Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete
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Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
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Fachbeitrag: Soziale Deprivation, schulische Fehlpassung, Dropout: Schule zwischen Punitivität und dem pädagogisch Notwendigen
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Heinrich Ricking
Im Mittelpunkt dieses Artikels stehen Schulpflichtige, die nicht mehr regelmäßig in der Schule anzutreffen sind oder sie gänzlich abgebrochen haben. Sie zeigen oftmals eine Bildungsbiografie des Scheiterns und bilden eine Hochrisikogruppe für spätere Devianz und soziale Randständigkeit. Schulabbruch und Schulabsentismus sind Themen, die mittlerweile in der medialen Öffentlichkeit wie auch im Fachdiskurs eine hohe Relevanz beanspruchen können. Der Umgang mit schulmeidenden Verhaltensmustern bewegt sich im Spannungsfeld von rechtlichen und pädagogischen Ansätzen. Vor diesem Hintergrund ist es Aufgabe der Bildungspolitik und der Schulen, die Teilhabe aller am Unterricht zu fördern und auch diejenigen, die bereits gefährdet sind, wirksam einzubinden.
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289 VHN, 91. Jg., S. 289 -299 (2022) DOI 10.2378/ vhn2022.art35d © Ernst Reinhardt Verlag < RUBRIK > < RUBRIK > Soziale Deprivation, schulische Fehlpassung, Dropout: Schule zwischen Punitivität und dem pädagogisch Notwendigen Heinrich Ricking Universität Leipzig Zusammenfassung: Im Mittelpunkt dieses Artikels stehen Schulpflichtige, die nicht mehr regelmäßig in der Schule anzutreffen sind oder sie gänzlich abgebrochen haben. Sie zeigen oftmals eine Bildungsbiografie des Scheiterns und bilden eine Hochrisikogruppe für spätere Devianz und soziale Randständigkeit. Schulabbruch und Schulabsentismus sind Themen, die mittlerweile in der medialen Öffentlichkeit wie auch im Fachdiskurs eine hohe Relevanz beanspruchen können. Der Umgang mit schulmeidenden Verhaltensmustern bewegt sich im Spannungsfeld von rechtlichen und pädagogischen Ansätzen. Vor diesem Hintergrund ist es Aufgabe der Bildungspolitik und der Schulen, die Teilhabe aller am Unterricht zu fördern und auch diejenigen, die bereits gefährdet sind, wirksam einzubinden. Schlüsselbegriffe: Soziale Deprivation, Dropout, Schulabsentismus, Punitivität, Schulische Fehlpassung Social Deprivation, School Misfit, Dropout: School Between Punitiveness and the Pedagogically Necessary Summary: This article focuses on school-age children who are no longer regularly found in school or who have dropped out altogether. They often show an educational biography of failure and form a high-risk group for later deviance and social marginalisation. School dropout and truancy are topics that have become highly relevant in the media and in professional discourse. Dealing with school-avoiding behaviour patterns is an area of conflict between legal and pedagogical approaches. Against this backdrop, it is the task of educational policy and schools to promote the participation of all students in the classroom and to effectively include those who are already at risk. Keywords: Social deprivation, dropout, truancy, punitiveness, school misfit FACH B E ITR AG TH EME NSTR ANG Erziehungshilfe in Zwangskontexten 1 Problemaufriss Für einen pädagogisch wünschenswerten Erfolg in der Schule sind viele Bedingungen verantwortlich: Angemessene institutionelle Rahmenbedingungen und guter Unterricht, Unterstützung vonseiten der Erziehungsberechtigten oder auch individuelle Faktoren. Neben der Funktion der Qualifikation und Integration obliegt der Schule die Aufgabe, Schülerleistungen zu bewerten und sie unterschiedlichen Bildungsgängen zuzuordnen. Dabei funktioniert Schule unter den Bedingungen weitgehender curricularer und organisatorischer Standardisierung, die individuellen Bedürfnissen auf Schülerseite nicht stets die hinreichende Beachtung schenkt und ihnen mitunter nur wenig Raum lässt (Plake, 2010). Ein zentrales Problem des sich inklusiv entwickelnden öffentlichen Bildungssystems besteht in diesem Kontext nach wie vor darin, dass den Schulen Jahr für Jahr Tausende Schülerinnen und Schüler verloren gehen, denen es nicht gelingt, das schulische Angebot für sich nutzbar