Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete
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Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
10.2378/vhn2022.art21d
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Rezension: Luder, Reto/Kunz, André/Müller Bösch, Cornelia (Hrsg.) (2021): Inklusive Pädagogik und Didaktik
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Kathrin Mahlau
Das Buch „Inklusive Pädagogik und Didaktik“ wurde von den Herausgebern und der Herausgeberin als Studienbuch konzipiert und 2019 im hep-Verlag („der bildungsverlag“) veröffentlicht. Vorher erschien der Band von 2014 bis 2018 über die Publikationsstelle der Pädagogischen Hochschule Zürich. Daher sind alle Artikel vor dem Hintergrund einer sich in ständigem Wandel begriffenen inklusiven Pädagogik als etwas älter einzuordnen. Der Blick ins Inhaltsverzeichnis offenbart eine interessante Lektüre, die (künftige) Lehrkräfte, Wissenschaftler/innen und Diagnostiker/innen gleichermaßen ansprechen dürfte und eine hohe Erwartungshaltung auslöst. Es wurde sich für eine Dreiteilung des Studienbuches entschieden. Die ersten vier Kapitel sind den Themen „Unterricht und Heterogenität“ gewidmet, bevor „Didaktische Möglichkeiten im Unterricht für alle“ dargestellt werden. Der dritte und letzte inhaltliche Teil beschäftigt sich in acht Abschnitten und 14 Kapiteln mit „Situationen im Unterricht und Handlungsmöglichkeiten für die Praxis“. Ein Glossar rundet die Publikation ab. Vom Vorwort an wird die Struktur der einzelnen Kapitel als Studienlektüre aufbereitet. Die wesentlichen Inhalte werden farbig hervorgehoben jedem Kapitel vorangestellt und die Inhalte der einzelnen Abschnitte als Stichworte am Rand vermerkt. So fällt es dem Leser bzw. der Leserin leichter, sich in den einzelnen Kapiteln zu orientieren und die zentralen Inhalte zu erfassen.
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VHN 2 | 2022 170 REZE NSION E N Abschließend werden die Standards in das mehrdimensionale Konzept von Lebensqualität eingebettet, „das international als Schlüsselkonzept für personenzentrierte Planung, Gestaltung und Evaluation von Dienstleistungen gilt“ (S. 110). In diesem Buch ist Vieles bekannt - Vieles ist neu. In der Zusammenschau und in ihrer Relevanz sind die Standards der Teilhabe für die multidisziplinäre Arbeit unverzichtbar. Dem Buch ist eine breite Leserschaft zu wünschen. Prof i. R. Dr Barbara Fornefeld D-50931 Köln DOI 10.2378/ vhn2022.art20d Luder, Reto; Kunz, André; Müller Bösch, Cornelia (Hrsg.) (2021): Inklusive Pädagogik und Didaktik Vollständig überarbeitete Neuauflage. Bern: hep Verlag. 392 S., CHF 43,- Das Buch „Inklusive Pädagogik und Didaktik“ wurde von den Herausgebern und der Herausgeberin als Studienbuch konzipiert und 2019 im hep- Verlag („der bildungsverlag“) veröffentlicht. Vorher erschien der Band von 2014 bis 2018 über die Publikationsstelle der Pädagogischen Hochschule Zürich. Daher sind alle Artikel vor dem Hintergrund einer sich in ständigem Wandel begriffenen inklusiven Pädagogik als etwas älter einzuordnen. Der Blick ins Inhaltsverzeichnis offenbart eine interessante Lektüre, die (künftige) Lehrkräfte, Wissenschaftler/ innen und Diagnostiker/ innen gleichermaßen ansprechen dürfte und eine hohe Erwartungshaltung auslöst. Es wurde sich für eine Dreiteilung des Studienbuches entschieden. Die ersten vier Kapitel sind den Themen „Unterricht und Heterogenität“ gewidmet, bevor „Didaktische Möglichkeiten im Unterricht für alle“ dargestellt werden. Der dritte und letzte inhaltliche Teil beschäftigt sich in acht Abschnitten und 14 Kapiteln mit „Situationen im Unterricht und Handlungsmöglichkeiten für die Praxis“. Ein Glossar rundet die Publikation ab. Vom Vorwort an wird die Struktur der einzelnen Kapitel als Studienlektüre aufbereitet. Die wesentlichen Inhalte werden farbig hervorgehoben jedem Kapitel vorangestellt und die Inhalte der einzelnen Abschnitte als Stichworte am Rand vermerkt. So fällt es dem Leser bzw. der Leserin leichter, sich in den einzelnen Kapiteln zu orientieren und die zentralen Inhalte zu erfassen. Im Vorwort und im ersten Kapitel werden der Aufbau und die Intention des Buches beschrieben. Hier sind einige Informationen redundant. Im ersten Kapitel widmen sich Reto Luder, André Kunz und Cornelia Müller Bösch dem Besonderen der Pädagogik einer inklusiven