Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete
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0017-9655
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
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2023
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Fachbeitrag: Zur Bedeutsamkeit bildlich-gestalterischer zeichnerischer Tätigkeiten bei blinden Kindern
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2023
Jennifer Trees
Dino Capovilla
Josef Zihl
Ausgehend von einem Alltagsverständnis des freien Zeichnens kann der Eindruck entstehen, dass bildliche Kunst blinden Menschen weitgehend verschlossen bliebe und kaum pädagogischen Nutzen habe, da das, was zweidimensional abgebildet ist, nicht in den „Kopf“ kommen kann, wenn es visuell nicht erfahrbar ist. Der Artikel entwirft eine Perspektive auf Zeichenprozesse, in der diese nicht nur als eine Wiedergabe von bestehenden mentalen Repräsentationen aufgefasst werden, sondern, in reziproker Weise, als eine sensomotorische Handlung zur Unterstützung der Synthese innerer Bilder. In dieser Sichtweise eröffnen zeichnerische Tätigkeiten, als ein sinnlich-leiblicher Akt der Vorstellungsbildung, eine Möglichkeit der Wahrnehmungsförderung bei Kindern und eines ästhetischen Zugangs zum Bildverstehen über die Motorik. In der Darlegung dieser Potenziale wird dabei der Frage nachgegangen, wie zeichnerische Tätigkeiten für die Förderung blinder Kinder hinsichtlich der Wahrnehmungsdifferenzierung und der kulturellen Teilhabe nutzbar gemacht werden können.
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212 VHN, 92. Jg., S. 212 -225 (2023) DOI 10.2378/ vhn2023.art27d © Ernst Reinhardt Verlag Zur Bedeutsamkeit bildlich-gestalterischer zeichnerischer Tätigkeiten bei blinden Kindern Jennifer Trees Humboldt-Universität zu Berlin Dino Capovilla Julius-Maximilians-Universität Würzburg Josef Zihl Ludwig-Maximilians-Universität München Zusammenfassung: Ausgehend von einem Alltagsverständnis des freien Zeichnens kann der Eindruck entstehen, dass bildliche Kunst blinden Menschen weitgehend verschlossen bliebe und kaum pädagogischen Nutzen habe, da das, was zweidimensional abgebildet ist, nicht in den „Kopf“ kommen kann, wenn es visuell nicht erfahrbar ist. Der Artikel entwirft eine Perspektive auf Zeichenprozesse, in der diese nicht nur als eine Wiedergabe von bestehenden mentalen Repräsentationen aufgefasst werden, sondern, in reziproker Weise, als eine sensomotorische Handlung zur Unterstützung der Synthese innerer Bilder. In dieser Sichtweise eröffnen zeichnerische Tätigkeiten, als ein sinnlich-leiblicher Akt der Vorstellungsbildung, eine Möglichkeit der Wahrnehmungsförderung bei Kindern und eines ästhetischen Zugangs zum Bildverstehen über die Motorik. In der Darlegung dieser Potenziale wird dabei der Frage nachgegangen, wie zeichnerische Tätigkeiten für die Förderung blinder Kinder hinsichtlich der Wahrnehmungsdifferenzierung und der kulturellen Teilhabe nutzbar gemacht werden können. Schlüsselbegriffe: Blindheit, Sehbeeinträchtigung, Zeichnen, Frühförderung, Inklusionspädagogik The Importance of Visual Arts Activities for Blind Children Summary: Based on an everyday understanding of free drawing, the impression may arise that visual arts are broadly kept under wraps for blind people and have little pedagogical use, since what is pictured in two dimensions cannot enter the “head” unless it can be experienced visually. This article designs a perspective on semiotic processes, which constructs such processes not only as a simple reproduction of already existing mental representations, but also explains sensomotoric actions as supporting the synthesis of mental representations. From this point of view graphic actions as a sensual-physical act of concept formation make it possible to stimulate sensory perception of children and an aesthetic way of understanding images by motoric completion. By showing these potentials the article addresses the question how graphic activities can be used to promote perceptual differentiation and cultural participation of blind children. Keywords: Blindness, visual impairment, drawing, early intervention, inclusive education FACH B E ITR AG VHN 3 | 2023 213 JENNIFER TREES, DINO CAPOVILLA, JOSEF ZIHL Zeichnerische Tätigkeiten blinder Kinder FACH B E ITR AG 1 Ausgangspunkt der Betrachtung Da im Laufe ihrer Entwicklung alle Kinder zeichnerisch tätig werden, stellt das Zeichnen eine universelle menschliche Handlungsform und kulturelle Praxis dar (Uhlig, 2014, S. 421). Das Alltagsverständnis vom freien Zeichnen geht davon aus, dass bei dieser Tätigkeit visuelle Vorstellungsbilder reproduziert oder zum Ausdruck gebracht werden. Das bedeutet, dass das Zeichnen als eine Übersetzungsleistung von bereits bestehenden mentalen Repräsentationen begriffen wird, die mit Blick auf das geschaffene Ergebnis vorwiegend visueller Natur sind. Nach diesem Alltagsverständnis bliebe das Zeichnen für blinde Kinder ohne Belang. Dies dürfte vor allem für Kinder zutreffen, die in früher Ermangelung der Möglichkeit zur visuellen Wahrnehmung über keine bewussten visuellen Vorstellungen und Erinnerungen verfügen, wie dies häufig bei blind geborenen oder in den ersten zwei bis drei Lebensjahren erblindeten Kindern der Fall ist (Walthes, 2014, S. 66). Der Vollständigkeit halber sei darauf verwiesen, dass Unterschiede bei den verfügbaren