zu machen, die den Sinn von Schule nicht mehr erkennen und sich in der Folge entkoppeln. In einer länger währenden VHN 4 | 2022 290 HEINRICH RICKING Soziale Deprivation, schulische Fehlpassung, Dropout FACH B E ITR AG Phase der Schulbiografie kommt es zu einer sich ausweitenden Distanzierung zwischen der Institution und den jungen Menschen, zu hohen Fehlquoten und einer Lähmung schulischer Lernprozesse (Ricking, 2014). Die zunehmende Entfremdung endet nicht selten in der Entzweiung von Schüler und Schule und wird begleitet von Schulversagen, chronischem Schulabsentismus und schließlich dem Dropout. Zumeist verstärken außerschulische Risikolagen die deutlich erkennbaren Prozesse der Desintegration (Gubbels, van der Put & Assink, 2019; Dunkake, 2010). Obwohl die Qualität und Angemessenheit der Erziehungs- und Bildungsarbeit an Schulen für die Lebenschancen und -perspektiven der Kinder und Jugendlichen von entscheidender Bedeutung ist, bleibt es im jeweiligen Ermessen, wie mit den Lernverpflichteten umgegangen wird, denen es nicht oder nur bedingt gelingt, schulische Lern- und Verhaltensstandards (z. B. permanente Leistungsbereitschaft, prosoziales Verhalten, regelmäßiger Schulbesuch) zu erreichen, die in der Folge auf unterschiedlichen Ebenen versagen und sich von der Schule abwenden. In einigen Fällen setzen Selektionsprozesse wie Klassenwiederholungen und Schulwechsel ein, in anderen wird sonderpädagogischer Unterstützungsbedarf gewährt. Auffällig ist, dass die Schüler, die größere Adaptionsprobleme aufweisen, gehäuft aus soziokulturell benachteiligten Milieus und bildungsarmen Bevölkerungsgruppen stammen (Hadjar, Scharf & Grecu, 2019). In der Folge wird Schule für sie oft zu einem Ort der Angst, der Abneigung oder der Gleichgültigkeit (Prengel, 2013; Bohnsack, 2013). Vom metatheoretischen Leitgedanken der Passung zwischen den schulischen Erwartungen und den Handlungsoptionen des Schülers ausgehend, liegen Verbesserungsmöglichkeiten grundlegend auf mehreren Seiten. Dabei ist es plausibel anzunehmen, dass in vielen Schulen desintegrative Kräfte wirken, die zu mindern sind. So stellen ungünstige Lern- und Lebensbedingungen mit einer unzureichend ausgeprägten Schul- und Leistungskultur Risikofaktoren dar, die der Entwicklung aller Kinder abträglich sind (Ricking & Schulze, 2012). Ebenso zeigen viele Schüler mit Adaptionsproblemen erhebliche Kompetenzdefizite, sodass durch eine auskömmliche und problemspezifische Förderung des Einzelnen Fortschritte erreicht werden könnten. 2 Soziale Deprivation und Schulbesuch Die Schule sollte als staatliche Einrichtung, die Erziehung und Bildung zu ihren ersten Aufgaben zählt, dem Kind und seinen (Lern-)Bedürfnissen verpflichtet sein - also die für bildungsrelevant befundenen Themen, Erkenntnisse und Kompetenzen so im Unterricht und Schulleben aufzuarbeiten, dass alle Schüler in humaner und wirkungsvoller Weise an den Lernprozessen teilhaben. In diesem Kontext können erzieherische Wirkungen entstehen, die es dem Heranwachsenden ermöglichen, die eigene Persönlichkeit zu entwickeln und auch zentrale gesellschaftliche Wert- und Normsetzungen zu internalisieren, die ein als positiv erlebtes soziales Leben erleichtern. Wie Bildungsstudien jedoch regelmäßig vermitteln, gelingt es dem deutschen Schulsystem bislang nur unzureichend, die zunehmende Verhaltens- und Leistungsvielfalt im Klassenraum im Sinne der Kinder konstruktiv zu nutzen. 2018 verließen knapp 54.000 Schülerinnen und Schüler (6,8 %) die Schule, ohne zumindest einen Hauptschulabschluss erlangt zu haben (Autorengruppe Bildungsberichterstattung, 2020), erhebliche Fehlquoten belasten die Erfüllung des schulischen Auftrags (Baier, 2012; Wagner, Dunkake & Weiß, 2004). Der Herausforderung, die Ressourcen der in Bezug auf schulische Anforderungen versagenden Kinder und Jugendlichen wahrzunehmen und sie so zu fördern, dass sie sozial und beruflich in unserer Gesellschaft ankommen, ist bislang nicht angemessen begegnet worden (Opp, Puhr & Sutherland, 2006). VHN 4 | 2022 291 HEINRICH RICKING Soziale Deprivation, schulische Fehlpassung, Dropout FACH B E ITR AG Allgemein bezeichnet Dropout den vorzeitigen Abbruch des Schulbesuchs. Es bildet ein desintegratives Phänomen, das nach einer Periode wachsender