eJournals Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete 92/3

Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete
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0017-9655
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
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2023
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Fachbeitrag: Die (digitale) Extension des Leibes

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2023
Lynn Hartmann
Das Thema der gesellschaftlichen und schulischen Inklusion wird momentan innerhalb verschiedenster Kontexte diskutiert. Bei allen Debatten steht die Forderung der Teilhabe im Mittelpunkt der Überlegungen. Der Beitrag bezieht sich auf die Fähigkeit der Kommunikation bei Menschen mit (komplexer) Behinderung. Mit Martha Nussbaums Capability Approach wird die gesellschaftliche Verpflichtung der Ermöglichung von Fähigkeiten, hier speziell von Kommunikationsformen, aufgezeigt. Die Beschreibung des Menschen von Helmut Plessner als „Leibsein und Körperhaben“ ist dabei die Ausgangsbedingung für eine gelingende Umsetzung der Befähigungen. Anhand dieser Unterscheidung wird der Einsatz von (digitalen) Medien zur Ermöglichung von Kommunikation aufgezeigt. Dabei müssen die Hilfsmittel als eine Extension des Leibes verstanden werden. Daraus resultieren ethische Verpflichtungen für alle, die mit Menschen mit (kommunikativer) Behinderung arbeiten oder leben.
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226 VHN, 92. Jg., S. 226 -240 (2023) DOI 10.2378/ vhn2023.art28d © Ernst Reinhardt Verlag Die (digitale) Extension des Leibes Zur ethisch-pädagogischen Verpflichtung des Einsatzes von (digitalen) Kommunikationstechnologien bei Menschen mit (komplexer) Behinderung Lynn Hartmann Pädagogische Hochschule Ludwigsburg Zusammenfassung: Das Thema der gesellschaftlichen und schulischen Inklusion wird momentan innerhalb verschiedenster Kontexte diskutiert. Bei allen Debatten steht die Forderung der Teilhabe im Mittelpunkt der Überlegungen. Der Beitrag bezieht sich auf die Fähigkeit der Kommunikation bei Menschen mit (komplexer) Behinderung. Mit Martha Nussbaums Capability Approach wird die gesellschaftliche Verpflichtung der Ermöglichung von Fähigkeiten, hier speziell von Kommunikationsformen, aufgezeigt. Die Beschreibung des Menschen von Helmut Plessner als ‚Leibsein und Körperhaben‘ ist dabei die Ausgangsbedingung für eine gelingende Umsetzung der Befähigungen. Anhand dieser Unterscheidung wird der Einsatz von (digitalen) Medien zur Ermöglichung von Kommunikation aufgezeigt. Dabei müssen die Hilfsmittel als eine Extension des Leibes verstanden werden. Daraus resultieren ethische Verpflichtungen für alle, die mit Menschen mit (kommunikativer) Behinderung arbeiten oder leben. Schlüsselbegriffe: Teilhabe, assistive Technologien, Kommunikation, Leiblichkeit, Capability Approach The (Digital) Extension of the Body. On the Ethical-Pedagogical Obligation of the Use of (Digital) Communication Technologies in People with (Complex) Disabilities Summary: The topic of social and school inclusion is currently being discussed within a wide variety of contexts. In these debates, the demand that persons with disabilities be enabled to participate fully and equally in all aspects of life and society is at the center of considerations. This essay refers to the ability of communication in people with complex disabilities. Based on Martha Nussbaum’s Capability Approach, it aims to demonstrate that society has an obligation to facilitate the development of central human capabilities in people with disabilities, and specifically their capability to communicate with others. Helmut Plessner’s description of the human being as ‘Leibsein und Körperhaben’ (being a “Leib” and having a “Körper”) is understood as explaining a precondition for a successful implementation of enabling interventions. Based on Plessner’s distinction, the uses of (digital) media to enable communication are discussed. Within this context, digital tools must be understood as an extension of the body. This results in ethical obligations for all who work or live with people with (communicative) disabilities. Keywords: Participation, AAC, (media) communication, Capability Approach FACH B E ITR AG VHN 3 | 2023 227 LYNN HARTMANN Die (digitale) Extension des Leibes FACH B E ITR AG 1 Das Recht auf (digitale) Kommunikation Diversität zeichnet sich dadurch aus, dass Menschen als Individuen mit unterschiedlichen Bedürfnissen, Ausgangslagen, Fähigkeiten und Interessen wahrgenommen werden. Dabei sind sie gleichberechtigte Teilhabende der Gesellschaft, wodurch ihnen bestimmte Rechte und Pflichten zukommen. Der weite Begriff der Inklusion beinhaltet dieses Verständnis von Vielfalt und hat das Ziel, die gesellschaftliche Partizipation aller zu ermöglichen. Damit dies gelingen kann, müssen Hürden und Hindernisse wahrgenommen und systematisch abgebaut werden (vgl. Bartelheimer et al., 2020, S. 52). Zudem bedarf es einer Diskussion über die ethischen Rechte und Pflichten, die sich aus der Inklusion für alle Beteiligten ergeben. Ein Recht, das jedem Menschen zukommt, ist das Recht auf Kommunikation. Dieses lässt sich aus dem deutschen Grundgesetz ableiten (vgl. Art. 5 GG - Kommunikationsfreiheit). Im Hinblick auf die Umsetzung der Inklusion von Menschen mit (komplexer) Behinderung ist die Kommunikation von besonderer Bedeutung. Durch sie und mit ihr entsteht auch für diese Menschen die Möglichkeit, über den eigenen Körper zu bestimmen. Dies ist besonders wichtig, um ein im Sinne Martha Nussbaums (s. u.) menschenwürdiges Leben zu führen. Eine Möglichkeit für die Ausbildung und Ausübung der Kommunikation von Menschen mit (komplexer) Behinderung