visuellen Vorstellungen bei blind geborenen und früherblindeten Kindern nicht ausgeschlossen werden können, da bei Letzteren beispielsweise das Laufen- oder Sprechenlernen visuell geleitet gewesen sein kann. Exemplarischer Ausgangspunkt sind die vier Zeichnungen (Abb. 1- 4) aus eigenen Versuchen, bei denen der Aufforderung gefolgt wurde: „Bitte schließe die Augen und zeichne ein Auto! “ Abb. 1 22-jährige Person ohne Sehbeeinträchtigung Abb. 2 54-jährige Person mit durchschnittlicher Schulbildung, im Alter von 27 Jahren erblindet Abb. 3 48-jährige seit ihrer Geburt blinde Person, mit Schullaufbahn in einer „Blindenschule“ und Studium Abb. 4 52-jährige geburtsblinde Person mit Schulbildung in einer allgemeinen Schule ohne zugewandte Förderung 1 2 3 4 VHN 3 | 2023 214 JENNIFER TREES, DINO CAPOVILLA, JOSEF ZIHL Zeichnerische Tätigkeiten blinder Kinder FACH B E ITR AG Abb. 3 verdeutlicht, dass auch bei fehlender visueller Wahrnehmung ein Bildkonzept entwickelt werden kann, welches die für die visuelle Identifikation wesentlichen Konturmerkmale wiedergibt. Bei Zollitsch (2003, S. 69) findet sich eine entsprechende Zeichnung eines 8-jährigen, geburtsblinden Kindes, in der nicht nur die Konturen eines Autos dargestellt, sondern auch die unterschiedlichen Flächeneigenschaften grafisch umgesetzt sind. Damit ist fraglich, welche konkrete Bedeutung das bildlich-gestalterische Zeichnen für blinde Kinder und insbesondere für Kinder ohne visuelle Vorstellungen und Erinnerungen hat. Wenn beispielsweise eine von den visuellen Wahrnehmungserfahrungen unabhängige sensomotorische Handlung des Zeichnens der Synthese von mentalen Repräsentationen zuträglich ist, würde das Zeichnen als didaktisches Instrument zur Unterstützung der Wahrnehmungsentwicklung, der Begriffsbildung und der Bewegungserziehung bei blinden Kindern stärker in den Fokus rücken. 2 Eine anthropologische Perspektive Durch die Lage des Daumens verfügt der Mensch über die basale Fähigkeit, auf einem Untergrund mit spurgebenden Materialien Abbildungen zu erzeugen. Diese basale Zeichenfähigkeit definieren Uhlig und Kunst (2018, S. 4) als eine anthropologische Konstante. Dabei ist die Motivation für initiale zeichnerische Tätigkeiten in der kindlichen Zeichenentwicklung nicht die Herstellung eines bildlichen Produkts, da Kinder in den ersten zwei Lebensjahren, aufgrund ihres noch unvollständig entwickelten visuellen Wahrnehmungssystems, über keine verwendbaren Repräsentationen der visuellen Welt verfügen (Zihl, Mendius, Schuett & Priglinger, 2012, S. 66; Schwarzer, Jovanovic, Schum & Dümmler, 2009, S. 196). Initiale zeichnerische Tätigkeiten dürften sehr viel mehr im eigenen motorischen Tun begründet sein, das die Möglichkeit eröffnet, eine Spur in der Welt zu hinterlassen und damit Selbstwirksamkeit zu erfahren (Uhlig, 2014, S. 422; Heyl & Schäfer, 2016, S. 38). Den Ausgangspunkt hierbei bilden spontane Schmierspuren, die mit einem Erleben der haptischen Empfindungen verbunden sind (Meili- Schneebeli, 1997, S. 27; Heyl & Schäfer, 2016, S. 35). Wenn ein Kleinkind schmiert und kritzelt, sei sein ganzer Körper in Tätigkeit und seine Aufmerksamkeit zunächst ganz auf die Wahrnehmung der rhythmischen und schwungvollen Bewegungen gerichtet. Mit der Entdeckung, dass zwischen der Bewegung und der entstehenden Schmierspur ein kausaler Zusammenhang besteht, wird das eigene Wirken nicht bloß in der visuellen Umwelt erkennbar, sondern tritt in der Verbundenheit mit der eigenen motorischen Aktivität hervor und eröffnet eine eigene sowie interpersonale Bezugnahme (Meili-Schneebeli, 1997, S. 9; Uhlig, 2014, S. 422; Heyl & Schäfer, 2016, S. 43f.). Bis zum Ende des zweiten Lebensjahres entwickeln Kinder in der Regel aus motorisch verschieden ausgeführten Kritzelformen erste bildhafte Kritzelgebilde, denen sie nicht über die Ähnlichkeit mit visuellen Erscheinungen, sondern über Assoziationen mit den Malbewegungen nachträglich Begriffe zuweisen (Meili-Schneebeli, 1997, S. 35; Jenni, 2013, S. 231). Sie dienen bis ins Einschulungsalter hinein als Grundelemente, um Gegenstände der erlebten Außenwelt bildlich darzustellen, wobei nach wie vor nicht ein visueller Eindruck der Ausgangspunkt ist, sondern das innere Erleben des Kindes (Meili-Schneebeli, 1997, S. 44; Heyl & Schäfer, 2016, S. 41ff.; Jenni, 2013, S. 233). Der Übergang vom Kritzeln zum Zeichnen vollzieht sich bis etwa zum Ende des 3. Lebensjahres in mehreren Stufen intentionsabhängig und wird durch den VHN 3 | 2023 215 JENNIFER TREES, DINO CAPOVILLA, JOSEF ZIHL Zeichnerische Tätigkeiten blinder Kinder FACH B E ITR AG Wunsch nach Kommunikation aufrechterhalten. Die Stufen sind durch eine zunehmende Komplexität der Linien charakterisiert, die schließlich zu einer Kontur wird, als abstrakte mentale Abbildung in der Vorstellung. Kinder „zeichnen“ dabei nicht, wie sie die Realität sehen oder entlang der Dinge, die sie über sie wissen, sondern wollen kreative Fantasien kinästhetisch übersetzen, um die Realität zu identifizieren (Langobardi, Quaglia & Iotti, 2015). Erfahrene Strukturmerkmale der Außenwelt werden im Zeichenprozess in morphologisch ähnliche Malbewegungen transformiert. Hierbei greift sowohl beim Erkennen der Strukturmerkmale als auch bei der zeichnerischen Übertragung die Prägnanztendenz, d. h. die markantesten Strukturmerkmale werden in ein zeichnerisches Muster übersetzt (vgl. Richter, 1987, S. 54). Die