eJournals Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete 92/VHN Plus

Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete
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0017-9655
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
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2023
92VHN Plus

Fachbeitrag: Zum Zusammenhang von rezeptiven Wortschatzleistungen mit der sprachlichen, emotional-sozialen und der Schulleistungsentwicklung

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2023
Kathrin Mahlau
In Bildungsstudien wird der Wortschatz als Indikator für die sprachlichen Fähigkeiten von Kindern und Jugendlichen erhoben (Berendes, Weinert, Zimmermann & Artelt, 2013). Im Beitrag soll daher der Einfluss des rezeptiven Wortschatzes auf die weitere rezeptiv-sprachliche, emotional-soziale und schulische Entwicklung dargestellt werden. Dazu wird in einer Längsschnittstudie mit zwei Messzeitpunkten über fünf Jahre der Einfluss des rezeptiven Wortschatzes auf den Entwicklungsstand von Kindern/Jugendlichen mit unterschiedlichen Wortschatzleistungen in einem Drei-Gruppen-Vergleich verfolgt und mittels (M)ANCOVA inferenzstatistisch geprüft. Die Ergebnisse zeigen, dass sich die Gruppen im Wortschatz und in der Schulleistung – bis auf den Bereich Mathematik – signifikant unterscheiden. Es konnten jedoch nur wenige signifikante Unterschiede im Bereich der emotional-sozialen Entwicklung ermittelt werden.
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1 FACH B E ITR AG VHN plus VHN plus , 92. Jg. (2023) DOI 10.2378/ vhn2023.art32d © Ernst Reinhardt Verlag Zum Zusammenhang von rezeptiven Wortschatzleistungen mit der sprachlichen, emotional-sozialen und der Schulleistungsentwicklung Kathrin Mahlau Universität Greifswald Zusammenfassung: In Bildungsstudien wird der Wortschatz als Indikator für die sprachlichen Fähigkeiten von Kindern und Jugendlichen erhoben (Berendes, Weinert, Zimmermann & Artelt, 2013). Im Beitrag soll daher der Einfluss des rezeptiven Wortschatzes auf die weitere rezeptiv-sprachliche, emotional-soziale und schulische Entwicklung dargestellt werden. Dazu wird in einer Längsschnittstudie mit zwei Messzeitpunkten über fünf Jahre der Einfluss des rezeptiven Wortschatzes auf den Entwicklungsstand von Kindern/ Jugendlichen mit unterschiedlichen Wortschatzleistungen in einem Drei-Gruppen-Vergleich verfolgt und mittels (M)ANCOVA inferenzstatistisch geprüft. Die Ergebnisse zeigen, dass sich die Gruppen im Wortschatz und in der Schulleistung - bis auf den Bereich Mathematik - signifikant unterscheiden. Es konnten jedoch nur wenige signifikante Unterschiede im Bereich der emotional-sozialen Entwicklung ermittelt werden. Schlüsselbegriffe: Sprachverständnis, rezeptiver Wortschatz, emotional-soziale Entwicklung, Schulleistungen, Längsschnittstudie The Influence of Receptive Vocabulary Performance on Linguistic, Emotional-Social and School Performance Development Summary: Receptive vocabulary plays a central role in the acquisition of knowledge at school age and is surveyed in educational studies as an indicator of the linguistic abilities of children and adolescents (Berendes, Weinert, Zimmermann & Artelt, 2013). In this paper, we will therefore explicitly examine the influence of receptive vocabulary on further receptive language, emotional-social, and academic development. For this purpose, in a longitudinal study with two measurement points over five years, the influence of receptive vocabulary on the development of children or adolescents with different vocabulary performance is tracked in a 3-group comparison from the end of the primary school years to the end of the school period and tested inferentially by means of (M)ANCOVA. The results show that the groups differ significantly in vocabulary and in school performance except the mathematics domain. However, only a few significant differences in the area of emotional-social development between the groups could be determined. Keywords: Language comprehension, receptive vocabulary, emotional-social development, school performance, longitudinal study 1 Theoretischer Hintergrund Der rezeptive Wortschatzerwerb beginnt am Ende des ersten Lebensjahres mit den ersten verstandenen Wörtern (Kannengieser, 