Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete
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0017-9655
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
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Das Provokative Essay: Geschlossene Institution und pädagogische Professionalisierung – ein Widerspruch?
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David Zimmermann
Annika Krause
Im vorliegenden provokativen Essay wird der Frage nachgegangen, ob und wie pädagogische Professionalisierung in geschlossenen Institutionen möglich ist. Ausgehend von berufsbiografischen Zugriffen der Professionalisierung einerseits und Überlegungen zur Institutionslogik andererseits wird für eine Verschränkung von institutioneller und professionalisierender Weiterentwicklung plädiert und diese zugleich problematisiert.
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249 249 VHN, 90. Jg., S. 249 -254 (2021) DOI 10.2378/ vhn2021.art35d © Ernst Reinhardt Verlag < RUBRIK > < RUBRIK > Geschlossene Institution und pädagogische Professionalisierung - ein Widerspruch? David Zimmermann Humboldt-Universität zu Berlin Annika Krause Universität Oldenburg Zusammenfassung: Im vorliegenden provokativen Essay wird der Frage nachgegangen, ob und wie pädagogische Professionalisierung in geschlossenen Institutionen möglich ist. Ausgehend von berufsbiografischen Zugriffen der Professionalisierung einerseits und Überlegungen zur Institutionslogik andererseits wird für eine Verschränkung von institutioneller und professionalisierender Weiterentwicklung plädiert und diese zugleich problematisiert. Schlüsselbegriffe: Pädagogische Professionalisierung, geschlossene Institution, Sozialer Ort Closed Institutions and Pedagogical Professionalization - a Contradiction? Summary: This critical essay explores the question of how pedagogical professionalization is possible in closed penal facilities, whether if it is possible. Based on professional biographical approaches to professionalization on the one hand and reflections on institutional logic on the other, it argues for and at the same time problematizes an intertwining of institutional and professionalizing further development. Keywords: Pedagogical professionalization, closed penal facility, social place DAS PROVOK ATIVE ESSAY TH EME NSTR ANG Erziehungshilfe in Zwangskontexten Haftalltag Freitagmorgen, 07: 34 Uhr im offenen Strafvollzug: Laute Stimmen dringen aus dem Dienstbüro des Allgemeinen Vollzugsdienstes. Kurz darauf stürmt ein Inhaftierter wutentbrannt aus dem Büro, während er Worte in seiner Muttersprache murmelt. Später meint er, er hätte gesagt: „Scheiße, hätte ich das gewusst, hätte ich das abends nach der Arbeit gemacht.“ Unter dem Arm trägt er ein zusammengerolltes Handtuch sowie ein Duschbad, gekleidet ist er in Bademantel und Badelatschen. Im Büro findet sich ein aufgebrachter Justizvollzugsbeamter, der in seinem Dienstcomputer das Dokument für einen Verhaltensreport sucht. Erregt berichtet er, dass der Inhaftierte sich unangemessen darüber beschwert hat, dass an der Tür des Duschraums ein Zettel hängt und dass die Tür abgeschlossen ist. Dabei habe er, der Beamte, den Aushang doch bereits kurz nach Dienstbeginn um 06: 00 Uhr aufgehängt. Auf die Frage, seit wann er weiß, dass die Dusche am Freitag und Samstag gesperrt sein wird, antwortet er: „Seit Montag.