eJournals Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete 90/VHN Plus

Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete
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0017-9655
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
11
2021
90VHN Plus

Fachbeitrag: Unterrichtsqualität und psychosoziale Beeinträchtigungen

11
2021
Lars Dietrich
Susanne Jurkowski
David Zimmermann
Die Unterrichtsqualität als wichtige Gelingensbedingung kognitiver und emotional-sozialer Entwicklung wird nicht nur durch die Kompetenzen der Lehrkräfte beeinflusst, auch Schüler/innen leisten ihren Beitrag zu den komplexen Interaktionsdynamiken im Unterricht. Die vorliegende Studie fragt, inwiefern psychosoziale Merkmale von Schüler/innen mit ihrer Wahrnehmung von Unterrichtsqualität auf individueller und Klassenebene zusammenhängen. Die Datenerhebung fand an neun Berliner Schulen (N=181 Schüler/innen aus 18 Klassen) der Sekundarstufen sieben bis neun statt. Die Ergebnisse der Multiebenen-Regressionsanalysen zeigen, dass Schüler/innen mit internalisierenden Auffälligkeiten das Classroom Management negativer bewerten, Schüler/innen mit externalisierenden Auffälligkeiten die pädagogische und didaktische Qualität des Unterrichts. Zudem legen sie nahe, dass Lehrkräfte in Klassen mit einem höheren Maß externalisierender Auffälligkeiten niedrigere Werte im Classroom Management aufweisen.
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1 FACH B E ITR AG VHN plus Unterrichtsqualität und psychosoziale Beeinträchtigungen Eine Multiebenen-Querschnittsanalyse von Interaktionsdynamiken in Sekundarklassen Lars Dietrich 1 , Susanne Jurkowski 2 , David Zimmermann 1 1 Humboldt-Universität Berlin 2 Universität Erfurt Zusammenfassung: Die Unterrichtsqualität als wichtige Gelingensbedingung kognitiver und emotional-sozialer Entwicklung wird nicht nur durch die Kompetenzen der Lehrkräfte beeinflusst, auch Schüler/ innen leisten ihren Beitrag zu den komplexen Interaktionsdynamiken im Unterricht. Die vorliegende Studie fragt, inwiefern psychosoziale Merkmale von Schüler/ innen mit ihrer Wahrnehmung von Unterrichtsqualität auf individueller und Klassenebene zusammenhängen. Die Datenerhebung fand an neun Berliner Schulen (N =181 Schüler/ innen aus 18 Klassen) der Sekundarstufen sieben bis neun statt. Die Ergebnisse der Multiebenen-Regressionsanalysen zeigen, dass Schüler/ innen mit internalisierenden Auffälligkeiten das Classroom Management negativer bewerten, Schüler/ innen mit externalisierenden Auffälligkeiten die pädagogische und didaktische Qualität des Unterrichts. Zudem legen sie nahe, dass Lehrkräfte in Klassen mit einem höheren Maß externalisierender Auffälligkeiten niedrigere Werte im Classroom Management aufweisen. Schlüsselbegriffe: Psychosoziale Beeinträchtigungen, Unterrichtsqualität, Klassenzusammensetzung, Verhaltensauffälligkeiten, Sekundarschulen The Relationship between Student Perceptions of Teaching Quality and the Prevalence of Psychosocial Difficulties in Secondary Classrooms: A Multilevel Cross-Sectional Analysis Summary: The quality of teaching as an important condition for the success of cognitive and social-emotional development is not only influenced by the competencies of teachers; students also contribute to complex interaction dynamics in the classroom. The present study asks to what extent psychosocial characteristics of students are related to their perceptions of teaching quality at the individual and classroom levels. Data collection took place at nine Berlin schools (N =181 students from 18 classes) in secondary grades seven to nine. The results of the multilevel regression analyses show that students with internalizing difficulties perceive the classroom management more negatively, while students with externalizing abnormalities perceive the pedagogical and didactic quality of teaching more negatively. In addition, they suggest that teachers in classes with more externalizing students have lower classroom management scores. Keywords: Psychosocial difficulties, teaching quality, classroom composition, emotional and behavioral difficulties, secondary schools VHN plus , 90. Jg. (2021) DOI 10.2378/ vhn2021.art23d © Ernst Reinhardt Verlag VHN plus 2 LARS DIETRICH, SUSANNE JURKOWSKI, DAVID ZIMMERMANN Unterrichtsqualität und psychosoziale Beeinträchtigungen FACH B E ITR AG VHN plus 1 Was ist guter Unterricht? Auf den ersten Blick scheint es relativ eindeutig: Guter Unterricht bedeutet, dass den Schüler/ innen möglichst viel Lernzeit zur Verfügung steht, die sie aktiv und effektiv nutzen (Helmke, 2015). Dazu gehört auch, dass Lehrkräfte den Schüler/ innen eine Beziehung anbieten, in der sie emotionale wie fachliche Unterstützung erleben, Erfolgserlebnisse haben und Partizipationserfahrungen machen können (Emmer, Evertson & Worsham, 2003). So klar diese Aufzählung zunächst erscheint, wird die Komplexität von Unterricht deutlich, wenn berücksichtigt wird, dass die Lehrkraft-Schüler/ in-Interaktion dynamisch ist und sich aus einem Wechselspiel der Fähigkeiten und Einstellungen der Lehrperson und den Merkmalen einzelner Schüler/ innen sowie Kontextfaktoren wie beispielsweise der Klassenzusammensetzung ergibt (Helmke, 2015). Aufgrund der spezifischen Voraussetzungen der Schüler/ innen mit psychosozialen Beeinträchtigungen (PSB), für deren Lernen und Entwicklung soziale Erfahrungen mit Erwachsenen wie Mitschüler/ innen in Unterricht und Schule eine sehr große Bedeutung haben (Zimmermann, 2018), ist das oben genannte Wechselspiel besonders wirkmächtig. Diese Dynamik kann sich unter anderem sowohl auf die besondere Wahrnehmung von Unterricht der Schüler/ innen mit PSB beziehen als auch auf das Handeln der Lehrkraft in Abhängigkeit von der Klassenzusammensetzung. Die folgende Untersuchung widmet sich dieser Interaktionsdynamik und geht der Frage nach, wie Schüler/ innen mit PSB ihren Unterricht wahrnehmen und wie das Ausmaß an psychosozialer Beeinträchtigung in der Klasse mit der Unterrichtsqualität zusammenhängt. 