2021; Szammer, 2021; Kauschke, 2003) und kann bis zum Lebensende andauern (Glück, 2020). Unter rezeptivem - auch passivem - Wortschatz werden Worteinträge im Langzeitgedächtnis (mentales Lexikon) verstanden, deren Aktivie- VHN plus 2 KATHRIN MAHLAU Rezeptive Wortschatzleistungen FACH B E ITR AG VHN plus rungsschwelle tief genug ist, um passiv abgerufen zu werden, aber nicht tief genug, um aktiv verwendet zu werden. Dabei werden relationale Wortverbindungen (z. B. „ist älter als“) mit ungefähr eineinhalb Jahren verstanden. Mit vier Jahren kennt ein Kind die meisten der in längeren Geschichten vorhandenen Wörter und kann sie miteinander in Beziehung setzen (Kannengieser, 2021). Ein altersgerecht entwickeltes Kind beherrscht zum Zeitpunkt der Einschulung zwischen 9.000 und 14.000 Wörter rezeptiv (Rothweiler & Meibauer, 1999). Mit dem Beginn des schulischen Lernens werden nicht nur viele weitere neue Einträge erworben (neue Wörter aufgrund neuer Unterrichtsthemen, Fachsprache, Abstrakta), sondern die bereits vorhandenen Einträge im mentalen Lexikon, z. B. durch die Etablierung von Kategorien, effektiver strukturiert und ggf. neu miteinander verbunden. Inhalt und Aufgabe des rezeptiven Wortschatzerwerbs ist es, ein effektiver (i. S. von genauer und schneller) abrufbares Wortwissen zu entwickeln (Vergleich Begriff slowmapping nach McGregor, Newman, Reilly & Capone, 2002). Mit ansteigender Klassenstufe sind die neu zu erlernenden Wortkonzepte nicht mehr nur konkret erfahrbar, sondern zunehmend abstrakter. Zum einen zeichnet sich der Bildungswortschatz durch fachsprachliche Begriffe aus (z. B. „Äquator“), zum anderen durch morphosyntaktische Strukturen wie Nominalisierungen (z. B. „Nützliches“). Die wiederholte Begegnung und kognitive Auseinandersetzung mit den fachsprachlichen Begriffen und morphosyntaktischen Strukturen führen zum Verständnis der Wörter, ohne den Kontext zu benötigen, und tragen dazu bei, mehr und schneller Inhalte kognitiv zu erfassen (Mathiebe, 2019). Der in der Schule geforderte Wortschatz der Fach- und Bildungssprache(n) umfasst damit nicht nur Phonemfolgen, die mit einer Wortbedeutung verbunden sind, sondern wesentlich komplexere sprachliche Inhalte. Der rezeptive Wortschatz - als Teil des Sprachverständnisses - wird daher in vielen Bildungsstudien als Indikator für die sprachlichen Fähigkeiten von Kindern und Jugendlichen erhoben (Bachinger, Krelle, Engelbert-Kocher & von Eichhorn, 2022; Berendes et al., 2013). Da die rezeptive Wortschatzleistung von erheblicher Relevanz für den Bildungsweg ist, sollen im Folgenden Kinder und Jugendliche mit eingeschränkten Wortschatzleistungen genauer betrachtet werden, da sie die Zielgruppe der hier vorliegenden Studie bilden. Beim Aufbau eines fachsprachlichen Wortschatzes zeigen Jugendliche und auch Erwachsene mit (überwundenen oder kompensierten) Sprachentwicklungsstörungen deutliche Defizite, obwohl Auffälligkeiten in der Alltagssprache oft nicht mehr direkt zu erkennen sind. Studien belegen jedoch, dass von einer Sprachentwicklungsproblematik betroffene Personen bis ins Erwachsenenalter Probleme im Sprachverstehen haben können (Theisel & Wagner, 2018; Domahs, Steiner, Kauschke & Domahs, 2014; Dockrell, Lindsay & Connelly, 2009). Schüler/ innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf im Bereich Sprache zeigen zu etwa 60 % Einschränkungen beim Wortschatzerwerb, also auf der semantisch-lexikalischen Sprachebene (Glück, 2020). Auf der Sekundarstufe verweisen Schüler/ innen mit sprachlichem Förderbedarf in Selbstberichten zu über 80 % darauf, dass sie Probleme beim Erfassen von Wörtern haben (Kolonko & Seglias, 2014). Störungen des Wortschatzes, auch semantisch-lexikalische Störungen genannt, werden beschrieben als „erhebliche, nicht-altersgemäße, häufige und anhaltende Schwierigkeiten, die eigenen Äußerungsintentionen in angemessenen, lexikalisch besetzten Äußerungen auszudrücken, bzw. die Äußerungen anderer lexikalisch zu interpretieren“ (Glück & Elsing, 2014, S. 73). Nach der ICD-10-GM (F 80.2; DIMDI, 2022) liegt eine rezeptive Sprachstörung vor, wenn im Kontext einer umschriebenen Entwicklungsstörung das Sprachverständnis des Kindes unterhalb des seinem Intelligenzalter angemessenen Niveaus liegt. Die Symptome sind