Distanzierung in der letzten Phase der Schulpflichtzeit auftritt (Fall & Roberts, 2012; Hickman, Bartholomew, Mathwig & Heinrich, 2008). Der häufig analog genutzte Terminus Schulabbruch wird daneben für weitere Formen genutzt: Im deutschen Kontext das Nichterreichen des Hauptschulabschlusses wie auch (im europäischen Kontext) das Ausbleiben eines qualifizierenden Ausbildungsabschlusses für den Arbeitsmarkt (Early School Leaver) oder für weiterführende Schulen (z. B. Zugang zur Sekundarstufe II) (Hillenbrand & Ricking, 2011). Ein dauerhaftes Fernbleiben von der Schule sowie der Abbruch des Schulbesuchs kommen erst durch ein komplexes Wechselspiel zwischen den Verhaltensdispositionen eines Schülers und dessen Umweltbedingungen zustande (Ricking & Hagen, 2016). Schulabsentismus und Dropout können als multikausal bedingte Erlebens- und Verhaltensweisen verstanden werden, in denen die relevanten Einflussgrößen aus verschiedenen Bezugssystemen kumulieren und in dynamischem Interaktionszusammenhang stehen. In der Entwicklung schulmeidender Verhaltensmuster sind Risikoeinflüsse v. a. hinsichtlich familiärer Interaktions- und Lebensbedingungen, psychosozialer Dispositionen des Schülers, schulischer Rahmungen und Bindungen sowie der Peers zu berücksichtigen (Gubbels et al., 2019; Lee & Burkam, 2003). Verlassen Schüler ein für alle Mal die Schule vorzeitig, besteht die Gefahr für soziale Devianz (Arbeitslosigkeit, Drogenkonsum, Delinquenz, psychische und gesundheitliche Probleme, …) und Armut in ausgeprägter Weise (Beekhoven & Dekkers, 2005). Angesichts der Phänomene Schulabsentismus und Dropout wird offenkundig, dass die Erwartungen der Schule und die Möglichkeiten des Schülers oft nicht in Einklang zu bringen sind, Konflikte entstehen und Leistungsprobleme kumulieren. Eccles et al. (1993) weisen im Rahmen des Developmental/ Stage Environment Fit Model in ihrer Auseinandersetzung mit der psychosozialen Entwicklung im Jugendalter explizit darauf hin, dass zwischen Schülern (v. a. in der Pubertät) und der Schule ausgeprägte Fehlpassungen entstehen können und der schulische Rahmen den individuellen Dispositionen nicht mehr entspricht. Die Autoren vertreten in diesem interaktionistischen Ansatz die Position, dass eine wenig unterstützende Lernumwelt negative Folgen für die Leistungsmotivation und das Wohlbefinden der Lernenden zeitigt. Das Entwicklungsziel ist erreicht, „… when there is good stage-environment fit between the needs of developing individuals and the opportunities afforded them by their social environments“ (Eccles et al. 1993, S. 98). Vor diesem Hintergrund wird bei einigen Schülerinnen und Schülern eine Abwärtsbewegung mit einer erheblichen Verdichtung von häuslichen und schulischen Problemlagen sichtbar, aus der eine schulablehnende oder -feindliche Haltung hervortritt. Diese äußert sich in einem spürbaren Fluchtdruck, der die Bereitschaft nährt, die Schule in der Unterrichtszeit zu meiden und schließlich aufzugeben (Fall & Roberts, 2012; Ricking & Hagen, 2016). Obwohl chronischer Absentismus und schulischer Dropout grundsätzlich in allen sozialen Milieus vorkommen, weist die Befundlage deutlich darauf hin, dass diese desintegrativen Verhaltensmuster in für Entwicklungs- und Bildungsziele ungünstigen familialen Bedingungen des Aufwachsens überdurchschnittlich häufig einen frühen Ausgangspunkt aufweisen. Als familiale Risikofaktoren gelten u. a. ein niedriger sozioökonomischer Status, Trennung der Eltern, geringe familiale Bildungsambitionen, unzureichende erzieherische Aufsicht und allgemein wenig Unterstützung für schulische Belange durch die Erziehungsberechtigten (Beekhoven & Dekkers, 2005; Dunkake, 2010). Schon bald nach dem Schuleintritt zeigen sich markante Problemfelder, wenn schulische Leistungs- und Verhaltenserwartungen zum allge- VHN 4 | 2022 292 HEINRICH RICKING Soziale Deprivation, schulische Fehlpassung, Dropout FACH B E ITR AG meinen normativen Maßstab für akzeptables und inakzeptables Verhalten werden. Ein deutlicher Indikator ist Schulversagen: Schülerinnen und Schüler mit chronischem Absentismus und Dropouts bekunden in Bezug auf Klassenwiederholungen, Noten und Schulwechsel signifikant ungünstigere Resultate als die Vergleichspopulationen (Sälzer, 2010; Montmarquette, Viennot-Briot & Dagenais, 2007; Wagner et al., 2004). Stearns, Moller, Blau und Potochnick (2007) stellen 17 US-amerikanische Untersuchungen vor, die diesen Zusammenhang empirisch belegen. An den belastbaren Befunden lässt sich die enorme Bedeutung schulischen Erfolgs und Wohlbefindens für schulische Anwesenheit und Teilhabe unterstreichen. Da Wohlbefinden und Leistungserbringung in einem engen Verhältnis zu sehen sind, vertiefen sich die ungünstigen emotionalen und interaktionalen Vorzeichen leicht im Kontext von Leistungsproblemen (Rathmann & Hurrelmann, 2018; Bundschuh, 2003). Es zeichnet sich dann oft ein Teufelskreis aus Versagen, Kontrollverlust, unzureichender Selbstwirksamkeitserwartung, Demotivation und Vermeidung (…) ab, in dem die Betroffenen verstrickt und gefangen sind (Ricking & Wittrock, 2017). Diese Abwärtsspirale durchzieht jahrelang die Bildungswege der Heranwachsenden, wobei die Anfänge vielfach schon in der Primarstufe zu lokalisieren sind (Hickman et al., 2008) und der steinige Bildungsweg in der Sekundarstufe 1 im Kontext erlernter Hilflosigkeit bisweilen abbricht (Seligman, 2010). Die schulischen Leistungsprobleme bis zur akademischen Entkopplung fungieren dabei nicht nur als Voraussetzung, sondern auch als Folge des Meidungsverhaltens. Geringe oder fehlende Passung zwischen Schule mit ihren Bedingungen und Erwartungen und einem Teil der Schüler mit ihren Möglichkeiten und Zielen erscheint als strukturelles Grundproblem schulpädagogischen Handelns. Die innere Ablehnung, die Gleichgültigkeit der Schule gegenüber ist vonseiten der Professionellen als Warnsignal wahr- und ernst zu nehmen, die Problematik als pädagogische Herausforderung zu verstehen. Lehrkräfte und schulische Mitarbeiter sollten in diesem Kontext sowohl über ein angemessenes Gegenstandsverständnis als auch über Kenntnisse zur Wahrnehmung und kompetenten Erklärung des Verhaltens verfügen, das zur Distanzierung von der Schule führt, u. a. Frustration und Lernverweigerung, anhaltende Leistungsprobleme, Apathie, Rückzug und Gleichgültigkeit gegenüber dem Unterricht, Probleme, das Haus zu verlassen oder die Schule zu betreten, soziale Isolation, ausgeprägte Ängstlichkeit oder unangemessen lange Fehlzeiten aufgrund von Bagatellerkrankungen (Ricking & Albers, 2019). 3 Die Reaktion: Ordnungswidrigkeits- und Strafverfahren Die Schulpflicht in Deutschland schreibt durch die entsprechende Gesetzgebung der Länder Kindern und Jugendlichen vor, ab dem sechsten Lebensjahr zehn bzw. 12 Jahre lang eine staatliche oder staatlich anerkannte Schule zu besuchen. Trotz dieses erheblichen Eingriffs in die Freiheitsrechte der Heranwachsenden wurde die Schulpflicht in der bestehenden Form kaum hinterfragt (Ricking & Rothenburg, 2020). Aufgrund dieser im Vergleich mit anderen westlichen Ländern (in denen zumeist eine Bildungs- oder Unterrichtspflicht herrscht, die auch außerhalb der Schule erfüllt werden kann) rigiden Haltung ist es Eltern in Deutschland generell nicht erlaubt, die formelle Bildung ihrer Kinder an einem anderen Ort als der Schule zu realisieren. Unterwirft sich ein Schulpflichtiger andauernd oder wiederholt nicht dieser Rechtsvorgabe, sehen sich staatliche Stellen in der Verantwortung, rechtliche Zwangsmaßnahmen umzusetzen. Grundsätzlich handelt ordnungswidrig, wer vorsätzlich oder fahrlässig der Schulpflicht nicht nachkommt (§ 176 Abs. 1. i. V. m. § 176 Abs. 2 NSchulG.). Nach den Schulgesetzen be- VHN 4 | 2022 293 HEINRICH RICKING Soziale Deprivation, schulische Fehlpassung, Dropout FACH B E ITR AG steht in allen Bundesländern die Möglichkeit, Schulversäumnisse ordnungsrechtlich zu ahnden, wenn erzieherische Mittel ohne Erfolg bleiben. Zur Durchsetzung der Schulpflicht stehen den Schulverwaltungsbehörden ordnungsrechtliche Instrumente zur Verfügung (Bußgelder, Zwangszuführungen durch die Polizei sowie Arreststrafen), die allerorts, jedoch in unterschiedlicher Ausprägung, umgesetzt werden. In Niedersachsen und Bayern sind Bußgelder bei Schulversäumnissen von bis zu 1000 € zu zahlen, in Bremen 35 € pro Fehltag, in Berlin insgesamt bis zu 2500 € (www.bussgeld-info.de/ schulverweigerungbussgeld/ , 12. 1. 