ist die Berücksichtigung des Einsatzes digital-assistiver Technologien (vgl. Dirks & Linke, 2019). Studien zum digitalmedienaffinen Habitus zeigen jedoch, dass nur ca. die Hälfte der Lehramtsstudierenden über einen solchen verfügt (vgl. Marci-Boehncke & Rath, 2019). Zudem erfahren Menschen mit Behinderung noch immer eine Benachteiligung im Hinblick auf Zugang und Nutzung von digitalen Medien (vgl. Haage & Bosse, 2019). Eine medienaffine Einstellung von Bezugspersonen und die Nutzung digitaler Medien durch Menschen mit Behinderung stehen dabei in einem engen Verhältnis zueinander. Daher ist es notwendig, dass sich die Sichtweise auf digitale Medien und (digitale) assistive Technologien ändert, um dem Grundrecht der Kommunikation als Menschenrecht im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention gerecht zu werden. Im Folgenden soll der Zusammenhang von Teilhabemöglichkeiten bei Menschen mit Behinderung, der Selbstbestimmung über den eigenen Körper und des Einsatzes von (digitalen) Medien untersucht werden. Der Fokus liegt dabei auf den ethischen Verpflichtungen gegenüber Menschen mit Behinderung. Diese lassen sich aus der anthropologischen Sichtweise auf Menschen mit (komplexer) Behinderung und der damit zusammenhängenden Ermöglichung von Befähigungen zur Wahrung eines menschenwürdigen Lebens ableiten. 2 Begriffsbestimmungen und rechtliche Grundlagen 2.1 Inklusion als Recht auf Teilhabe Unter dem weiten Begriff der Inklusion ist die Einbeziehung aller marginalisierten Gruppen in die Gesellschaft zu verstehen. Inklusion ist eng mit der Forderung nach Teilhabe verbunden, da das Ziel der „Aufbau von Strukturen [ist], die allen Individuen bzw. Mitgliedern unterschiedlicher gesellschaftlicher Teilgruppen [die] Einbeziehung in verschiedene Teilsysteme […] der Gesellschaft ermöglichen“ (Bartelheimer et al., 2020, S. 52; Hervorhebung i. Orig.). Im Fokus des Inklusionsdiskurses stehen dabei verschiedene Gruppen, die eine gesellschaftliche Teilhabe fordern, bspw. Trans- und Homosexuelle (Stichwort Ehe, Adoption), Geflüchtete (Stichwort Arbeitsmarkt, Ausbildungsplätze) und Obdachlose (Stichwort Impfversorgung, Unterkünfte). Sie alle vereint, dass sie von be- VHN 3 | 2023 228 LYNN HARTMANN Die (digitale) Extension des Leibes FACH B E ITR AG stimmten gesellschaftlichen Bereichen ausgeschlossen sind und Teilhabe verlangen. Inklusion ist somit gesamtgesellschaftlich zu denken. Sie bezieht sich auf die Teilhabemöglichkeiten aller Menschen, unabhängig von ihrer Herkunft, Sprache, der Geschlechtsidentität, dem Alter oder den eigenen sozioökonomischen Faktoren (vgl. Saalfrank & Zierer, 2017, S. 35). Zudem geht der Anspruch auf Teilhabe über den Bildungsbereich hinaus und muss in allen Lebensbereichen mitgedacht werden. Die Forderung der Teilhabe von Menschen mit Behinderung ist daher nur ein Teilaspekt der Teilhabebewegung (vgl. Bartelheimer et al., 2020, S. 2). Der Anspruch auf Umsetzung der Teilhabe von Menschen mit Behinderung ist in der UN-Behindertenrechtskonvention (UN- BRK) verankert. Diese wurde 2009 in Deutschland und 2014 in der Schweiz ratifiziert. In den allgemeinen Grundsätzen wird, neben Chancengleichheit und Zugänglichkeit, auch „die volle und wirksame Teilhabe an der Gesellschaft und Einbeziehung in die Gesellschaft“ angeführt (UN, 2008, Artikel 3). Als weitere rechtliche Verankerung können in Deutschland die Kommunikationsfreiheiten des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG genannt werden. Danach hat jeder Mensch das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Im schulischen Kontext wurde dieses Grundrecht bislang eher im Hinblick auf bestimmte inhaltliche Äußerungen von Schülern diskutiert (vgl. Oberle, Wenzel & Gerber 2020, S. 38). Je nach Fallgestaltung ist jedoch auch ein anderes Verständnis des Grundrechts auf Kommunikation denkbar. So hat das Bundesverfassungsgericht etwa die Verhinderung von Kommunikation durch das Anhalten des Briefes eines Strafgefangenen an seinen Vater als Eingriff in die Meinungsfreiheit angesehen (vgl. Jarass, Kment & Pieroth, 2020, Art. 5 Rn. 15; BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 29. Juni 2009 - 2 BvR 2279/ 07 -, BVerfGK 15, 577 Rn. 19). Überträgt man dies auf den schulischen Kontext, so ergeben sich völlig neue Fragestellungen in Bezug auf faktische Grundrechtseingriffe durch Lehrer/ innen. Im vorliegenden Artikel werden die Begriffe ‚Mensch mit Behinderung‘ und ‚Mensch mit (komplexer) Behinderung‘ benutzt. Diese sind auf die UN-BRK zurückzuführen. Der Begriff der Behinderung ist dabei „deskriptiv, evaluativ und normativ“ zu verstehen (Hartwig, 2020, S. 9). Der Begriff des ‚Menschen mit (komplexer) Behinderung‘ macht auf die „elementaren Einschränkungen der Aktivitäts- und Partizipationsmöglichkeiten“, gerade hinsichtlich der Kommunikation, aufmerksam (Wieczorek, 2018, S. 7). Beide Begriffe stehen in einem engen Zusammenhang zur „mehrperspektivischen Klassifikation der ICF“, welche die (körperliche) Behinderung in die Bereiche Körperfunktionen und -strukturen, Aktivitäten und Partizipation einteilt (Bosse & Feichtinger, 2022, S. 178). 