ursächlich auf VHN plus 3 KATHRIN MAHLAU Rezeptive Wortschatzleistungen FACH B E ITR AG VHN plus unterschiedliche Bedingungshintergründe zurückzuführen, die sich auf individuelle neurolinguistische Prozesse und spezifische Rahmenbedingungen im Erwerb semantischen und lexikalischen Wissens, der Speicherung oder des Abrufs verorten lassen (Glück, 2020). Aufgrund der zunehmend höher werdenden sprachlichen Anforderungen im späteren Kindes- und frühen Jugendalter kommt es zu erheblichen Problemen, die Inhalte komplexerer Strukturen (z. B. phonologisch komplexer Wörter, Substantivierungen) zu erfassen. Eine Vielzahl an Sekundärsymptomatiken begleitet Sprachverständnisstörungen (Hachul & Schönauer-Schneider, 2019; Kannengieser, 2021; Szammer, 2021; Till, Hartmann, Winkes & Rindlisbacher, 2017). Der in diesem Artikel betrachtete eingeschränkte Aufbau des rezeptiven Wortschatzes kann Teil einer umfassenden Sprachverständnisstörung sein, die in schwerwiegendem Maße die emotionale und soziale Entwicklung beeinflussen könnte. Die nachfolgend aufgezeigten Zusammenhänge mit der emotional-sozialen und der Lernentwicklung fokussieren Studien, die nicht nur die reine rezeptive Wortschatzentwicklung betreffen, sondern weitere Formen von Störungen der Sprachentwicklung, an denen Einschränkungen des rezeptiven Wortschatzes oftmals beteiligt sind. Kinder und Jugendliche mit Sprachentwicklungsstörungen sind hoch vulnerabel für psychosoziale Belastungen (Rißling, Ronniger, Petermann & Melzer, 2016) und damit „Risikokinder ersten Ranges für die Ausbildung psychiatrischer Störungen“ (Grimm, 2012, S. 151). Internationale Studien zeigen, dass bei Proband/ innen mit specific language impairment die Rate emotionaler Probleme bis zum Jugendalter erhöht bleibt (St. Clair, Pickles, Durkin & Conti-Ramsden, 2011) und gemeinsam mit gering ausgeprägten prosozialen Verhaltensweisen und Problemen mit Gleichaltrigen auftritt (Yew & O’Kearney, 2015). Weitere Untersuchungen verweisen darauf, dass Kinder mit Sprachauffälligkeiten von erheblicher sozialer Ausgrenzung betroffen sind (Mahlau & Salzberg-Ludwig, 2015). Bei etwa 30 % der Jungen und Mädchen mit spezifischen Sprachentwicklungsstörungen sind die psychischen Auffälligkeiten so erheblich, dass sie die Kriterien einer kinderpsychiatrischen Diagnose erfüllen. Dabei neigen Kinder und Jugendliche mit rezeptiven Sprachentwicklungsstörungen zu einer besonders massiven Symptomatik, da sie in erheblichem Maße kommunikativen Missverstehenssituationen und sozialer Verunsicherung ausgesetzt sind (Szammer, 2021). Für Jugendliche mit rezeptiven Sprachstörungen stellt das Verstehen komplexer, anspruchsvoller Bildungssprache, wie sie z. B. in den Erklärungen einer Lehrkraft verwendet wird, eine große Herausforderung dar (Krause et al., 2020). Das Aufgaben- und Leseverständnis ist in allen Fächern beeinträchtigt, da Informationen zunehmend aus Aufgaben ohne unterstützende kontextuelle oder visuelle Hinweise entschlüsselt werden müssen (Mahlau, 2022). Bei mehr als 50 % der Kinder und Jugendlichen mit rezeptiv-sprachlichen Störungen treten komorbide Störungen im Lernen auf (Noterdaeme & Amorosa, 1998). Die Ursachen dafür werden in unzureichenden sprachlichen (Sprachverständnis) und sprachverarbeitenden (z. B. metasprachliche Prozesse) Voraussetzungen vermutet (Catts & Kamhi, 1999). Dabei wird ein enger Zusammenhang zwischen bestimmten sprachlichen Auffälligkeiten wie isolierten Aussprachestörungen oder der Beteiligung mehrerer sprachlicher Ebenen, wie sie in der Regel bei spezifischen Sprachentwicklungsstörungen vorliegen, und einem gestörten Schriftspracherwerb angenommen (Arand, 1998; Catts & Kamhi, 1999; Hübner, 2015). Aus linguistischer Sicht stellt die Komponente des „Sprachverständnisses“ die Verbindung zur geschriebenen Sprache dar (Catts, Hogan & Adlof, 2009). Geringe Leistungen im Leseverständnis können ihre Ursache im eingeschränkten Bedeutungserwerb haben, welcher VHN plus 4 KATHRIN MAHLAU Rezeptive Wortschatzleistungen FACH B E ITR AG VHN plus sich bei schwachen Leser/ innen auch als unbemerktes Sprachproblem, als hidden language disorder (Hogan, 2019), erweisen kann. Die Verbindung zwischen eingeschränkten Sprachleistungen und mathematischem Lernen ist im Gegensatz zum