eJournals Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete 91/3

Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete
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0017-9655
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
10.2378/vhn2022.art27d
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Fachbeitrag: Entwicklung der Fremdsprachkompetenzen Englisch bei Kindern mit sonderpädagogischer Förderung

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Isabelle Udry
Raphael Berthele
Der Beitrag untersucht die Entwicklung der Sprachkompetenzen in der ersten Fremdsprache Englisch bei sonderpädagogisch geförderten (n=116) und nicht-geförderten (n=337) Kindern der Stufen 6H-8H. Die Daten wurden zu zwei Messzeitpunkten (T2 und T3) innerhalb eines Jahres erhoben. Alle Fördergruppen (1. Sonderschulung/integrierte Förderung IF, 2. Deutsch als Zweitsprache DaZ, 3. Therapie, 4. Begabtenförderung, 5. Mehrfache Förderung, 6. Keine Förderung) verzeichnen zwischen T2 und T3 einen durchschnittlichen Leistungszuwachs. Die Kategorien Sonderschulung/IF und mehrfache Förderung weisen bei T2 niedrigere Werte aus und erzielen im Gruppenvergleich einen leicht tieferen Lernzuwachs. Regressionsanalysen zeigen, dass der Grad der Förderung (Förderintensität) ein Prädiktor für einen geringeren Leistungsfortschritt ist.
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212 VHN, 91. Jg., S. 212 -229 (2022) DOI 10.2378/ vhn2022.art27d © Ernst Reinhardt Verlag Entwicklung der Fremdsprachkompetenzen Englisch bei Kindern mit sonderpädagogischer Förderung Isabelle Udry, Raphael Berthele Universität Freiburg/ Schweiz Zusammenfassung: Der Beitrag untersucht die Entwicklung der Sprachkompetenzen in der ersten Fremdsprache Englisch bei sonderpädagogisch geförderten (n =116) und nichtgeförderten (n =337) Kindern der Stufen 6H -8H. Die Daten wurden zu zwei Messzeitpunkten (T2 und T3) innerhalb eines Jahres erhoben. Alle Fördergruppen (1. Sonderschulung/ integrierte Förderung IF, 2. Deutsch als Zweitsprache DaZ, 3. Therapie, 4. Begabtenförderung, 5. Mehrfache Förderung, 6. Keine Förderung) verzeichnen zwischen T2 und T3 einen durchschnittlichen Leistungszuwachs. Die Kategorien Sonderschulung/ IF und mehrfache Förderung weisen bei T2 niedrigere Werte aus und erzielen im Gruppenvergleich einen leicht tieferen Lernzuwachs. Regressionsanalysen zeigen, dass der Grad der Förderung (Förderintensität) ein Prädiktor für einen geringeren Leistungsfortschritt ist. Schlüsselbegriffe: Schulischer Fremdspracherwerb, sonderpädagogische Förderung, individuelle Unterschiede, Sprachlerneignung, kognitive Belastung Foreign Language Learning with Special Needs: The Development of English Skills in Primary School Children Summary: The article examines the development of language skills in English taught as the first foreign language in 10 -12-year-old children receiving special or remedial education (n =116) and children without special needs (n =337). Data were collected at two measurement times (T2 and T3) within one year. Between T2 and T3, performance increased in all categories (1. special education/ remedial teaching IF, 2. German as a second language DaZ, 3. therapy, 4. students identified as “gifted learners”, 5. multiple support, 6. no support). Compared to their peers, children receiving special education/ IF and multiple support attain lower test scores at T2 and slightly lower learning gains at T3. Regression analysis reveals that the level of support is a predictor of learning outcomes. Keywords: Instructed foreign language learning, special education, cognitive load, language aptitude, individual differences FACH B E ITR AG 1 Ausgangslage Ein zentraler Auftrag der Volksschule ist die Vermittlung von Wissen und Können, das Kinder und Jugendliche befähigt, am gesellschaftlichen und beruflichen Leben teilzuhaben. Kenntnisse in der Schulsprache und in zwei Fremdsprachen bilden einen von sechs Fachbereichen des nationalen Lehrplans, die für die Entwicklung dieser Kompetenzen als grundlegend erachtet werden. Heterogenität im Sinne von individuell unterschiedlichen Lernvoraussetzungen ist sowohl eine unvermeidliche Eigenschaft aller Schülerpopulationen sowie eine pädagogisch-didaktische Herausforderung. Von einer integrativ orien- VHN 3 | 2022 213 ISABELLE UDRY, RAPHAEL BERTHELE Fremdsprachkompetenzen bei Kindern mit sonderpädagogischer Förderung FACH B E ITR AG tierten Volksschule wird erwartet, dass sie solche individuellen Begabungen und Neigungen berücksichtigt und durch ein differenziertes Lernangebot möglichst allen Kindern zu Lernfortschritten verhilft. Kann die individuelle Förderung im Rahmen des Regelunterrichts nicht gewährleistet werden, wird sie durch sonderpädagogische Maßnahmen ergänzt (Kanton Zürich, 2008). Nach Angaben des Bundesamts für Statistik erhielten im Schuljahr 2019/ 20 rund 4.3 % der ca. 966.000 Lernenden der obligatorischen Schule eine verstärkte sonderpädagogische Maßnahme und 4.6 % eine Lehrplananpassung. Wie wir später ausführen, ist davon auszugehen, dass Fremdsprachenlernen für diese Schülerinnen und Schüler (SuS) aufgrund verschiedener kognitiver und sozial-affektiver Schwierigkeiten besonders herausfordernd ist. Der frühe Fremdsprachenunterricht ist in den letzten zwei Jahrzehnten europaweit zu einem festen Bestandteil von Lehrplänen der Primarschule geworden (Edelenbos, Johnstone & Kubanek, 2006; Johnstone, 2009). Dadurch hat auch die Integration von Kindern mit besonderem Unterstützungsbedarf an Bedeutung gewonnen. Wie integratives Sprachenlernen gestaltet werden kann und was dabei für verschiedene Lerngruppen nützlich und zumutbar ist, wird bisweilen unterschiedlich eingeschätzt. Während die einen eine „brutale Überforderung“ von SuS mit