2.2 Was bedeutet Teilhabe im Kontext von Menschen mit Behinderung? Die Teilhabeforschung ist ein interdisziplinäres, noch junges Forschungsfeld (vgl. Haage, 2022, S. 24). Der Begriff der Teilhabe wird dabei, je nach Anwendungsgebiet, unterschiedlich verstanden (vgl. Bartelheimer et al., 2020, S. 2). Im Bereich der Behindertenpädagogik lässt sich der Teilhabebegriff auf die UN-BRK und die in Deutschland geltenden Gesetze zurückführen. Der Begriff ist nach der UN-BRK „mehrdimensional und bezieht sich auf verschiedene Lebensbereiche“ (Bartelheimer et al., 2020, S. 6). Die Konvention erkennt Menschen mit Behinderung als gleichberechtigte Bürger/ innen an (ebd.). Dadurch entsteht eine gesellschaftliche Verpflichtung, die Möglichkeiten der Umsetzung dieser Rechte herzustellen. Dies macht deutlich, dass Teilhabe nicht nur im schulischen Bereich realisiert werden muss. VHN 3 | 2023 229 LYNN HARTMANN Die (digitale) Extension des Leibes FACH B E ITR AG Das deutsche Bundesteilhabegesetz (BTHG) wurde am 23. Dezember 2016 verabschiedet (BGBI 2016 I S. 3234) und trat seit 2017 in einem Vierstufenplan in Kraft (bis 2023). Es handelt sich um ein sog. Artikelgesetz, mit dem zahlreiche Gesetze und Verordnungen geändert wurden, u. a. auch das SGB IX (Sozialgesetzbuch - Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderung). Das BTHG orientiert sich an den Definitionen der UN-BRK (vgl. Daßler 2021, S. 6). Dadurch ergibt sich eine veränderte Sichtweise auf den Behinderungsbegriff. Behinderung wird nicht länger im Sinne eines medizinischen Modells verstanden (ebd.). § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX definiert Menschen mit Behinderung nun als Menschen mit körperlichen, seelischen, geistigen oder Sinnesbeeinträchtigungen, „die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können“ (Gesetz zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen 2016, § 2). 2.3 Kommunikation als Teilhabemöglichkeit Die Voraussetzung für die Möglichkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, ist die Fähigkeit, Gedanken und Gefühle mitteilen zu können. Um dies zu erreichen, braucht der Mensch die Möglichkeit der Kommunikation. In Deutschland gewährleistet der Artikel 5 GG jedem Menschen das Recht, seine Meinung frei äußern zu können. Daraus lässt sich, ebenso wie aus dem Befähigungsansatz von Martha Nussbaum, das Recht auf die Möglichkeit ableiten, sich kommunikativ mitteilen zu können. Darauf macht auch die UN-BRK aufmerksam, indem sie die Kommunikationsfähigkeit als Voraussetzung für die Umsetzung aller Menschenrechte und Grundfreiheiten versteht (vgl. UN, 2008, Präambel, [v]). In der Begriffsdefinition wird zudem die Vielfältigkeit von Kommunikation und Sprache deutlich: Kommunikation schließt „Sprachen, Textdarstellungen, Brailleschrift, taktile Kommunikation, Großdruck, leicht zugängliches Multimedia sowie schriftliche, auditive, in einfache Sprache übersetzte, durch Vorleser zugänglich gemachte sowie ergänzende und alternative Formen, Mittel und Formate der Kommunikation, einschließlich leicht zugängliche Informations- und Kommunikationstechnologie, ein“ (ebd., Artikel 2). Sprache schließt „gesprochene Sprachen sowie Gebärdensprachen und andere nicht gesprochene Sprachen ein“ (ebd.). Wenn Kommunikationsfähigkeit, wie oben beschrieben, als menschliches Grundrecht verstanden wird, ist es die gesellschaftliche Pflicht, sie zu ermöglichen. Gerade bei Menschen mit (komplexer) Behinderung muss der Aspekt der mehrdimensionalen Kommunikationsmöglichkeiten angemessen berücksichtigt werden. 3 Der Capability Approach von Martha Nussbaum Martha Nussbaums Gerechtigkeitstheorie des Capability Approach setzt an dem oben skizzierten Behinderungs- und Inklusionsverständnis an und fordert eine Veränderung der strukturellen Bedingungen, um Marginalisierungen zu verhindern (vgl. Felder, 2020, S. 115). Mithilfe ihres Ansatzes lässt sich das „‚Was‘ und ‚Wie‘ der Teilhabe […] näher bestimmen“ (Bartelheimer et al., 2020, S. 19). Martha Nussbaum nähert sich in ihrem Werk ‚Die Grenzen der Gerechtigkeit‘, welches 2006 auf Englisch erschien (Titel der Originalausgabe: Frontiers of Justice. Disability, Nationality, Species Membership), der Frage nach „der elementaren Gerechtigkeit“ (Nussbaum, VHN 3 | 2023 230 LYNN HARTMANN Die (digitale) Extension des Leibes FACH B E ITR AG 2010 b, S. 103). Auf der „Grundlage der intuitiven Idee der Menschenwürde“ spricht sie jeder Person Fähigkeiten zu. Jede Fähigkeit soll dabei „als Zweck und keine als bloßes Mittel zum Zweck anderer“ angesehen werden (ebd., S. 105). Die von ihr angeführten zehn Fähigkeiten beziehen sowohl politische und bürgerliche Freiheiten als auch ökonomische und soziale Rechte mit ein (vgl. ebd., S. 391). Als Fähigkeiten nennt sie: Leben, körperliche Gesundheit, körperliche Integrität, Sinn, Vorstellungskraft und Denken, Gefühle, praktische Vernunft, Zugehörigkeit, andere Spezies, Spiel und die Kontrolle über die eigene Umwelt, sowohl politisch als auch inhaltlich (vgl. Nussbaum, 2007, S. 23f.; Nussbaum, 2010 b, S. 112ff.). Die Ansprüche auf diese Fähigkeiten begründen sich nach Nussbaum „in der Existenz einer Person als menschliches Wesen“ (Nussbaum, 2010 b, S. 391). Nussbaum geht davon aus, dass jeder Mensch „einen gerechtigkeitsbasierten Anspruch auf alle Fähigkeiten“ hat (ebd., S. 233). Jede Fähigkeit muss bis zu einem „angemessenen Schwellenwert“ ermöglicht werden (ebd.). Wenn ein Mensch auch nur bei einer Fähigkeit unter diesem Schwellenwert liegt, „stellt dies ein elementares Gerechtigkeitsdefizit dar“ (ebd.). Dabei ist es wichtig, mit Nussbaum den Begriff der Fähigkeit als einen Anspruch bzw. ein Rechtsgut zu verstehen, welches jedem Menschen zukommt (vgl. Nussbaum, 2010 a, S. 78). Im Deutschen kann der Begriff der Fähigkeit besser durch den Begriff der Befähigung beschrieben werden (vgl. Marci-Boehncke & Rath, 2019, S. 86). Aus diesem „resultiert in einer weitergehenden, ethischen Perspektive die moralische Pflicht der Gesellschaft und ihrer Individuen, diese nötigen Voraussetzungen zu schaffen“ (ebd.; Hervorhebung i. Orig.). Diese Möglichkeit der Befähigung steht nach Nussbaum in einem engen Zusammenhang mit dem menschenwürdigen Leben. Nur wenn alle Befähigungsmöglichkeiten politisch berücksichtigt werden, kann mit Nussbaum von einem „im vollen Sinne