2020). In einigen Bundesländern, wie Bremen, Hessen oder Mecklenburg- Vorpommern stehen bei kumulierten Fehlzeiten nicht nur Bußgelder an, sondern auch förmliche Strafen. Dort kann eine Geldstrafe von bis zu 180 Tagessätzen oder eine Freiheitsstrafe von bis zu sechs Monaten drohen. Mit der bedingten Strafmündigkeit ab 14 Jahren können Schulversäumnisse den Schülerinnen und Schülern selbst zugerechnet und diesen gegenüber ordnungsrechtlich verfolgt werden, was oft zu Arbeitsauflagen führt, wenn die Geldbußen nicht bezahlt werden. Daneben haben die Gerichte die Option zur Verhängung von Jugendarrest. „Ultima Ratio haben die Gerichte die Befugnis, unter Beachtung von § 1666 a BGB, die Herausnahme des Kindes aus dem elterlichen Haushalt und Fremdunterbringung zur Sicherstellung des Schulbesuchs anzuordnen. Die Schwierigkeit für die staatlichen Institutionen, aber auch für Eltern und deren schulpflichtige Kinder, besteht insbesondere darin, in der komplexen Gemengelage bei der Bestimmung des Wohls des Kindes, im Spannungsverhältnis zwischen Privatrecht und öffentlichem Recht, im Kontext föderaler Strukturen die, offenbar in der Praxis sehr flexibel gehandhabte, Schwelle zur Gefährdung des Kindeswohls im Zusammenhang mit Schulversäumnissen zu erkennen und sich im Verhalten und Handeln darauf einzustellen“ (Ricking & Rothenburg, 2020, S. 108). 4 Punitivität und Schulversäumnisse Illegitime Schulversäumnisse bedeuten somit rechtlich Schulpflichtverletzungen, die den geltenden gesetzlichen Vorgaben zufolge zu bestrafen sind. Diese Perspektive wird auch in pädagogischen Kontexten adaptiert und in der Folge schulischer Absentismus vielfach als primär schulrechtliches Problem behandelt. Die punitive Grundstruktur der Reaktion auf die Schulpflichtverletzungen hierzulande kann als Fortsetzung der relativ rigiden Formate der Auslegung der Schulpflicht interpretiert werden. Ein Blick in die Schulgeschichte illustriert die Strafneigung bei Schulversäumnissen. Mit Befriedigung und Genugtuung kommentiert die Allgemeine Deutsche Lehrerzeitung (1963, S. 61) unter dem Titel „Schulschwänzen - eine gefährliche Seuche“ die Verurteilung eines Berufsschülers: „Als man ihn im Gerichtssaal verhaftete und gleich zur Verbüßung seines halben Jahres abführte, verwandelte sich der Schulschreck plötzlich in einen kleinen heulenden Buben! “ Heute würde ein solches Urteil mit einer drastischen freiheitsentziehenden Maßnahme in einer Lehrerzeitung vermutlich nicht mehr in dieser Weise revanchistisch kommentiert werden, doch die rechtlichen Bedingungen haben sich seitdem kaum verändert. Diese Reaktionsmodi, die schon im 19. und 20. Jahrhundert, wenn auch häufig regional unterschiedlich, so doch schon in differenzierter Form gängig waren, bestimmen auch heute noch weitgehend den verwaltungsrechtlichen Umgang mit Schulpflichtverletzungen. Der Schulzwang, so Sinhart-Pallin (1989, S. 54), „dient keiner Begabungs- oder Entwicklungsförderung, sondern nur einem abstrakten staatlichen Ordnungsdenken“. Die Leitvorstellungen hinter den Verfahren sind über den Begriff Punitivität abbildbar. Punitivität kommt dann zum Ausdruck, wenn auf normativ abweichendes Verhalten bevorzugt VHN 4 | 2022 294 HEINRICH RICKING Soziale Deprivation, schulische Fehlpassung, Dropout FACH B E ITR AG mit strafenden Sanktionen reagiert wird (Lautmann & Klinke, 2004). Garland (2008, S. 1) versteht darunter die „Bevorzugung vergeltender Sanktionen und die Vernachlässigung versöhnender Maßnahmen“. Punitivität kann sich auf rechtlicher, institutioneller oder individueller Ebene äußern und ist als Dimension der Strafkultur nur im Zusammenhang mit Normalitätserwartungen und der Bedeutung von Strafe und Bestrafung in einer Gesellschaft zu verstehen (Herz, 2010; Sack, 2013; Garland, 2018; Green, 2009). Wünscht sich unsere Gesellschaft, die Öffentlichkeit und die Politik, härtere und längere Strafen bei Verstößen gegen geltendes Recht und ist so in den letzten Jahren eine neue Punitivität erwachsen? Einige Indikatoren deuten darauf hin, wie der Umgang mit Kriminalität und Straftätern verdeutlicht (Kury, Brandenstein & Obergfell-Fuchs, 2009; Matthews, 2005). Bis Mitte der 1970er-Jahre herrschte vielerorts eine sozialliberale Strafrechtsschule vor (Täterorientierung, Resozialisierung, Behandlungsoptimismus, Alternativen zur Freiheitsstrafe). Ein neoliberales Narrativ setzte