Lernschwierigkeiten befürchten (Bless & Donzé, 2016), sehen andere in einem kommunikativ-spielerisch ausgerichteten Unterricht durchaus Potenzial für alle Lernenden, auch wenn, wie in der Schweiz, bereits ab der Primarstufe zwei Fremdsprachen unterrichtet werden (Hoti, Müller, Heinzmann, Wicki & Werlen, 2009; Schweizerische Akademie der Geisteswissenschaften, 2015). In einer auch öffentlich geführten Debatte wurde und wird noch immer die Frage aufgeworfen, in welchem Maße fachliche Kompetenzen überhaupt aufgebaut werden können, und ob der Fremdsprachenunterricht womöglich (positive oder negative) Auswirkungen auf andere Lernbereiche hat. In diesem Artikel möchten wir einen empirischen Beitrag zur Thematik leisten, indem wir Entwicklungsverläufe in den Fremdsprachkompetenzen quantitativ untersuchen. Dargestellt werden Veränderungen in der ersten Fremdsprache Englisch bei sonderpädagogisch geförderten (n = 116) und nicht geförderten Kindern (n = 337) der 6H bis 8H. Die Daten wurden während eines Jahres im Projekt Language Aptitude at Primary School (LAPS) erhoben, das vom Institut für Mehrsprachigkeit der Universität/ PH Freiburg und der PH Zürich zwischen 2017 - 2019 durchgeführt wurde. Folgende Fragen werden untersucht: 1) Wie sind die Sprachkompetenzen in den verschiedenen Förderkategorien? 2) Wie entwickeln sich die Sprachkompetenzen im Längsschnitt? 3) Was ist der Zusammenhang zwischen der Förderintensität und der Leistungsentwicklung? 2 Fremdsprachenunterricht an Schweizer Primarschulen Ziel des Fremdsprachenunterrichts an Schweizer Schulen ist der Aufbau von kommunikativen Kompetenzen in zwei Fremdsprachen in den Bereichen Hören, Lesen, Sprechen, Schreiben sowie Sprachen im Fokus (bestehend aus: Bewusstheit für Sprache, Wortschatz, Aussprache, Grammatik, Rechtschreibung, Sprachlernreflexion) und Kulturen im Fokus. Die SuS sollen eine sogenannte funktionale Mehrsprachigkeit aufbauen, die es ihnen ermöglicht, Alltagssituationen sprachlich erfolgreich zu meistern. Kommunikationsfähigkeit ist dabei wichtiger als sprachliche Korrektheit. Auf der Primarstufe ist das nationale Bildungsziel für die erste Fremdsprache (gemäß dem VHN 3 | 2022 214 ISABELLE UDRY, RAPHAEL BERTHELE Fremdsprachkompetenzen bei Kindern mit sonderpädagogischer Förderung FACH B E ITR AG Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen GER) ein Niveau von A2.1 im Hören, Lesen und Sprechen und A1.2 im Schreiben. Intendiertes Niveau für die zweite Fremdsprache ist A1.2 in allen Kompetenzbereichen (Bildungsdirektion Kanton Zürich, 2017, S. 17). Damit entsprechen die Bildungsziele grundlegenden Kenntnissen. Zum Vergleich: Das GER Niveau B bezeichnet einen sicheren Sprachgebrauch, Niveau C fortgeschrittene Kenntnisse. 3 Kommunikativ-inhaltsorientierter Fremdsprachenunterricht Didaktisch-methodisch etabliert hat sich der kommunikativ-inhaltsorientierte Fremdsprachenunterricht in Form von Task-Based Language Teaching (TBL) (Willis, 1996). TBL besteht aus Lernzyklen mit drei Phasen (ebd.): 1. Der Pre-task (sprachliche und inhaltliche Vorbereitung auf die Aufgabe oder Task); 2. Taskcycle (Bearbeitung der Task, die mit der Präsentation der Ergebnisse abgeschlossen wird); 3. Post-task oder Language Focus (Reflexion des Lernprozesses und Auseinandersetzung mit sprachformalen Aspekten). Die Task verfolgt ein kommunikatives Ziel und beinhaltet Planung, Ausarbeitung und Vorstellen eines Produkts (Outcome). In Schweizer Englisch- Lehrmitteln für die Primarstufe (vgl. z. B. Arnet- Clark et al., 2013) findet sich u. a. die Gestaltung eines Bildes, das an einer gemeinsamen Vernissage vorgestellt wird, oder die Inszenierung eines selbstverfassten Rollenspiels. Im kommunikativ-inhaltsorientierten Fremdsprachenunterricht befassen sich Lernende ihrem Kenntnisstand entsprechend mit den gleichen Inhalten und Themen. Somit ist der Ansatz grundsätzlich vielversprechend für inklusives Lernen (Doert & Nold, 2015). Es kann z. B. bereits in der Pre-task die Aufgabenstellung den unterschiedlichen Fähigkeiten entsprechend formuliert werden. Unterstützungsangebote während der Taskbearbeitung und die Gestaltung der Präsentation in der Post-task sind ebenfalls individuell adaptierbar. TBL ist aus dem kommunikativen Sprachunterricht (Communicative Language Teaching CLT; Krashen & Terrell, 1983) hervorgegangen. CLT begreift Fremdsprachenlernen als natürlichen Prozess (Krashen, 1981), der auf den kommunikativen Bedürfnissen der Lernenden aufbaut und weitgehend ohne systematische Erarbeitung von sprachformalen Aspekten auskommt. Es wird angenommen, dass Lernende bei der Bearbeitung von authentischen Aufgaben wichtige sprachliche Elemente wahrnehmen (Noticing; Schmidt, 1990; Swain, 1995) und so verarbeiten, dass sie eigene Erkenntnisse verallgemeinern und schließlich auf neue Kontexte übertragen können. So soll durch viele, möglichst echte Sprechanlässe der natürliche Erstspracherwerb des kleinen Kindes in einer einsprachigen Umgebung in zeitlich kondensierter Form imitiert werden. Das so skizzierte implizite Sprachenlernen erfordert ein hohes Maß an kognitiven Ressourcen. In einem gewissen Gegensatz zu dieser intuitiv attraktiven „Natürlichkeit“ der didaktischen Ansätze steht die in zahlreichen empirischen Studien belegte Wirksamkeit von explizit vermittelten Inhalten im gesteuerten Fremdspracherwerb (vgl. Goo, Granena, Yilmaz & Novella, 2015; Norris & Ortega, 2001), zumindest für (junge) Erwachsene. Verschiedene Vertreterinnen und Vertreter aus Forschung und Didaktik sprechen sich daher für eine Umsetzung mit zumindest einer gewissen systematischen Thematisierung von sprachlichen Regeln aus (vgl. Nunan, 2013, oder Romonath, 2006). Eine solche ist in TBL mit dem Language Focus auch vorgesehen, wird jedoch im Unterricht unterschiedlich umgesetzt (vgl. Ellis, 2009, für eine Diskussion). Im Schweizer Kontext ist davon auszugehen, dass die Mehrheit der Lehrkräfte über ein vielseitiges pädagogisches Repertoire verfügt und mit einem gezielten Scaffolding auf die SuS eingeht, auch in Bezug auf ihr Be- VHN 3 | 2022 215 ISABELLE UDRY, RAPHAEL BERTHELE Fremdsprachkompetenzen bei Kindern mit sonderpädagogischer Förderung FACH B E ITR AG dürfnis nach einer expliziten Sprachvermittlung. Der in der Literatur beschriebene CLT- Ansatz mit ausgeprägtem Fokus auf implizites Lernen entspricht daher nicht zwingend der Unterrichtsrealität der Schweizer Kinder. 