2 Das komplexe Wechselspiel von Psychosozialer Beeinträchtigung und der Wahrnehmung von Unterricht Der Begriff der „Psychosozialen Beeinträchtigung“ verweist auf ein unhintergehbares Wechselspiel von „innen“ und „außen“. Das „außen“ steht dabei für die realen Erfahrungen von Kindern und Jugendlichen im Miteinander mit anderen Menschen. Abhängig vom Reifegrad des Individuums stellen sowohl generative Beziehungserfahrungen als auch Peer(gruppen)dynamiken zentrale Entwicklungs- und Erfahrungsfelder für Kinder und Jugendliche dar. Pädagogische Theoriebildung rekurriert hier insbesondere auf hierarchische Beziehungskonstellationen, also Eltern-Kind-, Erzieher/ -in-Kind- oder Lehrkraft-Kind-Interaktionen. Denn es sind zuvorderst jene relationalen Erfahrungen, in denen sich junge Menschen als angenommen und geliebt oder aber als gedemütigt und beschämt erleben. Zugleich erfahren sie ihr Gegenüber als vertrauenswürdig und zuverlässig oder aber als übergriffig und verletzend (Prengel, 2013). Das „innen“ steht folgerichtig für das Erleben der Kinder und Jugendlichen. Im Erleben sind die oben skizzierten konkreten Beziehungserfahrungen repräsentiert, wenngleich sie stets individuell gebrochen werden, d. h. kein Spiegelbild äußerer Erfahrungen darstellen. Die Pädagogik kann hier auf mannigfaltige Bezugstheorien zurückgreifen, etwa die Bindungs- und die Vertrauenstheorie (Müller & Langer, 2019), die Mentalisierungs- und die psychoanalytische Entwicklungstheorie (Ahrbeck, 2006; Gingelmaier, 2016), um die Prozesse der Verarbeitung und Repräsentation äußerer Erfahrungen in der Innenwelt zu erklären. Auch die Neurowissenschaften belegen mit ihren eigenen Forschungsmethoden gut das Wechselspiel von äußeren, im Falle beeinträchtigter Entwicklung oft traumatischen Erfahrungen und deren innerpsychischer Repräsentation. Eine hoch belastete innerpsychische Dynamik, und damit schließt sich der Kreis, zeigt sich symptomatisch wiederum in auffälligen Verhaltensweisen und, zuallererst, in verwickelnden Beziehungsgestaltungen (Ahrbeck, 2006, VHN plus 3 LARS DIETRICH, SUSANNE JURKOWSKI, DAVID ZIMMERMANN Unterrichtsqualität und psychosoziale Beeinträchtigungen FACH B E ITR AG VHN plus S. 21f). Während sich deskriptiv diese soziale Beeinträchtigung etwas schematisch in die klassischen Formen des „aggressiv-ausagierenden“ und „depressiv-zurückgezogenen“ Verhaltens unterteilen lässt, bietet der Zugang der psychoanalytischen Theoriebildung eine weiterführende Kontextualisierung an: Im Verhältnis zu Erwachsenen und Peers werden die früheren, hoch belasteten Beziehungen reinszeniert, d. h. unbewusst wiederholt. Damit verbunden ist eine Sehnsucht nach korrigierenden Beziehungserfahrungen, deren Realisierung aber durch die Wirkmächtigkeit der Verinnerlichungen einerseits und der häufigen strukturellen Unzulänglichkeiten in pädagogischen Settings andererseits ein hoch herausforderndes Unterfangen ist (v. Freyberg & Wolff, 2006). Folgerichtig ist es theoretisch und empirisch sehr bedeutsam, das Wechselspiel von erheblichen psychosozialen Beeinträchtigungen und der Wahrnehmung und Realität von Unterricht zu analysieren. Gängige Modelle des Classroom-Managements reagieren auf die psychosozialen Beeinträchtigungen durch eine ausgeprägte Strukturierung des Unterrichtsgeschehens. Die Wirksamkeit solcher eher an der Verhaltensregulierung ansetzenden Unterrichtskonzepte gilt gleichwohl als begrenzt, insbesondere, da die zugrunde liegenden und hier skizzierten affektiven Dynamiken zwischen Schüler/ innen und Lehrkräften nicht ausreichend beachtet werden (McCaslin & Good, 1998; Hofman, 2021). Neben solchen strukturierenden und die didaktische Vielfalt fokussierenden Rahmungen für guten Unterricht gilt es deshalb, das komplexe Beziehungsgeschehen in der Gruppe und in der generativen Beziehung zwischen Lehrkraft und psychosozial beeinträchtigten Schüler/ innen in den Fokus von Unterrichtsplanung und -gestaltung zu rücken. Hinsichtlich dieses Wechselspiels aus psychosozialen Dynamiken einerseits und unterrichtsstrukturellen und didaktischen Aspekten, die in ihrer Gesamtheit guten Unterricht ausmachen, besteht konzeptionell und pädagogisch-praktisch ein erhebliches Entwicklungsdesiderat (Hechler, 2018). Die Reflexion über die Verschränkung von psychosozialen Beeinträchtigungen und Unterricht sollte sinnhafterweise noch um die Beachtung des größeren sozialen Kontexts erweitert werden. Zwei alte Konzepte der psychoanalytischen Pädagogik bieten einen Referenzrahmen an, der individuelle Entwicklungsschwierigkeiten und ihr sichtbares Korrelat, das auffällige Verhalten, in einen sozialen Kontext des Aufwachsens in der „Risikogesellschaft“ (Beck, 2016) einordnet. Der auf den großen Pädagogen Siegfried Bernfeld (1929/ 2012) zurückgehende Begriff des „Sozialen Orts“ steht für die „Milieuprägung des seelischen Vorgangs“ (ebd., S. 256). Das heißt, die Beziehung zu sich selbst und zu anderen, mithin die Wahrnehmung der Innenwelt und sozialen Umwelt sind nicht nur individuell oder durch unmittelbare Beziehungen geprägt. Vielmehr ist das Milieu, oder, mit einem alten Begriff, die Klassenzugehörigkeit maßgeblich für die emotionale Entwicklung und damit für deren Ausdruck über das Verhalten verantwortlich (Zimmermann, Rauh, Trunkenpolz & Wininger, 2019). Jenes Konzept widerspricht also, auch 100 Jahre nach Verfassung noch aktuell, der Familialisierung und Individualisierung sozialer Problemlagen und begreift die Verhaltensprobleme von Schüler/ innen als durch Erfahrungen der Ausgrenzung, der fehlenden Partizipation und der strukturellen Demütigung bedingt (Dörr, 2019). „Unter lebenslanger Armut, d. h. unter den Bedingungen sozioökonomischer und kultureller Benachteiligung, stellen sich zudem kumulative Effekte ein: Sie führen zur Verfestigung multipler Beeinträchtigungen“ (Herz & Zimmer- VHN plus 4 LARS DIETRICH, SUSANNE JURKOWSKI, DAVID ZIMMERMANN Unterrichtsqualität und psychosoziale Beeinträchtigungen FACH B E ITR AG VHN plus mann, 2015, S. 149). Ein marginalisierter sozialer Ort, verbunden mit den Kernaffekten Scham, Schuld und Angst, entfaltet auch transgenerational seine Wirkung. In der Bernfeldschen Terminologie heißt dies, dass Armut, Rassismus und Marginalisierung über Generationen hinweg zentrale Bedingungsfelder für die Demoralisierung von Kindern und Jugendlichen darstellen, von denen einige (bei Weitem nicht alle) mit „narzisstisch-aggressiver Selbstverteidigung“ (Dörr, 2019, S. 79) reagieren, mithin Verhaltensprobleme im Unterricht zeigen. Es erscheint deshalb zentral für empirische Studien, dass psychosoziale Beeinträchtigungen von Schüler/ innen und Sozialer Ort der Entwicklung (demnach die soziodemografischen Variablen) als wechselseitige Kontrollvariable in die Analyse einbezogen werden. Geschieht dies nicht, kommt es entweder zu einer Verzerrung der Ergebnisse im Sinne einer Individualisierung von Entwicklungsproblemen oder aber zu vereinfachenden kausalen Erklärungsmustern, bei denen Störungen der Beziehungen oder des Unterrichts einseitig aus dem sozialen Kontext der Entwicklung hergeleitet werden. 