“ Auf dem Aushang steht: „Heute und morgen finden Verfugungsarbeiten in den Duschräumen statt! “ Bevor sich darüber nachdenken lässt, ob eine pädagogische Professionalisierung in dieser Szene wünschenswert, hilfreich und machbar wäre, gilt es zunächst zu verstehen, was hier eigentlich passiert. Leicht lässt sich entschlüsseln, dass der Inhaftierte die Information offenbar nicht rechtzeitig und in einer für ihn sprach- VHN 4 | 2021 250 DAVID ZIMMERMANN, ANNIKA KRAUSE Geschlossene Institution und pädagogische Professionalisierung DAS PROVOK ATIVE ESSAY lich verständlichen Form erhalten hat, während der Beamte sie aus seiner Perspektive rechtzeitig mitgeteilt hat. Als einziges Interventionsmodell scheint er eine Form der Disziplinierung, den Verhaltensreport, nutzen zu können, der - so ist zu vermuten - nachteilig bei der Zuerkennung von Freiheitsstufen und in Lockerungskonferenzen sein könnte (vgl. Lutz, 2019). Ganz offenbar aber passiert hier noch etwas anderes: Es begegnen sich zwei Individuen, beide erscheinen hochgradig verletzlich, zugleich aber bereit, jedes Missverständnis zur Eskalation zu nutzen. Möglicherweise ist das Zerreißen der kommunikativen Struktur zwischen den beiden ein Spiegelbild viel früherer Erfahrungen der Interaktionspartner/ innen. Einen theoretischen Rahmen für dieses Verständnis bietet das schon 100 Jahre alte Konzept des Sozialen Orts des psychoanalytisch und marxistisch geprägten Pädagogen Siegfried Bernfeld an. Der Begriff des „Sozialen Orts“ steht für die „Milieuprägung des seelischen Vorgangs“ (Bernfeld, 1929/ 2012, S. 256). Das heißt, die Beziehung zu sich selbst und zu anderen, mithin die Wahrnehmung der Innenwelt und der sozialen Umwelt sind nicht etwa nur individuell oder durch unmittelbare Beziehungserfahrungen geprägt. Vielmehr ist das Milieu oder, mit einem alten Begriff, die Klassenzugehörigkeit maßgeblich für die emotionale Entwicklung und damit für deren Ausdruck über das Verhalten verantwortlich (Zimmermann, Rauh, Trunkenpolz & Wininger, 2019). Die Sozialen Orte der meisten Inhaftierten sind geprägt von Marginalisierungserfahrungen, sozialer Ausgrenzung, systemischen, häufig rassistischen Diskriminierungserlebnissen und/ oder strukturellen Barrieren (Schneider & Kaplan, 2020). Auch hinsichtlich der aktuellen Lebenssituation entstammen die meisten Inhaftierten prekären Verhältnissen mit geringen gesellschaftlichen Teilhabechancen in den Bereichen Schule, Ausbildung sowie Arbeit. Sie haben eingeschränkten Zugang zu materiellen Ressourcen (Walkenhorst & Fehrmann, 2018, S. 280). Fehlende Schulund/ oder Berufsabschlüsse sowie eine hohe Haupt- und Förderschulquote, Dropout und Schulabbrüche sind überrepräsentiert in den individuellen Biografien vertreten (Bihs, 2013). Die große Mehrheit der Bediensteten des Allgemeinen Vollzugsdienstes (AVD) stammt aus der sogenannten Mehrheitsgesellschaft, viele dabei aus nicht privilegierten, aber auch nicht auffällig marginalisierten Verhältnissen. Folgerichtig könnte angenommen werden, dass ihr Sozialer Ort und damit verbunden die Art, wie sie die Welt erleben, sich in erheblichem Maß von jener der Inhaftierten unterscheidet. Ganz sicher unterscheidet sich die aktuelle Lebenssituation fundamental von der der Inhaftierten. Eine tiefenhermeneutisch interpretierte qualitative Studie (Langer, Link, Fickler-Stang & Zimmermann, im Druck) gelangt gleichwohl zu dem gut belegbaren Fazit, dass gerade die Gruppe des AVD erhebliche Verletzungs- und Beschämungserfahrungen im Strafvollzug reinszeniert, was zumindest teilweise Rückschlüsse auf widrige Entwicklungsbedingungen auch in dieser Gruppe zulässt. Letzterer Gedanke würde die Schlussfolgerung nahelegen, dass das Erleben des Inhaftierten in der oben beschriebenen Szene dem Mitarbeitenden nicht „einfach“ fremd ist und es deshalb zur Eskalation kommt. Vielmehr könnte auch interpretiert werden, dass der Ausdruck von Verletzung und Beschämt-Werden, der sich in der Wut des Inhaftierten zeigt, an zentrale Erfahrungen und Erlebensmodi des Bediensteten andockt. Dieser versucht nun - wohlgemerkt unbewusst - die eigene emotionale Involviertheit mit seiner disziplinierenden Reaktion bewältigbar zu halten. Institution Der zentrale Teil der Beschäftigten in Justizvollzugsanstalten trägt „blau“, ist dem AVD zuzuordnen und ist in unterschiedlichen Schich- VHN 4 | 2021 251 DAVID ZIMMERMANN, ANNIKA KRAUSE Geschlossene Institution und pädagogische Professionalisierung DAS PROVOK ATIVE ESSAY ten an 24 Stunden pro Tag, 365 Tage im Jahr in der Anstalt präsent. Für die Handlungsfähigkeit einer jeden Justizvollzugsanstalt sind die Bediensteten des AVDs unabdingbar und allgegenwärtig - ganz gleich wie groß oder klein die Anstalt auch ist. Bedienstete des AVDs sind für die Beaufsichtigung, Betreuung, Versorgung, Kontrolle, Sicherung, Überwachung und die freizeitpädagogischen Angebote für die Menschen in Haft zuständig, jedoch i. d. R. ohne eine (fundierte) pädagogische Ausbildung. Im Rahmen ihrer zweijährigen dualen Ausbildung zum/ zur Justizvollzugsbediensteten absolvieren sie jedoch einige Lernmodule „Pädagogik“. Vergleichsweise klein ist der Anteil der Beschäftigten, die eine fundierte pädagogische Ausbildung aufweisen. Zugleich ist es an dieser Stelle nicht ausreichend, nur über die Individuen und deren Ausbildung zu sprechen. Vielmehr muss die Funktion der geschlossenen Institution „Strafvollzug“ in den Blick genommen werden. Denn auch die Institution und ihre Logik beeinflussen das Erleben und Handeln der Menschen im gegebenen Kontext. Hierzu könnte einerseits das Rahmenmodell der „Totalen Institution“ hilfreich sein, dessen schlichte Übertragung auf zeitgenössischen Strafvollzug aber nicht unumstritten ist. Eine andere Konzeptualisierung rekurriert auf soziologische Analyseraster gegenwärtiger gesellschaftlicher Ordnungen, die durch Optimierung, Gouvernementalität und dabei insbesondere die „Umformatierung“ abweichender Individuen geprägt ist (Heuer & Kessl, 2014). Die Institution Strafvollzug fungiert in dieser Lesart als Container, in den Individuen abgeschoben werden, die das Bedrohliche und Beängstigende in der Gesellschaft repräsentieren. Zugleich zeigt die Institution den Mitgliedern der normierenden Gesellschaft damit exemplarisch, was mit denen passiert, die nicht im Sinne der Ordnung funktionieren. Die Verortung jener Institution hinter hohen Mauern ermöglicht die Illusion der Reinheit in der Rest-Gesellschaft wie auch der Innenwelt ihrer Mitglieder. Da sich die Illusion jedoch nicht bewahrheiten kann (und soziales Miteinander ein Risiko bleibt), ist weiterer Ausschluss von Abweichlern stets als virulentes soziales Thema präsent. Nur so kann das Gefängnis seine Funktion als „Angst-Container“ (Gratz, 2020) aufrechterhalten. In der Beziehungsszene zwischen Beamtem und Inhaftiertem zeigen sich somit a) fehlende pädagogische Grundkenntnisse, b) Disziplinierungsstrategien als Teil von Gouvernementalitätslogiken und c) Versuche der Institution und des Beamten, eigene Angst dadurch zu bewältigen, dass ein abweichendes Individuum selbst noch innerhalb der geschlossenen Institution von Grundrechten ausgeschlossen wird. Professionalisierung Die Forderung nach (sonder-)pädagogischer Professionalisierung im Strafvollzug hat im fachwissenschaftlichen Diskurs zunehmend größere Beachtung gefunden und wird auf unterschiedlichste Weise