Abstraktion in Kinderzeichnungen bedeutet demnach nicht eine defizitäre Darstellung, sondern eine Übersetzungsleistung, bei der Schemata für die wichtigsten Dinge der Umwelt entstehen (Schmidbauer, 2004, S. 48). Meili-Schneebeli (1997) beschreibt daher diese Phase auch als eine Entwicklung von „Sinnzeichen“. Die Entwicklung des Zeichnens weist dabei Parallelen zur Sprachentwicklung auf. Während Sprache systematische akustische Reize (und manuelle bzw. Körperzeichen) verwendet, um Konzepte auszudrücken, ermöglicht Zeichnen das Ausdrücken von Konzepten in visuell-grafischer Form. Für beide Modalitäten gilt, dass zunehmend differenzierte „syntaktische“ Regeln verwendet werden, die im jeweiligen semantischen bzw. grafischen Lexikon gespeichert und für die Produktion abgerufen werden (Cohn, 2012). Auch wenn diese „Sinnzeichen“ nicht universell oder kulturell codiert und konstruiert sind, weisen die Darstellungsformen zu Beginn der zeichnerischen Entwicklung übergreifend eine große Ähnlichkeit auf (Uhlig & Kunst, 2018, S. 4; Hofer, 2018, S. 30). Diese Ähnlichkeit dokumentierte Voß bereits 1955 auch bei geburtsblinden Kindern, die bei Ermutigung durch das soziale Umfeld eine Kritzelphase durchlaufen und dabei aus sich heraus darstellende Bildzeichen entwickeln, die in ihrem grundlegenden Aufbau nicht von den Bildzeichen sehender Kinder abweichen (Voß, 1955, zit. n. Spitzer, 1982 b, S. 208). So schlussfolgern D’Angiulli und Maggi (2003, S. 198) in ihrer Studie zur Zeichenentwicklung blinder Kinder, dass nicht der visuelle Eindruck ausschlaggebend für die Entwicklung zeichnerischer Darstellungen ist, sondern diese auf einer natürlichen Generativität und den modalitätsübergreifenden neurobiologischen Wahrnehmungsprinzipien basieren. Die spontane Nutzung von Linien für die Begrenzung von Flächen, um wahrgenommene Objekte der Außenwelt darzustellen, erfolgt bei blinden Kindern in ähnlicher Weise wie bei allen anderen (Kennedy, 2000, S. 73). Durch das eingeschränkte Imitationslernen und die fehlende visuelle Bewegungskontrolle (Lang, 2017, S. 247) unterliegen blinde Kinder allerdings erschwerten Bedingungen beim Aufbau der benötigten speziellen feinmotorischen Fähigkeiten, und ihre Zeichnungen erscheinen daher häufig gröber als die Zeichnungen von sehenden Kindern (D’Angiulli & Maggi, 2003, S. 199). Da die Beobachtung der Zeichenentwicklung in der Regel auf einem taktilen Zeichenset erfolgt, bei dem Linien mit einem spitzen Griffel auf eine Plastikfolie tastbar gekratzt werden können (Kleege, 2018, S. 37), bleibt zu hinterfragen, inwieweit das schwerfälligere Zeichenmaterial eine schwungvolle Ausführung der Zeichenspur und damit die für die feinmotorische Entwicklung bedeutsamen eigentätigen Kritzelerfahrungen erschwert (Zollitsch, 2003, S. 8; Gysin, 2012, S. 109). Ein früher Zugang zu alternativen Zeichenmaterialien, mit deren Hilfe die Zeichenbewegung als Geste unmittelbarer ausgeführt und haptisch lustvoll erfahren werden kann, wie z. B. bei Zeichenspuren im Sand (Burkhard, 1982, S. 375), könnte den Aufbau feinmotorischer Fähigkeiten unterstützen. VHN 3 | 2023 216 JENNIFER TREES, DINO CAPOVILLA, JOSEF ZIHL Zeichnerische Tätigkeiten blinder Kinder FACH B E ITR AG Der Übergang von der Kritzelphase in eine abbildende Reproduktion visuell wahrgenommener Gebilde wird eingeleitet von der sozial ausgehandelten Einsicht, dass es eine Korrespondenz zwischen Zeichenspur und visuellen Referenzen gibt (Uhlig & Kunst, 2018, S. 5). Dabei verschiebt sich der Sachbezug der Zeichnungen von individuell-isolierten in Richtung geteilter, kulturell geformter Vorstellungen (Sowa, Glas & Miller, 2014, S. 15f.; Wulf, 2017). Im Zeichenprozess werden Kinder durch verbale Rückmeldungen des sozialen Umfeldes, wie „Das sieht aus wie …“, „Da hast du aber eine schöne Blume gezeichnet…“, zu einem vergleichenden Sehen aufgefordert, bei dem sie Ähnlichkeiten zwischen der gezeichneten Form und einem Außenobjekt wahrnehmen müssen (Uhlig, 2014, S. 425). Durch die gemeinsame Sprache werden hierbei subjektive Erfahrungen interpersonal abgestimmt und in Richtung kollektiver Aspekte weiterentwickelt (Schäfer, 2019, S. 34). Das Zeichnen bietet Kindern für diesen Synchronisationsprozess bereits vor dem Zugang zur verbalen Sprache ein Mittel zur Kommunikation (Meili-Schneebeli, 1997, S. 16; Uhlig, 2014, S. 422) und die Möglichkeit, neue Eindrücke mithilfe „eines Denkens durch ästhetische Praktiken“ (Schäfer, 2019, S. 25) zu ordnen. Hierbei sollte bedacht werden, dass auch in dieser Phase die Bewegung ausschlaggebend bleibt (Uhlig, 2014, S. 424). Die archetypischen Bewegungsmuster der „Sinnzeichen“ werden zunehmend mit durch motorische Nachahmung erlernten Zeichentechniken erweitert, um sich den tradierten bildlichen Konventionen des Zeichnens als kulturelle Technik anzunähern. Damit kann angenommen werden, dass nicht nur das Wahrnehmen, sondern genauso das leibliche Erschaffen von bildlichen Darstellungen der Synthese mentaler Repräsentationen zuträglich ist (vgl. Glas & Krautz, 2017, S. 30). Vereinfacht ausgedrückt bedeutet dies, dass sich die Synthese der mentalen Repräsentation, beispielsweise eines Quadrats, nicht nur durch die visuelle oder taktile Erkundung unterstützen lässt, sondern genauso durch die körperliche Ausführung der Bewegungen, die zum Zeichnen eines Quadrats als sinnvoll erscheinen. Während blinden Kindern eine rein visuelle