menschliche[n] Leben bzw. […] menschenwürdige[m] Leben“ gesprochen werden (Nussbaum, 2010 b, S. 251). Ihr Ziel ist es somit, auf Missstände in der Gesellschaft aufmerksam zu machen. Die Politik muss sich ihr zufolge dafür einsetzen, jedem Menschen ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen. Es müssen demnach gesellschaftliche und politische Maßnahmen geschaffen werden, die zur Erfüllung des Minimums an Befähigungsmöglichkeiten führen. Innerhalb dieser Überlegungen begründet Nussbaum auch das Recht auf eine inklusive Beschulung von Schüler/ innen mit geistiger Behinderung. Diese stellt ein Grundrecht dar, welches sich auf die von ihr angeführte Grundüberlegung von Gerechtigkeit zurückzuführen lässt (vgl. Nussbaum, 2010 a, S. 84). Nussbaum bezeichnet ihren Ansatz als menschenrechtsbasiert, da er „politisch eng mit der Förderung der Menschenrechte verbunden ist“ (Nussbaum, 2010 b, S. 390). Der Vorteil des Capability Approach hinsichtlich der Thematisierung der Teilhabebedingungen liegt in der Nutzung von Befähigungen als „Maßeinheit“ (ebd., S. 386). Im Vordergrund stehen die zu erreichenden Möglichkeiten eines Individuums (vgl. Nussbaum, 2011, S. 18). Damit grenzt sich der Ansatz zu vorherigen Theorien ab, welche bspw. vom Wohlstand oder der „Verteilung von Ressourcen an Individuen“ ausgegangen waren, um soziale Gerechtigkeit zu messen (Nussbaum, 2010 b, S. 387). Diese Theorien ermöglichen es nicht, Aussagen darüber zu treffen, was ein Mensch in der Lage zu tun ist und welche erreichbaren Möglichkeiten ihm innerhalb der Gesellschaft zukommen (vgl. Jacobs, 2020, S. 3366). Der Capability Approach von Martha Nussbaum versucht dort anzusetzen und konkrete Aussagen über die (Handlungs-) Möglichkeiten und Möglichkeitsräume von Individuen zu realisieren (vgl. Ziegler & Clarl, 2022, S. 598). VHN 3 | 2023 231 LYNN HARTMANN Die (digitale) Extension des Leibes FACH B E ITR AG 4 Teilhabemöglichkeiten für Menschen mit (komplexer) Behinderung - anthropologische Sichtweise Martha Nussbaum bezieht Menschen mit (komplexen) Beeinträchtigungen bewusst in ihre Überlegungen zum Fähigkeitenansatz mit ein. Sie macht die Politik und die Gesellschaft dafür verantwortlich, sie in der Ausübung ihrer Fähigkeiten zu unterstützen, d. h. ihnen Befähigungsmöglichkeiten zukommen zu lassen. Unter anderem macht sie dabei auf die Umgestaltung des öffentlichen Raumes aufmerksam. Diese ist „für die Würde und die Selbstachtung von Menschen mit Beeinträchtigung wesentlich“, da sie nicht auf die Hilfe von anderen angewiesen sein sollen (Nussbaum, 2010 b, S. 234). Als Leitgedanke nennt Nussbaum die Frage, „was […] [Menschen mit Behinderung] tatsächlich zu tun und zu sein in der Lage sein sollten“ (ebd.). Die Ermöglichung dieser Fähigkeiten hängt eng mit dem Abbau von Hindernissen zusammen, um die „Realisierung ihrer Fähigkeiten in Tätigkeiten“ zu ermöglichen (ebd.). Neben baulichen Barrieren zählt auch die Ermöglichung von Kommunikation dazu. Nussbaum gibt an, dass für Menschen, die „nicht über die Fähigkeiten zu sprechen verfüg[en], […] die politische Konzeption […] [ihnen] durch angemessene Formen der Vormundschaft entsprechende Ausdrucksmöglichkeiten eröffnen [muss]“ (ebd., S. 392). 4.1 Der Mensch nach Helmuth Plessner: Leibsein und Körperhaben Um die ethische und pädagogische Verpflichtung zur Umsetzung des Capability Approaches zu verdeutlichen, ist es sinnvoll, sich mit dem Verhältnis des Menschen zu seinem Körper zu beschäftigen. Dies ist gerade auch bei der Thematisierung von Behinderung besonders bedeutsam, um die Ausgangslage von Menschen mit (komplexer) Behinderung verstehen und analysieren zu können. Die Überlegungen von Helmuth Plessner zum Zusammenhang von Körper und Leib, welche er unter anderem in seiner 1941 erschienenen Schrift ‚Lachen und Weinen‘ ausführt, bieten sich als theoretische Grundlage zur Frage nach der Sichtweise auf den Menschen an. Mit Plessner kommt dem Menschen eine „Doppelrolle“ zu (Plessner, 2016, S. 238). Diese begründet sich zum einen dadurch, dass der Mensch sowohl ein „Naturding“ als auch ein „sittlich-geistiges Wesen“ ist (ebd., S. 232). Zum anderen wird die Doppelrolle durch die parallele Existenz von Leib und Körper deutlich. „Ein Mensch ist immer zugleich Leib […] und hat diesen Leib als diesen Körper“ (ebd., S. 238, Hervorhebung i. Orig.). Diese „Zweiheit“ beschreibt die „untrennbar miteinander verbundenen Facetten menschlichen Daseins“ (Gugutzer, 2020, S. 32). Mit diesen Überlegungen versucht Plessner den Dualismus, welchen er kritisiert, zu überwinden (vgl. Magyar-Haas, 2020, S. 7). Unter Leib versteht Plessner den biologischen Körper mit seinen Gliedmaßen und Organen (vgl. Plessner, 2016, S. 238). Dieser stellt den Bezug zur Innenwelt dar (vgl. Gugutzer, 2002, S. 67). Im Hinblick auf die Doppelrolle des Menschen spiegelt das Leibsein die „Seele und [das] Erleben“ wider (ebd.). Das Leibsein hat der Mensch mit den Tieren gemein (vgl. Plessner, 2016, S. 242). Bei beiden liegt es qua Geburt vor und richtet sich auf „das Hier-und-Jetzt“ (Gugutzer, 2002, S. 66). Das Körperhaben entsteht nach Plessner durch die Beherrschung des Leibes und ist somit auf die Außenwelt gerichtet (vgl. ebd., S. 67; Plessner, 2016, S. 237). Die Beherrschung muss erlernt werden (ebd.). Dies geschieht durch den gezielten Einsatz des Leibes, bspw. durch das Erlernen der Sprache und des Gehens, durch willentliche Bewegungen usw. Der Prozess des Körperhabens unterliegt dabei einem „Sozialisationsprozess“ (Gugutzer, 2020, S. 32). Der Mensch ist somit von Geburt an Leib und hat VHN 3 | 2023 232 LYNN HARTMANN Die (digitale) Extension des Leibes FACH B E ITR AG seinen Körper, wenn er erlernt, diesen „zu beherrschen und zu kontrollieren“ (Gugutzer, 