eJournals Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete 90/4

Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete
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0017-9655
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
10.2378/vhn2021.art36d
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2021
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Fachbeitrag: Erziehungszwang und dessen freiheitsentziehende Verstärker

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2021
Marcus Hußmann
Der vorliegende Artikel diskutiert das Verhältnis von Zwang, Erziehung und Sozialer Arbeit, insbesondere im Bereich der freiheitsentziehenden Maßnahmen. Freiheitsentziehende Maßnahmen treten nicht erst durch geschlossene Heimunterbringungen, den Jugendarrest und den Jugendstrafvollzug in Kraft. Sie sind mittlerweile auch ein Bestandteil der offenen Heimerziehung, die somit zu einer Grauzone im Kontinuum zwischen fördernden Praktiken und Freiheitsentzug wird. Zur wesentlichen Zielgruppe gehören (früh) vernachlässigte, marginalisierte und traumatisierte Kinder und Jugendliche. Insgesamt ist in den letzten Jahren eine höhere fachliche Akzeptanz für Zwangsmaßnahmen zu beobachten. Gründe dafür liegen in der Übernahme von repressiven, aktivierungspolitischen Deutungsmustern sowie der spezialisierten und versäulten Hilfelandschaft. Erzieherische Zwangsmittel und Freiheitsentzug institutionalisieren defensiv strukturierte Bildungsprozesse in einer auf Partizipation und Lebensweltbezug ausgerichteten Kinder- und Jugendhilfe.
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255 255 VHN, 90. Jg., S. 255 -267 (2021) DOI 10.2378/ vhn2021.art36d © Ernst Reinhardt Verlag < RUBRIK > < RUBRIK > Erziehungszwang und dessen freiheitsentziehende Verstärker Marcus Hußmann Ev. Hochschule für Soziale Arbeit & Diakonie, Hamburg Zusammenfassung: Der vorliegende Artikel diskutiert das Verhältnis von Zwang, Erziehung und Sozialer Arbeit, insbesondere im Bereich der freiheitsentziehenden Maßnahmen. Freiheitsentziehende Maßnahmen treten nicht erst durch geschlossene Heimunterbringungen, den Jugendarrest und den Jugendstrafvollzug in Kraft. Sie sind mittlerweile auch ein Bestandteil der offenen Heimerziehung, die somit zu einer Grauzone im Kontinuum zwischen fördernden Praktiken und Freiheitsentzug wird. Zur wesentlichen Zielgruppe gehören (früh) vernachlässigte, marginalisierte und traumatisierte Kinder und Jugendliche. Insgesamt ist in den letzten Jahren eine höhere fachliche Akzeptanz für Zwangsmaßnahmen zu beobachten. Gründe dafür liegen in der Übernahme von repressiven, aktivierungspolitischen Deutungsmustern sowie der spezialisierten und versäulten Hilfelandschaft. Erzieherische Zwangsmittel und Freiheitsentzug institutionalisieren defensiv strukturierte Bildungsprozesse in einer auf Partizipation und Lebensweltbezug ausgerichteten Kinder- und Jugendhilfe. Schlüsselbegriffe: Zwang, Freiheitsentziehende Maßnahmen, Heime als Grauzone freiheitsentziehender Maßnahmen, Aktivierungspolitik, Defensive Bildungsprozesse Coercion in Pedagogy and its Freedom-Restriction Reinforcers Summary: This article discusses the relationship between coercion, pedagogy, and social work, particularly in the area of custodial measures. Restrictions of freedoms not only come into effect through closed residential placements, youth detention and juvenile detention. They are now also a component of open residential education, which thus becomes a gray area in the continuum between supportive practices and deprivation of liberty. The main target group includes (early) neglected, marginalized and traumatized children and adolescents. Overall, a higher professional acceptance of coercive measures can be observed in recent years. The reasons for this lie in the adoption of repressive, employment-centric patterns of interpretation as well as the specialized and pillarized help landscape. Educational means of coercion and deprivation of liberty institutionalize more cynical educational practices in a child and youth welfare system that is geared toward participation. Keywords: Coercion, restrictions of freedoms, residential education as a grey area of deprivation of liberty measures, employment-centric patterns, defensive educational processes FACH B E ITR AG TH EME NSTR ANG Erziehungshilfe in Zwangskontexten 1 Hinführung zum Thema Freiheitsentziehende Maßnahmen bei Kindern und Jugendlichen kommen durch geschlossene Heime, den Jugendarrest und den Jugendstrafvollzug zur Anwendung, und es liegt ihnen regelhaft ein Erziehungsgedanke zugrunde. Eine Bestimmung dessen, was unter einer „freiheitsentziehenden Maßnahme“ im Kontext der Kinder- und Jugendhilfe verstanden werden kann, fasst Engelbracht wie folgt zusammen: „Sie umfasst alle Einrichtungen, die beispielsweise durch bauliche Maßnahmen, wie nicht zu öffnende Fenster, Türen mit Schleusenfunk- VHN 4 | 2021 256 MARCUS HUSSMANN Erziehungszwang und dessen freiheitsentziehende Verstärker FACH B E ITR AG tion, abgegrenzte Außenbereiche, und einer stark eingeschränkten und auf die Wohngruppe beschränkte Bewegungsfreiheit der Jugendlichen, einen dadurch konzeptionell verbindlichen ‚pädagogischen‘ Ort konstruieren. Verstärkt wird diese erzwungene Konfrontation mit Pädagogik in einigen Fällen durch die juristische Möglichkeit, Jugendarrest oder U-Haft durch eine solche vermeintlich ‚sichere‘ Maßnahme zu vermeiden, dies allerdings nur unter der Auflage, sich der Maßnahme zu fügen“ (Engelbracht, 2019, S. 48). Eine systematische Entziehung von Freiheiten findet man derzeit in einem quantitativ kaum zu beziffernden Maß auch in offenen Heimgruppen vor und die geschlossene Heimunterbringung (GU) ist daher nicht die erste Instanz mit Zwangscharakter. Sie nimmt vielmehr eine Scharnierfunktion zwischen offenen und fördernden erzieherischen Maßnahmen und restriktiven, geschlossenen sowie strafenden Praktiken ein (vgl. Lindenberg, 2018, S. 757). Der folgende Artikel diskutiert Zusammenhänge zwischen freiheitsentziehenden Maßnahmen und den Praktiken der Zwangserziehung in vermeintlich offenen stationären Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe. Dazu werden in einem ersten Abschnitt die Unterschiede von freiheitsentziehenden Maßnahmen an Kindern und Jugendlichen grob skizziert und Wechselwirkungen zwischen der sozialstaatlichen Aktivierungspolitik und einer neueren Kontrollorientierung der Kinder- und Jugendhilfe diskutiert. Im zweiten Teil werden die Zuständigkeitsüberführungen einer spezialisierten Hilfelandschaft als eine spezifische punitive Praxis der Kinder- und Jugendhilfe gekennzeichnet. Im dritten Kapitel wird gezeigt, dass punitive Elemente auch in offenen Heimgruppen in Form von sog. „Time-out-Räumen“ oder Token-Systemen zur Verhaltenssteuerung eingesetzt werden. Das Fazit gibt u. a. einen kritischen Ausblick auf Bildungsprozesse, die durch Zwangserziehung und deren freiheitsentziehenden Verstärker zu erwarten sind. 2 Der pädagogische Ort der Zwangserziehung im Kontinuum zwischen Unterstützung und Strafe Freiheitsentziehende Maßnahmen arbeiten mit Konditionalprogrammen zur Verhaltenssteuerung, Strafen und unterschiedlichen Zwangsmitteln, um Kinder und Jugendliche in die Gesellschaft zu integrieren (vgl. Engelbracht, 2019, S. 246). Zwang und Strafe weisen seit etwa eineinhalb Jahrhunderten eine Strukturanalogie in der Pädagogik auf (vgl. Peters, 2020) und Elemente von Einschluss in geschlossene Heime oder Strafanstalten und der Ausschluss aus der Gesellschaft kommen in nahezu allen Epochen vor. So wies etwa die Heimerziehung bis in die 1970er Jahre hinein ein ausgeklügeltes Disziplinarsystem auf, das heute „wie eine Mischung aus Fabrik und Kaserne [erscheint]… Die dafür stimmige fachliche Kategorisierung war einfach: erziehungsfähig/ nicht erziehungsfähig, hilfsweise: gruppenfähig/ nicht gruppenfähig. Dass diese Zuschreibung so gut wie ausschließlich Kinder und Jugendliche aus der Arbeiterschicht traf, war so selbstverständlich, dass es kaum thematisiert wurde“ (Kunstreich, 2017, S. 107). Obwohl die Kinder- und Jugendhilfe im Achten Sozialgesetzbuch (SGB VIII) anders als das Jugendgerichtsgesetz (JGG) keine strafenden Wurzeln aufweist, handelt es sich bereits bei einer geschlossenen Heimunterbringung juristisch betrachtet um eine freiheitsentziehende Maßnahme innerhalb der erzieherischen Jugendhilfe des SGB VIII (vgl. Lindenberg, 2018, S. 746). Den gewissermaßen nächsthöheren pädagogischen Zwangseingriff nach der geschlossenen Heimunterbringung (GU) stellt der Jugendarrest als faktische kleine Freiheitsstrafe dar, er gehört nach den Erziehungsmaßregeln zur nächsten Interventionsstufe des Jugendstraf- VHN 4 | 2021 257 MARCUS HUSSMANN Erziehungszwang und dessen freiheitsentziehende Verstärker FACH B E ITR AG rechts (vgl. Hußmann, 2015, S. 25, mit Bezug auf Oberlies, 2013, und Schmitt, 2008). Nach Schmitt gilt er als eine „Vorschaltaktion vor der Verhängung einer Jugendstrafe“ (Schmitt, 2008, S. 125). Er gehört zur Kategorie der Zuchtmittel und kann als eine zur Bewährung ausgesetzte Jugendstrafe eingesetzt werden (vgl. Höynck & Ernst, 2018, S. 669), wobei „Zuchtmittel“ rechtlich keinen Strafcharakter aufweisen, wie Christine M. Graebsch konstatiert: „Jugendstrafvollzug bedeutet die Vollstreckung einer Jugendstrafe nach §§ 17 f. JGG in einer Haftanstalt. (…) Der Jugendstrafvollzug ist weiter zu unterscheiden vom Jugendmaßregelvollzug … sowie von der Untersuchungshaft an jungen Gefangenen mit Spezialregelungen in den Untersuchungshaftvollzugsgesetzen der Länder“ (Graebsch, 2018, S. 691). Die Autorin verdeutlicht, dass im Jugendstrafvollzug die Jugendlichen zu einem Leben ohne Straftaten mit dem Ziel der sozialen Integration erzogen werden sollen (ebd., S. 693f.). „Im Jugendstrafvollzug trifft der rechtlich verankerte Erziehungsgedanke auf eine Institution, in der junge Menschen zur Strafe eingeschlossen werden“ (ebd., S. 689). Dass Erziehungszwang und Freiheitsentzug auch in der auf Partizipation und Lebensweltbezug ausgerichteten Kinder- und Jugendhilfe zur Anwendung kommen, erscheint zunächst verwunderlich; historisch betrachtet zeigt sich die geschlossene Heimerziehung jedoch als eine harte Traditionslinie der Pädagogik - bis heute. Die schockierenden Berichte aus geschlossenen Heimen aus den 1960er Jahren im Westen, wie z. B. aus Glückstadt, oder aus den 1980er Jahren im