sich dann, so Garland, zunehmend durch, sodass er von einer punitiven Wende spricht (Garland, 2006; 2008). Er macht u. a. den Niedergang des Resozialisierungsgedankens, die Wiederkehr vergeltungsorientierter Sanktionen wie auch die Betonung des Schutzes der Allgemeinheit, expandierende Kriminalprävention oder auch die Privatisierung und Kommerzialisierung der Verbrechenskontrolle verantwortlich (Singelnstein & Stolle, 2012; Herz, 2010). Nicht zu vernachlässigen sind die theoretischinterpretativen Implikationen, die eine punitive Haltung und Handlungsweise mit sich bringen (Drenkhahn, 2019). So werden kollektive Verantwortung wie auch gesellschaftstheoretische Erklärungsmuster für das abweichende Verhalten an die Seite gedrängt und punitiven, personalistisch orientierten Problemdeutungen das Wort geredet (Dollinger, 2010; Fassin, 2018). Das bleibt nicht folgenlos: „Für die Betreffenden bedeutet die Verschiebung von einer auf Integration ausgerichteten kollektiven Verantwortung für soziale Probleme - im Sinne einer Normalisierung und (Re-)Sozialisierung Abweichender - hin zu einer Betonung der Eigenverantwortung der Betreffenden, eine gleichzeitige Individualisierung von sozialen Problemen und eine Zuschreibung von moralischen Defiziten“ (Oelkers, 2013, S. 34). Vor diesem Hintergrund lässt sich Punitivität auch innerhalb pädagogischer Kontexte kritisch betrachten und gewinnt dann besonders an Gewicht, wenn die Sicht auf Verhaltensstörungen bei Kindern und Jugendlichen fokussiert wird (Herz, 2010; Heinz, 2012). Auch im Bildungswesen sind Denkmuster angelegt, die - oft historisch überformt - die Tendenz nähren, Ereignisse in ihren Handlungsfeldern zu personalisieren. So wird der Grund für schulischen Erfolg wie auch Misserfolg beständig im Lerner verortet, entsprechend Verantwortung zugeschrieben und per Zeugnis amtlich. Die Gefahr, damit einseitig das Individuum zu fokussieren und die komplexen Entwicklungsprozesse zu ignorieren, die zu Lernergebnissen führen, wird regelmäßig ausgeblendet. Lehrkräfte wie auch Schulleitungen, die täglich unmittelbar mit den Kindern und Jugendlichen arbeiten, sind daher gut beraten, ihr Handeln vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen Tendenz zur Punitivität kritisch zu reflektieren. So sind allein individuumsbezogene Theorieansätze im wissenschaftlichen Diskurs zur Erklärung von abweichendem Verhalten bei Kindern und Jugendlichen nicht zureichend. Wird eine Verhaltensstörung im Rahmen eines interaktionistischen Theorieverständnisses betrachtet, bildet sie eine Problematik im Person-Umfeld-Bezug (Myschker & Stein, 2018; Ricking, 2018). Diese Sicht führt zur Fokussierung der Entstehung und Entwicklung von Störungen auf der Basis von Einflüssen der Person, der Situation wie auch der Interaktion und der beurteilenden und diagnostizierenden Beobachtenden. In diesem Sinne kann der Gegenstandsbereich somit „als ein System begriffen werden, VHN 4 | 2022 295 HEINRICH RICKING Soziale Deprivation, schulische Fehlpassung, Dropout FACH B E ITR AG das die betroffenen Kinder und Jugendlichen impliziert, sie jedoch nicht als Gegenstand betrachtet“ (Stein & Müller, 2017, S. 39). Diese Perspektive bedingt die Berücksichtigung von Beiträgen der Person (z. B. habitualisierte dissoziale Verhaltensmuster, Persönlichkeitsstörungen), der Situation bzw. des Umfeldes (z. B. Zwangssituationen, aversiv erlebtes Setting) wie auch der interaktionalen Prozesse und Formen der Kommunikation (z. B. Provokationen). Sie sind in der Erklärung und im Verstehen des Verhaltens zu berücksichtigen wie auch in ihren Wechselwirkungen zu betrachten. Auch pragmatisch betrachtet ist der Optimismus, Kinder, Jugendliche oder deren Eltern durch Bußgelder, Zwangszuführungen oder Arreststrafen dazu zu bringen, zukünftigen Absentismus zu verhindern, nicht groß (Ricking & Hagen, 2016). Strafende Zwangsmaßnahmen sind häufig nur kurzfristig verhaltenswirksam, tangieren wichtige Wirkfaktoren nicht und es mangelt ihnen an einer schulpädagogischen Komponente, die Schüler wieder an die Schule heranführt und sinntragend einbindet. Die Möglichkeit, im Verwaltungsverfahren über punitive Maßnahmen die Verpflichteten zurückzugewinnen, ist somit sehr begrenzt und letztlich pädagogisch ungeeignet. 