Erkundung bildlicher Darstellungen unmöglich ist, kann eine taktile oder eine propriozeptive Erkundung durch die passende Bewegungspraxis durchaus gelingen. Demzufolge lässt sich etwas zugespitzt folgern, dass sich die entscheidende Schwierigkeit bei Blindheit als Disposition für das Zeichnen nicht unbedingt im sinnlichen Zugang zu zeichnerischer Tätigkeit ergibt, sondern sehr viel mehr im Zugang zu den häufig nur über die visuelle Beobachtung vermittelten kulturellen Zeichenkonventionen, auf die blinde Kinder keinen gleichwertigen Zugriff haben. Dem muss jedoch entschieden entgegengehalten werden, dass blinde Personen in der Regel dennoch in der Lage sind, viele dieser kulturellen Konventionen zu erschließen, da sie zusammen mit allen anderen Menschen in dieser häufig visuell strukturierten Welt leben. Selbstverständlich suchen blinde Kinder nach Erklärungen, wie ein Bilderbuch funktioniert, warum Erwachsene gebannt auf ein Fernsehgerät starren, warum das andere Smartphone nicht spricht, was ein Spielzeugauto mit dem Auto in der Garage zu tun hat. Leben führt notgedrungen zum Bedürfnis, der verwendeten Sprache sowie den sozialen Verhaltensweisen und Bräuchen Sinn zu geben (Kleege, 2018, S. 80). 3 Eine neurowissenschaftliche Perspektive Der sensorische Teil des visuellen Wahrnehmungsprozesses beginnt mit dem Auftreffen elektromagnetischer Wellen auf die lichtsen- VHN 3 | 2023 217 JENNIFER TREES, DINO CAPOVILLA, JOSEF ZIHL Zeichnerische Tätigkeiten blinder Kinder FACH B E ITR AG sitiven Rezeptoren in den Netzhäuten der Augen und setzt sich mit der Transformation der elektromagnetischen Reize in elektrische Nervenimpulse, der Weiterleitung über die Sehbahnen und der anschließenden Verarbeitung durch das zentrale Nervensystem fort (Zihl et al., 2012, S. 11). Demgemäß haben die erzeugten neuronalen Codes im Prinzip nichts mit den tatsächlichen Objekten der Außenwelt zu tun und dienen lediglich der Konstruktion von nutzbaren Realitätssurrogaten (vgl. Fahle, 2007, S. 63). Damit diese Rekonstruktion der Außenwelt gelingen kann, bedarf es einer aktiven Erwartungshaltung des Gehirns, durch die im Sinne einer Hypothesenprüfung gezielt entlang der einzelnen Sinnesorgane nach relevanten Informationen gefahndet wird. Das bedeutet, dass es, entgegen dem subjektiven Erleben, im Gehirn keine unmittelbaren Abbilder der Außenwelt gibt. Außerdem sagen die erzeugten Realitätssurrogate vor allem etwas darüber aus, wie die jeweilige Person die Welt erlebt und weniger darüber, wie die Welt ist. So nutzt das Gehirn für die Deutung eines wahrgenommenen visuellen Reizes nicht nur die Informationen, die auf den Netzhäuten entstehen, sondern synthetisiert Informationen, die auf Vorannahmen über die Außenwelt beruhen (ebd., S. 55). Wird dies nun auf alle spezifisch für unterschiedliche Strukturen der Umwelt sensitiven Sinnesorgane verallgemeinert, ergibt sich die Schwierigkeit, dass die über das Nervensystem an das Gehirn weitergeleiteten Signale alle den gleichen neuronalen bioelektrischen Basiscode verwenden (Zihl et al., 2012, S. 1). Eine Herausforderung in der Entwicklung der Wahrnehmungsfähigkeit liegt also darin, aus dem multimodalen Wahrnehmungsmuster einzelne Sinnesmodi zu isolieren und als getrennte Erfahrungsanteile nutzbar zu machen (Schäfer, 2019, S. 23f., S. 35). Mit anderen Worten bedeutet dies, dass die im Gehirn ankommenden gleichartigen bioelektrischen Signale entsprechend ihrer erzeugenden Sinnesorgane unterschieden werden müssen, um diese Reize interpretieren und nutzen zu können (O’Regan & Noë, 2001, S. 941, S. 960). Ein Erklärungsansatz für die Realisierung dieser Differenzierungsleistung sind sensomotorische Kontingenzen (O’Regan & Noë, 2001). Nach dieser Theorie löst ein vor der betrachtenden Person befindliches Objekt beim visuellen Abtasten ein typisches Bewegungsmuster auf der Netzhaut aus. Das bedeutet, dass der visuelle Anteil der Wahrnehmung durch die Relation zur mit dem Sehen einhergehenden Bewegung der Augen und des Körpers isoliert wird. Aufgrund der eigenaktiven Exploration der Umwelt werde mit der Zeit ein Repertoire objekttypischer Kombinationsmuster als implizites Wissen aufgebaut, auf das bei Sehprozessen zugegriffen wird (ebd.; Petz, 2013, S. 102). Dadurch sei es möglich, Reize qualitativ zu unterscheiden, was bedeuten würde, dass Sehen stets mit spezifischen motorischen Aktivitäten einhergeht, anhand derer bioelektrische Signale als durch das Auge erzeugt erkannt werden können. Dies erscheint nicht zuletzt auch deshalb plausibel, da die Bewegung der Augen, ferner des gesamten Körpers, im Rahmen ihrer andauernden Fahndung nach relevanten Informationen, als Teil des Wahrnehmungsprozesses verstanden werden kann. Sensomotorische Kontingenzen liefern außerdem einen Erklärungsansatz für die Entstehung eines ästhetischen oder lustvollen Erlebens von Sinneswahrnehmungen, die aus den rein neurologischen Vorgängen im Gehirn nicht erklärbar sind. Das ästhetische oder lustvolle Erleben einer Sinneswahrnehmung kann dadurch erklärt werden, dass diese als harmonische, eloquente, erlösende oder auch erbauende Sinneswahrnehmung antizipiert und aktiv herbeigeführt wird (O‘Regan & Noë, 2001, S. 959ff.). VHN 3 | 2023 218 JENNIFER TREES, DINO CAPOVILLA, JOSEF ZIHL Zeichnerische Tätigkeiten blinder Kinder FACH B E ITR AG Übertragen auf das bildlich-gestalterische Zeichnen bedeutet dies, dass die Zeichenspur