3 Das Verständnis „guten Unterrichts“ in der empirischen Bildungsforschung Allgemein gefasst stimuliert guter Unterricht verständnisvolle Lernprozesse, in denen sich Schüler/ innen aktiv mit einem Lerngegenstand auseinandersetzen, sich neues Wissen aneignen und mit subjektiver Bedeutung besetzen (Baumert & Köller, 2000). Ein gut etabliertes Modell zur Unterrichtsqualität von Kunter und Voss (2011) beschreibt drei Bereiche der Tiefenstruktur von Unterricht, durch die Lehrkräfte verständnisvolle Lernprozesse stimulieren können. Classroom Management bedeutet, dass die Lehrperson das Unterrichtsgeschehen steuert und effektiv mit Unterrichtsstörungen umgeht. Ein weiteres Merkmal guten Unterrichts ist die kognitive Aktivierung im Sinne eines vertieften Nachdenkens, indem Lehrkräfte Lerngelegenheiten mit individuell anspruchsvollen und anregenden Aufgaben schaffen. Konstruktive Unterstützung beinhaltet Maßnahmen der Lehrkraft zur Strukturierung von Lernprozessen, sodass Schüler/ innen Anforderungen bewältigen und Erfolgserlebnisse erfahren können. Darüber hinaus zeigt sich die konstruktive Unterstützung in einer verlässlichen Lehrkraft-Schüler/ innen-Beziehung, in der Erstere Letztere emotional und motivational unterstützt, Ansprechpartnerin bei Verständnisschwierigkeiten ist und Fehler als Lerngelegenheit wahrgenommen werden. Mit Bezug auf die im letzten Kapitel beschriebenen Anforderungen an Schule als Zielmilieu spiegeln sich in den drei Merkmalen guten Unterrichts vor allem Gelegenheiten zur Partizipation und zum Erleben der eigenen Kompetenz, das Eingehen auf die emotionalen Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen sowie wertschätzende pädagogische Beziehungen wider. Ergebnisse der COACTIV-Studie (Cognitive Activation in the Classroom) zeigen, dass das Classroom Management der Lehrkraft und der Anregungsgehalt der Aufgaben in positivem Zusammenhang mit der Lernleistung und der Lernfreude der Schüler/ innen stehen (Kunter et al., 2013; Kunter & Voss, 2011). Darüber hinaus ergab sich, dass ein stärkeres Ausmaß an konstruktiver Unterstützung vonseiten der Lehrkräfte ebenfalls mit einer höheren Lernfreude der Schüler/ innen und gleichzeitig mit einer geringeren Leistungsängstlichkeit einhergeht. Diese und ähnliche Studien zur Unterrichtsqualität beziehen sich überwiegend auf die Gesamtheit der Lernenden und lassen einzelne Lernvoraussetzungen der Schüler/ innen und ihre Bedeutung für die Gestaltung von Unterricht durch die Lehrperson sowie die Wahr- VHN plus 5 LARS DIETRICH, SUSANNE JURKOWSKI, DAVID ZIMMERMANN Unterrichtsqualität und psychosoziale Beeinträchtigungen FACH B E ITR AG VHN plus nehmung des Unterrichts auf Schüler/ innenseite weitgehend unberücksichtigt. Sowohl im Sinne des Angebots-Nutzungs-Modells der Wirkweise von Unterricht (Helmke, 2015) als auch einer angenommenen Aptitude-Treatment-Interaktion (vgl. Renkl, 2015) ist jedoch von einem komplexen Zusammenspiel von Lehr- und Lernprozessen auszugehen, bei dem die Wahrnehmung und Interpretation des Lehrkräftehandelns durch die Schüler/ innen zentral ist. Diese Annahmen werden gestützt durch empirische Befunde über Zusammenhänge zwischen soziodemografischen Merkmalen der Schüler/ innen und ihrem Lernprozess sowie dem Lernergebnis. So zeigen zahlreiche Studien, dass nicht nur das Geschlecht als eines der traditionell untersuchten soziodemografischen Merkmale zugunsten der Mädchen mit dem Arbeits- und Lernverhalten und daraus abgeleitet auch mit den Schulleistungen in Zusammenhang steht (Gropper, 2000; Voyer & Voyer, 2014). Auch der sozioökonomische (Baker, Goesling & Letendre, 2002) und ethnische (van Ewijk & Sleegers, 2009) Familienhintergrund sowie die Familienstruktur hinsichtlich der Anzahl der erziehenden Erwachsenen (Jackson, Preston & Franke, 2010; Jeynes, 2005) und der Geschwister (Downey, Condron & Yucel, 2013) weisen hier signifikante Korrelationen auf. Diese Unterschiede werden u. a. mit einer besseren Anpassung bestimmter Gruppen (im Sinne des Habituskonzeptes) an das Schulsystem erklärt (Spera, 2005), welche die Unterrichtsgestaltung und Beziehungsarbeit von Lehrkräften vereinfacht und somit zu einer besseren Unterrichtsqualität beiträgt. Insbesondere für Schüler/ innen mit PSB, die im Allgemeinen weniger von ihren Peers akzeptiert werden (Krull, Wilbert & Hennemann, 2018) und geringere Aussichten auf Bildungsabschlüsse haben (Elias & Haynes, 2008), ist die über die Unterrichtsqualität vermittelte Lehrkraft-Schüler/ innen-Interaktion von zentraler Bedeutung. So zeigen internationale Studien, dass eine von den Schüler/ innen wahrgenommene stärkere Unterstützung durch die Lehrperson mit einer geringeren Intensität an Verhaltensauffälligkeiten und stärker ausgeprägten emotionalen und sozialen Fähigkeiten der Lernenden einhergeht (Demaray & Malecki, 2002; Poulou, 2014). Nehmen Schüler/ innen ihre Lehrperson als unterstützend und verständnisvoll wahr, geht dies auch mit einem stärkeren Ausmaß an Unterstützung zwischen den Kindern und Jugendlichen sowie einer höheren Anzahl beliebter Schüler/ innen in der Klasse einher (Hendrickx, Mainhard, Boor-Klip, Cillessen & Brekelmans, 2016). Diese Beispiele machen deutlich, dass Unterricht den Rahmen für ein komplexes soziales Gefüge bildet (Bianchy & Jurkowski, im Druck). Die Komplexität der Lehrkraft-Schüler/ innen- Interaktion mit Blick auf Kinder und Jugendliche mit Gefühls- und Verhaltensstörungen kann deutlicher umrissen werden, wenn beiderseitige Voraussetzungen betrachtet werden. So ist einerseits die Wahrnehmung der Schüler/ innen entscheidend für ihre Beziehungs- und Partizipationserfahrungen in Schule und Unterricht. Schüler/ innen mit PSB nehmen soziale Signale teilweise selektiver wahr und interpretieren sie verzerrter (Dodge, 2006; Lemerise & Arsenio, 2000), sodass sie auch das Lehrkräftehandeln möglicherweise als ihnen feindlich gesonnen verstehen. Andererseits ist zu bedenken, dass Lehrkräfte auf der Grundlage ihrer Einstellungen, Selbstwirksamkeitserwartungen und Erwartungen an die Schüler/ innen ihr pädagogisches Handeln gegenüber Schüler/ innen mit PSB anders ausrichten könnten (vgl. Lübke, Meyer & Christiansen, 2016). Zusammengefasst stellt sich somit die Frage nach dem bidirektionalen Zusammenhang zwischen pädagogischem Handeln und der Wahrnehmung von Unterrichtsqualität mit Blick auf Schüler/ innen mit Gefühls- und Verhaltensstörungen. VHN plus 6 LARS DIETRICH, SUSANNE JURKOWSKI, DAVID ZIMMERMANN Unterrichtsqualität und psychosoziale Beeinträchtigungen FACH B E ITR AG VHN plus 4 Die Evaluation von Unterricht mittels Schüler/ innen-Fragebögen In die Untersuchungen zur Unterrichtsqualität werden neben Einschätzungen der Lehrkräfte, Analysen des Lehr-/ Lernmaterials sowie Beobachtungen des Unterrichtsgeschehens auch Schüler/ innen als wichtige Informationsquelle einbezogen (Piwowar, 2013). Dies hat, neben Bedenken zur Validität von Schüler/ innenangaben (Kunter & Voss, 2011), den Vorteil, dass Auskünfte über beispielsweise die erlebte emotionale Unterstützung oder die kognitive Auseinandersetzung mit Lerninhalten, also über intrasubjektive Prozesse, direkt von den Adressat/ innen guten Unterrichts gegeben werden. Im Zuge der letzten zwei Jahrzehnte hat sich die Messung und Evaluation von Unterrichtsqualität mittels quantitativer Instrumente vornehmlich in den USA stark verbreitet, wo aufgrund des No Child Left Behind Act zu Beginn des neuen Jahrtausends alle Schulen zu regelmäßigen Evaluationen des Lernfortschritts ihrer Schüler/ innen anhand standardisierter Leistungstests verpflichtet wurden (Simpson, Lacava & Graner, 2004). In weiten Teilen des Landes ist dieser Ansatz durch die Methode des Schüler/ innen-Fragebogens ergänzt worden, der Lehrkräften detaillierte und reliable Rückmeldungen über zentrale Aspekte der Unterrichtsqualität aus der Sicht von Schüler/ innen bereitstellt (Bill & Melinda Gates Foundation, 2020). Neben der Abbildung intrapsychischer