Zusammenhang zwischen dem Schriftspracherwerb und sprachlichen Fähigkeiten erst in den letzten Jahren in den Fokus der Forschung (Röhm, Starke & Ritterfeld, 2017) und unterrichtlicher Förderkonzepte (Dittmann & Buschmann, 2021; Schröder, 2020) getreten. Da die Sprachkompetenz für den Mathematikunterricht von großer Bedeutung ist (Lorenz, 2010), stehen Mädchen und Jungen mit eingeschränktem Sprachverständnis vor besonderen Herausforderungen, die ihnen oftmals einen ungestörten Erwerb mathematischer Kompetenzen verwehren (Ritterfeld et al., 2013). In einer Reihe von Studien konnte zudem der Zusammenhang zwischen kognitiver und sprachlicher Entwicklung (Kiese-Himmel, 2012; Melzer, Rißling & Petermann, 2015; Theisel, Spreer & Glück, 2019), zwischen kognitiver Entwicklung und Schulleistung (Valerius & Sparfeldt, 2015; Kiese-Himmel, 2012; Theisel et al., 2019) sowie zwischen kognitiver Entwicklung und emotionalen und sozialen Belastungen (z. B. bei depressiven Symptomen [Cueni, Abbruzzese, Brühl & Herwig, 2015] oder Aufmerksamkeits- und emotionalen Störungen [Hellwig-Brida, Daseking, Petermann & Goldbeck, 2015; Schmidtendorf, Christmann & Heinrichs, 2012]) belegt werden. Um den zentralen Zusammenhang zwischen kognitiver Entwicklung und den in dieser Studie untersuchten Entwicklungs- und Lernbereichen zu berücksichtigen, soll die kognitive Entwicklung innerhalb der Analysen einbezogen werden. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass sowohl die emotional-soziale Entwicklung als auch der Erfolg in den Schulleistungsbereichen Rechtschreiben, Lesen und Mathematik maßgeblich von den sprachlichen Fähigkeiten, insbesondere vom Sprachverständnis, beeinflusst werden. Das Wortverständnis könnte dabei eine zentrale Rolle spielen. Angesichts dieser Befundlage verwundert es, dass der Zusammenhang zwischen rezeptivem Wortschatz und sozialem Verhalten/ emotionalem Befinden sowie zwischen rezeptivem Wortschatz und der Schulleistung von Schüler/ innen mit geringem rezeptivem Wortschatz in der Sekundarstufe in der Praxis und auch in der Forschung wenig Beachtung findet. Wenn, wie in den aufgeführten Studien gezeigt wurde, für unterschiedliche Formen von Beeinträchtigungen der Sprachentwicklung derartig schwerwiegende Auswirkungen auf die emotional-soziale Entwicklung und die Bildungsprozesse vorliegen, ist es bildungspolitisch und ethisch von Bedeutung herauszufinden, welche Entwicklungs- und Lernstände zum Ende der Regelschulzeit (9. Klassenstufe) bzw. im Übergang zur Berufsfindung bei Jugendlichen mit unterdurchschnittlichem Wortschatz im Vergleich zu Jugendlichen mit durchschnittlichen und überdurchschnittlichen Wortschatzleistungen vorliegen. 2 Fragestellung und Hypothesen In der vorliegenden Studie soll die Frage beantwortet werden, welchen Entwicklungsstand Kinder bzw. Jugendliche mit unterschiedlichen Wortschatzleistungen zum Ende der Grundschulzeit hinsichtlich ihrer Wortschatz-, emotional-sozialen und schulischen Entwicklung nach fünf Jahren (Ende der 9. Klassenstufe) erreichen. In den oben zitierten Studien werden diese Zusammenhänge für Proband/ innengruppen mit verschiedenen sprachlichen Störungen beschrieben. In der vorliegenden Studie soll daher geprüft werden, inwieweit sich ein Zusammenhang für Jugendliche mit unterschiedlichen rezeptiven Wortschatzentwick- VHN plus 5 KATHRIN MAHLAU Rezeptive Wortschatzleistungen FACH B E ITR AG VHN plus lungen zeigt. Dabei wird davon ausgegangen, dass bei Kindern bzw. Jugendlichen mit unterdurchschnittlichen Wortschatzleistungen Probleme innerhalb der Sprach-, der emotional-sozialen und der Schulleistungsentwicklung in stärkerem Ausmaß vorliegen als bei Proband/ innen mit durchschnittlichem oder überdurchschnittlichem Wortschatz. Es sollen folgende Hypothesen beantwortet werden: Es gibt einen Zusammenhang zwischen unterdurchschnittlichen, durchschnittlichen und überdurchschnittlichen Wortschatzleistungen zum Ende der Grundschulzeit und 1) dem Wortschatz am Ende der 9. Klassenstufe; 2) dem sozialen Verhalten, dem subjektiven schulischen Wohlbefinden, den ängstlichen und unlustvollen Erfahrungen, den depressiven Symptomen und dem sozialen Status am Ende der 9. Klassenstufe; 3) den schulischen Leistungen im Rechtschreiben, Lesen und in der Mathematik am Ende der 9. Klassenstufe. 