4 Voraussetzungen für schulisches Fremdsprachenlernen Gesteuerter Fremdspracherwerb wird von verschiedenen kontextuellen und individuellen Faktoren beeinflusst. Die Analysen aus dem LAPS-Projekt zeigen, dass neben einer kognitiv-sprachlichen Dimension auch motivationalemotionale Komponenten (Udry & Berthele, 2021) sowie sozio-ökonomische und kulturellbildungsorientierte Bedingungen (Berthele, 2021) für das Fremdsprachenlernen bei Primarschulkindern bedeutsam sind. Die einzelnen Dimensionen stehen in wechselseitiger Beziehung und können, je nach Konstellation, zu einem besonderen Förderbedarf führen. Individuell diagnostizierbare (körperliche, kognitive oder psychische) Beeinträchtigungen, sozialemotionale Schwierigkeiten, sozioökonomische und -demografische Benachteiligung oder eine besondere individuelle Begabung gehören dabei zu den zentralen Einflussfaktoren (Kronenberg, 2021, S. 15). Inwiefern eine individuelle Voraussetzung zum Vor- oder Nachteil wird, hängt u. a. mit dem vorherrschenden Unterrichtsparadigma zusammen. So war in der bis ins 20 Jh. praktizierten Grammatik-Übersetzungsmethode das auditive Verarbeitungsvermögen weitgehend sekundär, da vorwiegend mit schriftlichen Texten übersetzend gearbeitet wurde. Im Gegensatz dazu ist im kommunikativ-inhaltsorientierten Fremdsprachenunterricht die Fähigkeit, Sprache über das Gehör aufzunehmen, ausschlaggebend für die erfolgreiche Teilnahme an Sprechanlässen. Eine wichtige Rolle spielen bei TBL außerdem das Arbeitsgedächtnis, die Metakognition und soziale Interaktionsfähigkeit (Blume, Kielwein & Schmidt, 2018). Obwohl TBL binnendifferenzierend angelegt ist, wird der Ansatz dadurch gerade für SuS mit erhöhtem Förderbedarf besonders herausfordernd. 4.1 Rolle der Erstsprache Der Zusammenhang zwischen erstsprachlichen Fähigkeiten und dem Erwerb weiterer Sprachen wird durch verschiedene empirische Arbeiten gestützt. So berichteten Ganschow und Kollegen bereits in den 1990-er Jahren von starken Korrelationen zwischen phonologischen Verarbeitungsprozessen in der Erstsprache (L1) und dem Lernerfolg in der Fremdsprache (L2). In der Linguistic Coding Deficit Hypothesis vertreten die Autoren die These, dass Probleme beim Erlernen einer Fremdsprache mit einer (diagnostizierten oder versteckten) Sprachentwicklungsstörung (SES) in der L1 einhergehen und dadurch erklärt werden können (Ganschow et al., 1994; Ganschow, Sparks, Javorsky, Pohlman & Bishop-Marbury, 1991; Sparks & Ganschow, 1993). Für die Lesekompetenz in der L1 und der L2 konnte ein Zusammenhang insbesondere für hierarchieniedrige Prozesse (Wissen über Phonem-Graphem-Entsprechung, Dekodierfähigkeit) nachgewiesen werden (Genesee, Geva, Dressler & Kamil, 2007; für eine Studie im Schweizer Kontext vgl. Rindlisbacher, 2021). Der Anteil an Kindern mit auffälligem Erstspracherwerb, und somit potenziell erschwertem Erlernen einer L2, liegt bei ca. 7 % (Kannengieser, 2019). Im Vorschulalter stellt SES sogar die häufigste Entwicklungsbeeinträchtigung dar (Glück & Spreer, 2014) und kann sowohl die Sprachrezeption als auch -produktion betreffen (Dannenbauer, 2007). Da ein Großteil des Unterrichts sprachlich vermittelt wird, sind Folgen für das Lernen im Allgemeinen zu erwarten (Sallat & Schönauer-Schneider, 2015). VHN 3 | 2022 216 ISABELLE UDRY, RAPHAEL BERTHELE Fremdsprachkompetenzen bei Kindern mit sonderpädagogischer Förderung FACH B E ITR AG 4.2 Arbeitsgedächtnis Das Arbeitsgedächtnis ist für die Verarbeitung und kurzzeitige Speicherung von Informationen zuständig und stellt eine wesentliche Grundlage für komplexe Denk- und Lernprozesse dar. Im weitverbreiteten Modell nach Baddeley (Baddeley & Hitch, 1974) umfasst das Arbeitsgedächtnis vier Komponenten mit individuell begrenzter Kapazität. Verbale Stimuli werden in der phonologischen Schleife (auch phonologisches Arbeitsgedächtnis) verarbeitet, während vom visuell-räumlichen Notizblock, wie der Name suggeriert, visuelle Informationen behandelt werden. Die zentrale Exekutive leitet einkommende Reize an die jeweiligen Teilsysteme weiter und agiert somit als Schaltstelle zwischen der phonologischen und der visuell-räumlichen Komponente. Der episodische Puffer verbindet aktuelle (verbale und visuell-räumliche) Informationen mit Informationen aus dem Langzeitgedächtnis zu geordneten Einheiten, damit eine unmittelbar erlebte Situation richtig interpretiert werden kann (Baddeley, 2000). Somit ist der episodische Puffer einerseits Vermittler zwischen den verschiedenen Teilsystemen und stellt andererseits die Verbindung zwischen Kurz- und Langzeitgedächtnis her. Maßgeblich am Erst- und Zweitspracherwerb beteiligt ist das phonologische Arbeitsgedächtnis, das insbesondere mit dem Lernen von Lautmustern (Speciale, Ellis & Bywater, 2004), Wortschatz (Gathercole & Pickering, 2000), L2 Grammatik (French & O’Brien, 2008) und mündlicher L2 Kompetenz (O’Brien, Segalowitz & Collentine, 2006) assoziiert wird. Eingeschränkte Arbeitsgedächtnis-Kapazität kann sich u. a. in Problemen bei der phonetischen Enkodierung äußern (Alt, 2011), da es Lernenden schwerfällt, Laute oder Wörter aus dem Sprachinput herauszufiltern und so zu verarbeiten, dass sie Eingang ins mentale Lexikon finden. Wird ein großer Teil der Sprache mehr oder weniger beiläufig präsentiert, wie es im kommunikativen Fremdsprachenunterricht oft der Fall ist, bedeutet eine vergleichsweise kleine Arbeitsgedächtnis-Kapazität für Lernende ein zusätzliches Hindernis. Daraus sind Folgen für die Worterkennung, phonologische Bewusstheit oder die Automatisierung zu erwarten (für eine Diskussion vgl. Kormos, 2017, oder Swanson & Siegel, 2001). Lernenden mit Förderbedarf im Bereich des phonologischen Arbeitsgedächtnisses nützt es, wenn ihnen sprachliche Regeln erklärt werden und sie wiederholt mit dem gleichen Sprachmaterial arbeiten können (Romonath, 2006; Sparks et al., 1998). Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass ein solcher Unterricht auch für andere SuS vorteilhaft ist (Ellis, 2002). Auf diese Weise lässt sich die individuelle Gedächtniskapazität zwar nicht erhöhen, aber es kann für eine stressfreie Lernumgebung gesorgt werden, in der mit vielfältigen Übungsmöglichkeiten das Anlegen von Gedächtnisspuren begünstigt wird. Bei der Umsetzung stellt sich jedoch u. a. die Frage, in welchem Maße die dafür nötigen zeitlichen Ressourcen bei geringer Stundendotierung eingeräumt werden können. Die zentrale Exekutive spielt beim Erst- und Zweitspracherwerb ebenfalls eine tragende Rolle (Pickering & Gathercole, 2004). Aufgabe der exekutiven Funktionen ist die gezielte Steuerung und Regulierung der Aufmerksamkeit, was vor allem bei kognitiv anspruchsvollen Vorgängen wesentlich ist. Eine zielgerichtete Lenkung der Aufmerksamkeit ist in der Sprachverarbeitung erforderlich, um wichtige Inhalte (im Sinne des erwähnten Noticing) überhaupt erst zu erkennen (Grigorenko, Sternberg & Ehrman, 2000). Außerdem ist die zentrale Exekutive an metakognitiven Prozessen beteiligt, namentlich der Planung, Überwachung und Evaluierung des eigenen Verhaltens (Semrud- Clikeman, 2005). Metakognition gilt als Prädiktor für Lernerfolg im Allgemeinen (Chevalier, Parrila, Ritchie & Deacon, 2017; Flavell, 1979) VHN 3 | 2022 217 ISABELLE UDRY, RAPHAEL BERTHELE Fremdsprachkompetenzen bei Kindern mit sonderpädagogischer Förderung FACH B E ITR AG und scheint auch für das Fremdsprachenlernen von Bedeutung zu sein (vgl. dazu eine Literaturübersicht von Raoofi, Chan, Mukundan & Rashid, 2014). Tatsächlich weisen Forschungsergebnisse darauf hin, dass Lernende mit gut ausgebildeten metakognitiven Fähigkeiten Sprachlernstrategien effizienter nutzen können (Chamot, 2005). Damit haben sie einen Vorteil im kommunikativ-inhaltsorientierten Unterricht, bei dem der Aufbau von Strategiewissen besonders fokussiert wird. Defizite im Bereich der exekutiven Funktionen/ Aufmerksamkeit können sich daher gleich mehrfach ungünstig auf den Lernprozess auswirken: Sie äußern sich u. a. in Problemen beim Erfassen und Verknüpfen von aufeinanderfolgenden Informationen, was zu Schwierigkeiten beim Verstehen mehrteiliger Aufgabenstellungen, der Arbeitsplanung und Aufgabenbearbeitung führt (Gathercole, 2004). Um die kognitive Belastung zu reduzieren, ist es für diese Lernenden sinnvoll, wenn Anweisungen wiederholt oder zusammengefasst werden und komplexe Aufgaben in einfachere Teilschritte gegliedert sind (ebd., S. 376f.). 4.3 Interaktionsfähigkeit Im Task-cycle steht die kommunikative Anwendung der Zielsprache im Vordergrund, weshalb die Task häufig in Gruppen- oder Partnerarbeit durchgeführt wird (Doert & Nold, 2015). In kooperativen Lernsettings werden grundlegende Entscheide zur Arbeitsteilung, Gestaltung des Produkts oder der Präsentation gemeinsam vereinbart. Eine konstruktive Beteiligung an diesem Prozess ist bei eingeschränkter Interaktionsfähigkeit herausfordernd, da z. B. Perspektivenwechsel schwerfallen, nonverbale Zeichen oder sprachliche Besonderheiten wie Ironie nicht interpretiert werden oder das Gesprächsthema nicht erkannt wird (Bottema-Beutel & Smith, 2013; Volden, Coolican, Garon, White & Bryson, 2008; Wang, Lee, Sigman & Dapretto, 2006; Wire, 2005). Schwierigkeiten bei der Initiierung und Aufrechterhaltung von sozialen Kontakten oder unflexible Verhaltensmuster (Bruning & Roland, 2020) sind weitere ungünstige Voraussetzungen für den kommunikativen Fremdsprachenunterricht, die bei allen Beteiligten zu Frustration führen können. Damit kooperatives Lernen gelingt, braucht es eine entsprechende pädagogische Begleitung (Wire, 2005). Da SuS mit Interaktionsschwierigkeiten oft nicht Mühe mit dem Fremdsprachenlernen an sich haben, gilt es vor allem, die Kommunikation zu stützen und positiv auf die Motivation einzuwirken, indem Stärken und Schwächen der Lernenden erkannt und angemessen berücksichtigt werden (ebd.). Die hier skizzierten didaktischen Unterstützungsmöglichkeiten für das phonologische Arbeitsgedächtnis, die zentrale Exekutive und die Interaktionsfähigkeit legen nahe, dass schulischer Fremdspracherwerb für alle SuS möglich ist, wenn die Bedingungen entsprechend angepasst werden. Tatsächlich wird davon ausgegangen, dass die Lernbegabung für Fremdsprachen in der Bevölkerung normalverteilt ist (Reiterer, 2009). Demnach ist anzunehmen, dass zwar grundsätzlich alle eine Fremdsprache erwerben können, dass dies jedoch bei gleichem Zeitbudget zu unterschiedlichen Ergebnissen führt. 