Prozesse im Sinne der individuellen Wahrnehmung von Unterricht haben Schüler/ innen-Fragebogeninstrumente den weiteren Vorteil, dass mit Durchschnittsberechnungen auf Klassenebene deutlich verzerrten Wahrnehmungen einzelner Schüler/ innen begegnet werden kann, weshalb die Beurteilung durch lediglich fünf Schüler/ innen schon eine zufriedenstellend reliable Einschätzung der Unterrichtsqualität in Klassen ermöglicht (Tripod Education Partners, 2015). Tatsächlich sind die in den USA breitflächig eingesetzten Instrumente, die die Einschätzung der Schüler/ innen auf die Klassenebene aggregieren, um zu einer möglichst objektiven Einschätzung von Unterrichtsqualität zu gelangen, reliablere Prädiktoren des Leistungsfortschritts von Schüler/ innen als z. B. die auch in Deutschland vielerorts eingesetzten Klassenobservierungen (Cantrell & Kane, 2013). Dies sollte nicht weiter verwunderlich sein: Die Lernenden sind Zeug/ innen des Unterrichts während des gesamten Schuljahres, während sich Klassenobservierungen in den meisten Fällen nur auf einzelne Unterrichtsstunden erstrecken. Dazu kommt, dass die Anwesenheit „klassenfremder“ Personen den Unterrichtsablauf stark beeinflussen kann (Whitehurst, Chingos & Lindquist, 2014). 5 Schüler/ innen- und Gruppenebene Da im Sinne des Angebots-Nutzungs-Modells unterrichtlicher Wirkung (Helmke, 2015) nicht nur Lehrkräfte auf das Unterrichtsgeschehen einwirken, sondern auch Schüler/ innen mit ihren spezifischen Lernvoraussetzungen sowie als Kontextvariable die Schüler/ innenzusammensetzung, wird in Evaluationssystemen der Unterrichtsqualität vermehrt auch die soziodemografische Zusammensetzung der Schülerschaft berücksichtigt (New York State Education Department, o. J.). Die Annahme ist hier, dass die soziodemografische Zusammensetzung einen direkten Einfluss darauf hat, wie herausfordernd sich das Unterrichten in einer Schulklasse gestaltet, da soziodemografische Merkmale stark mit dem Verhalten von Schüler/ innen korrelieren. Soziologische und gruppenanalytische Theorien gehen davon aus, dass sich individuelles Verhalten und individuelle (Lern-)Entwicklung zusätzlich zu den individuellen Bedingungsfaktoren auch auf Gruppeneffekte zurückführen lassen (Naumann, 2014). Empiri- VHN plus 7 LARS DIETRICH, SUSANNE JURKOWSKI, DAVID ZIMMERMANN Unterrichtsqualität und psychosoziale Beeinträchtigungen FACH B E ITR AG VHN plus sche Untersuchungen unterstützen diese Annahme und zeigen, dass im Schulkontext insbesondere die Klassenebene eine bedeutende Rolle hinsichtlich der Varianz von Schulleistung (Shin, Lee & Kim, 2009) und Schüler/ innenverhalten (Wei, Williams, Chen & Chang, 2010) einnimmt. So sind sich die Schüler/ innen innerhalb einer Klasse ähnlicher hinsichtlich beispielsweise der Lernmotivation oder der Schulleistung als Schüler/ innen unterschiedlicher Klassen. Diese Varianz zwischen Klassen lässt sich einerseits auf unterschiedliche Kompetenzen der Lehrkraft (Ferguson, Phillips, Rowley & Friedlander, 2015), andererseits auf Gruppendynamiken zurückführen (Twemlow & Sacco, 2011). In der gruppenanalytischen Pädagogik wird in diesem Zusammenhang mit dem Konzept der Gruppenmatrix gearbeitet, in der sich Menschen in einem geteilten, intersubjektiven Raum entwickeln und „jede Bewegung an einem Knotenpunkt das gesamte Netz verändert“ (Naumann, 2014, S. 52). Diesem Verständnis nach ist die Gruppe immer mehr als die Summe ihrer Individuen, ähnlich wie eine Uhr mehr ist als die Summe ihrer Einzelteile (Hirblinger, 2017). So ist auch für Schüler/ innen mit stärkeren Verhaltensproblemen davon auszugehen, dass sich ihr Verhalten in unterschiedlichen Klassenkontexten unterschiedlich entwickelt. Beispielsweise könnten Schüler/ innen mit externalisierenden Verhaltensproblemen in Klassen, in denen viele andere Schüler/ innen externalisierende Verhaltensprobleme und daher ebenfalls einen hostile attribution bias (Werner, 2012) aufweisen, noch häufiger in Konflikte geraten, was wiederum zu häufigeren Unterbrechungen des Unterrichtsgeschehens führen kann. Klassen, in denen internalisierende Verhaltensweisen stärker ausgeprägt sind, könnten durch eine disproportional große Gruppenangst gekennzeichnet sein, da Emotionen wie Angst innerhalb einer Gruppe ansteckend sein können (Lundqvist & Dimberg, 1995). Dies wiederum könnte dazu führen, dass die Lehrkraft vor noch größeren Problemen steht, mit ihren Schüler/ innen während des Unterrichts in Interaktion zu treten und ihren Unterricht an individuelle Bedürfnisse anzupassen. Zusammengefasst legen die theoretischen Annahmen und empirischen Befunde somit nahe, die Unterrichtsqualität auch in Abhängigkeit von der Klassenzusammensetzung im Hinblick auf Gefühls- und Verhaltensstörungen zu betrachten. 6 Forschungsdesiderat und Ziele der Studie Die Unterrichtsqualität ist eine der wichtigsten Gelingensbedingungen kognitiver und emotional-sozialer Entwicklung außerhalb des Familienkontextes (Hattie, 2009). Empirische Untersuchungen zeigen, dass die Qualität des Unterrichts aus der Sicht von Schüler/ innen nicht nur als positiv bewertetes und leistungsbezogenes Verhalten (Ferguson et al., 2015), sondern auch den realen Lernfortschritt von Schüler/ innen vorhersagt (Cantrell & Kane, 2013). Allerdings wird die Qualität des Unterrichts nicht nur durch die Kompetenzen der Lehrkräfte beeinflusst, auch Schüler/ innen leisten ihren Beitrag zu komplexen Interaktionsdynamiken und Verhaltensmustern im Unterricht (Hirblinger, 2017). Dabei sollten nicht nur soziodemografische Merkmale eine Rolle spielen, auch PSB dürften zum einen mit der Wahrnehmung der Unterrichtsqualität aus Schüler/ innensicht zusammenhängen, zum anderen als Merkmal der Klassenzusammensetzung beeinflussen, inwiefern Lehrkräfte ihren Unterricht effektiv umsetzen können. Während (vornehmlich in den USA breitflächig implementierte) Evaluationssysteme der Unterrichtsqualität dem Zusammenhang zwischen soziodemografischen Merkmalen von Schüler/ innen und der Unterrichtsqualität mittels sogenannter Value Added Modeling- Scores (VAM) (Ladd & Walsh, 2002) Rechnung VHN plus 8 LARS DIETRICH, SUSANNE JURKOWSKI, DAVID ZIMMERMANN Unterrichtsqualität und psychosoziale Beeinträchtigungen FACH B E ITR AG VHN plus tragen, werden psychosoziale Merkmale vernachlässigt. Aus psychoanalytisch-pädagogischer Sicht, die Unterricht als zentrales Mittel korrigierender Beziehungserfahrungen zwecks Förderung emotional-sozialer und kognitiver Entwicklung versteht (Hirblinger, 2017), stellt dieses Versäumnis einen unübersehbaren Mangel dar. Die vorliegende Studie sollte als erster Schritt verstanden werden, diese entscheidende Wissenslücke zu füllen. Die Forschungsfrage lautet daher: Inwiefern hängen, unter Konstanthaltung soziodemografischer Merkmale, die psychosozialen Merkmale von Schüler/ innen auf der individuellen Ebene mit ihrer Wahrnehmung der Unterrichtsqualität zusammen sowie auf der Ebene der Klassenzusammensetzung mit der Unterrichtsgestaltung der Lehrkraft? 