eJournals Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete 91/4

Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete
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0017-9655
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
10.2378/vhn2022.art41d
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2022
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Rezension: Breuer-Küppers, Petra / Hintz, Anna-Maria / Spies, Mario (2021): Hochbegabte Kinder inklusiv fördern. Differenzierter Unterricht in der Grundschule.

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2022
Sabine Tanner Merlo
Dieses Buch wendet sich an Personen, die mit Grundschulkindern (1.–4. Schuljahr) mit Hochbegabung arbeiten oder zukünftig arbeiten werden. Wie im Titel vermerkt, steht die inklusive Förderung im Zentrum der Ausführungen, womit sich das Buch dem „Königsweg“ der Begabungsförderung verschreibt: Anstatt entsprechende Kinder unterrichtsergänzenden Förderangeboten („Pull-outs“) zuzuweisen und das erforderliche Wissen quasi auszulagern, sollen Wege aufgezeigt werden, die es erlauben, die täglichen Lernangebote des Regelunterrichts an die unterschiedlichen Begabungspotenziale, Voraussetzungen und Lernbedingungen der Schülerinnen und Schüler zu adaptieren. Damit wird das Buch der Auslegung inklusiver Begabungs- und Begabtenförderung gerecht, die sich auf das gemeinsame Lehren und Lernen aller Kinder unter Berücksichtigung der Vielfalt konzentriert. Dies verlangt nach einem gemeinsamen Unterricht, welcher den individuellen Begabungspotenzialen der Lernenden mit ihrem Anspruch auf Selbstgestaltung gerecht wird sowie die Teilhabe der Lernenden innerhalb der Schulklasse sicherstellt. Die Verwirklichung dieser Absicht erfordert bestimmte Haltungen wie auch angemessene pädagogische und didaktische Praktiken. Die Publikation nimmt sich dieser Herausforderung durch eine Kombination aus Theorie- und Praxiswissen an.
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VHN 4 | 2022 347 REZE NSION E N Breuer-Küppers, Petra; Hintz, Anna-Maria; Spies, Mario (2021): Hochbegabte Kinder inklusiv fördern. Differenzierter Unterricht in der Grundschule. München: Ernst Reinhardt Verlag. 130 S., € 21,90 Dieses Buch wendet sich an Personen, die mit Grundschulkindern (1. -4. Schuljahr) mit Hochbegabung arbeiten oder zukünftig arbeiten werden. Wie im Titel vermerkt, steht die inklusive Förderung im Zentrum der Ausführungen, womit sich das Buch dem „Königsweg“ der Begabungsförderung verschreibt: Anstatt entsprechende Kinder unterrichtsergänzenden Förderangeboten („Pullouts“) zuzuweisen und das erforderliche Wissen quasi auszulagern, sollen Wege aufgezeigt werden, die es erlauben, die täglichen Lernangebote des Regelunterrichts an die unterschiedlichen Begabungspotenziale, Voraussetzungen und Lernbedingungen der Schülerinnen und Schüler zu adaptieren. Damit wird das Buch der Auslegung inklusiver Begabungs- und Begabtenförderung gerecht, die sich auf das gemeinsame Lehren und Lernen aller Kinder unter Berücksichtigung der Vielfalt konzentriert. Dies verlangt nach einem gemeinsamen Unterricht, welcher den individuellen Begabungspotenzialen der Lernenden mit ihrem Anspruch auf Selbstgestaltung gerecht wird sowie die Teilhabe der Lernenden innerhalb der Schulklasse sicherstellt. Die Verwirklichung dieser Absicht erfordert bestimmte Haltungen wie auch angemessene pädagogische und didaktische Praktiken. Die Publikation nimmt sich