3 Methode 3.1 Stichprobenbildung und Untersuchungsablauf In der vorliegenden Untersuchung wurde mit einem Subsample der Evaluationsstudie zum Rügener Inklusionsmodell gearbeitet, welche kleinstädtische und ländliche Gebiete umfasst. Insgesamt konnten N = 362 Proband/ innen an 22 Sekundarschulen über fünf Jahre in ihrer Entwicklung verfolgt werden. Für die Beantwortung der hier betrachteten Fragestellung wurden drei Gruppen gebildet. Die Gruppenbildung erfolgte auf der Grundlage der Klassifikation und der klinischen Interpretation neuropsychologischer Testergebnisse (SVNP, 2018). In die Gruppe „unterdurchschnittlicher Wortschatz“ (U-WS) wurden Proband/ innen aufgenommen, die im Wortschatztest des Culture Fair Intelligence Test - Revision (CFT 20-R; Weiß, 2010) zum Ende der 4. Klassenstufe einen T-Wert < 40 bzw. einen Prozentrang (PR) von < 16 hatten. Dies betraf n = 44 Proband/ innen. In die Gruppe der im Bereich Wortschatz durchschnittlich leistungsfähigen Kinder (D-WS) wurden Schüler/ innen aufgenommen, die einen T-Wert zwischen 40 und 60 bzw. einen PR zwischen 16 und ≤ 84 aufwiesen. Dies war bei n = 244 Proband/ innen der Fall. Überdurchschnittliche Werte (Ü-WS) erzielten Jungen und Mädchen, die einen T-Wert > 60 (PR ≥ 85) im Wortschatztest des CFT 20-R (Weiß, 2010) zeigten, was bei n = 74 Personen vorlag. In Tabelle 1 werden diese und weitere deskriptive Informationen zu den Gruppen dargestellt. Mittels einer einfaktoriellen Varianzanalyse konnten die signifikanten Unterschiede (Alpha-Fehler-Niveau 5 %) im Wortschatztest zum Messzeitpunkt (MZP) 1 zwischen den Gruppen bestätigt werden (F (2, 359) = 466.170, p < .001, partielles η 2 = .722 [extrem hoher Effekt]). Erwartungsgemäß zeigen die Post-hoc- Vergleiche (Bonferroni), dass sich alle Gruppen im rezeptiven Wortschatz voneinander signifikant unterscheiden (alle paarweisen Vergleiche p < .05). Auch die Konfidenzintervalle der Gruppen überschneiden sich nicht (U-WS: 95 % CI 32.45 - 35.59; D-WS: 95 % CI 50.56 - 51.89; Ü-WS: 95 % CI 63.35 - 65.77). Alle drei Gruppen waren vergleichbar bezüglich des Alters (F (2, 356) = 2.78, p = .06), jedoch nicht hinsichtlich der kognitiven Fähigkeiten, gemessen mit dem CFT 20-R (Weiß, 2010). Hier zeigen sich zwischen allen Gruppen signifikante Unterschiede (F (2, 359) = 32.821, p < .05, partielles η 2 = .155 [großer Effekt]), so dass der Intelligenzwert zum MZP 1 als Kovariate in die Effektberechnungen zum MZP 2 eingeht. VHN plus 6 KATHRIN MAHLAU Rezeptive Wortschatzleistungen FACH B E ITR AG VHN plus Die Proband/ innen wurden alle nach den Rahmenplänen der jeweiligen Schulform im 9. Schuljahr beschult. Sonderpädagogische oder pädagogische Förderschwerpunkte liegen in der U-WS zu 27.2 % (n = 2 sonderpädagogischer Förderbedarf Lernen; n = 10 Lese-Rechtschreibstörung), in der D-WS zu 3.6 % (n = 1 sonderpädagogischer Förderbedarf Lernen, n = 5 Lese-Rechtschreibstörung, n = 2 Dyskalkulie, n = 1 kombinierte Störung schulischer Fertigkeiten) und in der Ü-WS bei einem Schüler (1.4 %; sonderpädagogischer Förderbedarf emotionale und soziale Entwicklung) vor. Ein Migrationshintergrund lag bei keinem der teilnehmenden Kinder bzw. Jugendlichen vor. Die Erhebung zum beruflichen Status der Eltern - als Merkmal des sozioökonomischen Status - zeigt für die Gruppe der Proband/ innen mit unterdurchschnittlichem Wortschatz, dass die Väter zu 45.5 % eine Ausbildung (Mütter ebenfalls 45.5 %) und zu 4.5 % ein Studium (Mütter zu 2.3 %) hatten sowie ein Vater (2.3 %) arbeitslos oder ohne Ausbildung war (Mütter je 2.3 % arbeitslos und ohne Ausbildung). Für 47.7 % der Väter und 47.8 % der Mütter lagen keine Angaben aus der Gruppe der Kinder mit unterdurchschnittlichem Wortschatz vor. In der D-WS hatten 63.1 % der Väter eine Ausbildung (Mütter 68.9 %) und 4.1 % ein Studium (Mütter 4.5 %) absolviert, es waren weder Väter noch Mütter arbeitslos oder hatten keine Ausbildung. Für 32.8 % der Väter und 26.7 % der Mütter der D-WS liegen keine Angaben vor. In der Gruppe der Ü-WS haben 64.9 % der Väter und 71.6 % der Mütter eine Ausbildung und 13.5 % der Väter und 10.8 % der Mütter ein Studium abgeschlossen. Eine Mutter war arbeitslos (1.4 %). Für 13.5 % der Väter und 9.5 % der Mütter liegen