7 Methoden 7.1 Design In einem querschnittlichen Design wurden mittels Selbsteinschätzung der Schüler/ innen psychosoziale Merkmale (internalisierendes und externalisierendes Verhalten) sowie als Kontrollvariablen soziodemografische Merkmale und der Notendurchschnitt erhoben. Die Schülermerkmale wurden sowohl auf individueller Ebene als auch auf Ebene der Klassenzusammensetzung betrachtet und gingen als Prädiktoren in Regressionsanalysen zur Vorhersage von Merkmalen der Unterrichtsqualität aus Sicht der Schüler/ innen ein. 7.2 Stichprobe Der Datensatz wurde mittels anonymisierter Schüler/ innen-Fragebögen an neun Berliner Schulen in den Klassenstufen sieben bis neun erhoben. Die Schulformen umfassen öffentliche wie auch private Gymnasien, Sekundarschulen und Gesamtschulen. Das Forschungsteam nahm Kontakt zu insgesamt 39 Lehrkräften auf, die sich freiwillig mit einer von ihnen unterrichteten Klasse zur Teilnahme an der Studie entschlossen. Indem jeder Klasse nur eine Lehrkraft und jeder Lehrkraft nur eine Klasse zugeordnet wurde, wurden Kreuzklassifikationsprobleme in der Analysephase von vorneherein ausgeschlossen 1 . Alle Schüler/ innen gaben vorab ihr Einverständnis, an der Erhebung teilzunehmen, und es wurde explizit betont, dass die Teilnahme jederzeit zurückgezogen werden kann. Zudem wurden allgemeine Einverständniserklärungen der Eltern erhoben, wenn die Schüler/ innen das 14. Lebensalter noch nicht überschritten hatten, als auch spezifische Einverständniserklärungen der Eltern, um Fragen zum sozioökonomischen Status erheben zu dürfen. In 21 der 39 Schulklassen wurde der Fragebogen aufgrund fehlender Einverständniserklärungen von weniger als 13 Schüler/ innen ausgefüllt. Dies entspricht weniger als der Hälfte einer typischen deutschen Schulklasse der Sekundarstufe (Statistisches Bundesamt, 2018; Organisation for Economic Co-operation and Development, 2013). Diese 21 Schulklassen wurden aus der Datenauswertung ausgeschlossen, da sie vom Forschungsteam als weniger repräsentativ hinsichtlich der erhobenen Merkmale betrachtet werden. Tabelle 1 gibt einen Überblick über beschreibende Merkmale der Schülerschaft und der Lehrkräfte des finalen Datensatzes. 7.3 Durchführung Der Fragebogen konnte in Papierform oder online ausgefüllt werden. Fragebögen in Papierform wurden den Schulen entsprechend der Anzahl der Schüler/ innen in den teilnehmenden Klassen zu- und nach dem Ausfüllen von den Lehrkräften in einem Kuvert verschlossen und an das Forschungsteam zurückgeschickt. Der Online-Fragebogen war mittels Internetlink und Passwort zugänglich. VHN plus 9 LARS DIETRICH, SUSANNE JURKOWSKI, DAVID ZIMMERMANN Unterrichtsqualität und psychosoziale Beeinträchtigungen FACH B E ITR AG VHN plus Die Durchführung der Schüler/ innen-Fragebogenerhebung erfolgte durch die teilnehmenden Lehrkräfte, die zu Beginn der Befragung eine kurze, vom Forschungsteam erstellte Erklärung bzw. Anleitung vorlasen, den Schüler/ innen bei der Eingabe der Schul- und Klassencodes halfen und für Rückfragen der Schüler/ innen zur Verfügung standen. Die Schüler/ innen benötigten zum Ausfüllen des Fragebogens laut informeller Rückmeldungen der Lehrkräfte weniger als eine Unterrichtsstunde. 7.4 Erhebungsinstrumente 7.4.1 Psychosoziale Merkmale Verhaltensauffälligkeiten wurden anhand von 20 Items (dreistufiges Antwortformat, „nicht zutreffend“ bis „eindeutig zutreffend“) des Strength & Difficulties Questionnaire (SDQ) ermittelt. Reliabilität und Validität des SDQ sind empirisch belegt (Goodman, 2001). In der vorliegenden Studie wurde die Möglichkeit genutzt, den SDQ-Index in eine Skala externalisierende Verhaltensauffälligkeiten und eine Skala internalisierende Verhaltensauffälligkeiten zu unterteilen (SDQinfo, 2016), um zwischen zwei Formen psychosozialer Auffälligkeiten mit charakteristischen Verhaltensweisen und Beziehungsmustern (Levesque, 2014) sowie Gruppendynamiken und Entwicklungsergebnissen (Jenson, Harward & Bowen, 2012; Ollendick, Shortt & Sander, 2005) zu unterscheiden. Hierfür wurde für die Skala internalisierende Verhaltensauffälligkeiten (10 Items, Cronbachs α = .69) und für die Skala externalisierende Verhaltensauffälligkeiten (10 Items, Cronbachs α = .67) der Durchschnitt der je- Variablen N % Schülerschaft Gesamt Männlich Europäischer Familienhintergrund Nur Deutsch in der Familie gesprochen Universitärer Bildungsabschluss der Eltern Alleinerziehende Eltern Intern. Auffälligkeiten* Extern. Auffälligkeiten* 311 136 / 290 188 / 285 137 / 297 93 / 186 90 / 311 30 / 304 21 / 307 47 66 46 45 29 10 7 Lehrkräfte (Anzahl nach Fächern) N gesamt Mathematik Deutsch Fremdsprache Sachunterricht/ Geografie/ Geschichte Naturwissenschaften/ Chemie/ Physik Ethik/ Religionsunterricht Sport Klassenlehrkraft 18 1 4 4 2 5 6 2 15 6 22 22 11 28 33 11 83 Tab. 1 Beschreibende Statistiken: Schüler/ innen und Lehrkräfte des finalen Datensatzes Anmerkungen: Die mit * gekennzeichneten prozentuellen Angaben zu psychosozialen Auffälligkeiten wurden für eine bessere Vergleichbarkeit anhand des offiziellen Cut-Off-Wertes von > 10 Punkte ermittelt (siehe SDQinfo, 2016). VHN plus 10 LARS DIETRICH, SUSANNE JURKOWSKI, DAVID ZIMMERMANN Unterrichtsqualität und psychosoziale Beeinträchtigungen FACH B E ITR AG VHN plus weiligen Items gebildet. Ein höherer Wert dieser kontinuierlichen Variablen entspricht einer höheren Verhaltensauffälligkeit. 7.4.2 Unterrichtsqualität: Didaktik, Pädagogik und Classroom Management Die Unterrichtsqualität aus Sicht der Schüler/ innen wurde anhand der Tripod 7Cs erhoben. Die Tripod 7Cs sind ein theoretisches Framework und Messinstrument (fünfstufiges Antwortformat, „komplett falsch“ bis „komplett richtig“), das von Tripod Education Partners zur Erfassung von sieben Skalen der Unterrichtsqualität (Care = sich kümmern/ Fürsorge, Confer = Verantwortung übertragen/ besprechen, Captivate = faszinieren/ fesseln, Clarify = verdeutlichen/ veranschaulichen, Consolidate = konsolidieren/ festigen, Challenge = auffordern/ herausfordern und Classroom Management = Klassenführung) in Schulen entwickelt wurde. Validität und Reliabilität der 7Cs-Durchschnittswerte auf Klassenebene wurden in zahlreichen Studien bestätigt (siehe z. B. Cantrell & Kane, 2013; Polikoff, 2016). Dabei ist insbesondere die Vorhersagekraft des Messinstruments von VAM hervorzuheben: Schüler/ innen von Lehrkräften mit höheren 7Cs-Composite Scores (i. e. die durchschnittliche bzw. aggregierte Einschätzung der Unterrichtsqualität aus Sicht der Schüler/ innen einer Klasse) machen im Zuge eines Schuljahres signifikant größere Lernfortschritte als Schüler/ innen, die von Lehrkräften mit niedrigeren 7Cs-Composite Scores unterrichtet werden. Aus diesem Grund werden die Tripod 7Cs auf Klassenebene als ein relativ objektives Kriterium für die Unterrichtsqualität von Lehrpersonen verstanden (Bill & Melinda Gates Foundation, 2020). Für die hier vorliegende Studie wurden die sieben Skalen des 7Cs Frameworks entsprechend den Ergebnissen einer konfirmatorischen Faktorenanalyse aus einer weiteren Studie (Dietrich, 2019) zu drei Faktoren zusammengefasst. Der Faktor pädagogische Fertigkeiten beinhaltet die 7Cs-Skalen Care, Captivate und Clarify (insgesamt 16 Items, Cronbachs α = .91), der Faktor didaktische Lehrqualität umfasst die 7Cs-Skalen Confer, Consolidate, Challenge und Clarify (20 Items, Cronbachs α = .88), während Classroom Management (7 Items, Cronbachs α = .82) eigenständig bleibt. In die Analysen gingen die standardisierten Durchschnittswerte der Faktoren ein. Ein höherer Wert der drei kontinuierlichen Variablen entspricht einer höheren (wahrgenommenen) Qualität des Unterrichtsgeschehens. 