10 - 15 % der Population werden, aufgrund verschiedener Beeinträchtigungen, nur äußerst geringe Fremdsprachkenntnisse entwickeln. Auf die Primarschule bezogen bedeutet dies, dass ein Teil der SuS trotz (oder gerade dank) einer adäquaten Lernbegleitung ein sehr elementares Sprachniveau erreichen wird. 5 Stichprobe Das Projekt LAPS (Language Aptitude at Primary School) wurde zwischen 2017 und 2019 vom Institut für Mehrsprachigkeit Freiburg VHN 3 | 2022 218 ISABELLE UDRY, RAPHAEL BERTHELE Fremdsprachkompetenzen bei Kindern mit sonderpädagogischer Förderung FACH B E ITR AG und der PH Zürich durchgeführt. Die Daten wurden an Primarschulen der Kantone Freiburg und Zürich erhoben. Der Zürcher Teil der Studie, über den wir hier berichten, umfasst insgesamt drei Messzeitpunkte über knapp zwei Schuljahre (T1 = Herbst 2017, T2 = Frühling 2018, T3 = Frühling 2019). Zu T1 wurde die Testbatterie zur Erfassung von kognitiven, sprachlichen und affektiven Variablen durchgeführt. Zur Überprüfung der Fremdsprache Englisch wurde bei T1 der Oxford Young Learners Placement Test - OYLPT (Oxford English Testing, 2013) eingesetzt, zu T2 und T3 wurden C-Tests durchgeführt. Das Messinstrument wurde ersetzt, weil bei T1 bereits mehrere Kinder die Maximalpunktzahl im OYLPT erreicht hatten. Um Deckeneffekte in den folgenden Messungen zu vermeiden, wurden für die weiteren Erhebungen C-Tests verwendet (für eine ausführliche Beschreibung des Designs vgl. Steiner, Berthele & Udry, 2021). Ein C-Test ist ein Lückentext, der auf dem Prinzip der reduzierten Redundanz basiert. Er besteht i. d. R. aus 5 authentischen Texten in der L1 oder L2, bei denen jedes 5. Wort gestrichen wurde. Um die so bearbeiteten Texte zu rekonstruieren, muss die Leserin oder der Leser auf das gesamte vorhandene Sprachwissen zurückgreifen. C-Tests gelten daher als ein reliables Maß zur globalen Einschätzung der allgemeinen (Fremd)Sprachkompetenz (Eckes & Grotjahn, 2006). Eine Reihe von Quer- und Längsschnittanalysen zeigt auf, welche individuellen und kontextuellen Einflussfaktoren mit dem Fremdsprachenlernen auf der Primarstufe zusammenhängen (Berthele & Udry, 2021). Hier diskutieren wir die Entwicklung der Englischkompetenzen während eines Jahres zwischen T2 (Frühling 2018) und T3 (Frühling 2019). Da sie mit den gleichen C-Tests erhoben wurden, sind die Resultate direkt miteinander vergleichbar. Bei T2 waren 252 Kinder in der 6H, 282 in der 7H. Das Durchschnittsalter betrug bei T2 11.1 Jahre (9.7 - 13) und bei T3 12.1 Jahre (10.7 - 14.0). Tabelle 1 enthält Angaben zu den analysierten Förderkategorien. In den Längsschnittanalysen wurden nur vollständige Daten berücksichtigt, d. h. Kinder, für die Daten zu T2 und T3 vorlagen (n = 453). Die anonymisierten Daten und Scripts dieses Beitrags werden via https: / / osf.io/ z9s3g/ zur Verfügung gestellt. Förderkategorien N % Stichprobe insgesamt (vollständige Daten T2 und T3) 453 100 % Keine Förderung 337 74 % Geförderte n Sonderpädagogik n Therapie n DaZ n Begabtenförderung n Mehrfache Förderung entweder: ▪ Sonderpädagogik + Therapie ▪ Sonderpädagogik + DaZ ▪ Sonderpädagogik + Therapie + DaZ 116 44 10 17 15 30 26 % 10 % 2 % 4 % 3 % 7 % Tab. 1 Angaben zu den Förderkategorien. Gezeigt wird der Anteil SuS pro Kategorie, für die zu T2 und T3 Daten vorhanden sind. VHN 3 | 2022 219 ISABELLE UDRY, RAPHAEL BERTHELE Fremdsprachkompetenzen bei Kindern mit sonderpädagogischer Förderung FACH B E ITR AG 6 Förderkategorien Die Lehrpersonen gaben zu Beginn der Studie in einem Fragebogen Auskunft über die erteilten Fördermaßnahmen in ihrer Klasse. Für die Analyse wurden die Kategorien gemäß den Förderangeboten des Kantons Zürich gebildet. Integrative Förderung IF wird ergänzend zum Unterricht in der Regelklasse eingesetzt. IF richtet sich an SuS mit besonderen pädagogischen Bedürfnissen im Bereich des Lernens oder Verhaltens und kann sowohl individuelle Schwächen als auch Stärken fokussieren. Das Angebot unterstützt SuS in den Bereichen des allgemeinen Lernens, Sprachkompetenz, mathematisches Lernen und dem Umgang mit (Lern-)Anforderungen oder dem sozialen Umfeld. Kinder, die aufgrund einer Behinderung in der Regelschule durch IF nicht optimal unterstützt werden können, erhalten eine Sonderschulung. In dieser Stichprobe (n = 12) erfolgt die Sonderschulung integriert, d. h. die Kinder besuchen die meiste Zeit des wöchentlichen Unterrichts an einer Regelschule und werden von einer sonderpädagogischen Fachperson der regionalen Sonderschule entsprechend begleitet. IF und Sonderschulung sind Maßnahmen, die direkt den Unterricht betreffen, und werden in der Kategorie Sonderpädagogik zusammengefasst. Ebenfalls als Unterrichtsbegleitung zu verstehen sind die Kategorien Deutsch als Zweitsprache (DaZ) und Begabungs- und Begabtenförderung. Eine Begabung kann im Regelunterricht eine zusätzliche Berücksichtigung erfordern, daher ist die Begabungs- und Begabtenförderung im Volksschulgesetz des Kantons Zürich als Fördermaßnahme vorgesehen und wird von den Schulgemeinden umgesetzt. Bei DaZ handelt es sich um ein Sprachförderungsangebot, das fremdsprachigen Kindern unabhängig von ihrer schulischen Leistung in einem bestimmten Zeitrahmen zusteht. DaZ wird in unserer Analyse als separate Kategorie erfasst. Die Kategorie Therapie umfasst Logopädie, Psychomotorik und Ergotherapie. Oft treten die beschriebenen Förderangebote kombiniert auf. Wir nehmen an, dass einer kumulierten Förderung, bestehend aus IF / Sonderschulung, Therapie, DaZ und/ oder Begabtenförderung, komplexere Lernbedürfnisse zugrunde liegen, die in einer eigenen Kategorie Mehrfache Förderung abgebildet werden. 