keine Angaben vor. Die Erhebungen zu MZP 1 und MZP 2 erfolgten im Klassenverband an den teilnehmenden Schulen und lagen jeweils acht bis sechs Wochen vor den Sommerferien. Sie decken sich somit mit den Normierungszeiträumen der eingesetzten Schulleistungstests (s. Abb. 1). Gruppen N Geschlecht W (%) M Wortschatz T-Wert (SD) min./ max. M Intelligenz T-Wert (SD) min./ max. Alter (SD) min./ max. Schulform (%) U-WS 44 17 (38.6) 34.02 (4.58) 18.82/ 38.43 41.76 (8.25) 22.94/ 56.42 10; 6 (0.50) 10; 0/ 12; 1 Gy: 2 (4.5) RS: 35 (79.5) IGS: 2 (4.5) SFZ: 5 (11.4) D-WS 244 130 (53.3) 51.22 (5.93) 40.39/ 60.00 49.32 (10.22) 14.21/ 70.98 10; 5 (0.33) 9; 7/ 11; 7 Gy: 89 (36.5) RS: 146 (59.8) IGS: 9 (3.7) Ü-WS 74 34 (45.9) 64.56 (2.79) 61.96/ 73.73 56.36 (8.21) 30.22/ 72.43 10; 4 (0.34) 9; 6/ 11; 00 Gy: 54 (73.0) RS: 16 (21.6) IGS: 4 (5.4) Tab. 1 Deskriptive Angaben zu MZP 1 zu Anzahl und Geschlecht der Gruppen sowie Mittelwerte (SD) zu Wortschatz, Intelligenz, Alter und Schulform Anmerkungen: N: Anzahl; M/ W: männlich/ weiblich; M: Mittelwert; SD: Standardabweichung; min.: minimal; max.: maximal; Gy: Gymnasium; RS: Regionalschule; IGS: Integrierte Gesamtschule; SFZ: Sonderpädagogisches Förderzentrum; D-WS: Gruppe mit durchschnittlichen Wortschatzleistungen zum MZP 1; U-WS: Gruppe mit unterdurchschnittlichen Wortschatzleistungen zum MZP 1; Ü-WS: Gruppe mit überdurchschnittlichen Wortschatzleistungen zum MZP 1. VHN plus 7 KATHRIN MAHLAU Rezeptive Wortschatzleistungen FACH B E ITR AG VHN plus 3.2 Messinstrumente Einteilung der Gruppen Für die Einteilung der drei Gruppen wurde zur Erfassung des Wortschatzes der Wortschatztest aus dem CFT 20-R (Weiß, 2010) verwendet. Der verwendete Wortschatztest ist kein klassischer Wortschatztest, wie er in anderen Verfahren beispielsweise mittels Bilderkennung erfolgt, sondern misst den über den Grundwortschatz hinausgehenden Wortschatz der Umgangssprache. Dabei soll einem Triggerwort aus einer Auswahl von Wörtern aus demselben semantischen Feld das bedeutungsähnlichste zugeordnet werden. Nach Weiß (2010) wird die verbale Ausprägung der Verarbeitungskapazität erfasst, die als wichtiger Faktor der „Cristallized Ability“ gilt. Zur Erfassung der Grundintelligenz wurde der Grundintelligenztest des CFT 20-R (Weiß, 2010) eingesetzt, mit dem sprachfrei die Grundintelligenz im Sinne der „General Fluid Ability“ erfasst wird. Es werden das Erkennen und die Verarbeitung figuraler Beziehungen und formallogische Denkaufgaben auf unterschiedlichen Komplexitätsniveaus innerhalb einer vorgegebenen Zeit geprüft. Sprachliche Fähigkeiten n Wortschatztest des CFT 20-R Emotional-soziale Entwicklung n SDQ-D (Selbstauskunft) n PIQ (Selbstauskunft) n AFS n ADS n Sozialer Status Schulleistungen n HSP n SLS 2 -9 n DEMAT 9 Sprachliche und kognitive Fähigkeiten n Wortschatztest des CFT 20-R n CFT 20-R n Ermittlung der Lernausgangslage in Bezug auf den Wortschatz und die kognitive Entwicklung n Einteilung der Gruppen n Untersuchungen zur sprachlichen, emotional-sozialen und schulischen Entwicklung MZP 1 Mai/ Juni 2014 MZP 2 Mai/ Juni 2019 Anmerkungen: MZP: Messzeitpunkt; CFT 20-R: Grundintelligenztest Skala 2 - Revision (Weiß, 2010); SDQ: Strengths and Difficulties Questionnaire (Goodman, 2005); PIQ: Perceptions of Inclusion Questionnaire (Venetz, Zurbriggen, Eckhart, Schwab & Hessels, 2015); AFS: Angstfragebogen für Schüler (Wieczerkowski et al., 2016); ADS: Allgemeine Depressionsskala (Hautzinger, Bailer, Hofmeister & Keller, 2012); HSP: Hamburger Schreibprobe (May, 2012); SLS 2 -9: Salzburger Lesescreening 2 -9 (Mayringer & Wimmer, 2014); DEMAT 9: Deutscher Mathematiktest für 9. Klassen (Schmidt, Ennemoser & Krajewski, 2012). Abb. 1 Messzeitpunkte, Untersuchungsbereiche und eingesetzte Testverfahren VHN plus 8 KATHRIN MAHLAU Rezeptive Wortschatzleistungen FACH B E ITR AG VHN plus Emotionale und soziale Entwicklung Um Stärken und Schwächen im sozialen Verhalten zu erfassen, wurde der Strengths and Difficulties Questionnaire (SDQ-D; Goodman, 2005), ein in deutscher Übersetzung vorliegender Fragebogen, eingesetzt. Es werden ein Gesamtproblemwert (Zusammenfassung der vier Subtests: Emotionale Probleme, Verhaltensprobleme, Hyperaktivität, Probleme mit Gleichaltrigen) und ein weiterer Wert zum