Schule. Neben einschlägigen Begriffsbestimmungen (enger und weiter Inklusionsbegriff, UNESCO, Behindertenrechtskonvention) werden Aspekte der Heterogenität und der inklusiven Schule definiert und auch internationale Bezüge in den Blick genommen. Insbesondere die sonderpädagogische Professionalität ist in einer „Schule der Vielfalt“ von großer Bedeutung, um Unterricht und Förderung qualitativ bestmöglich für alle Kinder und Jugendlichen umzusetzen. Damit zeigen die Autoren die Notwendigkeit einer sonderpädagogischen Professionalisierung bzw. Spezialisierung auf, die in einen Vorschlag für eine Aufgabenverteilung aller in der inklusiven Schule beteiligten Unterrichtskräfte mündet. Im sich anschließenden Kapitel thematisieren Kai Felkendorff und Reto Luder den Behinderungsbegriff in seiner mehrdeutigen, gesellschaftlichen Dimension und begeben sich damit auf das „dünne Eis“ der verschiedenen Ebenen unserer Lebenswelt. Das Für und Wider der politischen vs. wissenschaftlichen vs. umgangssprachlichen Bedeutungen werden von verschiedenen Seiten betrachtet und führen exzellent zum Kern, nämlich dem Behinderungsbegriff, den es nur in der Schule gibt (sonderpädagogischer Förderbedarf), und zu der Frage, ob Sonderpädagogik damit zu schulischer Behinderung beiträgt. Besonders spannend und hochaktuell ist das Kapitel zur ICF-Klassifikation von Judith Hollenweger, in der die „Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit“ um die Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen (CY) ergänzt und vor dem Hintergrund eines bio-psycho-sozialen Verständnisses komplex betrachtet wird. Der erste Abschnitt endet mit einem Kapitel von Reto Luder und André Kunz zur gemeinsamen VHN 2 | 2022 171 REZE NSION E N Förderplanung, die den wichtigen Aspekt des effektiven, interdisziplinären Zusammenarbeitens verschiedener Fachpersonen beleuchtet. Im zweiten Abschnitt des Buches stellen Cornelia Müller Bösch und Anita Schaffner Menn ein Konzept für individuelles Lernen in Kooperation am gemeinsamen Gegenstand vor. In diesem Kapitel werden nun verstärkt (künftige) Lehrkräfte und Studienleiter/ innen angesprochen. Einige der bisher behandelten Grundlagen (z. B. Bezug zur ICF-CY) werden für den Unterricht in heterogenen Lerngruppen didaktisch aufbereitet, wobei sich inhaltlich sehr stark an Georg Feuser orientiert wird. Sicherlich lassen sich einige der strukturierten Aufbereitungen auch in den heutigen Unterrichtsalltag übernehmen, andere Inhalte erscheinen jedoch schon zeitlich überholt oder zumindest einseitig betrachtet. In diesem Abschnitt hätte dem Buch die Hinzuziehung anderer Autoren/ Modelle inklusiver Didaktik gutgetan. Der letzte Teil des Buches widmet sich verschiedenen Handlungsfeldern inklusiven Unterrichts in den Bereichen des Lernens und der Wissensanwendung, des Spracherwerbs und der Kommunikation, der Mobilität, der personellen Interaktion und der Beziehungen, der Selbstversorgung, der Gemeinschaft und dem sozialen und staatsbürgerlichen Leben. Diese Kapitel sind nicht miteinander verzahnt, sondern betrachten inklusive Pädagogik und Didaktik vor dem Hintergrund verschiedener Herausforderungen, u. a. auch im Bereich Hochbegabung. Die breite Auswahl der Handlungs- und Themenfelder spricht auch eine breite Leserschaft an, sodass die am meisten interessierenden Handlungsfelder gezielt gewählt werden können. Es soll beispielhaft der Beitrag von Ester Brunner erwähnt werden, in dem die Unterrichtsgestaltung mit Kindern, die einen erhöhten Förderbedarf im Bereich Mathematik haben, anhand einer sehr informativen Einführung mit Begriffsklärung und zweier gut gewählter Fallbeispiele mit sehr vielen Veranschaulichungen erläutert wird. In diesem Buch ist es gelungen, wichtige Bereiche inklusiver Pädagogik und Didaktik zusammenzuführen und (teilweise) miteinander inhaltlich zu verzahnen. Es spricht ein breites Fachpublikum an. Der Aufbau als Studienbuch erleichtert an vielen Stellen den Zugang zur jeweiligen Thematik. Auch wenn es bereits eine unüberblickbare Fülle an Literatur zu diesem Themenfeld gibt, kann dieses Buch Impulse für eine vertiefende Betrachtung verschiedener Handlungsfelder - Klassifikations- und Beschreibungssysteme, Theoriebasierung einer inklusiven Didaktik, typische unterrichtliche Handlungsfelder - geben. Prof. Dr. phil. habil. Kathrin Mahlau D-17489 Greifswald DOI 10.2378/ vhn2022.art21d