7 Förderintensität Um das Verhältnis zwischen Förderintensität und Entwicklung der Sprachkompetenz inferenzstatistisch untersuchen zu können, wurde jedem Förderangebot ein Wert zugeordnet, der seine Intensität abbildet (Tabelle 2). Da die Kinder teilweise mehreren der obengenannten Förderkategorien zugeordnet werden konnten und es somit Überschneidungen bei der Gruppenzugehörigkeit gab, wurde für die inferenzstatistischen Analysen ein kumulierter Wert der Förderintensität für jedes Kind berechnet. Bei der Quantifizierung der Förderintensität handelt es sich um den Versuch, ein komplexes Phänomen für statistische Zwecke nutzbar zu machen. Eine Definition kann unter verschiedenen Gesichtspunkten erfolgen, wie zeitliche und/ oder personelle Ressourcen, Dauer der Intervention, Grad der Gefährdung im Schulerfolg usw. Eine Einteilung kann daher nur als Annäherung an den individuellen Förderbedarf (und zwar so, wie er von der Institution wahrgenommen wird) verstanden werden. Um die Tauglichkeit unserer Definition abzuschätzen, wurden zunächst Analysen mit unterschiedlichen Einteilungen durchgeführt, die alle zu ähnlichen Ergebnissen führten. Diese Varianten können im online-Material eingesehen werden. VHN 3 | 2022 220 ISABELLE UDRY, RAPHAEL BERTHELE Fremdsprachkompetenzen bei Kindern mit sonderpädagogischer Förderung FACH B E ITR AG Kriterien für die hier präsentierte Einteilung sind 1) die Unterscheidung zwischen Unterrichtsbegleitung und Therapie, 2) die angenommene zeitliche Intensität der Fördermaßnahme und 3) die angenommene Gefährdung im Schulerfolg. Unterrichtsbegleitende Maßnahmen erhalten eine höhere Ziffer (2) als Therapieangebote (1), da wir annehmen, dass IF oder DaZ gemeinhin unmittelbar mit dem Regelunterricht verknüpft sind und mehrere Wochenlektionen umfassen. Im Gegensatz dazu findet eine Therapie vorwiegend außerhalb des Klassenzimmers und im Wochenrhythmus seltener statt. Sonderschulung wird als intensivere Art der Unterrichtsbegleitung eingestuft als IF. Deshalb wird der Sonderschulung ein Wert zugeordnet, der vom kumulierten Wert aller IF Angebote nicht überschritten werden kann, d. h. ein Kind, das alle Angebote der IF besucht (4 × 2), kann höchstens den Wert der Sonderschule erreichen (8), diesen aber nicht überschreiten. Kinder mit Begabtenförderung werden als nicht primär im Schulerfolg gefährdet eingestuft. Begabtenförderung wird mit dem Wert (0) gekennzeichnet und somit der Kategorie ohne Förderung gleichgesetzt. 8 Statistisches Vorgehen Im Folgenden präsentieren wir zuerst deskriptive Analysen mittels Abbildungen, dann werden die Unterschiede inferenzstatistisch überprüft. Mit gemischten Modellen (wir benutzen das lme4 Paket von Bates, Maechler, Bolker & Walker, 2015) wird analysiert, ob die Intensität der sonderpädagogischen Förderung ein Prädiktor für die Entwicklung der erhobenen Sprachkompetenzen ist. Hierzu wurde die Veränderung in den Sprachkompetenzen Englisch zwischen T2 und T3 als abhängige Variable ins Modell aufgenommen. Als unabhängige Variable (oder Prädiktor) wurde Förderintensität hinzugefügt. Bei einer Klumpenstichprobe kann die Gruppenzugehörigkeit das Resultat beeinflussen, daher wurde Klassenzugehörigkeit als Zufallseffekt modelliert. Die Modellannahmen wurden durch grafische Darstellungen überprüft. Die visuelle Kontrolle der Residuenplots ergab keine offensichtlichen Abweichungen von der Homoskedastizität oder Normalität. Die Bedeutung der Effekte wurde mit Likelihood-Ratio-Tests ermittelt (Winter, 2013). Dabei wurde ein Modell mit dem fraglichen Effekt gegen ein Null-Modell ohne diesen Kumulierbarer Wert Unterrichtsbegleitende Maßnahmen Begabtenförderung DaZ Integrierte Förderung Englisch Integrierte Förderung Deutsch Integrierte Förderung Mathematik Integrierte Förderung Allgemein Integrierte Sonderschulung 0 2 2 2 2 2 8 Therapie Hörbehinderung Ergotherapie Logopädie 1 1 1 Tab. 2 Variable Förderintensität mit kumulierbarem Wert pro Fördermaßnahme. VHN 3 | 2022 221 ISABELLE UDRY, RAPHAEL BERTHELE Fremdsprachkompetenzen bei Kindern mit sonderpädagogischer Förderung FACH B E ITR AG getestet. Zur Einschätzung der statistischen Signifikanz des Prädiktors wird auf die Angabe von p-Werten verzichtet (Bates et al., 2015, S. 34f., für eine kritische Diskussion vgl. Vanhove, 2014). Stattdessen wird die Schätzung der Effekte und die damit verbundene Unsicherheit (t-Werte) dokumentiert. Der t-Wert wird ermittelt, indem die Parameterschätzung (Est.) durch den Standardfehler (S.E.) geteilt wird. Ist die Messgenauigkeit der Daten hoch, ist der Standardfehler der Stichprobe klein. Mathematisch gesehen steht ein hoher t-Wert demnach für einen kleinen Standardfehler oder eine genaue Messung. Ab Werten von +2 oder unter -2 kann von einer genauen Schätzung gesprochen werden (Baayen, Davidson & Bates, 2008, S. 399). Damit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass ein gemessener Effekt nicht zufällig ist, sondern auch in einer neuen, unabhängigen Stichprobe beobachtet wird. Englischkompetenzen T2 2 1 0 -1 -2 keine Begabten- DaZ Therapie Sonder- Mehrfach Förderung förderung pädagogik Abb. 1 Gruppenvergleich der Englischkompetenzen bei T2. Die Konturen der Violinplots geben Aufschluss über die Verteilung, die horizontale schwarze Linie repräsentiert den Median. Die vertikale Linie gibt die Standardfehler um die Gruppenmittelwerte an. Die Punktegröße repräsentiert die Förderintensität. VHN 3 | 2022 222 ISABELLE UDRY, RAPHAEL BERTHELE Fremdsprachkompetenzen bei Kindern mit sonderpädagogischer Förderung FACH B E ITR AG 9 Resultate 9.1 Englischkompetenzen zu T2 In Abbildung 1 werden die z-standardisierten individuellen Testergebnisse sowie die zentralen Tendenzen der Englischwerte pro Förderkategorie zu T2 dargestellt. Die vertikale Linie zeigt den Standardfehler rund um den Gruppenmittelwert. Auf der y-Achse erscheinen die Werte pro Förderkategorie ausgedrückt auf einer Skala von Standardabweichungen vom Stichprobenmittel 0. Die SuS sind als Punkte abgebildet, wobei größere Punkte für mehr Förderintensität stehen (vgl. Kapitel 7). Auffallend ist die relativ breite Streuung der Daten. Es wird auch ersichtlich, dass sich die Streuungen der Kompetenzen der Kinder über die Förderkategorien hinweg beträchtlich überschneiden. Beispielsweise finden sich die meisten Testresultate von Kindern ohne Förderung im Streuungsbereich der Gruppe Sonderpädagogik und umgekehrt. Abbildung 1 zeigt, dass sich die Englischkompetenzen der Kinder ohne Förderung, mit DaZ und mit Begabtenförderung über dem Stichprobenmittel befinden. Die Durchschnitte der Gruppen mit mehrfacher Förderung, Therapie oder Sonderschulung weichen hingegen nach unten ab. Diese Gruppen schneiden also schlechter ab als der Durchschnitt der gesamten Stichprobe. 