Osten, hier die Jugendwerkhöfe der DDR, konnten bislang nicht verhindern, dass sich die Geschichten auch in „modernen“ Heimen mit gut ausgebildetem Personal stets wiederholen, wie z. B. die Aufarbeitung des sog. „Haasenburg-Skandals“ zeigt (vgl. exemplarisch Aktionsbündnis gegen Geschlossene Unterbringung, 2018). Obwohl die GU durch die sog. Heimkampagne Ende der 1960er Jahre in die Kritik geriet, sodass die Belegungszahlen ab den 1980er Jahren stark zurück gingen, wurde sie unter veränderten sozialpolitischen Zwecksetzungen und mit neuen (Rahmen-)Konzepten schließlich revitalisiert. „Sah es in den 1980er Jahren so aus, als würde die geschlossene Unterbringung insgesamt abgeschafft und sah das neue KJHG dieses Instrument ausdrücklich nicht vor, so hat sich die Zahl der geschlossenen Unterbringungsplätze in den letzten 20 Jahren von ca. 125 auf knapp 400 mehr als verdreifacht“ (Arbeitskreis Kritische Soziale Arbeit Hamburg, 2020 a, S. 21). Dieser „Roll-back“ zu einer insgesamt steigenden Akzeptanz für freiheitsentziehende Maßnahmen in der Pädagogik folgte spätestens Ende der 1990er Jahre, und Zwang sowie Disziplinierung werden in der Kinder- und Jugendhilfe seitdem zunehmend wieder salonfähig (vgl. Lutz, 2013, S. 26). Diese Entwicklung erscheint mit Blick auf die vorangegangene neoliberale Aktivierungspolitik nicht zufällig und wird seit Jahren von unterschiedlichen Autor/ innen der Sozialen Arbeit und der Erziehungswissenschaft untersucht. So habe die Aktivierungspolitik nach Michael Opielka zu einer „Sozialpädagogisierung der Sozialpolitik“ geführt - jedoch „weniger im Sinne eines emanzipativen, an Teilhaberechten orientierten Politikkonzepts“, sondern „vielmehr als Maßgabe einer sozial-psychischen Steuerungsstrategie, die individuelle Einstellungen und habituelle Orientierungen einer umfassenden Marktorientierung unterwerfen möchte“ (Opielka, 2013, S. 3). Diese funktioniere nach dem Prinzip einer Marktsteuerung und habe schließlich das Paradigma „from welfare to workfare“ durchgesetzt (ebd., S. 14). Hans Thiersch erkennt darin ein „Muster des aktivierenden Sozialstaates und seines Primats des Forderns vor dem Fördern“, in dem der Mensch verstanden werde als der „Regisseur seiner Verhältnisse, er solle sich in ihnen beweisen als Leistungssubjekt, als Humankapital“ (Thiersch, 2011, S. 973). Heiner Keupp beschreibt einen VHN 4 | 2021 258 MARCUS HUSSMANN Erziehungszwang und dessen freiheitsentziehende Verstärker FACH B E ITR AG neuen Regierungsmodus mit einem Fokus auf das individuelle Risikomanagement, in dem das Subjekt auch für sein Scheitern selbst zuständig sei (vgl. Keupp, 2011, S. 639). Im Zuge dieser Entwicklung ist die sog. Employability die eindeutig dominierende Voraussetzung für gesellschaftliche Teilhabe geworden, wie Hans- Uwe Otto und Holger Ziegler konstatieren (vgl. Otto & Ziegler, 2008, S. 138, mit Bezug auf Kessl & Otto, 2002). In diesem Zusammenhang sollen jegliche Aspekte, die der Employability und der sie gefährdenden Lebensstile schaden, abgewendet werden. Um gefährdende Lebensstile abzuwenden, hat sich in Erziehung und Sozialer Arbeit ein spezifisches Verständnis von Prävention entwickelt, über das Pädagogik als Hilfe für den rechten Weg und damit zur Kontrolle von Lebensführung und -richtung bestimmt wird. Eine so verstandene Prävention verlagert als ein normativer Beurteilungsbegriff für „Kriminalität“ die Gegenwart in die Zukunft und setzt somit als eine Normalisierungsmacht gewünschtes Verhalten durch (vgl. Kunstreich & Peters, 1990, S. 51). Vor dem Hintergrund kausaler Beziehungen zu möglicher Abweichung werden darüber jedoch nicht nur fachliche Inhalte festlegt, sondern es wird auch eine wichtige Grundlage zur Ausstattung sozialer Dienstleistung vorgenommen, wie Helga Cremer-Schäfer feststellt (2019, S. 54): „Die Versicherung, als ‚Präventionsarbeit‘ Gewalt - Kriminalität - Drogenkonsum - Rechtsextremismus zu verhindern oder durch fortgesetzte Resozialisierungs-Arbeit Rückfälligkeit und weiteren sozialen Problemen vorzubeugen, wurde zunehmend zur Finanzierungsvoraussetzung.“ Zu dieser Verhinderungspädagogik gesellen sich weitere professionelle Deutungsmuster, die eine Überantwortung von sozial und gesellschaftlich verursachten Lebensrisiken zu individuellen Problemen der Lebensführung vorsehen. Erziehung und Sozialer Arbeit als „staatsvermittelnde Professionen“ (v. Spiegel, 2004, S. 37) kommt schließlich die Aufgabe zu, Bürgerinnen und Bürger auch mit Sanktionen zur Übernahme ihrer Eigenverantwortung für Integration anzuhalten, wie Tilman Lutz schreibt: „Die zentrale Legitimationsbasis dafür ist die Verlagerung der Problemursachen sowie der Bearbeitungsverantwortung an die Betroffenen - als individuelles Versagen, mangelnde Disziplin, Selbstkontrolle bzw. Aktivität“ (Lutz, 2013, S. 26), wie auch seine empirischen Befunde zeigen. Der Autor hat in qualitativen Interviews mit Mitarbeitenden aus Allgemeinen Sozialen Diensten der Jugendämter eine Neujustierung der Jugendhilfe im Kontext von kontrollierend-disziplinierenden Anforderungen festgestellt. So werde die „Zunahme von disziplinierender Kontrolle … als selbstverständlicher Bestandteil des Berufsalltages beschrieben und mit