dieser Herausforderung durch eine Kombination aus Theorie- und Praxiswissen an. Die wissenschaftsorientierte Basis zum Thema „Hochbegabung“ wird in Teil 1 des Buches gelegt. Selbst innerhalb dieses Grundlagenkapitels wird die Praxisperspektive beibehalten und der Gegenstandsbereich entlang der Frage ausgebreitet, was Hochbegabung denn genau ist und auf welche Weise Lehrpersonen mit dieser Herausforderung umgehen können. Nebst der Darlegung von Definitionen von Hochbegabung erhalten die Leser/ innen in Form von Fallbeispielen Einblick in besondere Eigenschaften von Hochbegabten. Die Fallbeispiele sollen Hinweise auf Merkmale und Verhaltensweisen geben, die eine Lehrperson veranlassen können, das eventuelle Vorliegen einer Hochbegabung in Betracht zu ziehen und entsprechende nächste Schritte zu initiieren. Die aufgeführten Beispiele zeigen die Vielfalt möglicher Merkmalskombinationen durchaus facettenreich. Dennoch besteht insofern ein gemeinsamer Nenner, als die portraitierten Lernenden zumindest dann, wenn sie sich mit niveauadäquaten Aufgaben konfrontiert sehen, eine hohe Lernbereitschaft äußern. Das Merkmal einer hohen Begabung sieht sich in den Beschreibungen kaum mit mangelnder Anstrengungsbereitschaft, Verspieltheit oder der Tendenz zum Nicht-auffallen-Wollen kombiniert. Dies ist insofern schade, als damit eine Sensibilisierung auf Hochbegabte mit erwartungswidrigen Leistungen (einmal mehr) ausbleibt. Im Anschluss ans Diagnostik-Kapitel werden verschiedene Begabungsmodelle vorgestellt. Ein kurzer Einblick in ausgewählte (Standard-)Modelle ist für den Leser und die Leserin aus dem Grund relevant, als daran erkennbar wird, dass eine hohe Begabung nur in günstiger Wechselwirkung mit weiteren Faktoren wie bspw. Lernen und Üben zu hohen Schulleistungen führt. Da Lehrkräfte insbesondere in den ersten Schuljahren durch das Bereitstellen von ansprechenden Lernarrangements einen großen Einfluss auf das Engagement der Schülerinnen und Schüler haben, markiert diese Erkenntnis sowohl Ausgangspunkt wie auch Triebfeder für die im weiteren Verlauf des Buches im Zentrum stehende Förderarbeit. Beim Aufzeigen von Möglichkeiten, wie Lehrpersonen hochbegabte Kinder im Unterricht unterstützen können, geht die Publikation über Förderformen wie Akzeleration und Enrichment hinaus. Eine Stärke des Buches liegt darin, die Bedürfnisse der Hochbegabten aus didaktischer Perspektive zu beleuchten und aufzuzeigen, inwiefern auch für diese Lernenden die aktive Auseinandersetzung mit Lerninhalten und Problemstellungen, aber auch mit eigenen Einstellungen und Lerntechniken eine zentrale Gelingensbedingung darstellt. Grundlegende Konzepte wie selbstreguliertes Lernen, offene Aufgabenstellungen oder kooperative Lernarrangements werden unter spezieller Berücksichtigung von Bedürfnissen und Besonderheiten Hochbegabter diskutiert. VHN 4 | 2022 348 REZE NSION E N Im Teil 2 folgen fächerspezifische Unterrichtsideen, die aufzeigen, wie bspw. Arrangements zur Förderung von Lesefreude oder kreative Schreibimpulse den Unterricht bereichern. Die Ideen sind praxiserprobt und lassen sich themenunabhängig einsetzen. Die Impulse für den Mathematikunterricht sind in die übergeordneten Bereiche „komplexe Fragestellungen“ und „Denken und Rechnen“ aufgegliedert, in welche konkrete Vorschläge und Aufgabenformate eingepasst werden. In Sachunterricht wird je ein Anwendungsbeispiel einer Fördereinheit für die Fächer Physik, Chemie und Biologie präsentiert. Teil 