 1 vs. Teilergebnis 3). Normalität schützt die, die als normal gelten, vor Ausgrenzung, Unterdrückung und Isolation - denn sie können beanspruchen, als Menschen zu gelten (Titchkosky & Michalko, 2009). Daher ist es sinnvoll, Normalitätskritik mit dem Ziel der inklusiven Weiterentwicklung des Normalitätsbegriffs (vgl. Hinz, 1995) zu betreiben. Auf praktischer Ebene lässt sich festhalten, dass Kinder verschiedene, sich widersprechende sprachliche Diskursstränge (re-)produzieren, um über Behinderung zu sprechen. Aus dem Inklusionsziel der Normalisierung von Unterschiedlichkeit bzw. der Vermeidung der Konstruktion von Behinderung als Abweichung (Frey et al., 2001; Hinz, 1995) lässt sich im Kontext der vorliegenden Befunde ableiten, dass inklusionspädagogische Fachkräfte in ihrem pädagogischen Handeln und Sprechen ein Verständnis von Behinderung als normaler Daseinsform fördern und zur Reflexion über Normalität anregen sollten. Die vorliegenden Ergebnisse zeigen, dass manche (aber nicht alle) Kinder dieses Normalitätsverständnis bereits (re-)produzieren (s. Teilergebnis 3). Diese Impulse können im Unterricht aufgegriffen werden, um „vorhandene Heterogenität zum Ausgangspunkt des Lernens über Unterschiede“ (Hinz, 2002, S. 362) zu machen, Ausgrenzung zu verringern (Albers, 2012) und so Unterschiedlichkeit als Chance und Bereicherung zu verstehen (Hinz, 1993; Köbsell, 2012; Preuss- Lausitz, 1988, zit. nach Prengel, 2006; Prengel, 2013). 5 Limitationen und Ausblick Die hier verwendete Datenauswertungsmethodik erlaubt keine Verallgemeinerbarkeit im Sinne einer Häufigkeitsanalyse (Alldred & Burman, 2005, S. 193). Die Ergebnisse können eher im Sinne einer gemäßigten Verallgemeinerung (Williams, 2002, zit. nach Mayring, 2007) verstanden werden: Die komplexen, facettenreichen Beziehungen zwischen Normalität und Behinderung, die in der Interpretation der vorliegenden Interviewtranskripte gezeigt werden konnten, sind Teil des gesamtgesellschaftlichen Diskurses der Behinderung / Normalität. So kann ebenfalls nicht von den Ergebnissen ursächlich auf die Wirkung inklusiver Beschulung per se zurück- VHN 1 | 2020 59 DAVID BREHME, ANITA GERULLIS, CHRISTIAN HUBER Normalität und Behinderung aus Kindersicht FACH B E ITR AG geschlossen werden - dazu bedürfte es einer methodisch komplexeren Untersuchung, die ebenfalls Unterrichtspraxen und -kommunikation sowie die Schulkultur in den Fokus nimmt. Darüber hinaus ergeben sich aus der Studie zahlreiche weitere empirische Anknüpfungspunkte, denn methodische Veränderungen können wichtige weitere Erkenntnisse liefern: (1) Die Beobachtung regulären Unterrichtsgeschehens kann Hinweise darauf geben, welche Rolle Normalitätskonzepte (auch mit Blick auf die Lehrkräfte) in schulalltäglichen Gesprächen spielen. (2) Weitere Interviewstudien sollten explizit „Normalität“ als Thema befragen, um ein nuanciertes Bild zu erhalten. (3) Menschen mit Behinderungen sind von akademischer Forschung nahezu ausgeschlossen - es sei denn, sie sind Objekt dieser Forschung (Goodley, 2011). Es ist daher zu untersuchen, ob Menschen mit Behinderungen Normalitäts- und Behinderungsdiskurs in ein gleiches oder ähnliches Verhältnis wie das hier dargestellte setzen. Schließlich (4) scheint insbesondere im hier untersuchten Schulkontext die Frage nach dem diskursiven Verhältnis von Behinderung, sonderpädagogischem Förderstatus und Normalität eine sinnvolle Erweiterung. Darüber hinaus bieten die Ergebnisse eine Grundlage für weiterführende quantitative Studien. Geboten ist eine statistische Überprüfung der verschiedenen Ausprägungen der hier postulierten Normalitätskonzepte mit der Frage, inwiefern Kinder auf diese zurückgreifen. Dabei könnten inklusive mit nichtinklusiven Schulen verglichen werden, um Schlussfolgerungen über den Einfluss inklusiver Beschulung auf Normalitäts- und Behinderungskonzepte bei Schulkindern ziehen zu können. Eine Längsschnitterhebung könnte zudem wertvolle Einsichten über die Entwicklung der Konzepte mit zunehmendem Lebensalter bringen. Entscheidend für die weitere Erforschung von Normalitäts- und Behinderungskonzepten ist ein interdisziplinärer Forschungsansatz (Bhaskar, Danermark & Price, 2017), da ein komplexes soziales Phänomen wie Behinderung nicht unter Zuhilfenahme eines einzigen theoretischen Zugangs ausreichend verstanden werden kann (Watermeyer, 2013, S. 9). Anmerkungen 1 Dieser Aufsatz basiert auf der Masterarbeit von David Brehme, vollständig erschienen im Springer Verlag (Brehme, 2017). 2 Die in Klammern angegebenen Zahlen verweisen auf den originalen Fundort des Zitats (Transkriptnummer/ Zeilennummer). Literatur Adams, R., Reiss, B. & Serlin, D. (2015). Disability. 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