als Wirkung der Bewegung zu einer Veränderung im Sichtfeld führt, die einerseits eine Orientierungsreaktion und somit weitere Bewegungen der Augen auslöst, als auch ein spezifisches neues Bewegungsmuster auf der Netzhaut entstehen lässt. Zeichnen ginge demnach durch den kausalen Zusammenhang der körperlichen Bewegung mit einem ästhetischen Erfahren der spezifischen phänomenalen Qualität der sensorischen Modalität des Sehens einher. Dabei ist das Gezeichnete bereits durch die zeichnerische Bewegung selbst nachgetastet, somit längst propriozeptiv antizipiert und vergegenwärtigt und kann dadurch bewusst visuell wahrgenommen werden. Der motorischen Zeichenhandlung könnte dabei für die Vorstellungsbildung über Objekte der Außenwelt die Qualität zukommen, visuelltaktile Erinnerungen im Sinne eines mit dem Objekt verknüpften virtuellen Tuns (Petz, 2013, S. 102) hervorzurufen. Unter dieser Perspektive würde das Zeichnen eine Art Wiederholung der visuell-taktilen Wahrnehmung darstellen, die eine nachträgliche Strukturierung der Objekterfahrung als sinnlich-leiblichen Erkenntnisprozess ermöglicht (Krautz, 2012, S. 83). Erfahrene Strukturmerkmale der Außenwelt können dabei über die leiblich-nachahmende, schrittweise Transformation in morphologisch ähnliche Zeichenbewegungen wiederholend sinnlich erfahrbar und damit dem Bewusstsein als auch interpersonal zugänglich werden. Breitenbach und Freitag (2019) machen dies am Beispiel eines 12-jährigen Kindes nachvollziehbar. Bei der Überprüfung der Sehschärfe mit LEA-Symbolen benötigt das Kind auffällig lange, um das „Haus“-Symbol visuell zu explorieren. Dabei zeigte sich, dass das Kind parallel zur visuellen Exploration mit dem Finger eine Zeichenbewegung auf dem Tisch ausführt, was die Vermutung nahelegt, dass die Symbolkontur mit dem Finger nachvollzogen wurde, um über die Bewegung die Form identifizieren zu können. Zusammenfassend lässt sich aus neurowissenschaftlicher Perspektive folgern, dass alle Kinder beim Aufbau möglichst differenzierter sensomotorischer Kontingenzen unterstützt werden sollten, weshalb eine Verbindung möglichst vieler unterschiedlicher Akte der Sinneswahrnehmung mit motorischen Aktivitäten für alle Kinder sinnvoll erscheint. Zeichnerische Tätigkeiten, im Sinne von an den Strukturmerkmalen der Außenwelt orientierten Zeichenbewegungen, stellen somit eine ästhetische Praktik dar, durch die für alle Kinder eine Möglichkeit zur Erkundung von interpersonal zugänglichen Außenweltobjekten eröffnet wird. Wenn die Differenzierung und Spezifizierung von Erkundungstätigkeiten zu einem Wahrnehmungslernen führen kann (Lang, 2017, S. 241), kann das nachahmende abbildende Zeichnen als ein sensomotorisches Handeln für die Ausdifferenzierung der Objekterkennung und der visuellen Repräsentationen in der frühkindlichen Wahrnehmungsentwicklung betrachtet werden. Eine besondere Perspektive ergibt sich in diesem Zusammenhang für Personen, die über keine genuinen visuellen Eindrücke und damit visuellen Erfahrungen über die Außenwelt verfügen. Tatsächlich scheinen auch geburtsblinde Personen über visuelle Vorstellungen von Formen, Objekten und Orten zu verfügen und zeigen dabei typische Aktivierungsmuster in den dafür spezialisierten Strukturen des visuellen Assoziationskortex (Burton, 2003). Dies bedeutet, dass visuell-mentale Inhalte auch ohne „optischen“ Kontakt mit der Außenwelt gebildet und genutzt werden können. Diese Strukturen werden bei geburtsblinden Personen auch durch akustische und taktile Reize aktiviert, was bedeutet, dass sich aus einem modalitätsspezifischen sensorischen System ein multimodales sensorisches Netzwerk entwickelt hat, das auf eine besondere Form der Gehirnplastizität hinweist. Dabei findet sich eben auch bei geburtsblinden Personen eine Aktivierung im visuellen Kortex, VHN 3 | 2023 219 JENNIFER TREES, DINO CAPOVILLA, JOSEF ZIHL Zeichnerische Tätigkeiten blinder Kinder FACH B E ITR AG die entweder nach einer taktilen Vorlage oder aus der Vorstellung zeichnen (Likova, 2012). Zudem verfügen geburtsblinde Personen durchschnittlich über ein ausgeprägteres taktiles Differenzierungsvermögen und eine genauere taktile 3-D-Unterscheidungsfähigkeit als Menschen mit typischer visueller Wahrnehmungsentwicklung (Norman & Bartholomew, 2011). Dies bedeutet, dass bei entsprechender früher Erfahrungsbildung auch eine genaue supramodale mentale Abbildung von zwei- und dreidimensionalen Formen möglich ist. Dabei muss jedoch angemerkt werden, dass die Entwicklung komplexerer taktiler Wahrnehmungsleistungen (z. B. Erkennen oder Konstruieren von Objekten aus Teilen), die entsprechende systematische feinmotorische Abtastsequenzen erfordern, in der Regel nach gezielter sensomotorischer Übung verlangen (Withagen, Vervloed, Janssen, Knoors & Verhoeven, 2010). Damit lässt sich festhalten, dass eine systematische Erfahrungsbildung im Sinne einer zeichnerischen Tätigkeit, auch bei geburtsblinden Kindern, die Wahrnehmungsentwicklung unterstützt (Ankeeta, Senthil Kumaran, Saxena, Dwivedi & Jagannathan, 2021). 