rezipiert (Walkenhorst, 2015). Damit ist die Frage nach Chancen und Grenzen pädagogischer Professionalisierung aufgeworfen - die sich nicht exklusiv an diesem Ort stellt, dort aber exemplarisch für mehr oder weniger geschlossene Institutionen diskutiert werden kann. Wie ist pädagogische Professionalisierung in einer geschlossenen Institution möglich? Kann pädagogische Professionalisierung für eine Institution geschaffen werden? Oder nur mit einer Institution? Oder nur mit einem ganzen System? Damit Aspekte der Professionalisierung nachhaltig von Individuen und Teams adaptiert werden können und nicht als zusätzliche Belastung wahrgenommen werden, ist die Betrachtung der Präpositionen von großer Relevanz - sowohl für die praktische Realisierbarkeit der Ansätze als auch für die Umsetzungswilligkeit VHN 4 | 2021 252 DAVID ZIMMERMANN, ANNIKA KRAUSE Geschlossene Institution und pädagogische Professionalisierung DAS PROVOK ATIVE ESSAY derer, die mit diesen Ansätzen arbeiten sollen. Es stellt sich die Frage, ob Bottom-up- oder Top-down-Entscheidungen zu Erkenntnissen aus dem wissenschaftlichen ‚Elfenbeinturm‘ in Konkurrenz gesetzt werden müssen oder ob dies durch einen ko-konstruktiven sowie multiprofessionellen Austausch gemeinsam sowie zielorientiert erarbeitet werden kann, sodass der Vollzug wissenschaftlich fortentwickelt wird und die Ergebnisse für Zwecke der Strafrechtspflege nutzbar gemacht werden (§ 166 StVollG). Eine nicht nur auf dem Papier existierende Professionalisierung bedarf angesichts des Wissens über das brisante Spannungsfeld, das sich durch den (vor allem unausgesprochenen) gesellschaftlichen Auftrag an den Strafvollzug und die individuellen Reinszenierungen konturiert, differenzierter sowie ko-konstruktiver Formen der (pädagogischen) Professionalisierung, die auf einer elementaren Eigenverantwortlichkeit der Rezipient/ innen beruht: Multidimensionale Professionalisierung muss versiert sowie qualifiziert geschaffen und gelebt werden - ohne Konflikt zwischen Profession, Profi, Professor und „professionell“, sondern als Ziel des (pädagogisch-reflexiven) professionellen Agierens im zwischenmenschlichen Bereich. Der Dienst mit Menschen kann im exemplarischen Vergleich zur Aktenführung nicht auf standardisierte Handlungsschritte reduziert werden. Bestehende Handlungsvorgaben implizieren oder suggerieren Orientierung. Oft jedoch ist diese Orientierung im konkreten Miteinander von Menschen von zweifelhaftem Nutzen, verhindert eigentliche Beziehungsgestaltung und dient, wie im Eingangsbeispiel ersichtlich, der Bewältigung von (biografisch und institutionell bedingter) Angst. Die Nicht-Standardisierbarkeit sowie die nichtplanbaren zukünftigen (Re-)Aktionen sind charakteristisch für professionelles Handeln im (Vollzugs-)Alltag. Vielmehr müsste also in den Fokus rücken, dass Professionalität gerade im Umgang mit Unsicherheit besteht. Berufskompetenz basiert folgerichtig nicht ausschließlich auf Ausbildungs- und Erfahrungswissen, sondern wird elementar von der Reflexionsfähigkeit sowie -willigkeit geprägt. Das resultierende Restrisiko bedarf eines Aushaltens von Unsicherheit in einem so von Sicherheit bedachten Setting, in dem Unsicherheit mit Schwäche gleichgestellt und mit Macht überspielt wird. Hier zeigt sich nun eine interessante Parallele zum Inklusionsdiskurs: Kann eine geschlossene Institution sogar Motor gesellschaftlicher Inklusion sein? Jener Zugang wäre dann am ehesten in der Logik einer Professionalisierung für eine Institution zu suchen. Die Bediensteten in der geschlossenen Institution wären