gesellschaftlichen Veränderungen, die auf den Problemdeutungen des aktivierenden Staates sowie den öffentlichen Diskursen fußen, legitimiert. Dazu gehören beispielsweise die Androhung und auch Einstellung von Hilfen bei mangelnder Kooperation, die mit der Eigenverantwortung der AdressatInnen begründet wird“ (ebd., S. 27). Mit seinen Ergebnissen wird auch deutlich, dass diese neuen Kontrollorientierungen nicht bloß „aufgeherrscht“, sondern von Erziehung und der Sozialen Arbeit selbst reproduziert werden (vgl. ebd., S. 25). Hervorzuheben ist, dass Erziehung und Soziale Arbeit dabei einen eigenen Kontrolldiskurs etabliert haben (vgl. ebd., S. 27), aus dem eigene Zuschreibungen hervorgehen, die auch die Einweisungen in freiheitsentziehende Maßnahmen begründen können. Solche Etikettierungen gehen regelmäßig vom pädagogischen Personal aus und sie zeigen, dass selbst punitive Tendenzen den Professionen nicht einfach aufgezwungen werden (vgl. Cremer-Schäfer, 2019, S. 53). In diesem Zusammenhang kann eine zunehmende Akzeptanz von Fachkräften gegenüber restriktiven freiheitsentziehenden Maßnahmen interpretiert werden, die, wie Lindenberg und Lutz VHN 4 | 2021 259 MARCUS HUSSMANN Erziehungszwang und dessen freiheitsentziehende Verstärker FACH B E ITR AG feststellen, primär als Schutzgedanke zum Wohl des Kindes dienen und „damit als Angebot der Jugendhilfe zur Verwirklichung des Rechtes eines jungen Menschen ‚auf Förderung seiner Entwicklung und auf Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit‘ (§ 1(1) SGB VIII) beitragen können“ (Lindenberg & Lutz, 2018, S. 59). Die Entwicklungen der Kinder- und Jugendberichte der letzten 20 Jahre offenbaren schließlich eine ähnliche Entwicklung. Im 8. Jugendbericht galten geschlossene Settings der Heimerziehung noch als nicht gerechtfertigt. 2002 werden solche Settings in wenigen und sehr seltenen Fällen als eine angemessene Form beschrieben. Im 14. Jugendbericht von 2013 kann eine zunehmende Akzeptanz festgestellt werden, die eine kind- und jugendorientierte Heimpädagogik für hoch belastete Kinder oder Jugendliche fordert (vgl. ebd.). Wie oben erwähnt, verkörpert die geschlossene Heimunterbringung dabei gewissermaßen einen Übergang von der helfenden zur strafenden Seite und bildet somit ein Scharnier (Lindenberg, 2018, S. 757). Michael Lindenberg stellt dar, wie die Praxis der Kinder- und Jugendhilfe durch die geschlossene Heimunterbringung zu einem Kontinuum zwischen fördernden und subjektorientierten Angeboten auf der einen Seite und der Jugendstrafe am anderen, strafenden Pol wird: Im Fördern und Fordern des aktivierenden Staates „leitet die Jugendhilfe …in eine dreigeteilte Unterscheidung ein: Erstens identifiziert sie jene würdigen Kinder und Jugendlichen, die es in jedem Fall und unumschränkt zu fördern gilt. Zweitens findet sie solche, deren Würdigkeitsprüfung noch nicht abgeschlossen ist bzw. deren Würdigkeit auf dem Prüfstand steht, die bis zum Abschluss dieser Prüfung aber zu fördern sind. Drittens dann klassifiziert sie jene Kinder und Jugendlichen, deren Gruppe mit der Renaissance der Geschlossenen Unterbringung und der Zunahme geschlossener Settings stetig zunimmt“ (ebd., S. 762). 3 Zuständigkeitsüberführungen als punitive Praxis einer spezialisierten Hilfelandschaft Geschlossene Einrichtungen sind ein Bestandteil einer ausdifferenzierten, spezialisierten und versäulten Hilfelandschaft, die sich bereits kurz nach Verabschiedung des SGB VIII bemerkbar machte (vgl. dazu Klatetzki, 1994). Seit Jahren gewinnen darin verhaltensmodifizierende, psychotherapeutische, psychiatrische und strikt am Einzelfall orientierte Settings an Bedeutung (vgl. Kunstreich, 2017, S. 108). Manche der betreuten Kinder und Jugendlichen, die in besonders benachteiligten, psychosozial vernachlässigten und marginalisierten Milieus sozialisiert wurden, durchlaufen wie in einer Serie die unterschiedlichen Säulen und Spezialisierungen der Erziehungshilfe und weisen sog. „Maßnahmenkarrieren“ auf. 2011 konnte ich im Rahmen einer qualitativen Untersuchung im Hamburger Straßen- und Bahnhofsmilieu in fünf von acht Einzelfallstudien unterschiedliche freiheitsentziehende Maßnahmen wie (Teil-)Geschlossene Heimunterbringungen, Jugendarrest und Jugendgefängnis als Bestandteil einer langen Verschiebepraxis nachweisen (vgl. Hußmann, 2011). Jede der Biografien dieser jungen Menschen weist aufeinanderfolgende Zuständigkeitsüberführungen in zumeist höher spezialisierte Einrichtungen der Jugendhilfe, der Psychiatrie und Justiz auf, samt der damit einhergehenden (Beziehungs-)Abbrüche von vorherigen Erziehungshilfen und Bezugspersonen. Solche Aneinanderreihungen von Maßnahmen segmentieren die Lebensläufe der Jugendlichen in einzelne Lebensabschnitte an verschiedenen Wohnorten. Die Sequenzen gleichen klientelen Statuspassagen, in denen Professionelle eine Agentenfunktion über die Statuspassagen erhalten (vgl. Hußmann, 2013 a). Meine Ergebnisse zeigen, dass die Einleitung von aufeinanderfolgenden Erziehungsmaßnahmen über ein individualistisches und monologisches Problem- und Fall- VHN 4 | 2021 260 MARCUS HUSSMANN Erziehungszwang und dessen freiheitsentziehende Verstärker FACH B E ITR AG verständnis