4 Eine pädagogische Perspektive Wird nun der Blick auf pädagogische Fragestellungen im Entwicklungsprozess blinder Kinder gerichtet, muss festgehalten werden, dass die tatsächlichen sensorischen Möglichkeiten notgedrungen den Zugang zur Welt mitbestimmen. Der Zugang zu visuell gestalteten bildlichen Darstellungen bleibt bei blinden Kindern quantitativ und qualitativ eingeschränkt, da sich die visuelle Wahrnehmung genau in ihrer partikulären Gestalt entwickelt hat, um bestimmte modale Bedürfnisse zu befriedigen, was nicht substituierbar ist (Capovilla & Eulitz, 2018). Entscheidend bleibt dennoch die Frage, ob und wie das bildlich-gestalterische Zeichnen im pädagogischen Prozess blinder Kinder nutzbar gemacht werden kann. Beim Blick in die fachwissenschaftlichen Quellen lässt sich festhalten, dass in der Pädagogik bei Sehbeeinträchtigungen dem bildlichen Gestalten durchaus Bedeutung beigemessen wird, sich aber das Zeichnen als eigene bildnerische Tätigkeit in einer am plastischen Gestalten orientierten Praxis weitgehend verliert (z. B. Lokatis- Dasecke & Wolter, 2008; Mc Near & Brusegaard, 2017; Schulz, 2022). Während Brock und Winzer (2011, S. 183) auf die besondere Notwendigkeit der Förderung der frühkindlichen Zeichenentwicklung hinweisen, werden Zugangsmöglichkeiten zum produktiven Zeichnen in der fachdidaktischen Literatur eher vage in Form von Materialanpassungen beschrieben (Mc Near & Brusegaard, 2017, S. 518, S. 538). Gestalterische Produktionsprozesse scheinen stets eng mit der taktilen Wahrnehmung verknüpft und bildliche Ausdrucksmöglichkeit überwiegend durch applizierende und strukturgebende Arbeitstechniken eröffnet zu werden (Lokatis-Dasecke & Wolter, 2008, S. 78, S. 111, S. 152; Mc Near & Brusegaard, 2017, S. 535; Schulz, 2022, S. 221ff.). Im Hinblick auf die Vorstellungsbildung blinder Kinder formuliert Hofer (2011, S. 126) die Notwendigkeit einer Anpassung von Kontextfaktoren, die es ermöglichen, den fehlenden Sehsinn über taktile Zugänge zu kompensieren. Brock und Winzer (2011, S. 176f.) sehen ebenso für eine Auseinandersetzung mit künstlerischen Bildern eine taktile Umsetzung geboten, die das Bild explorativ erlebbar mache, um eine Bildvorstellung aufbauen zu können. Bei dieser Herangehensweise wird jedoch außer Acht gelassen, dass sich ein taktiler Zugang zu bildlichen Gestaltungen offenkundig qualitativ von einem visuellen Zugang unterscheidet. Hierbei schwingt die populäre Annahme mit, dass blinde Menschen visuelle Vorstellungen taktil rekonstruieren könnten, was weder neurowissenschaftlich noch empirisch haltbar ist (Kleege, 2018, S. 49). Davon abgesehen bleiben taktile Abbildungen notgedrungen simpel und detailarm, adressieren einzig die oberste Inter- VHN 3 | 2023 220 JENNIFER TREES, DINO CAPOVILLA, JOSEF ZIHL Zeichnerische Tätigkeiten blinder Kinder FACH B E ITR AG pretationsschicht des Bildmotivs, während weitere interpretative Aspekte bildlicher Rezeption ausgeklammert bleiben, womit sie visuellen Abbildungen nicht gerecht werden (ebd., S. 81). Denn die visuelle Wahrnehmung ist nicht allein durch klare Kanten und Konturlinien strukturiert, sondern sehr viel mehr über die taktil kaum abbildbaren farblichen Übergänge, Schattierungen sowie die zur Selektion zwingende figurale Detailvielfalt. Beispielsweise lassen sich identitätsstiftende Unterschiede von Nasen, Kinnformen oder auch Ohren kaum taktil differenzierbar darstellen, während entsprechende karikierende Überbetonungen wiederum das reale visuelle Abbild erfordern würden, um nicht als reines stellvertretendes Symbol erkannt zu werden, das zudem meist unzutreffend sein dürfte. Die dargestellte pädagogische Perspektive auf die bildliche Vorstellungsbildung blinder Kinder lässt darauf schließen, dass das abbildende „Zeichnen als Formung“ (Uhlig, 2014, S. 424) eher als ein rein visuelles Phänomen begriffen und somit die Zeichenentwicklung in diese Richtung wenig unterstützt wird (Spitzer & Lange, 1982, S. 14f.). Während nun die Erfahrung zeigt, dass viele blinde Kinder durchaus in der Lage sind, Zeichen- und Gestaltungskonzepte zu erlernen (s. Abb. 3; Burton, 2003), bleibt dabei die Frage, ob es sich hierbei tatsächlich um ein bildliches Gestalten oder um die bloße richtige oder falsche Anwendung schulisch relevanter Konventionen handelt (Kleege, 2018, S. 39). Wie andersartig die abrufbaren bildhaften Vorstellungen blinder Menschen auch nach einem entsprechenden Zeichnen-Lernen bleiben, zeigen diverse empirische Beobachtungen. Beispielsweise werden zweidimensionale taktile Profilbilder von Gesichtern von blinden Menschen häufig als unvollständig beschrieben, da sowohl ein Auge als auch ein Ohr fehle (ebd., S. 38). Der Aufforderung, einen Tisch zu zeichnen, werde in der Regel dadurch nachgekommen, dass neben und nicht unter einem stilisierten Rechteck vier senkrechte Striche gezeichnet würden, die für die Tischbeine stehen. Genauso würden beispielsweise die Augen beim Zeichnen von Gesichtern häufig nicht innerhalb des Kopfovals, sondern direkt daneben gezeichnet. Dies spricht dafür, dass dem taktilen Zeichnen eher eine Aufzählungsfunktion zukommt, bei der der Tastreihenfolge gefolgt wird (Brock & Winzer, 2011, S. 183). Damit liegt die Vermutung nahe, dass die Vorstellungen blinder Menschen weniger durch räumlich zusammenhängende und in Relation stehende Gegenstände geprägt sind, was eben genau eine sehr visuelle Perspektive wäre, sondern durch einzelne Objekte, die durch ein Bündel von assoziierten Informationen bestimmt werden. Um blinden Kindern das Zeichnen als Kommunikationsmittel und Verständigungsform zugänglich zu machen, scheint daher weniger die Vermittlung visueller Bildkonzepte relevant, sondern vor allem die von der Ermutigung des sozialen Umfeldes ausgehende