eJournals Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete 90/3

Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete
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0017-9655
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
10.2378/vhn2021.art30d
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2021
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Rezension: Walther, Andreas; Stauber, Barbara; Rieger-Ladich, Markus; Wanka, Anna (Hrsg.) (2020): Reflexive Übergangsforschung. Theoretische Grundlagen und methodologische Herausforderungen

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2021
Ulrike Schildmann
Wer sich mit biografischen und/oder institutionellen Übergängen in der Pädagogik und ihren Nachbargebieten beschäftigt, sollte den hier vorgestellten Sammelband mit dem Titel „Reflexive Übergangsforschung“ unbedingt zur Kenntnis nehmen. Als erster einer geplanten Reihe ist er das Produkt eines von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Graduiertenkollegs zum Thema „Doing Transitions“, „in dem Prozesse der Gestaltung und Herstellung von Übergängen – vom Übergang in selbständige Mobilität in der frühen Kindheit bis hin zum Übergang ins Pflegeheim – im Wechselbezug zwischen diskursiven, institutionellen und biografischen Praktiken untersucht werden“ (S. 13). Der Forschungsgruppe „Doing Transitions“ geht es darum, das machtvolle Zusammenwirken der unterschiedlichen Vergesellschaftungsebenen und Praktiken der Gestaltung zu analysieren (S. 24). So sollen z.B. allgemein definierte Stationen einzelner Lebensläufe unter der Übergangsperspektive neu gefasst, bereits bekannte Übergänge neu betrachtet und neu entdeckte Übergänge analysiert werden, womit auch der Begriff der reflexiven Übergangsforschung umrissen wäre. Damit gewinnt dieses Forschungsfeld ganz neue, breit angelegte Ausrichtungen.
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VHN 3 | 2021 244 REZE NSION E N Walther, Andreas; Stauber, Barbara; Rieger-Ladich, Markus; Wanka, Anna (Hrsg.) (2020): Reflexive Übergangsforschung. Theoretische Grundlagen und methodologische Herausforderungen Opladen: Verlag Barbara Budrich. 306 S., € 35,- Wer sich mit biografischen und/ oder institutionellen Übergängen in der Pädagogik und ihren Nachbargebieten beschäftigt, sollte den hier vorgestellten Sammelband mit dem Titel „Reflexive Übergangsforschung“ unbedingt zur Kenntnis nehmen. Als erster einer geplanten Reihe ist er das Produkt eines von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Graduiertenkollegs zum Thema „Doing Transitions“, „in dem Prozesse der Gestaltung und Herstellung von Übergängen - vom Übergang in selbständige Mobilität in der frühen Kindheit bis hin zum Übergang ins Pflegeheim - im Wechselbezug zwischen diskursiven, institutionellen und biografischen Praktiken untersucht werden“ (S. 13). Der Forschungsgruppe „Doing Transitions“ geht es darum, das machtvolle Zusammenwirken der unterschiedlichen Vergesellschaftungsebenen und Praktiken der Gestaltung zu analysieren (S. 24). So sollen z. B. allgemein definierte Stationen einzelner Lebensläufe unter der Übergangsperspektive neu gefasst, bereits bekannte Übergänge neu betrachtet und neu entdeckte Übergänge analysiert werden, womit auch der Begriff der reflexiven Übergangsforschung umrissen wäre. Damit gewinnt dieses Forschungsfeld ganz neue, breit angelegte Ausrichtungen. Die Beiträge der insgesamt zehn Autorinnen und Autoren werden drei inhaltlichen Schwerpunkten zugeordnet: Teil I (Barbara Friebertshäuser; Birgit Becker; Frank Oswald & Anna Wanka; Christiane Hof; Sabine Andresen; Andreas Walther; Bernhard Schmidt-Hertha) befasst sich mit Forschungstraditionen und -bezügen der Übergangsforschung und geht dabei auf erziehungswissenschaftliche, soziologische und psychologische Perspektiven (z. B. der Biografieforschung und der Lebensverlaufsforschung) sowie auf deren methodische Zugänge ein. Teil II (Anna Wanka; Markus Rieger-Ladich; Barbara Stauber) konzentriert sich auf die Frage, wie Übergänge durch Veränderungen sozialer Praxis und sich dadurch verändernde Grenzziehungen erfasst werden können. Unter einer Perspektive von Subjektivierungspraktiken wird der analytische Fokus weggeleitet von Fragen danach, was geschieht, hin zu Fragen danach, wie etwas geschieht und welche Rolle dabei in der sozialen Praxis Differenzsetzungen einnehmen („doing difference while doing transitions“; S. 28) und als machtvolle Prozesse zur Wirkung kommen. Teil III des Bandes (Petra Bauer; Barbara Stauber, Anna Wanka, Andreas Walther & Markus Rieger- Ladich) geht auf ein exemplarisches pädagogisches Feld, die sozialpädagogische Beratung, ein, um mögliche Erträge einer reflexiven Übergangsforschung für die praktische Gestaltung von Übergängen zu beleuchten. Vor diesem Hintergrund wird die reflexive Übergangsforschung als eine relationale Perspektive auf Übergänge in Lebensläufen unter folgenden Stichworten zusammengefasst: neue versus alte Übergänge; Komplexität von Übergängen; macht- und subjektivierungstheoretische Perspektiven; differenzierungs- und ungleichheitstheoretische Perspektiven; gesellschaftliche und gesellschaftspolitische Relevanz reflexiver Übergangsforschung (S. 294ff.). Im Zusammenhang mit behinderungsbzw. inklusionsrelevanten Themenfeldern ist dieser Sammelband nicht nur für die Weiterentwicklung bisheriger Analysen über institutionelle Übergänge beachtenswert (vgl. zusammenfassend: Schildmann, U. [2016]. Institutionelle Übergänge - eine Forschungsperspektive mit Zukunft? Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete, 85 (3), 245 -247). Er bietet vielmehr ganz neue Forschungsperspektiven für Inklusionsforschung/ Inklusive Pädagogik sowie für Kritische Behinderungsforschung/ Disability Studies, und dies, obwohl weder die Kategorie Behinderung noch Inklusion/ Inklusive Pädagogik als solche darin direkt thematisiert werden. Alle Beiträge verfügen über ein hohes theoretisches Niveau und sind sehr gut lesbar. Aus Sicht der Rezensentin ist dieses Buch als ein Grundlagenwerk auf dem Gebiet der Übergangsforschung anzusehen und deshalb allen auf diesem Feld Interessierten - Forschenden, Lehrenden, Studierenden - zu empfehlen. Prof. Dr. Ulrike Schildmann D-10707 Berlin DOI 10.2378/ vhn2021.art30d