der Fachkräfte verwaltet wird. Die Verweisungsprozesse wurden von den jungen Menschen als ein stetig wiederkehrendes und bekanntes Scheitern verarbeitet und als eine Praxis der Sozialdisziplinierung erlebt, die immer dann ausgelöst wird, sobald der oder die Betreute gegen Regeln verstößt. Die Jugendlichen sahen sich in den Einrichtungen einem Regelwerk ausgesetzt, das widersprüchliche Erfahrungen mit den Bedingungen und Anforderungen, denen sie sich fügen sollten oder die sie erfüllen mussten, nach sich zog und das strikt behavioristisch angelegt war - eine Praxis, die Lothar Krappmann als Dressur bezeichnet: „Der Rückgriff auf erzieherische Vorgehensweisen, die als Dressur zu bezeichnen sind, weckt den Verdacht, dass die Vorstellung, Kinder seien zu Einsicht nicht fähig und müssten zu akzeptablem Verhalten abgerichtet werden, immer noch lebendig ist. Dieses Vorgehen baut nicht auf Erziehung in Beziehung auf, die das Kind mit Bedürfnissen, Interessen und Erfahrungen respektiert, sondern verlangt Unterwerfung. Mehr noch: Die Erziehung in sozialer Isolation behandelt das Kind als eine Reiz-Reaktions-Apparatur und nicht als einen Menschen, der an Verletzungen arbeitet, sie nicht bewältigt oder anders bewältigt, als es die Umwelt erträgt“ (Krappmann, 2020, S. 5). Über Bezeichnungen, wie „intensiv-pädagogisch“ verbindet der Freiheitsentzug in totalen Institutionen eine repressiv ausgerichtete Fürsorge mit einer modernen Kinder- und Jugendhilfe (vgl. Cremer-Schäfer, 2019, S. 45). Es ist unschwer zu erkennen, dass es sich in den Institutionen der Geschlossenen Heimunterbringung, dem Jugendarrest und dem Jugendstrafvollzug um Formen von Zwangserziehung handelt, die eine gewisse Ordnung sicherstellen und den Jugendlichen davor bewahren sollen, auffällig zu werden, und in denen Erziehung als Disziplinierung verstanden wird (vgl. Cremer- Schäfer & Peters, 2020, S. 34, mit Bezug auf Kupffer, 1974). Mit der Ausübung von Zwang und Gewalt kommt es zu einer Übernahme von punitiven Praktiken im erzieherischen Handeln, die Helga Cremer-Schäfer wie folgt definiert: „Als punitiv können Praktiken, Wissen und Kategorisierungen bezeichnet werden, die die Praktiken, das Wissen, die stigmatisierenden Etiketten und Klassifikationen der Institution Verbrechen & Strafe übernehmen, sie sich übertragen lassen oder eigene, organisierter staatlicher Bestrafung anverwandte punitive Verhaltenskontrollen, Devianztheorien und Legitimationsmuster (neu) mobilisieren und nachahmen“ (Cremer-Schäfer, 2019, S. 48). Sie zeigen sich z. B. „in der Propagierung und Anwendung von Zwang & Disziplinarstrafen, bei Unterbringungen in geschlossenen Anstalten, verordneter Verarmung, in der Übernahme und der Entwicklung von Etiketten, die soziale Ausschließung und die Definition als ‚minderer Mensch‘ legitimieren und vollziehen“ (ebd.). Jugendliche in freiheitsentziehenden Maßnahmen haben, wie auch die Studie von Engelbracht (2019, S. 243) nachweist, vielfach eine hierarchisch legitimierte Jugendhilfe durchlaufen, die mit deren zugrundeliegenden Handlungskonzepten der Lebensweltorientierung (Grunwald & Thiersch, 2011) oder der Lebensbewältigung (Böhnisch, 2012) nichts mehr zu tun hat. Für den Jugendstrafvollzug stellt Christine M. Graebsch fest, dass der dort verfolgte Erziehungsgedanke das Niveau des ausgehenden 19. Jahrhunderts widerspiegelt, da reformpädagogische oder emanzipatorische Ansätze dort nie angekommen sind (vgl. Graebsch, 2018, S. 695). Ein Blick in die kriminologische und erziehungswissenschaftliche Forschung (zur Übersicht vgl. Hußmann, 2015) macht schnell deutlich, dass der Freiheitsentzug die Fallverläufe von Kindern und Jugendlichen negativ determiniert, sei es in der Erwartung einer „Legalbewährung“ oder in der sozialen und emotionalen Entwicklung. Empirische Befunde weisen seit Jahren darauf hin, dass Instanzenkontakte VHN 4 | 2021 261 MARCUS HUSSMANN Erziehungszwang und dessen freiheitsentziehende Verstärker FACH B E ITR AG sog. „Kriminelle Karrieren“ mitkonstruieren und - wie es Untersuchungen zum Jugendarrest zeigen (vgl. ebd.) - nicht nur wirkungslos, sondern auch kontraproduktiv sind. Je nach Ausgangslage gelten sie als ein entscheidender Beschleuniger in sich zuspitzenden Prozessen. „Entscheidungen für geschlossene Unterbringung und freiheitsentziehende Maßnahmen in der Kinder- und Jugendhilfe ignorieren das seit Anfang des 20. Jahrhunderts zur Verfügung stehende, empirisch fundierte Wissen über verdinglichende und zerstörerische Folgen von sozialen Orten, die herrschaftlich ein ‚Draußen im Drinnen‘ organisieren“ (Cremer-Schäfer & Peters, 2020, S. 33). Zur klassischen Zielgruppe gehören Kinder- und Jugendliche, die früh psychosozial vernachlässigt wurden und Erfahrungen mit Gewalt und traumatisierenden Lebensumständen gemacht haben (vgl. Hußmann, 2013 b), denn: „Hinter diesen Kindern und Jugendlichen liegen oft soziales Elend, Vernachlässigung, sexueller Missbrauch, Leben auf der Straße, Drogen, Konflikte mit Amtspersonen und dem Gesetz - Erfahrungen, die sich in ihren Handlungsweisen widerspiegeln. Durch strikte Kontrollen sollen sie wieder in übliche Verhaltensmuster eingepasst werden“ (Krappmann, 2020, S. 5). Bei ihnen wiederholen sich die Grunderfahrungen von Zwang, Gewalt, Drohung, Abwertung, Fremdbestimmung oder Isolierung in den pädagogischen Zusammenhängen der geschlossenen Institutionen, wie die Befunde meiner o. g. Studie zeigen (Hußmann, 2011). „Die schädigenden Wirkungen totaler Institutionen sind seit den 1960ern bekannt und wurden immer wieder bestätigt. Sie schaffen zwangsläufig repressive, autoritäre Strukturen, die den Insassen schaden - unabhängig von den Absichten und Zielsetzungen der Protagonist/ innen: Einsperren wird regelmäßig nicht zur Helferin, sondern zur Herrin der Pädagogik, weil sich sowohl die Pädagogen als auch die Kinder und Jugendlichen der Struktur der Institution und dem Mittel der Einsperrung unterwerfen müssen“ (Lindenberg & Lutz, 2018, S. 65). 