Gelegenheit, eigene Bildzeichen zu entwickeln (vgl. Uhlig & Kunst, 2018, S. 6; Uhlig, 2014, S. 442). Auch wenn z. B. Brock und Winzer (2011, S. 183) im Anschluss an Voß (1955) auf die häufige Vernachlässigung der Förderung der bereits beschriebenen frühkindlichen Kritzeltätigkeit verweisen, scheint die frühe Phase des Aufbaus entsprechender zeichnerischer Handlungen keine größere pädagogische Beachtung zu finden. Damit wird blinden Kindern schwerlich die Möglichkeit eröffnet, früh eine eigene Zeichenfindungsphase zu durchlaufen, in der diffuse Vorstellungen reflexiv und interpersonal zugänglicher werden können. Abgesehen davon, dass die damit verbundenen feinmotorischen Bemühungen langfristig durchaus positive Effekte aufweisen können, böten Zeichenhandlungen dabei auf einer sinnlich-leiblichen Handlungsebene eine konkrete Möglichkeit zur Förderung der Hypothesenbildung über charakteristische Merkmale der Außenwelt, die blinden Kindern durch fehlende Lerngelegenheiten schwerfallen kann (Lang & Heyl, 2021, S. 74). VHN 3 | 2023 221 JENNIFER TREES, DINO CAPOVILLA, JOSEF ZIHL Zeichnerische Tätigkeiten blinder Kinder FACH B E ITR AG So sind für die weitere Zeichenentwicklung blinder Kinder in Bezug auf einen Zugang zu kultürlichen Vorstellungsprozessen (Sowa et al., 2014, S. 13; Sowa, 2017, S. 52) Ansätze eines mimetischen Nachahmens von Zeichenbewegungen denkbar. Ein produktiv-inkorporierendes Nachahmen könne dichter an ein Bildverstehen heranführen als eine rein rezeptive Bildbetrachtung. Ein mimetischer Nachvollzug der motorischen Ausführung bildlicher Darstellungen bietet möglicherweise einen wichtigen Zugang, um über Assoziationen und Analogien zu taktilen Erfahrungen Konzepte zu visuellen Phänomenen und bildlichen Konventionen entwickeln zu können. Eine Anwendung wäre eine zeichnerische Nachahmung der wahrgenommenen Bewegungen beim Rückenzeichnen. Hierbei könnten Zeichenbewegungen auf dem Rücken des blinden Kindes vollführt, diese dabei für das Kind haptisch erfahrbar und dann propriozeptiv zeichnerisch nachgetastet werden. Auch eine koaktive Zeichenbewegung über das gemeinsame Führen eines Zeichenwerkzeugs oder ein verbal geführtes Bilddiktat (Sowa, 2015, S. 121) wären denkbare Ansätze. Bei allen Varianten wird, anders als bei einem taktilen Nachvollzug von bildlichen Darstellungen, nicht nur die Interpretationsschicht des Bildmotivs vermittelt, sondern weitere Aspekte wie Bewegung, Orientierung und Rhythmik. Über den nachahmenden Nachvollzug der motorischen Ausführung könnten Bewegungsvorstellungen aufgebaut (vgl. Sowa, 2017, S. 58) und bildliche Konventionen über einen performativ-kreativen Prozess der Interpretation an individuelle Wahrnehmungen angepasst werden (vgl. Uhlig, 2014, S. 441f.). Um solch eine mimetische Bezugnahme auf Zeichenprozesse für blinde Kinder zu ermöglichen, dürfen vorhandene Konventionen zu Zeichenmaterialien nicht zu einschränkend vermittelt werden. Dabei sollte beachtet werden, dass zeichnerische Tätigkeiten nicht nur visuell oder taktil, sondern auch auditiv oder olfaktorisch erfahren werden können. Zeichenbewegungen eines Bleistifts lassen sich von denen eines Filzstifts auditiv differenzieren. Genauso führt die Anwendung von Wasser- und Wachsfarben zu unterschiedlichen olfaktorischen Erlebnissen. Noch konkreter wird dies anhand der Ausführungen von Burkhard (1982, S. 376), die sich über die Anwendung von Modellierfarben dem Konzept von fließenden Farbübergängen annäherte. Dafür schmolz sie verschiedene Farben von Modellierwachs und begann damit ein Blatt zu bemalen. Wenn eine Farbe auf dem Papier ein wenig kühler geworden war, trug sie eine weitere frisch gewärmte Farbe auf. Da das wärmere und kühlere Material ineinander ohne Grenzlinie überging, scheint sich Burkhard durch ihr gestalterisches Nachahmen diesem rein visuellen Konzept annähern zu können. Selbstverständlich bleibt bei all diesen pädagogischen Überlegungen die gemeinsame Sprache das Instrument, um subjektive Erfahrungen interpersonal abzustimmen, um sich auf diesem Weg in Begriffsbildungsprozessen geteilten kulturellen Vorstellungen anzunähern. Für die Vorstellungsbildung blinder Kinder ist das dargestellte Potenzial eines Nachvollzugs und Abgleichs von Wahrnehmungserfahrungen über die mimetische Bezugnahme auf Zeichenbewegungen in Betracht zu ziehen, um der Gefahr von Fehlkonzepten durch eine rein diskursive Begriffsbildung entgegenzuwirken (Lang & Heyl, 2021, S. 75). Gerade wenn in der Sprache, die stark durch die visuelle Kultur geprägt ist, Begrifflichkeiten für das Verbalisieren aufgrund der Blindheit fehlen, könnten diese teilweise über den präsentativen Symbolmodus der Zeichenhandlung zugänglich werden (vgl. Langer, 1984, S. 49ff.). Es sollte daher bei bildlichgestalterischen Tätigkeiten nicht ausschließlich der Zugang zu visuellen Bildkonzepten im Vordergrund stehen. Die Möglichkeit zu einer Bezugnahme auf blinde Wahrnehmungserfahrungen schafft Gelegenheiten, um das Besondere der subjektiven Erfahrung erfolgreicher als bisher mit kollektiven Aspekten zu verbinden. VHN 3 | 2023 222 JENNIFER TREES, DINO CAPOVILLA, JOSEF ZIHL Zeichnerische Tätigkeiten blinder Kinder FACH B E ITR AG 5 Eine künstlerische Perspektive Als Ausblick sei eine künstlerische Perspektive auf das bildlich-gestalterische Zeichnen eingenommen, die sich in ihrer Intention klar auf die an Bedeutung gewinnende Unterstützung