2002, S. 66). Das „Körperhaben [ist] als eine lebenslange (Lern-) Aufgabe“ zu verstehen (vgl. Bosch, Fischer & Gugutzer, 2022, S. 35; Gugutzer, 2002, S. 66). Der Mensch grenzt sich dabei von den Tieren ab, indem nur ihm „seine körperliche Situation gegenständlich und zuständlich bewußt [sic! ] [ist]“ (Plessner, 2016, S. 242; Hervorhebung i. Orig.). Plessner unterscheidet somit zwischen Leibsein und Körperhaben und beschreibt „das körperleibliche Dasein für den Menschen“ als ein doppeldeutiges Verhältnis (vgl. Plessner, 2009, S. 12). Dabei sieht er die beiden „Ordnungen“ als „ineinander verschränkt“ an. Sie „bilden eine merkwürdige Einheit“ (Plessner, 2016, S. 240). Diese Verschränkung nennt er Exzentrizität (Plessner, 2009, S. 10; vgl. Plessner, 2016, S. 241; vgl. Schürmann, 2012, S. 218). Der Mensch „ist weder allein Leib noch hat er allein Leib (Körper). Jede Beanspruchung der physischen Existenz verlangt einen Ausgleich zwischen Sein und Haben, Draußen und Drinnen“ (Plessner, 2016, S. 241, Hervorhebungen i. Orig.). Die Exzentrizität des Menschen kann damit als eine „dreifache Positionalität“ verstanden werden (Gugutzer, 2002, S. 65; vgl. Plessner, 2009, S. 11). Dem Menschen kommt „ein Sein innerhalb des Leibes (Leibsein), ein Sein außerhalb des Leibes (Körperhaben) und die Einheit dieser beiden Aspekte (Selbst)“ zu. (Gugutzer, 2002, S. 65). Das Selbst, bzw. bei Plessner ‚Ich‘, ist das Ergebnis der Verschränkung (vgl. Plessner, 2016, S. 239f.). Es unterscheidet den Menschen vom Tier, da nur der Mensch ein reflektiertes Verhältnis zwischen Leib und Körper erreichen kann bzw. muss (ebd., S. 246). 4.2 Leibsein und Körperhaben bei Menschen mit körperlicher Behinderung Die Unterscheidung von Leibsein und Körperhaben ist für die (sonderpädagogische) Betrachtung des Menschen von besonderer Bedeutung. Das Erleben der eigenen Leiblichkeit geschieht normalerweise, ohne dass man sich dieser bewusst wird. Gleichzeitig kommt dem Leib ein sehr hoher Stellenwert zu, da er „die Bedingung der Möglichkeit und Wirklichkeit unserer Erfahrung“ ist (Stinkes, 2008, S. 93). Wir nehmen durch unsere Sinne und somit mit unserem Leib unsere Umgebung wahr. Fehlt diese Wahrnehmung, bspw. durch eine körperliche Dysfunktion, ist das Erfahren über die eigene Umwelt erschwert. Das Leibsein als solches existiert jedoch weiter, da es qua Geburt gegeben ist (vgl. Gugutzer, 2002, S. 66). Die Erschwernisse der Aneignung der Umwelt haben jedoch auch einen Einfluss auf die Ausbildung des Körperhabens. Dies macht Wieczorek deutlich, indem sie den Körper als „Zugang zur Welt“ beschreibt (Wieczorek, 2018, S. 54). Die körperliche Behinderung führt dazu, dass dieser Zugang eingeschränkt ist (vgl. ebd., S. 54ff.). Mit Plessner bedeutet das, dass erschwerte Möglichkeiten vorliegen, den eigenen Leib als „Instrument“ zu nutzen und damit als Körperhaben verstehen zu können (Plessner, 2016, S. 246). Da das Personsein nach Plessner jedoch aus dem Zusammenspiel von Leibsein, Körperhaben und Selbst besteht (vgl. Gugutzer, 2002, S. 65), würde ein Absprechen des Körperhabens bei Menschen mit Behinderung zum Verlust ihres Personenstatus führen. Es muss daher der Frage nachgegangen werden, wie sich das Körperhaben bei Menschen mit (komplexer) körperlicher Behinderung realisiert (vgl. Gugutzer, 2020, S. 33). Um diese Frage beantworten zu können, sind m. E. zwei Aspekte wichtig: Erstens sollte das Körperhaben als ein ‚über den Körper verfügen‘ verstanden werden. Im Gegensatz zum Körperhaben kann das Körperverfügen differenzierter ausgeführt werden und lässt sich mit VHN 3 | 2023 233 LYNN HARTMANN Die (digitale) Extension des Leibes FACH B E ITR AG verschiedenen Theorien der Sonder- und Behindertenpädagogik, bspw. den Überlegungen zur elementaren Beziehung, zur Leibpädagogik und zur Bildung von Menschen mit komplexer Behinderung verbinden (vgl. Fornefeld, 2004; Wieczorek, 2018). Im Gegensatz zum Körperhaben liegt die Verantwortung nicht mehr beim Individuum, sondern (auch) bei allen Menschen, die mit der Person leben und arbeiten. Die Sichtweise auf Leib und Körper des Menschen verändert sich somit. Zweitens sollte das Körperverfügen im Zusammenhang mit der Nutzung von analogen und digitalen assistiven Technologien gedacht werden. Um über seinen Körper verfügen zu können, sind entweder willentliche Handlungen oder Möglichkeiten der Willensäußerung unabdingbar. Das Körperverfügen macht darauf aufmerksam, dass der Akt der Willensbestimmung essenziell für das Körperhaben ist. Die Aneignung des Körpers geschieht durch den gezielten und willentlichen Einsatz des Leibes und die Selbstbestimmung über diesen. Plessner gibt an, dass das „exzentrisch organisierte Wesen […] sich zu dem, was er schon ist, erst machen [muss]“ (Plessner, 1928, S. 309). Diese Möglichkeit muss auch Menschen zukommen, die Schwierigkeiten bei der Ausführung willentlicher Äußerungen und/ oder Handlungen haben. Sie müssen ein Leben führen können, welches ihnen ermöglicht, ihr „exzentrisches Wesen“ in ein Gleichgewicht zu bringen (ebd., 310). Analoge und digitale assistive Technologien können diese Selbstbestimmung ermöglichen, indem sie bspw. als motorische oder kommunikative Unterstützungssysteme fungieren (vgl. Bosse & Feichtinger, 2022, S. 188; vgl. Leopold, Ertas-Stantger & Müller, 2022, S. 231). Hierbei stellt sich nun die Frage, welche ethischpädagogischen Verpflichtungen sich aus diesen Überlegungen für den Umgang mit Menschen mit (komplexer) Behinderung ableiten lassen. 