7.4.3 Kontrollvariablen: Soziodemografische Merkmale und Notendurchschnitt Die kontinuierliche Variable für den sozioökonomischen Status wurde aus den folgenden drei Items gebildet: Anzahl der Bücher zu Hause (fünfstufiges Antwortformat, „0 - 10“ bis „mehr als 250“), Anzahl der Computer zu Hause (fünfstufiges Antwortformat, „kein Computer“ bis „mehr als drei Computer“) und höchster Bildungsabschluss unter den Eltern (fünfstufiges Antwortformat, „kein Schulabschluss“ bis „Doktortitel“). Für die Skala wurde der Durchschnitt über die drei Items gebildet. Die Konstruktvalidität der Skala wurde in einer früheren Studie mittels konfirmatorischer Faktorenanalyse auf Klassenebene bestätigt (Dietrich & Zimmermann, 2019) und besitzt im vorliegenden Datensatz ausreichend interne Konsistenz (Cronbachs α = .68). Hinsichtlich ihres Geschlechts hatten die Schüler/ innen neben den Optionen „männlich“ (kodiert als 1) und „weiblich“ (kodiert als 0) auch die Möglichkeit, „anderes [Geschlecht]“ anzukreuzen, wovon insgesamt neun Schüler/ innen Gebrauch machten. Aufgrund dieser geringen Zahl wurden Schüler/ innen mit Angabe der dritten Geschlechtskategorie in der vorliegenden Studie aus der Datenauswertung ausgeschlossen und die Variable dichotom kodiert. VHN plus 11 LARS DIETRICH, SUSANNE JURKOWSKI, DAVID ZIMMERMANN Unterrichtsqualität und psychosoziale Beeinträchtigungen FACH B E ITR AG VHN plus Die Schüler/ innen konnten ihrem nationalen bzw. ethnischen Zugehörigkeitsgefühl entsprechend aus den folgenden neun Kategorien wählen: „deutsch oder westeuropäisch weiß“; „arabisch oder nordafrikanisch“; „asiatisch“; „polnisch oder osteuropäisch weiß“; „russisch“; „schwarz-afrikanisch oder schwarz“; „türkisch“; „kurdisch“; „andere“. Aus diesen Kategorien wurde eine dichotome Variable gebildet, deren Kodierung als 1 einem europäischen nationalen/ ethnischen Zugehörigkeitsgefühl („deutsch oder westeuropäisch weiß“; „polnisch oder osteuropäisch weiß“) und deren Kodierung als 0 einem außereuropäischen nationalen/ ethnischen Zugehörigkeitsgefühl (alle anderen Kategorien) entspricht. Der sprachliche Familienhintergrund der Schüler/ innen wurde anhand der Frage ermittelt, inwiefern zu Hause regelmäßig eine andere Sprache als Deutsch gesprochen wird (fünfstufiges Antwortformat, „nie“ bis „immer“). Diese kontinuierliche Variable kann als Indikator für die soziale Integration der Familie interpretiert werden (Becker & Beck, 2011). Die Familienstruktur wurde anhand zweier Variablen gemessen, der Anzahl der im Haushalt lebenden Geschwister und der Anzahl der im Haushalt lebenden primären Erziehungsberechtigten. Als erziehungsberechtigt wurden Vater, Mutter, zweiter Vater, zweite Mutter und/ oder andere verwandte Erwachsene gezählt, die mit dem Schüler bzw. der Schülerin zu Hause wohnen. Die Variable Eltern wurde dichotom kodiert (1 = zwei erziehungsberechtigte Personen, 0 = alleinerziehend). Die kontinuierliche Variable Geschwister wurde anhand eines einzelnen Items erhoben (fünfstufiges Antwortformat, „keine Geschwister“ bis „vier Geschwister oder mehr“). Die Schüler/ innen wurden anhand des folgenden Items zu ihrem im letzten Zeugnis erzielten Notendurchschnitt befragt: „Was war dein Notendurchschnitt im letzten Halbjahr in allen Fächern? “. Die Antwortmöglichkeiten reichten in Abständen von einer Viertelnote von „1“ bis „5+ und schlechter“. Für die vorliegende Studie wurden die Angaben der Noten zu einer fünfstufigen Skala zusammengefasst, d. h. 1/ 1zu 1, 2 + / 2/ 2zu 2, usw. und anschließend invers kodiert. 7.5 Analyseverfahren Zur Beantwortung der Forschungsfrage wurden mit der Statistiksoftware Stata 14 insgesamt drei Zwei-Ebenen-Regressionsmodelle erstellt, je eines pro Faktor von Unterrichtsqualität. Multi-Ebenen-Regressionsmodelle sind notwendig, um bei einer verschachtelten Datenstruktur und Prädiktoren auf mehreren Ebenen unverzerrte Analyseergebnisse zu erhalten (Rabe-Hesketh & Skrondal, 2012). Im vorliegenden Datensatz sind Schüler/ innen in Klassen (bzw. Lehrkräften) genestet und Klassen wiederum (bzw. Lehrkräfte) in Schulen. Die Schulebene konnte ignoriert werden, da sie nicht zu einer bedeutenden weiteren Varianzerklärung beitrug (< 1 %). In die Zwei-Ebenen-Regressionsmodelle gingen als Kriterien die Merkmale der Unterrichtsqualität ein. Alle Schüler/ innenmerkmale wurden sowohl auf der Schüler/ innenals auch auf der Klassenebene als Prädiktoren in die Multiebenen-Regressionsmodelle eingefügt. In anderen Worten, jedes Schülermerkmal existiert sowohl auf Ebene 1 als auch auf Ebene 2, wobei der Prädiktor auf Ebene 2 dem Klassendurchschnitt des jeweiligen Schülermerkmals auf Ebene 1 entspricht. Im Falle dichotomer Variablen wurde auf Klassenebene der Prozentsatz an Schüler/ innen mit der Kodierung 1 als Prädiktor einbezogen. Alle kontinuierlichen Variablen, sowohl Prädiktoren als auch Kriterien, wurden auf beiden Ebenen standardisiert, alle dichotomen Variablen hingegen nur auf Klassenebene. Während die abhängigen Variablen der Unterrichtsqualität auf Schüler/ innenebe- VHN plus 12 LARS DIETRICH, SUSANNE JURKOWSKI, DAVID ZIMMERMANN Unterrichtsqualität und psychosoziale Beeinträchtigungen FACH B E ITR AG VHN plus ne den individuellen Wahrnehmungen des Unterrichts entsprechen, wird die „Klassenwahrnehmung“ der Unterrichtsqualität unter Bezug auf die schon erwähnte empirisch gestützte Kriteriumsvalidität (Kuhfeld, 2017; Cantrell & Kane, 2013) auch als ein Messkriterium von Unterrichtsqualität verstanden, das sich einer objektiven Beurteilung zumindest annähert. Multikollinearitätsprobleme traten in keinem der Regressionsmodelle auf. Für die Handhabung der Fehlwerte wurde das Subgroup-Mean-Imputationsverfahren angewendet (Musil, Warner, Yobas & Jones, 2002). Tabelle 2 präsentiert eine Übersicht der Fehlwerte. 