3 zur Förderung von Kindern mit Hochbegabung im Rahmen von Arbeitsgemeinschaften nimmt im Buch nur wenig Raum ein und widmet sich ausgesuchten Themenwelten (z. B. Erfinder/ innenwerkstatt). Das Buch liefert vielfältige Impulse, wie anregender Unterricht für hochbegabte Kinder umgesetzt werden kann. Gleichzeitig weckt die intendierte Verschränkung von Theorie und Praxis den Anspruch, dass das vermittelte Wissen theoretisch abgestützt ist und sich die Publikation insofern von einschlägiger Ratgeberliteratur unterscheidet. Dieses Versprechen wird durch den ersten Teil des Buches, in welchem pädagogisch-psychologisches Fachwissen zum Themenbereich Hochbegabung dargelegt und mit Prinzipien inklusiven Unterrichts in Beziehung gesetzt wird, zu weiten Teilen eingelöst. Gleichzeitig bleibt die Publikation ein Buch für die Praxis, was u. a. darin zum Ausdruck kommt, dass der Gegenstandsbereich inhaltlich breit und mit bewusst eingeschränktem Differenzierungsgrad ausgebreitet wird. Das überblickartig vermittelte Basiswissen wird durch Kapitel mit Praxisideen für den Unterricht (und zusätzlichem Onlinematerial) ergänzt, wobei diese Anwendungen mehr als die Hälfte des Buchinhalts ausmachen. In dieser Kombination wird der interessierten Praktikerin sowie Lehramt-Studierenden in Modulen mit hohem Anwendungsfokus in ansprechender Weise ein (ausbaufähiges) Fundament vermittelt, das Wege aufzeigt, wie auf hochbegabte Kinder zugeschnittene Förderung im inklusiven Unterricht umgesetzt werden kann. Dr. phil. Sabine Tanner Merlo CH-6003 Luzern DOI 10.2378/ vhn2022.art41d Fasching, Helga; Tanzer, Lena (2022): Inklusive Übergänge von der Schule in Ausbildung und Beruf Stuttgart: Kohlhammer. 198 S., € 34,- Der Band gibt einen grundlegenden und gleichzeitig detaillierten Überblick über das komplexe Themenfeld der nachschulischen Übergänge, bei dem der „Diskurs zur Pädagogik der Vielfalt und Inklusion sowie der Diskurs um die Pädagogik der Übergänge“ zusammengedacht werden sollen. Die ersten beiden Kapitel sind zum einen eine Bestandsaufnahme der aktuellen Situation von Pflichtschulabgänger/ innen und der Strukturen des österreichischen Schulsystems, des Arbeitsmarkts sowie des Übergangssystems dazwischen mit besonderem Fokus auf Schüler/ innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf. Es werden die Herausforderungen beleuchtet, die mit dem Schulaustritt einhergehen, und in den Kontext von Globalisierungstrends gestellt. Inklusive Übergänge werden hier als chancengerechte Bedingungen verstanden, die Jugendlichen mit Differenzmerkmalen den Zugang zu regulären Systemen der Bildung, Ausbildung und Beschäftigung ermöglichen. Die nächsten Kapitel gehen erst allgemein auf theoretische Übergangssowie (Berufs-) Entscheidungsmodelle ein und führen dann verschiedene Leitprinzipien im Übergangskontext ein. In Anlehnung an die historische Entwicklung der Übergangsforschung skizzieren die Autorinnen prekäre Übergänge sowie Übergänge im Kontext von Differenzdimensionen. Dies bietet die Basis für die Diskussion von Bewältigungsstrategien und die Nutzbarmachung des Gerechtigkeitsverständnisses des Capability Approach für inklusive Übergänge. Die in Kapitel 4 erläuterten Leitprinzipien dienen als Grundlage zur Einführung und kritischen Betrachtung der Maßnahmen in den folgenden Kapiteln. Das fünfte Kapitel beleuchtet pädagogische Handlungsfelder zu unterschiedlichen Phasen des Übergangs. Es geht kritisch auf die Feststellung