5 (Digitale) Medien als Kommunikationsmöglichkeit Um sich dieser Frage zu nähern, muss zunächst der Einsatz (digitaler) assistiver Technologien im Hinblick auf das Körperverfügen näher betrachtet werden. Wenn die Beherrschung des eigenen Körpers durch die willentliche Bewegung des Leibes nicht möglich ist und dadurch willentliche Handlungen und Willensäußerungen erschwert sind, können diese Ausführungen von technischen Hilfsmitteln übernommen werden. Assistive Technologien „umfassen sowohl Low-Techals auch High-Tech-Systeme“ und leisten „die teilweise oder vollständige Übernahme von Funktionen oder Fertigkeiten, die nicht mehr aus eigener Kraft durchgeführt werden können“ (Dirks & Linke, 2019, S. 241; vgl. Leopold et al., 2022, S. 228). Es können sowohl analoge als auch digitale Medien zum Einsatz kommen. Als analoge Medien sind bspw. Bild- und Symbolkarten zu nennen. Unter digital-assistive Technologien fallen unter anderem elektronische Rollstühle, Sprachcomputer und bestimmte Prothesen (vgl. Dirks & Linke, 2019, S. 241). Zudem stellen auch „Smart Devices“, welche zunächst nicht speziell für Menschen mit Behinderung entwickelt wurden, digital-assistive Technologien dar (Lorenz, Pleger & Schiering, 2022, S. 12). Hierzu zählen bspw. Smartphones, Sprachaus- und Eingabesysteme und weitere Smart-Home-Geräte (vgl. Hüning, Schack & Steinhart, 2022, S. 796ff.; Lorenz et al., 2022, S. 12ff). 5.1 (Digital) willentliche Handlungen - Einsatz von assistiven Technologien Im Bereich der willentlichen Handlungen können bspw. elektronische Geräte über die Sprache bedient werden. Mithilfe von Smart- VHN 3 | 2023 234 LYNN HARTMANN Die (digitale) Extension des Leibes FACH B E ITR AG Home-Geräten lassen sich über Sprachbefehle bspw. Lampen an- und ausschalten, der Bestand des Kühlschrankes abfragen oder auch (komplexe) Bearbeitungsvorgänge am Computer durchführen. Wenn die Sprache ebenfalls beeinträchtigt ist, sind diese Handlungen ggf. auch über die Augen-, Mund- oder Kopfsteuerung eines Tablets möglich. Ausschlaggebend ist, dass sich das „Smart Home an den Bedürfnissen des Menschen orientiert und eine technische Unterstützung […] darstellt“ (Hüning et al., 2022, S. 797; vgl. Nagel, 2017, S. 259ff.). Der Vorteil ist naheliegend: Menschen können trotz (komplexer) Beeinträchtigungen selbst bestimmen, welche Musik sie hören möchten oder welche Bücher sie lesen (oder vorgelesen bekommen) und somit „den Leib zum Instrument“ machen (Plessner, 2016, S. 246). Die Technologien fungieren dabei als Extension des Leibes bzw. als Schnittstelle zwischen Leib und Körper. Für die Ermöglichung der Ausbildung des eigenen Selbst sind sie somit unabdingbar und müssen vom Nutzenden und seinem Umfeld als Teil des eigenen Leibes verstanden werden. 5.2 (Digitale) Willensäußerungen - Einsatz der Unterstützten Kommunikation Mit diesen Überlegungen eng verwoben ist der Einsatz von digitalen und analogen Formen der Unterstützten Kommunikation. Die Bezeichnung Unterstützte Kommunikation hat sich im deutschsprachigen Raum mittlerweile etabliert, auch wenn die internationale Bezeichnung der ergänzenden und alternativen Kommunikation (Augmentative and Alternative Communication - AAC) eindeutiger ist (vgl. Wilken, 2021, S. 9). Es lassen sich verschiedene Formen unterscheiden: körpereigene Kommunikationsformen, Kommunikationsformen ohne und solche mit Hilfsmitteln. Als Hilfsmittel werden dabei die von den Krankenkassen zu verordnenden Medien und Geräte verstanden (vgl. Bosse & Feichtinger, 2022, S. 182; Krstoski, 2019, S. 257). Dem Bereich der körpereigenen Kommunikationsformen lassen sich alle Formen der willentlichen Beherrschung des Leibes (Körperhaben) zur Mitteilung von Äußerungen zuordnen. Dies umfasst zum einen die Atmung und den Einsatz von Mimik und Gestik (vgl. Braun, 2020, S. 24f.; Krstoski, 2019, S. 256; Scholz & Stegkemper, 2022, S. 38ff.). Zum anderen beziehen sie sich auf alle Arten von Gebärden. Damit sind meistens gebärdenunterstützende Methoden gemeint, welche „begleitend zur Lautsprache“ eingesetzt werden (Braun, 2020, S. 24). Auch eigene Symbolsysteme und Zeichen, die Menschen für ihre individuelle Kommunikation mit ihrem Umfeld nutzen, werden als körpereigene Kommunikationsform verstanden (vgl. Krstoski, 2019, S. 256). Die Kommunikation erfolgt immer über die Nutzung des Leibes gemäß Plessner und somit über das Ausleben des Körperhabens. Wichtig ist hierbei, dass jede Form der (willentlichen) Beherrschung des Leibes als eine Möglichkeit der Kommunikation verstanden und als diese behandelt wird (vgl. Fornefeld, 2004). Kommunikationsformen ohne Hilfsmittel grenzen sich zu den körpereigenen Formen ab, da sie weitere Medien miteinbeziehen, um eine Kommunikation stattfinden zu lassen. Hierbei werden meist grafische Symbole wie Karten mit Symbolen oder Bildkarten mit Fotos von Realobjekten und/ oder Personen genutzt (vgl. Scholz & Stegkemper, 2022, S. 44; Wachsmuth, 2020, S. 75f.). Hierbei werden den Kommunikationspartner/ innen bspw. drei verschiedene Karten mit Aktivitäten gezeigt, sodass die Person selbst auswählen kann, welcher Aktivität nachgegangen werden soll (vgl. Krstoski, 2019, S. 257). Dadurch erlebt sich die Person als selbstwirksam und merkt, dass die eigene VHN 3 | 2023 235 LYNN HARTMANN Die (digitale) Extension des Leibes FACH B E ITR AG Handlung (Auswählen einer Karte) Einfluss auf die Gestaltung ihres Lebens hat (vgl. Fornefeld, 2004). Bei der Kommunikation mit Hilfsmitteln kommen verschiedene technische Geräte zum Einsatz. Der Grad der Kommunikation ist dabei unterschiedlich, je nach den Voraussetzungen der Bedienenden. Grob lässt sich zwischen „einfachen und elektronisch […] komplexen Kommunikationshilfen unterscheiden“ (Krstoski, 2019, S. 259). Einfache Hilfen sind bspw. „sprechende Tasten“ (bspw. BigMack, StepbyStep, Go-Talk-One, Smooth-Talker) (ebd.; Scholz & Stegkemper, 2022, S. 48). Diese sind sowohl als Modelle mit einer als auch mit mehreren Ebenen