9.2 Entwicklung der Englischkompetenzen T2 -T3 Abbildung 2 zeigt, dass sich die durchschnittlichen Sprachkompetenzen zwischen dem zweiten und dritten Messzeitpunkt des LAPS-Pro- Englisch-Score 80 60 40 20 Zeit T2 -T3 Förderkategorie keine Förderung Begabtenförderung DaZ Therapie Sonderpädagogik Mehrfach Abb. 2 Entwicklung von T2 zu T3 im Englischtest für die verschiedenen Förderkategorien. Die Punktsymbole stehen für die Gruppenmittelwerte. Die vertikalen Linien bezeichnen den Standardfehler rund um die Gruppenmittelwerte. VHN 3 | 2022 223 ISABELLE UDRY, RAPHAEL BERTHELE Fremdsprachkompetenzen bei Kindern mit sonderpädagogischer Förderung FACH B E ITR AG jektes in allen Gruppen positiv entwickeln. In allen Förderkategorien wurden in der Fremdsprache Englisch im Mittel Testpunkte dazugewonnen. Allerdings ist die Neigung der die beiden Messungen verbindenden Linie unterschiedlich, was auf unterschiedlich starken Lernzuwachs in den verschiedenen Gruppen schließen lässt. In Ergänzung zur Analyse der Entwicklung auf Gruppenebene wurde die Entwicklung der jeweils individuellen Englischresultate von T2 zu T3 berechnet. Die Aufstellung in Tabelle 3 zeigt, dass die Anteile pro Förderkategorie sehr unterschiedlich sind, zwischen 100 % Fortschritt in der Begabtenförderung und im DaZ bis zu 23 % mit Stagnation oder Rückschritt in der Kategorie der Mehrfachgeförderten. 9.3 Einfluss der Förderintensität auf die Kompetenzentwicklung In einem Regressionsmodell wurde untersucht, inwiefern sich Veränderungen in den Englischkompetenzen durch die Förderintensität vorhersagen lassen (vgl. Abschnitt 8). Anders als in der deskriptiven Statistik geht es hier darum zu überprüfen, ob die in unseren Daten gefundenen Unterschiede in den Sprachkompetenzen zwischen unterschiedlich (stark) geförderten SuS auch inferenzstatistisch robust und damit potenziell verallgemeinerbar sind, m. a. W. wie wahrscheinlich sie beobachtbar wären, wenn die Nullhypothese, nämlich dass keine Unterschiede bestehen, stimmen würde. Das Regressionsmodell (s. Tab. 4 und Abb. 3) weist darauf hin, dass Förderintensität ein Prädiktor für die Entwicklung der Sprachkompetenzen Englisch ist (t-Wert -4.31). Das Intercept zeigt den geschätzten Mittelwert für den Englischtest. Dieser nimmt um eine Einheit von 1.02 ab, wenn die Förderintensität um eine Einheit steigt. Die Testresultate werden also mit steigender Förderintensität schlechter. Je ‚geförderter‘ die Versuchsperson, desto geringer ihr Leistungszuwachs zwischen T2 und T3 in den Sprachkompetenztests. Verbesserung T2 -T3 Prozentual Kategorie ja nein Anteil ja Anteil nein Keine Förderung Begabtenförderung DaZ Therapie Sonderpädagogik Mehrfach 306 15 17 9 36 23 31 0 0 1 8 7 91 100 100 90 82 77 9 0 0 10 18 23 Tab. 3 SuS, die sich von T2 nach T3 verbessern oder nicht, Anteile in % jeweils pro Förderkategorie. Berücksichtigt wurden nur SuS mit Datenpunkten zu T2 und T3. Est. S. E. t-Wert (Intercept) Förderintensität 11.87 -1.02 0.77 0.24 15.34 -4.31 Tab. 4 Ergebnisse aus dem Regressionsmodell. VHN 3 | 2022 224 ISABELLE UDRY, RAPHAEL BERTHELE Fremdsprachkompetenzen bei Kindern mit sonderpädagogischer Förderung FACH B E ITR AG 10 Diskussion Die Entwicklung der Kompetenzen in der ersten Fremdsprache Englisch wurde bei 453 Kindern der 6H bis 8H über einen Zeitraum von einem Jahr beobachtet. In diesem Beitrag wurden folgende Forschungsfragen untersucht: 1) Wie gut sind die Sprachkompetenzen in den verschiedenen Förderkategorien? 2) Wie entwickeln sich die Sprachkompetenzen im Längsschnitt? 3) Was ist der Zusammenhang zwischen der Förderintensität und der Leistungsentwicklung? In Bezug auf Frage 1 ist zu beobachten, dass die durchschnittlichen Leistungen in Englisch bei Kindern mit Sonderschulung/ IF und Kindern mit mehrfacher Förderung hinter den anderen Gruppen (DaZ, keine Förderung, Therapie) zurückliegen. Die Kinder mit Begabtenförderung erzielen im Mittel die höchsten Werte, gefolgt von jenen mit DaZ und ohne Förderung. Im untersuchten Zeitraum zwischen T2 und T3 hat sich der Mittelwert aller Kategorien verbessert (Frage 2). Als Gruppen betrachtet lernen also alle in der Fremdsprache Englisch etwas dazu. Im Fall der mehrfach geförderten SuS ist der durchschnittliche Lernzuwachs im Vergleich zu den anderen Kategorien geringer. Die Gruppe mit Begabtenförderung, die schon bei T2 am besten abschnitt, gewinnt auch im Längsschnitt am meisten Testpunkte dazu. Obwohl sämtliche Förderkategorien im Mittel eine positive Entwicklung in den Englischkompetenzen verzeichnen, können keine Aufholeffekte bei den Gruppen auf niedrigeren Kompetenzstufen nachgewiesen werden. Es ist also nicht der Fall, dass beispielsweise die Mehrfachgeförderten sich innerhalb des beobachteten Zeitraums den anderen Gruppen mit weniger Förderung angleichen. Wenn überhaupt, so ist der Lernzuwachs bei den sonderpädagogisch intensiver unterstützten Gruppen eher kleiner, d. h. die Kluft zwischen den Gruppen vergrößert sich noch leicht. gainEnglishT2_T3 10 5 0 -5 Förderintensität effect plot 0 2 4 6 8 10 12 Förderintensität Abb. 3 Modellierte Effekte der Förderintensität auf den Lernzuwachs in der Fremdsprache Englisch. VHN 3 | 2022 225 ISABELLE UDRY, RAPHAEL BERTHELE Fremdsprachkompetenzen bei Kindern mit sonderpädagogischer Förderung FACH B E ITR AG Ob sich die Leistung ohne sonderpädagogische Maßnahmen