5 Das pädagogisch Notwendige: Haltekraft und Adaptionskompetenz in Schulen stärken Schulen sollten Lebensorte sein, an denen Kinder und Jugendliche wichtige positive Erfahrungen machen und eine pädagogisch gestaltete Umwelt vorfinden, die ihrer Entwicklung guttun. Schule kann einen sozialen Anker in ihrer Lebenswelt bilden, die der Lebens- und Erfahrungswelt der ihr Anvertrauten offen gegenüber auftreten sollte. Viele Schülerinnen und Schüler erleben heute allerdings täglich, dass ihre familiale Sozialisation, die Erfahrungen im täglichen Leben und die schulischen Bildungsinhalte und -formate nicht ausbalanciert sind und sich kaum tangieren. Lebensweltorientierung ist ein Ansatz, der in der sozialen Arbeit eine hohe Relevanz behauptet und auf der Basis der Rekonstruktion von Alltag unter der Berücksichtigung der Subjektivität und Lebensbewältigung der Betroffenen beruht (Thiersch, Grunwald & Köngeter, 2002). Durch die Erschließung und Reorganisation von gegebenen Lebensverhältnissen wird eine Voraussetzung für pädagogische Anschlussfähigkeit geschaffen, damit ein gelingender (Schul-)Alltag, gegenseitiges Verstehen wie auch die Lösung von Problemen besser möglich werden. Offenkundig wird dadurch aus Perspektive der Lehrkräfte in besonderer Weise die Kenntnis über und das Bewusstsein für die Lebenswelt der Schüler wie auch der Erziehungsauftrag der Schule betont (Wittrock & Ricking, 2017). In der Konsequenz kann so schulische Haltekraft gestärkt werden, die nicht nur die durch pädagogische Arbeit erzeugten Bindungen und Beziehungen auf personaler Ebene von Lehrkräften einschließt, sondern im Sinne Lewins und mit Blick auf die Feldtheorie das Produkt eines Kraftfeldes im Wirkungsraum Schule bildet, das Attraktivität und Interesse beim Einzelnen bewirkt und eine Annäherungsmotivation zeitigt (Elliot & Convington, 2001; Schulze, 2009). Um die Selbst-, Sozial- und Fachkompetenz auszubilden, die junge Menschen für ein selbstbestimmtes Leben sowie eine aktive und partizipierende Daseinsentfaltung benötigen, ist heute von Schulen zu erwarten, sich auf die zunehmende Heterogenität ihrer Schülerschaft systematisch einzustellen und bedarfsgerecht Unterstützungsangebote vorzuhalten (Groeben, 2011). In einer solchen Schule kann nicht das Curriculum der zentrale Kristallisationspunkt des Handelns sein, sondern die Lern- und Entwicklungsbedürfnisse sowie die pädagogischen Bedingungen für ein gesundes Aufwachsen. Ein differenziertes Lernarrangement innerhalb einer Schulkultur, in der eine gute Passung herrscht zwischen dem Spektrum der Voraus- VHN 4 | 2022 296 HEINRICH RICKING Soziale Deprivation, schulische Fehlpassung, Dropout FACH B E ITR AG setzungen auf Schülerseite und dem Bildungsangebot wie auch den Erwartungen der Schule, sind Aspekte der Antworten auf Leistungs- und Verhaltensheterogenität, weniger Selektionsmaßnahmen wie Rückstellung, Klassenwiederholung oder Schulwechsel. Positive Entwicklungsbedingungen unterstützende Strukturen sind deshalb präventiv für alle Kinder und Jugendlichen herzustellen, insbesondere für die, die bildungsfern, gesundheitlich belastet und oftmals mit Migrationshintergrund aufwachsen (Beelmann, 2006; Hennemann, Ricking & Huber, 2017). Ein entsprechendes Förderpotenzial im Rahmen einer zuträglichen Schulkultur und entsprechende Haltungen bei den professionellen Akteuren aufzubauen und zu optimieren kann als Zukunftsaufgabe von Schulen betrachtet werden. In diesem Rahmen sind wichtige konkrete Ziele zu benennen: Die Stärkung der Bewältigungskompetenzen der Schüler im Umgang mit risikobelastenden Lebenslagen und zum anderen die Schaffung von Förderbedingungen in der Schule, die eine störungsarme und gesunde Entwicklung ermöglichen (Weihrauch, Ricking & Wittrock, 2021). Die schädigenden Auswirkungen dauerhafter Versagenserlebnisse auf die Psyche (z. B. negatives schulisches Selbstkonzept) und die Motivation (Lernverweigerung, Schulabsentismus, Dropout) sind pädagogisch nicht zu legitimieren und insofern abzubauen. Jeder Schüler sollte das Recht auf Erfolg in der Schule im Rahmen seiner Möglichkeiten in Anspruch nehmen können. In dem schulischen Handlungsplan sollte die frühzeitige Förderung von Lebenskompetenzen enthalten sein, v. a. in den Bereichen Emotionalität, Soziabilität, Sprache und Kognition, Ernährung und Bewegung, um (benachteiligte) Kinder und Jugendliche bei der erfolgreichen Bewältigung der jeweiligen Entwicklungsaufgaben gezielt durch Trainings oder andere pädagogische Maßnahmen zu unterstützen (Kiper, 2009; Hillenbrand, 2009). Dazu sollte Schule ein Arbeitsort verschiedener Disziplinen sein, die die Ganzheitlichkeit der Förderung repräsentiert und auf die Lernbedürfnisse (z. B. Lehrkraft), die psychosozialen Bedarfe (z. B. Sozialarbeit, Therapie) und die Erfordernisse der körperlichen und psychischen Gesundheit(-spflege) einzugehen vermag. 