gefordert, umfassend über psychosoziale Bedingungsfelder der hierarchischen Beziehung zu reflektieren und dieses Nachdenken in förderliche Angebote zu überführen. Angesichts der wirkmächtigen und primär unbewussten biografischen und sozialen Verwicklungen erscheint dies doch sehr unrealistisch. Ein Zugang über ein sich veränderndes, weniger auf Spaltung und Ausgrenzung orientiertes gesellschaftliches System ist zweifelsohne wünschenswert, aber zugleich sehr weit weg von der Frage originär pädagogischer Professionalisierung. Und ob allein Strukturmerkmale eines gesellschaftlichen Miteinanders Professionalisierung hervorbringen, darf auch bezweifelt werden. Offenbar führt also kein Weg vorbei an einer Verschränkung von Institutionsentwicklung und Professionalisierung. Differenzierte reflexionsorientierte Angebote für alle Bediensteten von Beginn der Ausbildung an und über die gesamte Berufsbiografie hinweg müssen einhergehen mit einer Wiederbelebung des vielerorts halbtoten Wohngruppenvollzugs, echter Partizipation und der weitestmöglichen Abschaffung von Stufenmodellen und Disziplinierungskonzepten. VHN 4 | 2021 253 DAVID ZIMMERMANN, ANNIKA KRAUSE Geschlossene Institution und pädagogische Professionalisierung DAS PROVOK ATIVE ESSAY Ausblick Der Justizvollzug bietet durch die unterschiedlichen Laufbahngruppen eine Vielzahl an anstaltseigenen personellen Ressourcen unterschiedlichster Berufsgruppen und somit die Basis für multiprofessionelles Problemlösungs- und Deutungswissen im Umgang mit Heterogenität und Differenzierung. Simultan eröffnet sich die Möglichkeit, dies additiv durch Kooperationen zu Institutionen und Professionen des Hochschulwesens zu ergänzen. Als Instrument können hierfür Fortbildungen dienen, die die Schaffung eines anstaltsinternen sowie professionsübergreifenden Kompasses fokussieren. Zugleich aber wird kein Weg daran vorbeiführen, jegliche Tätigkeit in einem so herausfordernden Arbeitsfeld an die Bereitschaft und Fähigkeit zu theoriegeleitetem, differenziertem Nachdenken über individuelles und soziales Gewordensein und dessen Widerspiegelung in der Institution zu koppeln. Hierfür bildet kein akademischer Abschluss die Voraussetzung, sehr wohl aber eine menschliche und fachliche Auswahl von Kandidatinnen und Kandidaten für alle Berufsgruppen in der Jugendvollzugsanstalt. Für eine Professionalisierung „mit der Institution“ bedarf es also einer gemeinsamen pädagogischen Leitidee, die jede Berufsgruppe im Rahmen ihrer Möglichkeiten umsetzen kann, um den Menschen in Haft zu begegnen. Pädagogische Professionalisierung sollte nicht als exklusives Monopol der entsprechenden im Strafvollzug tätigen Professionen angesehen werden. Im Sinne eines Milieugedankens hat pädagogisches Reflektieren und Handeln eine konstitutive Funktion im Umgang mit (heranwachsenden) Menschen in Haft. Die titelgebende Frage, ob es sich bei Professionalisierung und geschlossener Institution immer um einen Gegensatz handelt, kann somit nicht abschließend beantwortet werden. Sicher aber ist, dass viele gängige und populäre Ausbildungsprogramme für den Umgang mit Störung und scheinbarer Renitenz das Gegenteil von Professionalisierung bedeuten. Literatur Bernfeld, S. (1929/ 2012). Der soziale Ort und seine Bedeutung für Neurose, Verwahrlosung und Pädagogik. In S. Bernfeld, Werke Bd. 4: Sozialpädagogik, 255 -272. Gießen: Psychosozial. Bihs, A. (2013). Grundlegung, Bestandsaufnahme und pädagogische Weiterentwicklung des Jugendarrests in Deutschland unter besonderer Berücksichtigung des Jugendarrestvollzuges in Nordrhein-Westfalen. Dissertation. Köln: Universität zu Köln. Gratz, W. (2020). Jugendstrafvollzug als dynamisches Organisieren - ein realisierbares Konzept? Sonderpädagogische Förderung heute, 65 (3), 234 -245. Heuer, S. & Kessl, F. (2014). Von der funktionalistischen Umformatierung von Erziehung auf Menschentraining. Sozial Extra, 38 (5), 46 -49. https: / / doi.org/ 10.1007/ s12054-014-0117-7 Langer, J., Link, P.