erhältlich (vgl. Krstoski, 2019, S. 259). Dabei können Bezugspersonen die große Taste mit Audiodateien (Verbalsprache, Musik usw.) bespielen. Die nutzende Person kann durch Drücken auf die Taste bestimmen, wann sie etwas ‚sagen‘ möchte. Bei Modellen mit mehreren Ebenen kann somit auch ein ‚Weitererzählen‘ stattfinden. Dazu wird der Bericht in unterschiedlichen Abschnitten aufgenommen. Die erzählende Person bestimmt durch das Drücken auf die Taste immer das Abspielen eines Abschnittes. Auch hierbei steht die Selbstwirksamkeit im Vordergrund. Komplexe Kommunikationshilfen zeichnen sich durch ihr dynamisches Display aus (vgl. Krstoski, 2019, S. 259; Scholz & Stegkemper, 2022, S. 50). Dieses verfügt über eine Kommunikationsoberfläche, bei welcher die einzelnen Felder mit verschiedenen Unterseiten verknüpft sind. Dies ermöglicht die Nutzung eines differenzierten Wortschatzes sowie die Berücksichtigung grammatikalischer Strukturen. Die Geräte verfügen über eine synthetische Sprachausgabe, welche es dem Nutzenden erlaubt, eine ‚eigene Stimme‘ zu haben. Die Ansteuerungsmöglichkeiten sind vielfältig; sowohl die Hände als auch die Augen, der Kopf oder der Mund können eingesetzt werden (vgl. Krstoski, 2019, S. 259). 6 Ethische Verpflichtungen für das pädagogische Handeln Aus den vorangegangenen Überlegungen und Darstellungen lassen sich Rückschlüsse auf die Sichtweise auf und den Umgang mit Menschen mit (komplexen) Beeinträchtigungen ziehen. 6.1 (Digitale) Medien als Erweiterung des Leibes Bezugnehmend auf die anthropologische Sichtweise Plessners ist der Mensch „auf Grund seiner Exzentrizität gezwungen, sein Leben zu führen, zu gestalten und damit auch sich selbst zu realisieren“ (Gugutzer, 2002, S. 68; Hervorhebung i. Orig.). Leibsein und Körperhaben (bzw. Körperverfügen) sind im Hinblick auf die menschliche Existenz als „unaufhebbarer Doppelaspekt“ zu sehen, durch welchen der Mensch stets die Aufgabe hat, „eine Balance zwischen Leibsein und Körperhaben herzustellen“ (ebd., S. 67; Hervorhebung i. Orig.; vgl. Plessner, 2016, S. 241). Dies gilt demnach für jeden Menschen, unabhängig von seinen physischen oder psychischen Voraussetzungen. Der Mensch ist Leib und hat seinen Körper und kann nur als Kombination aus beidem existieren (vgl. Plessner, 2016, S. 248). Damit einher geht die Darstellung des Selbst, da sich das Ich des Menschen aus der Verbindung von Körper und Leib entwickelt und durch diese entsteht (vgl. ebd., S. 247). Wenn die Beherrschung des eigenen Leibes aufgrund der körperlichen Ausgangslage schwerfällt, müssen Lösungen gefunden werden, diese trotzdem ermöglichen zu können. Dies kann, wie gezeigt, über den Einsatz von (digitalen) assistiven Technologien erfolgen. Wichtig ist dabei, dass diese nicht als externe Medien angesehen werden. Sie müssen als zum Medium des Leibes dazugehörig ver- VHN 3 | 2023 236 LYNN HARTMANN Die (digitale) Extension des Leibes FACH B E ITR AG standen werden, da nur durch sie das Körperverfügen ermöglicht werden kann. Das Beispiel des Rollstuhls lässt sich leicht verstehen, da klar ist, dass eine Person, der es aufgrund einer Behinderung nicht möglich ist zu laufen, mithilfe ihres Rollstuhls die Möglichkeit hat, den Leib, gezielter als sonst, als Mittel einzusetzen. Dies ermöglicht eine erleichterte Herstellung des Körperhabens (vgl. Plessner, 2016, S. 246). Durch die Erweiterung des Leibes auf den Rollstuhl, schafft es die Person, sich selbstständig zu bewegen und bspw. den eigenen Haushalt zu führen oder mit Freunden (eigenständig) Unternehmungen zu realisieren. Analog dazu lassen sich im Hinblick auf die Kommunikation bei Menschen mit (komplexer) Behinderung die individuellen Kommunikationsmittel als Erweiterung des Leibes und der Person zugehörig verstehen. Dies gilt sowohl für analoge als auch für digitale Hilfsmittel. Kommuniziert eine Person bspw. über ein Symbolbuch oder über ein iPad mit einer Kommunikationssoftware, so müssen diese immer bei der Person sein. Dies gilt ebenso in den Phasen der Anbahnung. Das Körperhaben charakterisiert sich durch das Beherrschen des Leibes, welches erlernt werden muss (vgl. Plessner, 2016, S. 237). Das Bewusstsein für die Verschränkung von Leibsein und Körperhaben sowie das Verständnis von Medien als Extension des Leibes sind für einen menschenwürdigen Umgang mit Menschen mit (komplexer) Behinderung unabdingbar. 6.2 Verpflichtender Medieneinsatz: ethisch-pädagogische Schlussfolgerungen Auf die Verschränkung von digitalen Medien und die Ermöglichung von Teilhabe im Sinne der Inklusion machen auch Lea Schulz et al. aufmerksam, indem sie von „Diklusion“ als „Zusammenschau der beiden zentralen Aufgaben der Schule“ sprechen (Schulz, Krstoski, Lüneberger & Wichmann, 2021, S. 31). Medien und Technik müssen demnach sowohl im schulischen als auch im außerschulischen Kontext verpflichtend eingesetzt werden, um Befähigungen im Sinne von Nussbaums Capability Approach zu ermöglichen. Aufgabe derjenigen, die mit Menschen mit (komplexer) Behinderung arbeiten, ist es somit, den Blick auf Medien als Extension des Leibes zu lenken. Sie müssen sich bewusst sein, welches Potenzial (digitale) Medien bei richtiger Nutzung haben (können), und den Menschen Möglichkeiten anbieten, verschiedene Medien auszuprobieren. Daraus ergeben sich zwei wichtige Verpflichtungen: Erstens: (Digitale) Medien müssen als Ermöglichung von Handlungsoptionen gesehen werden. Es ist somit die Pflicht einer jeden Obhutsperson, die mit Menschen zu tun hat, welche keine oder nur erschwert willentliche Äußerungen tätigen können, den Einsatz von (digitalen) Medien auszuprobieren und anzubahnen. Dabei ist gerade auch der Fokus auf die digitalen Endgeräte bedeutsam. Im Hinblick auf Menschen mit Behinderung