4 Freiheitsentzug im ganz normalen Heimalltag Gewissermaßen querliegend ziehen sich durch die stationäre Kinder- und Jugendhilfe die in üblicherweise geschlossenen Einrichtungen und Gefängnissen entwickelten punitiven Praxen mit Zwangscharakter in Form von Time-out- Räumen, Tokensystemen oder Fesselungsbzw. Festhaltepraktiken. Niemand kann derzeit genau sagen, wie viele Kinder und Jugendliche solchen Praktiken ausgesetzt sind. Zu den geschlossenen Einrichtungen kommen somit Institutionalisierungen innerhalb von regulären, offenen Einrichtungen hinzu, die sich am Stil von totalen Institutionen (Goffman, 1972) orientieren, mit denen Kinder in öffentlicher Erziehung rechnen müssen und die jedwede partizipative und emanzipatorische Erziehungsabsicht konterkarieren. Seit Jahren infiltrieren in einem empirisch unbekannten Ausmaß derartige punitive Praktiken des Freiheitsentzugs in die Praxis der offenen Heimerziehung und damit in die Richtung der eigentlich förderlichen und subjektorientierten Angebote. Dadurch verschwimmt zunehmend die klare Trennung zwischen geschlossenen und offenen Einrichtungen in einer Grauzone der Heimerziehung (vgl. Lindenberg, 2018, S. 745). Laut der bereits 2006 veröffentlichten Studie von Hoops und Permien „Mildere Maßnahmen sind nicht möglich“ existiert „statt der alten Polarisierung zwischen offenen und geschlossenen Settings zwischen diesen Polen in der Jugendhilfe ein Kontinuum von Maßnahmen …, die von ‚offen‘ über ‚offen mit Freiheitsbeschränkung‘, ‚offen, aber mit Time-out-Raum‘, ‚geografisch geschlossen‘, ‚zu bestimmten Tageszeiten geschlossen‘, ‚fakultativ (für bestimmte Jugendliche und zu bestimmten Zeiten) geschlossen‘ bis hin zu ‚teilgeschlossen‘ reichen“ (Hoops & Permien, 2006, S. 28). Sie erfolgen ohne richterliche Genehmigung in einer Einrichtung der Heimerziehung, in der Merkmale der Geschlossenheit den All- VHN 4 | 2021 262 MARCUS HUSSMANN Erziehungszwang und dessen freiheitsentziehende Verstärker FACH B E ITR AG tag bestimmen (vgl. Lindenberg, 2018, S. 754). „Solche … Eingriffe in die Grundrechte, z. B. auch Videoüberwachung, geschehen in vielen Einrichtungen ohne explizite schriftliche Konzeptionierung, ohne Meldung an das Landesjugendamt, ohne Diskussion im Hilfeplangespräch nach § 36 SGB VIII, ohne Dokumentation und Evaluation“, wie Cremer-Schäfer und Peters (2020, S. 32) feststellen. Je nach Zwangskontext kommen zudem Phasenmodelle zum Einsatz, die nach erfolgreich absolvierten Bewährungsstufen Lockerungen und bei Regelverstößen Verschärfungen vorsehen. „In der Eingangsstufe oder Eingewöhnungsphase werden den Eintretenden die Verhaltensvorschriften für diese neue Situation bekannt gemacht, einschließlich der dazugehörigen Sanktionen bzw. der Belohnungen, wenn man sich den vorgeschriebenen Regularien unterwirft. Diese Vorschriften sind immer belastend und entwürdigend … Nach ‚erfolgreicher‘ Anpassung wird in der zweiten Stufe oder Orientierungsphase der Regelkatalog gelockert, sodass die ‚ProbandInnen‘ in ihrem Interesse an Erleichterungen angesprochen werden. Bei Regelverstößen ist eine Rückkehr auf die vorherige Stufe oder Phase verbindlich vorgeschrieben. Die letzte Stufe oder eine entsprechend charakterisierte ‚Normalphase‘ enthält weitere Vergünstigungen, sofern man sich an die jetzt zwar noch weiter gelockerten, aber noch immer eingrenzenden Bestimmungen des Settings hält“ (AKS, 2020 a, S. 21f.). Die von mir befragten jungen Menschen aus meiner Studie aus dem Jahr 2011 (s. o.) geben einen Einblick in die Praxis der Stufenbzw. Phasenmodelle. Sie berichteten, dass in bestimmten Stufen Freundschaften oder Kontakte zur Familie - auch zur Weihnachtszeit - untersagt waren, Kleiderordnungen eingehalten werden mussten oder Verhalten über Bonuspunkte gesteuert werden sollte, die gegen Süßigkeiten oder Zigaretten eingelöst werden konnten. Laut des „Aktionsbündnisses gegen geschlossene Unterbringung“ gebe es derzeit keine Untersuchungen über die quantitative Anwendung von Stufen- oder Phasenmodellen in der Heimerziehung nach § 34 SGB VIII, wie eine Anfrage beim Deutschen Jugendinstitut ergeben habe (vgl. AKS, 2020 a, S. 26, mit Bezug auf eine große Anfrage der Linksfraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft vom 21. 10. 2015 und Antwort des Senats vom 20. 11. 