-C., Fickler-Stang, U. & Zimmermann, D. (im Druck). Perspektiven von Bediensteten des Jugendstrafvollzugs auf pädagogische Beziehung - tiefenhermeneutische Einsichten aus einer qualitativ-empirischen Studie. ESE - Emotionale und Soziale Entwicklung in der Pädagogik der Erziehungshilfe und bei Verhaltensstörungen, 3. Lutz, T. (2019). Autoritäre Stufenmodelle zur Verhaltensanpassung in der Kinder- und Jugendhilfe. Widersprüche 154, 69 -82. Schneider, L. & Kaplan, A. (2020). Pädagogik als Kritik - Pädagogisches Handeln im Gefängnis als Kritik der Verhältnisse. Sonderpädagogische Förderung heute, 65 (3), 246 -256. Strafvollzugsgesetz vom 16. März 1976 (BGBl. I S. 581, 2088; 1977 I S. 436), das zuletzt durch Artikel 7 des Gesetzes vom 9. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2146) geändert worden ist. https: / / doi.org/ 10.1515/ 9783110895247.fm Walkenhorst, P. (2015). Pädagogisches Denken und Handeln im Jugendstrafvollzug. In M. Schweder (Hrsg.), Handbuch Jugendstrafvollzug, 482 -506. Weinheim: Beltz. VHN 4 | 2021 254 DAS PROVOK ATIVE ESSAY DAVID ZIMMERMANN, ANNIKA KRAUSE Geschlossene Institution und pädagogische Professionalisierung Walkenhorst, P. & Fehrmann, S. (2018). Jugendarrest, Jugendstrafvollzug und Jugenduntersuchungshaft: Grundlegungen - Wirkungen - Perspektiven. In B. Maelicke & S. Suhling (Hrsg.), Das Gefängnis auf dem Prüfstand. Zustand und Zukunft des Strafvollzugs, 265 -312. Wiesbaden: Springer. https: / / doi.org/ 10.1007/ 978-3-658-20 147-0_13 Zimmermann, D., Rauh, B., Trunkenpolz, K. & Wininger, M. (2019). Sozialer Ort und Professionalisierung. Psychoanalytisch-pädagogische Perspektiven. In D. Zimmermann, B. Rauh, K. Trunkenpolz & M. Wininger (Hrsg.), Sozialer Ort und Professionalisierung. Geschichte und Aktualität psychoanalytisch-pädagogischer Konzeptualisierungen, 9 -20. Leverkusen: Barbara Budrich. https: / / doi.org/ 10.2307/ j.ctvqmp1n 6.3 Anschrift des Autors und der Autorin Prof. Dr. David Zimmermann Humboldt-Universität Berlin Institut für Rehabilitationswissenschaften - Pädagogik bei psychosozialen Beeinträchtigungen Unter den Linden 6 D-10099 Berlin E-Mail: david.zimmermann@hu-berlin.de Annika Krause C. v. O. Universität Oldenburg FK I - Institut für Sonder- und Rehabilitationspädagogik Postfach 2503 D-26111 Oldenburg E-Mail: annika.krause@uol.de BHP Verlag | Herzbergstraße 82-84 | 10365 Berlin Tel.: ++49 (0)30-40605060 | Fax.: ++49(0)30-40605069 Mail: info@bhpverlag.de | Web: www.bhpverlag.de Heinrich Greving | Ulrich Scheibner BildungsArbeit. Schlüssel zur Inklusion Ein neues Verständnis von Arbeit und Bildung in „Werkstätten für behinderte Menschen“ Die berufliche Bildungsarbeit in Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM) wird seit Jahren kontrovers diskutiert. Die Autoren dieser Publikation aus dem BHP Verlag entwickeln ein zeitgemäßes Verständnis von Arbeit und Bildung für WfbM. Sie analysieren die aktuelle Bildungssituation und stellen ein Konzept zur inklusiven Bildung in Werkstätten vor. Dabei wurden die Autoren von zahlreichen Bildungs- und Werkstattfachleuten kritisch begleitet. Mit einem Vorwort von Wolfgang Thierse. 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