8 Ergebnisse In den Ergebnissen der Analysen zeigt sich für das Classroom Management (siehe Tabelle 3, Modell 1) auf der individuellen Ebene, dass stärkere internalisierende Auffälligkeiten eines Schülers/ einer Schülerin mit einer negativeren Einschätzung der Unterrichtsqualität einhergehen. Auf Klassenebene zeigt sich, dass ein höheres Ausmaß externalisierender Auffälligkeiten in der Klassengemeinschaft sowie ein höherer sozioökonomischer Status im Klassendurchschnitt verbunden sind mit einer negativeren Gesamteinschätzung des Classroom Managements aller Schüler/ innen einer Klasse. Je mehr jedoch im Klassendurchschnitt zu Hause auch andere Sprachen als Deutsch gesprochen werden, desto positiver fällt die Wahrnehmung des Classroom Managements in der Klasse aus. Aus Tabelle 3, Modell 2 ist zu entnehmen, dass auf individueller Ebene stärkere externalisierende Auffälligkeiten eines Schülers/ einer Schülerin mit einer negativeren Einschätzung der pädagogischen Fertigkeiten der Lehrkräfte einhergehen. Dagegen zeigt sich auf individueller Ebene ein positiver Zusammenhang zwischen der Anzahl der Geschwister und der wahrgenommenen Unterrichtsqualität. Auf Klassenebene ergibt sich, dass ein höherer sozioökonomischer Status im Klassendurchschnitt mit einer negativeren Gesamteinschätzung der pädagogischen Fertigkeiten in der Klasse zusammenhängt. Für die didaktische Unterrichtsqualität ergibt sich auf individueller Ebene eine negative Korrelation mit externalisierenden Auffälligkeiten und eine positive Korrelation mit der Anzahl Variablen N % N gesamt Classroom Management Pädagogische Unterrichtsqualität Didaktische Unterrichtsqualität Internalisierende Auffälligkeiten Externalisierende Auffälligkeiten Sozioökonomischer Status Notenschnitt Europäischer Familienhintergrund Fremdsprache zu Hause gesprochen Zwei Eltern Anzahl der Geschwister Geschlecht 311 9 9 8 7 4 53 60 26 14 0 0 21 100 3 3 3 2 1 17 19 8 5 0 0 7 Tab. 2 Fehlwerte der Variablen VHN plus 13 LARS DIETRICH, SUSANNE JURKOWSKI, DAVID ZIMMERMANN Unterrichtsqualität und psychosoziale Beeinträchtigungen FACH B E ITR AG VHN plus Variablen Modell 1 Classroom Management β (Std.) Modell 2 Pädagogische Unterrichtsqualität β (Std.) Modell 3 Didaktische Unterrichtsqualität β (Std.) Ebene 1 (Schüler/ innen) Internale Auffälligkeiten -0.151* (0.0604) -0.0303 (0.0551) 0.0575 (0.0611) Externale Auffälligkeiten -0.0807 (0.0661) -0.327*** (0.0583) -0.296*** (0.0660) Sozioökonomischer Status -0.0382 (0.0745) -0.0507 (0.0670) -0.0789 (0.0737) Notenschnitt -0.115 + (0.0639) -0.0819 (0.0566) -0.0359 (0.0626) Euro (dichotom) -0.262 + (0.135) -0.0507 (0.122) -0.0905 (0.136) Fremdsprache 0.0214 (0.0638) 0.0658 (0.0585) 0.0632 (0.0653) 2 Eltern (dichotom) 0.107 (0.142) 0.149 (0.132) 0.161 (0.142) Geschwister 0.00353 (0.0626) 0.161** (0.0583) 0.147* (0.0639) Junge -0.00316 (0.124) 0.130 (0.112) 0.0580 (0.124) Ebene 2 (Klassen) Internale Auffälligkeiten -0.111 (0.136) 0.0179 (0.159) -0.111 (0.139) Externale Auffälligkeiten -0.523** (0.193) -0.101 (0.229) -0.160 (0.201) Sozioökonomischer Status -0.609** (0.214) -0.585* (0.255) -0.635** (0.223) Notenschnitt 0.217 (0.177) 0.222 (0.205) 0.297 (0.188) Euro 0.140 (0.147) -0.0602 (0.174) -0.143 (0.151) Fremdsprache 0.354* (0.147) 0.280 (0.175) 0.258 + (0.152) 2 Eltern 0.172 (0.154) 0.265 (0.180) 0.106 (0.160) Geschwister -0.250 + (0.148) -0.172 (0.175) -0.207 (0.152) Junge 0.0735 (0.166) 0.0551 (0.196) 0.101 (0.174) Constant 0.107 (0.192) -0.165 (0.196) -0.200 (0.194) ICC (Ebene 1) ICC (Ebene 2) 17 % 70 % 44 % 30 % 38 % 43 % N (Ebene 1) N (Ebene 2) 180 18 181 18 178 18 Tab. 3 Psychosoziale und soziodemografische Schüler/ innenmerkmale als Prädiktoren einschlägiger Merkmale von Unterrichtsqualität Anmerkungen: Alle Koeffizienten sind Effektgrößen, mit Ausnahme der Koeffizienten der als dichotom gekennzeichneten Variablen auf Ebene 1. *** p < 0.001, ** p < 0.01, * p < 0.05, + p < 0.1. VHN plus 14 LARS DIETRICH, SUSANNE JURKOWSKI, DAVID ZIMMERMANN Unterrichtsqualität und psychosoziale Beeinträchtigungen FACH B E ITR AG VHN plus der Geschwister (siehe Tabelle 3, Modell 3). Auf der Klassenebene zeigt sich, dass ein im Klassendurchschnitt höherer sozioökonomischer Status mit einer negativeren Gesamteinschätzung der Schüler/ innen einer Klasse im Hinblick auf die didaktische Unterrichtsqualität einhergeht. 9 Diskussion Die Ergebnisse dieser Studie zeigen, dass rein soziodemografische Merkmale von Schüler/ innen bei der statistischen Ermittlung von Unterrichtsqualität zu kurz greifen. Zwar wird auch in dieser Untersuchung die Bedeutung des sozioökonomischen Status auf Ebene der Klasse im Zusammenhang mit der Unterrichtsqualität deutlich. Psychosoziale Auffälligkeiten treten jedoch sowohl auf individueller als auch auf Klassenebene als darüber hinausgehende wichtige Prädiktoren der Wahrnehmung von Unterrichtsqualität auf. Auf individueller Ebene deuten die Ergebnisse an, dass keine sozioökonomischen Unterschiede hinsichtlich der individuellen Wahrnehmung von Unterrichtsqualität existieren. Jugendliche aus niedrigeren sozioökonomischen Schichten schätzen also die Unterrichtsqualität derselben Lehrkraft vergleichbar ein wie Jugendliche aus höheren sozioökonomischen Schichten. Was dagegen zu unterschiedlichen individuellen Einschätzungen der Unterrichtsqualität beiträgt, sind individuelle Verhaltensauffälligkeiten: Sowohl internalisierende als auch externalisierende Schüler/ innen nehmen bei gleicher Lehrkraft und in derselben Klasse eine geringere Unterrichtsqualität wahr. Diese Ergebnisse differenzierend, scheinen Schüler/ innen mit internalisierenden Auffälligkeiten insbesondere das Classroom Management ihrer Lehrkräfte negativer einzuschätzen, während Jugendliche mit externalisierenden Auffälligkeiten vor allem die pädagogischen Fertigkeiten und die didaktische Unterrichtsqualität negativer wahrnehmen. Es ist somit zu vermuten, dass Schüler/ innen mit sozialen Ängsten und zurückgezogenem Verhalten besonders sensibel für die Lenkung des Unterrichtsgeschehens durch die Lehrkraft sind und sich möglicherweise eher zurückgewiesen oder unter Druck gesetzt fühlen. Demgegenüber ist vermutlich bei externalisierenden Schüler/ innen mit besonderen Schwierigkeiten in der Emotionswahrnehmung und -regulierung ein wesentlich höheres Ausmaß an Zuwendung durch die Lehrkraft erforderlich, bis diese Schüler/ innen das Lehrkräftehandeln auch als solches wahrnehmen. An dieser Stelle ist jedoch zu betonen, dass die individuelle Wahrnehmung der Unterrichtsqualität keine objektive Auskunft über das tatsächliche pädagogische Handeln der Lehrkräfte gibt, sodass die hier wahrgenommenen Differenzen sowohl auf tatsächliche Unterschiede in der Unterrichtsqualität für Schüler/ innen mit Verhaltensauffälligkeiten rückführbar sein können als auch auf eine verzerrte Wahrnehmung und Interpretation des Lehrkräftehandelns aufgrund innerpsychischer Probleme. Zukünftige quantitative Forschungsarbeit sollte die Zusammenhänge genauer eruieren, um Erkenntnisse darüber zu liefern, wie Lehrkräfte die pädagogische Beziehung zu Kindern und Jugendlichen mit Verhaltensauffälligkeiten auch im Einzelfall gestalten. Jugendliche mit psychosozialen Auffälligkeiten weisen tendenziell größere Beziehungsschwierigkeiten mit ihren Lehrkräften auf (van Loan & Garwood, 2019), was dazu führen könnte, dass sie eher bereit sind, ihren Lehrkräften ein „schlechtes Zeugnis auszustellen“. Hier muss keine absichtliche Täuschung angenommen werden, Jugendliche mit depressiven Symptomen nehmen ihre Umwelt grundsätzlich negativer wahr und auch Jugendliche mit externalisierendem Verhalten weisen eine im Durchschnitt stärker verzerrte