ähnlich entwickelt hätte, oder ob der Fremdsprachenunterricht für gewisse Lernergruppen kausal negative Effekte auf andere Fächer hat, kann mit der hier gewählten Methode nicht überprüft werden. Auch lässt sich die Frage, ob die SuS generell überfordert sind, nur indirekt beantworten. In Längsschnittdaten kann auf eine andauernde Überforderung der SuS geschlossen werden, wenn beim zweiten Messzeitpunkt entweder a) ein Leistungsrückgang, b) eine Leistungsstagnation oder c) ein zu geringer Leistungsfortschritt zu beobachten ist. Die insgesamt nach oben zeigende Entwicklung für alle Gruppen suggeriert in unseren Augen, dass zumindest die eingangs zitierte starke Formulierung der Überforderungstheorie wohl zu pessimistisch ist. Trotzdem spricht ein (kleiner) Lernzuwachs nicht automatisch gegen eine Überforderung, denn es ist ganz grundsätzlich zu erwarten, dass sich die SuS während eines Schuljahres verbessern. Wie Tabelle 3 zeigt, gibt es in der Stichprobe auch SuS, die im Englischtest am Schluss des Längsschnitts gleich gut oder schlechter abschneiden als beim vorherigen Messzeitpunkt. Insbesondere in der Gruppe der sonderpädagogisch mehrfach Geförderten erreicht der Anteil hier einen Wert von über einem Fünftel. Dieser Befund kann gemäß b) und c) auf eine Überforderung dieser SuS hindeuten. Die beobachtbaren Tendenzen bestätigen Intuitionen bezüglich des Lernfortschritts verschiedener Fördergruppen: Die Begabten sind gut und werden noch besser, im Gegensatz dazu liegen Kinder mit mehrfacher Unterstützung hinter den anderen zurück. Die Mehrfachgeförderten kristallisieren sich insgesamt als vulnerabelste Gruppe heraus. Tatsächlich stellt der Grad der Förderung, den wir als Förderintensität definiert haben, einen Prädiktor für den Leistungsfortschritt dar (Frage 3). Die Wahrscheinlichkeit, in den Sprachkompetenzen weniger Fortschritte zu erzielen, steigt demnach mit dem Grad der Förderung. Es ist hervorzuheben, dass dieses Ergebnis nicht für einen kausalen Zusammenhang steht, d. h. mehr Förderung ist wohl nicht der Grund für weniger Kompetenz oder weniger Fortschritt im Fach Englisch. Vielmehr ist anzunehmen, dass einer mehrfachen Förderung komplexe Beeinträchtigungen zugrunde liegen, die sich auch mit Fördermaßnahmen in den Leistungen abbilden. Es ist daher nicht überraschend, dass sich die Entwicklung von Kindern mit mehrfacher Förderung anders vollzieht. Um Rückschlüsse auf Kausalität ziehen zu können, müssten Kinder mit Förderbedarf in einem Experiment zufällig in eine Interventionsgruppe mit sonderpädagogischer Förderung und eine Kontrollgruppe ohne eine solche Intervention eingeteilt und die Ergebnisse verglichen werden. Dieser Ansatz lässt sich hier offensichtlich nicht anwenden. Wie in allen Studien, die Schülergruppen bezüglich ihrer Kompetenzen vergleichen, muss auch in unserem Fall, aller Unterschiede in der zentralen Tendenz zwischen Gruppen zum Trotz, auf die beträchtlichen Überlappungen in den Streuungen der Kompetenzen hingewiesen werden (Abbildung 1). Dies verdeutlicht, dass zentrale Tendenzen einer Gruppe nicht für alle Individuen stehen. Leistungen bleiben auch dann heterogen, wenn SuS nach bestimmten Merkmalen oder Lernbedürfnissen gruppiert werden. Die beobachtete Leistungsstreuung innerhalb und -überlappung zwischen den Kategorien lässt darauf schließen, dass die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Fördergruppe allein kein verlässliches Kriterium für eine Lernziel- oder Unterrichtsbefreiung in den Fremdsprachen darstellt. Dispensierung wird, wie eingangs erwähnt, kantonal und wohl auch lokal unterschiedlich gehandhabt. In dieser Stichprobe war lediglich ein Kind vom Englischunterricht befreit. Die Tendenz ist auf anderen Stufen, wie die Angaben von Peyer, Andexlinger, Kofler und Lenz (2016) annehmen lassen, höher. Ob eine Befreiung vom Fremdsprachenunterricht als sinnvoll VHN 3 | 2022 226 ISABELLE UDRY, RAPHAEL BERTHELE Fremdsprachkompetenzen bei Kindern mit sonderpädagogischer Förderung FACH B E ITR AG erachtet wird, hängt auch mit den erwähnten Bildungsprämissen zusammen, insbesondere mit der Einschätzung, wie sehr Fremdsprachkompetenz die gesellschaftliche Teilhabe in einem mehrsprachigen Land mit einer stark internationalisierten Wirtschaft und Kultur überhaupt erst ermöglicht. Zu klären wäre womöglich auch, welchen Spielraum ein Schulsystem Lernenden beim Erreichen der curricular verschriebenen Lernziele gewähren kann, ohne dass auf den Aufbau der jeweiligen Kompetenzen gänzlich verzichtet wird (oder dieser den Lernenden vorenthalten wird). Wie in Abschnitt 3 dargelegt wurde, verspricht der kommunikativ-inhaltsorientierte Fremdsprachenunterricht Vorteile für Individualisierung und Inklusion. Gleichzeitig ist er mit kognitiven und interaktionalen Herausforderungen für SuS mit besonderen Lernbedürfnissen verbunden, auf die mit den skizzierten pädagogisch-didaktischen Unterstützungsangeboten eingegangen werden kann. Positiv zu werten ist in dieser Stichprobe, dass auch Kinder mit mehrfacher Förderung (von denen angenommen wird, dass sie in den diskutierten Bereichen Auffälligkeiten aufweisen) im Mittel Fortschritte erzielen, auch wenn diese geringer ausfallen als bei den anderen Gruppen. Literatur Alt, M. (2011). Phonological working memory impairments in children with specific language impairment: Where does the problem lie? Journal of Communication Disorders, 44(2), 173-185. https: / / doi.org/ 10.1016/ j.jcomdis.2010.09.003 Arnet-Clark, I., Frank Schmid, S., Grimes, L., Ritter, G., Rüdiger-Harper, J., Thum-Widmer, S. et al. (2013). New World. English as a Second Foreign Language. Baar: Klett und Balmer. Baayen, R. H., Davidson, D. J. & Bates, D. M. (2008). 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