prosozialen Verhalten angegeben. Der SDQ liegt in verschiedenen Versionen vor. Für die hier vorliegende Studie wurde die Selbstauskunft der Schüler/ innen erhoben. Diese schätzten ihr Verhalten auf einer Dreierskala mit je fünf Items in jeder der fünf Subskalen ein. Zur Erfassung des subjektiven Wohlbefindens von Schüler/ innen in (inklusiven) Schulen wurde der Perceptions of Inclusion Questionnaire (PIQ; Venetz, Zurbriggen, Eckhart, Schwab & Hessels, 2015) verwendet. Mit dem Verfahren werden das emotionale Wohlbefinden, die soziale Inklusion und das akademische Selbstkonzept per Selbstauskunft erfasst und auf einer vierstufigen Likertskala anhand von insgesamt 12 Items eingeschätzt. Mit dem Angstfragebogen für Schüler (AFS; Wieczerkowski et al., 2016) wurden die ängstlichen und unlustvollen Erfahrungen von Schüler/ innen unter den Aspekten Prüfungsangst (15 Items), manifeste Angst (15 Items), Schulunlust (10 Items) und soziale Erwünschtheit (10 Items) geprüft. Auch hier geben die Jugendlichen eine Selbstauskunft anhand von Einschätzskalen (Auswahl zwischen „stimmt“ und „stimmt nicht“). Um depressive Symptome einzuschätzen, wurde die Allgemeine Depressionsskala (ADS; Hautzinger, Bailer, Hofmeister & Keller, 2012) - ebenfalls ein Selbstbeurteilungsinstrument - eingesetzt. Es werden mit Hilfe von 15 Items emotionale, motivationale, kognitive, somatische und motorische/ interaktionale Symptome durch die Jugendlichen beurteilt. Dabei gibt die/ der Jugendliche an, ob eine selbstbeschreibende Aussage innerhalb einer Woche selten oder überhaupt nicht (weniger als 1 Tag), manchmal (1 bis 2 Tage), öfters (3 bis 4 Tage) oder meistens bzw. die ganze Zeit (5 bis 7 Tage) auf sie/ ihn zutrifft. Die Erfassung der sozialen Statuskategorie erfolgte durch ein soziometrisches Nominierungsverfahren in Anlehnung an Blumenthal und Marten (2015). Für die Berechnung des soziometrischen Kennwertes wird sich am Vorgehen nach Moreno (1967) orientiert, wonach sich die allgemeine soziale Integration am Wahl- und Ablehnungsstatus der Mitschüler/ innen errechnen lässt. Die Befragung erlaubt Aussagen darüber, wie gut die Schüler/ innen in der Klasse akzeptiert sind. Den einzelnen Schüler/ innen wird - je nach Antworten aller Mitschüler/ innen der Klasse - eine der folgenden Statusgruppen zugeordnet: beliebt (hohe Beliebtheit, geringe Ablehnung), durchschnittlich (weder besonders beliebt noch besonders abgelehnt), vernachlässigt (geringe Beliebtheit, geringe Ablehnung), abgelehnt (geringe Beliebtheit, hohe Ablehnung) und kontroversiell (hohe Beliebtheit, hohe Ablehnung). Schulleistung Zur Erfassung der Rechtschreibleistungen wurde die Hamburger Schreibprobe (HSP; May, 2012) als Klassentestung durchgeführt. Geprüft wurden das orthografische Strukturwissen und die grundlegenden Rechtschreibstrategien. Die Schüler/ innen tragen von der Lehrkraft vorgegebene Wörter oder Sätze in ein Testheft ein. Die Auswertung erfolgt auf Basis von Kompetenzstufen. Das Salzburger Lesescreening 2 - 9 (SLS 2 - 9; Mayringer & Wimmer, 2014) diente der Beurteilung von Schüler/ innen mit Schwächen in der basalen Lesefertigkeit. Im SLS 2 - 9 wird VHN plus 9 KATHRIN MAHLAU Rezeptive Wortschatzleistungen FACH B E ITR AG VHN plus die Lesegeschwindigkeit über das Lesen und Beurteilen der Sinnhaftigkeit von Satzaussagen erfasst. Um die mathematische Leistungsfähigkeit beurteilen zu können, wurde der Deutsche Mathematiktest für 9. Klassen (DEMAT 9; Schmidt, Ennemoser & Krajewski, 2012) als Gruppentest eingesetzt. Es werden drei Inhaltsbereiche (Messen/ Raum und Form, Funktioneller Zusammenhang, Daten und Zufall) mit insgesamt neun Subtests geprüft. 