Wahrnehmung und Interpretation sozialer Interaktionen auf (Trentacosta & Fine, 2010). Darüber hinaus dürfte Unterricht in VHN plus 15 LARS DIETRICH, SUSANNE JURKOWSKI, DAVID ZIMMERMANN Unterrichtsqualität und psychosoziale Beeinträchtigungen FACH B E ITR AG VHN plus derselben Klasse und mit derselben Lehrkraft für Jugendliche mit Verhaltensauffälligkeiten tatsächlich eine geringere Qualität aufweisen, wenn die Lehrkraft nicht auf spezifische Bedürfnisse von Schüler/ innen mit Verhaltensauffälligkeiten eingeht oder eingehen kann. Eine Lehrkräfte-Professionalisierung im Bereich sonderpädagogischer Beziehungsarbeit wäre in solchen Fällen notwendig, um korrigierende Beziehungserfahrungen und eine egalitärere Unterrichtsgestaltung in Schulen zu ermöglichen (Hirblinger, 2017). Auf Klassenebene stehen externalisierende Auffälligkeiten in einem ähnlich starken Zusammenhang mit dem Classroom Management wie der sozioökonomische Status. Unter der Prämisse, auf der Gruppenebene ein relativ objektives Maß des Classroom Managements verwendet zu haben, weist dieses Ergebnis darauf hin, dass es Lehrkräften in Klassen mit einem höheren Ausmaß externalisierender Verhaltensweisen zunehmend schwer fällt, das Unterrichtsgeschehen zu steuern und Unterrichtsstörungen vorzubeugen. In solchen Fällen empfiehlt sich neben der Professionalisierung der Lehrkräfte auch eine gleichmäßige Verteilung von Schüler/ innen mit externalisierenden Auffälligkeiten auf mehrere Klassen (Dietrich, Zimmermann & Hofman, 2019). Das Ergebnis legt außerdem nahe, dass Evaluationen von Lehrkräften hinsichtlich ihrer Klassenführung verzerrt sein können, wenn externalisierende Auffälligkeiten unter den Schüler/ innen außer Acht gelassen werden. In anderen Worten: internalisierende und externalisierende Verhaltensauffälligkeiten sind wichtige Störfaktoren bei der Evaluierung von Unterrichtsqualität, die bisher unberücksichtigt geblieben sind. Unterrichtliche Evaluationssysteme, basierend auf Schüler/ innen-Fragebogeninstrumenten wie den Tripod 7Cs of Effective Teaching, deren Verständnis von Unterrichtsqualität das Konzept des Classroom Managements umfassen, müssen daher hinsichtlich möglicher Verzerrungen analysiert und gegebenenfalls angepasst (d. h. um entsprechende Kontrollvariablen ergänzt) werden. Der positive Zusammenhang zwischen dem Sprechen einer anderen Sprache als Deutsch im Familienumfeld, ein grober Richtwert für das Ausmaß der Integration der Familie in die deutsche Mehrheitsgesellschaft, und dem in der Klasse wahrgenommenen Classroom Management legt zwei Interpretationsmöglichkeiten nahe. Einerseits ist es möglich, dass Schüler/ innen aus Familien, deren Migrationserfahrung noch nicht sehr lange zurückliegt, ein besser angepasstes Verhalten zeigen, da sie eine größere Angst vor den Konsequenzen von Regelverstößen aufweisen (Zimmermann, 2016). Andererseits könnte ein hohes Maß an Classroom Management in eine strengere und gleichzeitig zuwendungsorientiertere, d. h. autoritative Unterrichtsführung (Baumrind, 1996) übergehen. Tatsächlich gibt die Dimension Classroom Management der Tripod 7Cs nur Auskunft darüber, inwiefern die Lehrkraft Kontrolle 2 über das Unterrichtsgeschehen und Verhalten der Schüler/ innen der Klasse hat, aber nicht darüber, wie die Lehrkraft ihre Kontrolle erlangt hat. In anderen Worten: Es ist möglich, dass Lehrkräfte (bewusst oder unbewusst) strenger agieren, je mehr Jugendliche in einer Klasse einen „Migrationshintergrund“ aufweisen, was von den Schüler/ innen wiederum als stärker ausgeprägte Kontrolle der Lehrkraft wahrgenommen wird. Diese Erklärung würde zu Studienergebnissen aus den USA passen, die aufgezeigt haben, dass Lehrkräfte gegenüber Schüler/ innen mit einem negativ stereotypisierten ethnischen Familienhintergrund schneller dazu übergehen, im Falle von Fehlverhalten strengere Disziplinarmaßnahmen anzuwenden (Okonofua, Paunesku & Walton, 2016). Dieser Umstand ist einerseits die Folge von Vorurteilen aufseiten der Lehrkräfte, andererseits eine Reaktion auf tatsächliche Verhaltensunterschiede negativ stereotypisierter Schüler/ innen. VHN plus 16 LARS DIETRICH, SUSANNE JURKOWSKI, DAVID ZIMMERMANN Unterrichtsqualität und psychosoziale Beeinträchtigungen FACH B E ITR AG VHN plus Dass der Klassendurchschnitt im sozioökonomischen Status in den Berliner Daten einen negativen Zusammenhang mit der Einschätzung der Unterrichtsqualität aufweist, ist ein höchst unerwartetes Ergebnis und widerspricht den Resultaten großer amerikanischer Tripod- Datensätze, in denen positive Korrelationen gefunden wurden (Dietrich, 2019). Dies ist möglicherweise darauf zurückzuführen, dass die Teilnahme an der Berliner Datenerhebung freiwillig war und zu einer selbstselektiven Gruppe an Lehrkräften und Klassen geführt hat, in der ein besonders hohes Engagement der Lehrkräfte vorherrschte, sozioökonomische Benachteiligungen von Schüler/ innen beispielsweise mittels individueller Förderung im Unterricht auszugleichen. Im Gegensatz dazu ist die Erhebung amerikanischer Tripod-Daten in der Regel verpflichtend (ebd.). Es soll allerdings auch nicht ausgeschlossen werden, dass zwischen den USA und Deutschland strukturelle Unterschiede hinsichtlich des Zusammenhanges zwischen dem sozioökonomischen Status und der Unterrichtsqualität bestehen. Zukünftige Studien sollten diesem überraschenden Ergebnis nachgehen. 10 Fazit Aufgrund der querschnittlichen Datenanalyse können aus den Ergebnissen dieser Studie keine kausalen Schlussfolgerungen abgeleitet werden. Darüber hinaus erhöht die geringe Stichprobengröße auf Klassenebene die Wahrscheinlichkeit, dass kleine Effekte auf dieser Ebene unentdeckt blieben. Nichtsdestotrotz lässt sich zusammenfassend konstatieren, dass psychosoziale Merkmale der Schüler/ innen von zentraler Bedeutung für die unterrichtliche Lehrkraft-Schüler/ innen-Interaktion sind und damit auch Lern- und Entwicklungsprozesse im schulischen Kontext miterklären können. Die Dynamik, die sich aus den pädagogischen und didaktischen Kompetenzen der Lehrkräfte und den psychosozialen Beeinträchtigungen von Schüler/ innen ergibt und sich in komplexen Interaktions- und Beziehungsmustern zeigt, sollte in zukünftigen Studien tiefergehend untersucht werden. Ergebnisse daraus können dazu beitragen, Ausgrenzungen und Demütigungen für Kinder und Jugendliche im Unterrichtsgeschehen zu reduzieren und ihre Partizipation in der Klassen- und Schulgemeinschaft zu stärken. 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Anschriften der Autoren und der Autorin Dr. Lars Dietrich Prof. Dr. David Zimmermann Humboldt-Universität zu Berlin Institut für Rehabilitationswissenschaften Abteilung für Pädagogik bei Psychosozialen Beeinträchtigungen Georgenstraße 36 D-10117 Berlin E-Mail: lars.dietrich@hu-berlin.de Prof. Dr. Susanne Jurkowski Universität Erfurt Erziehungswissenschaftliche Fakultät Fachgebiet Sonder- und Sozialpädagogik Inklusive Bildungsprozesse mit Schwerpunkt emotionale und soziale Entwicklung Nordhäuser Straße 63 D-99089 Erfurt