besteht weiterhin eine „digitale Kluft“ im Bereich von „Zugang und Nutzung“ (Haage & Bosse, 2019, S. 49). Dieser kann nur entgegengewirkt werden, wenn sich der Blick auf Medien grundlegend ändert. Die Impulse für die Nutzung von digitalen Medien können nur von außen kommen, da die Menschen oftmals aufgrund ihrer Einschränkungen nicht in der Lage sind, eigenständige Handlungen auszuführen. Sie stehen somit in einem ständigen Abhängigkeitsverhältnis zu ihrer Außenwelt (vgl. Fornefeld, 2004, S. 131). Die ethisch-pädagogische Verpflichtung derjenigen, die mit ihnen arbeiten VHN 3 | 2023 237 LYNN HARTMANN Die (digitale) Extension des Leibes FACH B E ITR AG oder für sie sorgen, wird damit größer. Die Berücksichtigung von digitalen Endgeräten als Assistive Technologien ist somit ihre berufsethische Pflicht und steht in Zusammenhang mit Nussbaums Capability Approach. Dabei geht es nicht darum, dass sie diese Aufgaben allein bewältigen müssen. Es ist sinnvoll und notwendig, in interdisziplinären Teams zusammenzuarbeiten. Zweitens: (Digitale) Medien müssen als Extension des Leibes angesehen werden. Dies hat deutliche Auswirkungen auf die Praxis. Talker, Kommunikationskarten und andere Kommunikationsformen und Hilfsmittel müssen als ‚zum Menschen dazugehörig‘ verstanden und so behandelt werden. Es ist ethisch nicht vertretbar, Talker abzubauen oder auszuschalten, um ein mögliches Störverhalten zu verhindern (bspw. bei Gruppeninteraktionen). Dies gilt sowohl für komplexe Kommunikationshilfen als auch für diejenigen, bei denen bspw. nur einzelne Wörter ausgewählt werden können. Das Umfeld ist vielmehr verpflichtet, darauf zu achten, dass die Geräte jederzeit funktionstüchtig, aufgeladen und für den kommunizierenden Menschen erreichbar und bedienbar sind. Daraus leitet sich zudem die Verpflichtung ab, Äußerungen, die mithilfe von (digitalen) Medien entstehen, als verbale Äußerungen zu werten und zu behandeln. Diese Ansicht wird durch das Grundrecht der Kommunikation gestützt. Nur der bewusste Umgang mit den Kommunikationsmitteln und deren Einbezug in den Alltag der Menschen kann dazu führen, dass diese sich als selbstbestimmte Personen erleben und ein ‚Ich‘ im Sinne von Plessner ausbilden können, bei dem sie sich sowohl als Leibsein als auch als körperbeherrschend verstehen. Das heißt natürlich nicht, dass jedem kommunizierten Wunsch nachgekommen werden muss. Es geht ausschließlich um die Art und Weise der Kommunikation: als gleichberechtigt und auf Augenhöhe mit allen (lautsprachlich) kommunizierenden Mitmenschen. 7 Fazit und Ausblick Für eine gelingende gesellschaftliche Teilhabe von Menschen mit (komplexer) Behinderung ist die Ermöglichung der Kommunikation wichtig. Die Berücksichtigung dieser Fähigkeit ist ethisch geboten. Insbesondere Obhutspersonen von Menschen mit Kommunikationseinschränkungen sind verpflichtet, Angebote zur Meinungsäußerung zur Verfügung zu stellen. Zudem müssen sie den Menschen als Verbindung von Leibsein und Körperhaben im Sinne Plessners verstehen. Digitale Endgeräte müssen bei der Entwicklung von Kommunikationsfähigkeiten berücksichtigt werden. Geschieht dies nicht, obwohl der Einsatz von digitalen Medien zu einer Verbesserung der kommunikativen Situation des Menschen führen könnte, liegt eine Beeinträchtigung des Grundrechts auf Kommunikation vor. Dies wurde mithilfe der UN-BRK und des Capability Approach von Martha Nussbaum verdeutlicht. Für die sonder- und sozialpädagogische Praxis bedeuten diese Überlegungen, dass ein Umdenken im Hinblick auf den Umgang mit Menschen mit Behinderung und ihren Hilfsmitteln stattfinden muss. Die Hilfsmittel müssen als Extension des Leibes verstanden und als solche behandelt werden. Nur durch sie ist es den Menschen möglich, willentliche Handlung und/ oder Äußerungen vorzunehmen. Damit sie ihren Körper wirklich beherrschen können, ist es wichtig, dass die Mitmenschen sich über Leibsein und Körperhaben stets bewusst sind und dies in ihren pädagogischen Handlungen und Haltungen verdeutlichen. Dies geschieht bspw., indem sie Entscheidungen über den Körper, wie bei der Kleidungsauswahl, der Hygiene, der Nahrungsaufnahme usw. mit den Menschen besprechen und verdeutlichen, dass diese das letzte Wort haben. Alle Entscheidungen müssen die Integrität des eigenen Körpers berücksichtigen, welche sich aus dem Doppelsinn des Menschen ergibt. VHN 3 | 2023 238 LYNN HARTMANN Die (digitale) Extension des Leibes FACH B E ITR AG Die Wichtigkeit dieser Sichtweise auf Menschen mit (komplexer) Behinderung wurde aufgezeigt. Die Strukturen, die geschaffen werden müssen, um diese Überlegungen in die Praxis tragen zu können, liegen innerhalb der Ausbildung von sonder- und sozialpädagogischen Fachkräften. Die Themen digitale Medien, ethische Verpflichtungen durch den Fähigkeitenansatz und das Verständnis des Menschen als Leibsein und Körperhaben (bzw. Körperverfügen) müssen daher innerhalb der Aus- und Weiterbildung sowie der alltäglichen Arbeit sowohl einzeln als auch eng miteinander verwoben besprochen, analysiert und diskutiert werden. Neben der Berücksichtigung bei sonder- und sozialpädagogischen Ausbildungen und Studiengängen müssen die Themen auch innerhalb eines (Weiter-)Bildungsangebots für Mitarbeitende in sonder- und sozialpädagogischen Institutionen und Einrichtungen ermöglicht werden. Die ethischen Verpflichtungen, die sich aus diesen Überlegungen ergeben, beziehen sich auf alle Menschen, die mit Personen arbeiten oder leben, die von anderen Menschen abhängig sind (Obhutspersonen). Es ist unsere gesellschaftliche Pflicht, den oben ausgeführten Themen in allen relevanten Bereichen einen höheren Stellenwert zukommen zu lassen. 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