2015 [Drs. 21/ 2013]). Über die Reaktivierung von Zwangselementen schaffen Fachkräfte „totale Situationen“, die eine Strukturanalogie zur totalen Institution aufweisen (vgl. Cremer-Schäfer, 2019, S. 50) und über Begriffe, wie „intensiv“ oder „intensiv-pädagogisch“ verschleiert werden (Cremer-Schäfer & Peters, 2020, S. 31f.): „Über Grauzonen von Geschlossenheit zu sprechen bedeutet…, über das mit der Gefängnisstrafe institutionalisierte Modell des ‚Stufenvollzugs‘ aufzuklären. Es bedeutet über die Strukturanalogien von Gefängnissen und Maßnahmen aufzuklären, die damit werben, dass sie ‚starke Grenzen setzen‘, in ‚reizarme Gegenden‘ verfrachten, ‚klar gesetzte Strukturen vorgeben‘, ‚hohe Verbindlichkeiten und Verpflichtungen‘ einfordern; es bedeutet über Einrichtungen aufzuklären, die disziplinarische Maßnahmen oder Token- Programme anwenden und die reguläre Teilnahme an schulischer Bildung vorenthalten - bevor sie Fördern von Kindern und Jugendlichen zulassen“ (Cremer-Schäfer & Peters, 2020, S. 33). Mit der Auferlegung von Token- Systemen, Time-out-Räumen oder Stufenmodellen erhalten Heimzöglinge einen Insassenstatus, durch den eine Degradierung und sogar Bestrafung jederzeit möglich wird (vgl. ebd., S. 34). Ein Problem bei frühzeitig einsetzenden Zwangsmaßnahmen im Grauzonenbereich der offenen Heime ist, dass Kinder- und Jugendliche, die sich dagegen auflehnen oder einfach nicht mitmachen, mit sozialdisziplinierenden und schließenden Instanzen zu rechnen haben und somit in einen circulus vitiosus geraten - VHN 4 | 2021 263 MARCUS HUSSMANN Erziehungszwang und dessen freiheitsentziehende Verstärker FACH B E ITR AG ein Ergebnis, das ich in meiner o. g. Studie als das „Relationsmuster der fortschreitenden Schließung“ gekennzeichnet habe (Hußmann, 2011). Fachkräften kommt dabei eine maximale Machtfülle zu: „Fügen sich die Jugendlichen den Fachkräften nicht, haben diese immer die Möglichkeit, die Jugendlichen in eine Auseinandersetzung zu zwingen, welche diese formal über einen längeren Zeitraum kaum gewinnen können, zumindest nicht, ohne besonders schwerwiegende Konsequenzen und daraus resultierende biografische Irritationen zu riskieren und alltägliche Unannehmlichkeiten zu erdulden“ (Engelbracht, 2019, S. 246), wie Engelbracht mit Blick auf die Ergebnisse seiner Studie über „freiheitsentziehende Maßnahmen“ resümiert. Stufenpläne konterkarieren jegliche Individualität und agieren primär zugunsten des reinen Machterhalts der Professionellen (vgl. ebd. S. 241). 5 Fazit Spezialisierte und individualistisch organisierte Behandlungsmodi sollen der Ambivalenz begegnen, die vielfach die Lebenslagen von Jugendlichen strukturierten, wie z. B. Eskalationen, Drogenkonsum, Devianz oder Kontakte zu Straßenszenen (vgl. Hußmann, 2013 a). Gemein sind solchen Maßnahmen eine Lebenswelt- und Sozialraumferne und ein weitgehender Verzicht auf Partizipationsrechte. Nach Zygmunt Bauman (1996) erhöhen sich Ambivalenzen, sobald versucht wird, sie zu eliminieren. Geschlossene Unterbringungen und alle „vorgelagerten“ punitiven Praktiken von Einschluss und Zwang haben für Kinder- und Jugendliche einen ungewissen Ausgang sowie „strukturell einen hohen Preis, nämlich die Außerkraftsetzung des Willens der Jugendlichen, also genau jenem, was sonst als Basis für den Erfolg einer Hilfe gilt: Ihre Mitwirkungsbereitschaft und ihre Partizipation an der Entscheidung über Art, Ort und Dauer der Hilfe“ (Cremer-Schäfer & Peters, 2020, S. 39). Solche spezifischen Praxen werden von Professionellen vielfach als unumgänglich oder als alternativlos ausgewiesen. Nimmt man sich Jugendhilfeakten zur Hand, so lauten die professionellen Begründungen für die Überführung in diese Maßnahmen u. a.: „Sie nimmt die Hilfe nicht an“ oder „Er muss aus dem ihn gefährdenden Milieu herausgenommen werden“. Aus der Teilnehmendenperspektive von betroffenen jungen Menschen werden indessen die Herrschaftsausübung der institutionalisierten Erziehung, Verletzungen von Beziehungen, Perspektivlosigkeit sowie die Folgen einer professionell organisierten, exkludierenden Verschiebepraxis deutlich (vgl. Hußmann, 2013 a). Die Gestaltungsmöglichkeiten und Alternativen auch in schwierigen Fallverläufen, die durch zahlreiche pädagogische Projekte dokumentiert sind (exemplarisch: Herz, 2007; Möbius, 2005; Redmann, 2015), bleiben unausgeschöpft, obwohl sie aus dem Blickwinkel der Jugendlichen eine ganz andere Wirklichkeit sowie Teilhabe- und Entwicklungschancen eröffnen (vgl. Hußmann, 2011). Im Kontext von Freiheitsentziehenden Maßnahmen ist daher der Beitrag von Instanzen wie der der Kinder- und Jugendhilfe samt ihrer sozialpolitischen Zwecksetzungen und Deutungsmuster zu problematisieren. „So sehen wir in der Praxis immer wieder, dass die ‚besonders Schwierigen‘ ohne tragfähigen Familienzusammenhang auch professionell als ‚hier nicht (mehr) tragbar‘ immer wieder abgeschoben und ausgegrenzt werden. … Mit einer solchen Praxis der Ausgrenzung und Ausschließung müssen wir als solidarisch helfende und demokratisch engagierte soziale Fachleute aufhören und uns stattdessen an Leitlinien zur Förderung einer solidarischen Kultur des Aufwachsens orientieren“ (Wolff, 2020, S. 275). In den Fallverläufen meiner o. g. Studie sind auch fördernde, öffnende und dialogische Relationsmuster zwischen Fachkräften und Adressat/ innen sichtbar. Sie sind nicht an speziali- VHN 4 | 2021 264 MARCUS HUSSMANN Erziehungszwang und dessen freiheitsentziehende Verstärker FACH B E ITR AG sierte Maßnahmen oder Angebote gebunden, befinden sich aber in den vorhandenen Strukturen der Kinder- und Jugendhilfe (Wohngruppe, Einzelbetreuung, Anlaufstelle u. a.) in einer für Jugendliche verlässlichen institutionellen Rahmung und belastbaren Beziehung zu Professionellen (vgl. Hußmann, 2013 a, S. 54). Hier existieren unterschiedliche Zugangsmöglichkeiten zu Fachkräften und Angeboten, die leicht in die Lebenswelt integrierbar sind und die für die jungen Menschen Gebrauchswerte, fundamental partizipativ strukturierte Settings, anwaltschaftliche Prinzipien und vertrauensvolle Beziehungen zu Erwachsenen beinhalten (ebd., S 51). In solchen öffnenden und fördernden Relationsmustern geht es mit Kunstreich argumentiert auch darum, „Mitgliedschaften in Sozialitäten [zu] stärken und Teilhabe in neuen [zu] ermöglichen statt durch individuelle Defizitbearbeitung auszugrenzen“ (Kunstreich, 2014, S. 280). Eine einseitige Fokussierung im Sinne „Was sollen wir mit dem/ der machen? “ greift nach meinen Ergebnissen zu kurz und Aufgaben können nur in einem gemeinsamen Arbeitsprozess zwischen Fachkräften und Adressat/ in bewältigt werden. Trotz formaler Beteiligungsrechte und einer anhaltenden Partizipationsdiskussion werden Kinder und Jugendliche hingegen im Zwangskontext von Phasenprogrammen zu Objekten von einseitigen erzieherischen Maßnahmen, was deutlich gegen die Kinderrechte, hier insbesondere der Artikel 2 „Achtung der Kinderrechte; Diskriminierungsverbot“ sowie Artikel 12 „Berücksichtigung des Kinderwillens“, verstößt (vgl. AKS Hamburg, 2020 b, S. 119). Da wir es in geschlossenen Heimunterbringungen, dem Jugendarrest und dem Jugendstrafvollzug vorwiegend mit Unterschichtsjugendlichen zu tun haben (vgl. Hußmann, 2015), agieren Fachkräfte im sozialen Ausschluss freiheitsentziehender Maßnahmen zudem als „people changers“ für Menschen mit Charakterfehlern als neuem Typus der Armen (vgl. Otto & Ziegler, 2008, S. 133). Im für die Fachkräfte vermeintlich günstigsten Falle vollzieht sich eine mehr oder weniger rasche Unterwerfung und Anpassung an pädagogische Forderungen und Regeln mit dem Ziel, „Alsob-Persönlichkeiten“ entstehen zu lassen (vgl. Foerster, 2005, S. 372, mit Bezug auf Rohde- Dachser, 2000). Bildungsprozesse, die in diesem Zusammenhang gemacht werden, bestehen offensichtlich aus einem Vermeidungslernen, das die Kritische Psychologie nach Holzkamp (1997, S. 199) als „defensives Lernen“ bezeichnet. Lerngründe werden einzig darin bestimmt, um Nachteile oder Bedrohungen abzuwenden. „Dabei sind Ausmaß und Art eines solchen defensiven Lernens nicht primär am Lerngegenstand orientiert, sondern werden letztlich daran bemessen, wieweit sie für die Vermeidung der antizipierten Nachteile und Bedrohungen taugen“ (ebd.). Es gehe dabei nicht um ein inhaltlich interessiertes Lernen, sondern um eine bloße Situationsbewältigung und um widerständiges Lernen (vgl. ebd., S. 200), sodass der weltaufschließende Bildungsprozess sekundär ist (vgl. Treber, 2005, S. 66; Holzkamp, 1992, zitierend). Festzuhalten bleibt, dass freiheitsentziehende Elemente eine autoritäre und zerstörerische Traditionslinie der Erziehung und der Sozialen Arbeit fortschreiben. Alle Versuche, sie unter dem Deckmäntelchen einer wie auch immer gearteten fachlich ausgewiesenen Expertise zu reformieren oder gar zu „humanisieren“, beweisen die These von Lieselotte Pongratz (1995, zitiert in Kunstreich, 2014), dass man totale Institutionen eben nicht verändern, sondern nur abschaffen kann. Literatur Aktionsbündnis gegen geschlossene Unterbringung (2018). Kommentar zum Haasenburg-Prozess. Abgerufen am 15. 2. 2021 von https: / / www. geschlossene-unterbringung.de/ 2018/ 06/ kom mentar-zum-haasenburg-prozess/ VHN 4 | 2021 265 MARCUS HUSSMANN Erziehungszwang und dessen freiheitsentziehende Verstärker FACH B E ITR AG Arbeitskreis Kritische Soziale Arbeit Hamburg (AKS) (2020 a). Dressur zur Mündigkeit? Tribunal über die Verletzung von Kinderrechten in der Heimerziehung in der Bundesrepublik Deutschland. In L. Degener, T. Kunstreich, T. Lutz, S. Mielich, F. Muhl, W. Rosenkötter & J. Schwagereck (Hrsg.), Dressur zur Mündigkeit? 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Hochschule für Soziale Arbeit & Diakonie, Hamburg Horner Weg 170 D-22111 Hamburg E-Mail: Mhussmann@rauheshaus.de Patrick Zobrist/ Harro Dietrich Kähler Soziale Arbeit in Zwangskontexten Wie unerwünschte Hilfe erfolgreich sein kann 3., vollständig überarbeitete Auflage 2017. 141 Seiten. 2 Abb. 7 Tab. (978-3-497-02694-4) kt Häufig suchen KlientInnen Sozialdienste auf, weil sie von Angehörigen oder professionellen HelferInnen dazu gedrängt werden. Auch gesetzliche Vorgaben können der Grund für eine Kontaktaufnahme mit einem sozialen Dienst sein. Wie können SozialarbeiterInnen dennoch dazu beitragen, dass die Beratung erfolgreich verläuft und KlientInnen ihren Alltag fortan besser bewältigen? Die 3. Auflage wurde komplett überarbeitet und enthält zahlreiche Tipps und Praxisbeispiele. Wenn Hilfe nicht gewollt wird a www.reinhardt-verlag.de