6 Fazit In bildungspolitischer Hinsicht darf das Ziel nicht aus den Augen geraten, die in Deutschland relativ stark ausgeprägte Abhängigkeit schulischer Leistungserbringung von individuellen Voraussetzungen, v. a. sozialem Status und Herkunft, nicht weiter zu zementieren, sondern - soweit es geht - zu kompensieren und mehr Chancengleichheit zu bieten (Kiper, 2009). Unter den gegenwärtigen Bedingungen werden Kinder aus soziokulturell schwachen Milieus und bildungsfernen Bevölkerungsgruppen in schulischen Institutionen mehrfach benachteiligt (Hadjar et al., 2019), wobei punitive Haltungen und Handlungsmuster auf Schulseite ihren Beitrag dazu leisten, schulaversive Haltungen und Handlungsmuster auf Schülerseite zu stärken. Im Ergebnis ist Bildungsarmut zu beklagen. Schulkonzeptionell sind das positive Erleben von Schule und Unterricht, das motivierte und zufriedene Lernen oft vernachlässigte Gradmesser für eine anzustrebende Balance und Adaptivität zwischen den Voraussetzungen und Dispositionen auf Schülerseite und dem schulischen Angebot im Sinne der programmatisch gestalteten Lernumwelt und Alltagsrealität, in der die Kinder und Jugendlichen ihre Erfahrungen machen. Da das Förderpotenzial in vielen Grund- und weiterführenden Schulen als entwicklungsbedürftig eingeschätzt werden kann, ist Schulentwicklung in diesem Kontext ein unabdingbares Instrument, um Fortschritte zu erzielen. Ein erheblicher Anteil schulischer Einrichtungen verfügt bislang nur über wenige pädagogische Optionen und Ressourcen, den herausfordernden Verhaltens- und Lernproblemen eines VHN 4 | 2022 297 HEINRICH RICKING Soziale Deprivation, schulische Fehlpassung, Dropout FACH B E ITR AG Teils ihrer Schülerschaft angemessen zu begegnen und diese Schüler effektiv zu fördern (Ricking, 2021). Der Aspekt der Erziehung ist gegenüber dem der Bildung in vielen schulischen Einrichtungen unterbeleuchtet und unzureichend entwickelt. Insofern bedarf die wirksame schulische Inklusion der von Desintegration und Dropout bedrohten Zielgruppen weitergehender Innovationen und Anstrengungen. Gehen Schulen den Weg der eigenen Entwicklung zu mehr Förder- und Haltekraft nicht, bleibt ihnen nur der Rückgriff auf ein oft bereits etabliertes punitiv-selektives Handlungsparadigma, in dem Aussonderung und Bestrafung, z. B. in Form von Disziplinar- oder Ordnungsmaßnahmen (z. B. Suspendierung), die zentralen Handlungsmuster ausmachen. Literatur Allgemeine Deutsche Lehrerzeitung (1963). Schulschwänzen - eine gefährliche Seuche. 4, 61. (Ohne Autor) Autorengruppe Bildungsberichterstattung (2020). Bildung in Deutschland 2020. Ein indikatorengestützter Bericht mit einer Analyse zu Bildung in einer digitalisierten Welt. Abgerufen am 20. 10. 2021 von https: / / nbn-resolving.org/ urn: nbn: de: 0168-ssoar-71395-5 Baier, D. (2012). Die Schulumwelt als Einflussfaktor des Schulschwänzens. In H. Ricking & G. Schulze (Hrsg.), Schulabbruch - ohne Ticket in die Zukunft? 37 -62. Bad Heilbrunn: Klinkhardt. Beelmann, A. (2006). Wirksamkeit von Präventionsmaßnahmen bei Kindern und Jugendlichen: Ergebnisse und Implikationen der integrativen Erfolgsforschung. Zeitschrift für Klinische Psychologie und Psychotherapie, 35 (2), 151 -162. https: / / doi.org/ 10.1026/ 1616-3443.35.2.151 Beekhoven, S. & Dekkers, H. (2005). 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Anschrift des Autors Prof. Dr. Heinrich Ricking Universität Leipzig Institut für Förderpädagogik Professur für Emotionale und Soziale Entwicklung unter besonderer Berücksichtigung sonderpädagogischer Förderung und inklusiver Kontexte Marschnerstr. 29 d / e, Haus 5 D-04109 Leipzig E-Mail: heinrich.ricking@uni-leipzig.de