der kulturellen Teilhabe blinder Menschen richtet. Paul Klee stellt mit seinem Zitat „Kunst gibt nicht das Sichtbare wieder, sondern macht sichtbar“ die Auffassung einer abbildenden Funktion bildlicher Gestaltung infrage und verweist auf einen engen Zusammenhang von Sehen und Darstellung, bei dem das Sehen nicht den Ausgangspunkt der Darstellung bildet, sondern das gestaltete Bild eine spezifische Seherfahrung ermöglicht. Nun kann schwerlich behauptet werden, dass eine blinde Person in einem auf die abbildende bildliche Gestaltung gerichteten Kunstverständnis tatsächlich eine Rolle spiele. Jedoch geht die gelebte Kunst weit über ein solches Verständnis hinaus, wie eben genau auch das Zitat von Paul Klee verdeutlicht. In diesem weiteren Verständnis verfügt die kunstschaffende Person nicht nur über ihr visuelles Vermögen und das praktische Können im Sinne abrufbarer archetypischer Bewegungsmuster und Zeichentechniken, sondern außerdem über eine Art Spezialwissen, um hinter die Kulissen des Wahrnehmbaren blicken zu können (Kleege, 2018, S. 2). Dieses Spezialwissen umfasst nicht nur den Zugang zu den Intentionen, Impulsen und Emotionen, die zur Entstehung des Bildes geführt haben, sondern auch ein ganz konkretes Verständnis dafür, wie genau das Bild entstanden ist. Während also das rein visuell wahrnehmbare Bildhafte blinden Menschen verschlossen bleibt, bietet das zugrunde liegende Spezialwissen dennoch einen Zugang und kann auch ein bestimmtes Maß an Kunsterleben ermöglichen. Kunsterleben kann - wie bereits gesagt - dadurch entstehen, dass eine harmonische, eloquente, erlösende oder erbauende sinnliche Wahrnehmung antizipiert oder aktiv herbeigeführt wird (O’Regan & Noë, 2001). Das bedeutet, dass es um das Erleben geht, Sinn in dem aufzuspüren, was Menschen über ein Bild sagen oder nicht sagen, was sich taktil, olfaktorisch oder gustatorisch erfahren lässt oder was sich im Nachspüren der ausgedrückten Emotionen findet. Vor diesem Hintergrund ist fraglich, wie sich ein solcher Zugang mit den in diversen Museen angebotenen Audiodeskriptionen zu Kunstwerken verbinden lässt. Hierbei wird in der Regel nach allgemeinen Informationen zu einem Bild ein objektiver Gesamteindruck referiert, um dann häufig im Uhrzeigersinn die einzelnen Elemente der bildlichen Darstellungen aneinanderzureihen. Kleege (2018, S. 112) fragt, ob die visuelle Rezeption eines Bildes wirklich dieser Logik folgt, was sie plakativ im Vergleich der Kunstwerke von Matisse und Pollock in Zweifel zieht. Angelehnt an Kleege (2018, S. 117ff.) lassen sich hier durchaus Alternativen denken. Demnach könnte eine Bildbeschreibung damit beginnen, das Bild mit einem aussagekräftigen Satz auf den inhaltlichen Punkt zu bringen. Daran schließen sich Fragen der Art an: Wo fällt die Aufmerksamkeit als erstes hin und warum geschieht dies? Was drückt das Bild aus und woraus lässt sich auf diesen Ausdruck schließen? Was wird erst beim dritten Blick sichtbar, blieb bisher verborgen und warum? Warum wurde dieses Stilmittel oder diese Farbe gewählt und keine andere? Wirken die Farben wie Keramikfliesen, wie Leder, wie Jeansstoff, und woraus ergibt sich dieser Eindruck? Darüber hinaus sollte ein besonderer Schwerpunkt auf den Herstellungsprozess des Bildes gelegt werden, was sich häufig auch mit der zugrunde liegenden Philosophie der kunstschaffenden Person verbinden lässt. Wurde das Bild anhand einer akribischen grundierenden Zeichnung oder einem Standmodell nachgezeichnet? Wurde es sehr wahrscheinlich ohne Vorlage gezeichnet oder wurden Farbkleckse auf dem Boden verteilt und die Leinwand dann VHN 3 | 2023 223 JENNIFER TREES, DINO CAPOVILLA, JOSEF ZIHL Zeichnerische Tätigkeiten blinder Kinder FACH B E ITR AG nach bestimmten Bewegungsmustern darüber bewegt? Didaktisch bieten sich hier Diskurse mehrerer Personen an, die in der Regel binnen kürzester Zeit zu unterschiedlichen Sichtweisen gelangen. Offenkundig liegt in der Bildinterpretation ein weiterer Fundus an Möglichkeiten zur Begriffsbildung im pädagogischen Prozess und ferner in der ganz allgemeinen Aneignung kultureller Konventionen. Bildlich-gestalterische Tätigkeiten können einen beachtlichen Beitrag zur Wahrnehmungsförderung, Begriffsbildung und Bewegungserziehung bieten, die nach einem Unterricht verlangen, der weit über das Erlernen taktiler Rezeptionsmethoden und konkreter Zeichentechniken hinausgeht. Dies auch mit Blick darauf, dass hierdurch der Zugang zu künstlerischen Freizeitaktivitäten gebahnt wird, die sich in den letzten Jahren einer inklusiven Weiterentwicklung erfreuen. Außerdem muss bedacht werden, dass der Großteil der Lernenden im Schwerpunkt Sehen über eine eingeschränkte visuelle Wahrnehmung oder visuelle Erfahrungen oder Erinnerungen verfügt, was die Ausgangssituation deutlich verändert, was jedoch nicht Gegenstand dieses Beitrags war. Literatur Ankeeta, A., Senthil Kumaran, S., Saxena, R., Dwivedi, S. N. & Jagannathan, N. R. (2021). Visual cortex alterations in early and late blind subjects during tactile perception. Perception, 50 (3), 249 -265. https: / / doi.org/ 10.1177/ 030100 6621991953 Breitenbach, S. & Freitag, C. (2019). „Kannst du mir verraten, wie du das gemacht hast? “ Die Befragung visueller Strategien im Rahmen der funktionalen Sehüberprüfung. In: B. Drolshagen & M. Schnurnberger (Hrsg.), Sehen in Kontexten. 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