3.3 Auswertungsverfahren und statistische Prüfgrößen Zur Prüfung der drei Hypothesen wurden für den Wortschatztest (CFT 20-R Wortschatztest; Weiß, 2010), die ADS (Hautzinger et al., 2012) und das soziometrische Nominierungsverfahren (Blumenthal & Marten, 2015) einfaktorielle Varianzanalysen unter Berücksichtigung der Kovariate Intelligenz (ANCOVA) sowie für jedes der weiteren untersuchten Konstrukte multivariate Ko-Varianzanalysen (PIQ [Venetz et al., 2015]: drei Subtests, SDQ [Goodman, 2005]: zwei Subtests, AFS [Wieczerkowski et al., 2016]: vier Subtests, Schulleistungen: HSP [May, 2012] + SLS 2 - 9 [Mayringer & Wimmer, 2014] + DEMAT 9 [Schmidt et al., 2012]: drei Subtests) (MANCOVA) gerechnet. Fehlende Werte einzelner Proband/ innen wurden durch multiple Imputationen (Böwing‐Schmalenbrock & Jurczok, 2012) ersetzt. Mit Ausnahme des SDQ (hier Rohwerte), der sozialen Statuskategorie (hier Integrationsstatus IST) und des SLS (hier Lesequotient) wurden alle Tests über die T-Werte analysiert. Die Voraussetzungen hierfür waren mit Ausnahme einzelner Untertests erfüllt. Da varianzanalytische Verfahren recht robust gegenüber leichten Verletzungen sind (Bortz & Döring, 2006), wurden alle Analysen wie geplant durchgeführt. ANCOVA bzw. MANCOVA werden eingesetzt, wenn das Ziel der Analyse die Untersuchung eines Gruppeneffekts (Vergleiche dreier Extremgruppen) auf eine metrische Variable ist (rezeptiver Wortschatz, emotionale und soziale Entwicklung, Schulleistungen) und zusätzlich für einen oder mehrere metrische(n) Faktor(en) (Kovariate = hier Maß der kognitiven Entwicklung zur Lernausgangslage) kontrolliert werden soll. Dabei wird angenommen, dass Kovariaten einen Einfluss auf die abhängige Variable haben und für diesen Einfluss kontrolliert werden, um Störvariablen zu eliminieren und die Varianz innerhalb der Gruppen zu reduzieren. Die Signifikanzprüfung (mittels Statistiksoftware SPSS) erfolgt nach der Bonferroni-Korrektur, mit deren Hilfe die Alphafehler-Kumulierung (= Anstieg der Wahrscheinlichkeit einer Falschaussage mit der Anzahl der durchgeführten Tests) bei multiplen Paarvergleichen (Post-hoc- Mehrfachvergleich) neutralisiert wird. 4 Ergebnisse 4.1 Hypothese 1: rezeptiver Wortschatz Prüfung des rezeptiven Wortschatzes mittels Wortschatztest des CFT 20-R (Weiß, 2010) Die Hypothesenprüfung (ANCOVA) zeigte über alle Gruppen mit F (2, 358) = 50.335, p < .05, einen signifikanten Haupteffekt unter Kontrolle der kognitiven Entwicklung zum MZP 1 (s. Tab. 2). Das partielle η 2 = .219 verwies auf einen großen Effekt. Die T-Werte verwiesen in der U-WS im Mittel auf weiterhin unterdurchschnittliche Werte. Die Gruppenmittelwerte der D-WS und der Ü-WS lagen beide am Ende der 9. Klassenstufe im Durchschnittsbereich (s. Abb. 2). Insgesamt erreichten zu MZP 2 68.2 % der Jugendlichen in der unterdurchschnittlichen Wortschatzgruppe wiederum unterdurch- VHN plus 10 KATHRIN MAHLAU Rezeptive Wortschatzleistungen FACH B E ITR AG VHN plus schnittliche Leistungen (T-Wert < 40) und 31.8 % durchschnittliche Wortschatzleistungen (40 ≤ T-Wert ≤ 60), überdurchschnittliche Leistungen (T-Wert > 60) lagen in dieser Gruppe nicht vor. In der D-WS zeigten 13.1 % unterdurchschnittliche Wortschatzleistungen, 86.1 % lagen im durchschnittlichen und 0.8 % im überdurchschnittlichen Bereich. Die Jugendlichen mit am Ende der 4. Klasse überdurchschnittlichen Wortschatzleistungen (Ü-WS) zeigten am Ende der 9. Klassenstufe zu 1.4 % unterdurchschnittliche Leistungen, zu 90.5 % durchschnittliche Leistungen und zu 8.1 % überdurchschnittliche Leistungen (s. Abb. 3). Gruppe N M Min. Max. SD Gruppen Mittlere Differenz Standardfehler p (2-seitig) U-WS 44 37.64 11 49 7.11 D-WS -7.49 1.01 < .001 Ü-WS -12.26 1.22 < .001 D-WS 244 45.13 31 64 6.06 U-WS 7.49 1.01 < .001 Ü-WS -4.77 0.82 < .001 Ü-WS 74 49.89 29 64 6.60 U-WS 12.26 1.22 < .001 D-WS 4.77 0.82 < .001 Tab. 2 Mittelwertvergleich im Bereich des rezeptiven Wortschatzes, erhoben durch den CFT 20-R Wortschatztest (Weiß, 2010) am Ende von Klasse 9 Anmerkungen: N: Anzahl; M: Mittelwert; Min.: Minimum; Max.: Maximum; SD: Standardabweichung; p: Signifikanzwert; D-WS: Gruppe mit durchschnittlichen Wortschatzleistungen zum MZP 1; U-WS: Gruppe mit unterdurchschnittlichen Wortschatzleistungen zum MZP 1; Ü-WS: Gruppe mit überdurchschnittlichen Wortschatzleistungen zum MZP 1. 70 60 50 40 30 20 10 0 U-WS D-WS Ü-WS n MZP 1 T-Werte n MZP 2 T-Werte n MZP 1 Rohwerte n MZP 2 Rohwerte 17,5 27,2 24,3 49,89 64,56 25 45,13 51,22 20,1 8,8 37,64 34,02 Anmerkungen: MZP: Messzeitpunkt; D-WS: Gruppe mit durchschnittlichen Wortschatzleistungen zum MZP 1; U-WS: Gruppe mit unterdurchschnittlichen Wortschatzleistungen zum MZP 1; Ü-WS: Gruppe mit überdurchschnittlichen Wortschatzleistungen zum MZP 1. Abb. 2 Vergleich Wortschatz zwischen MZP 1 und MZP 2 zwischen den Gruppen VHN plus 11 KATHRIN MAHLAU Rezeptive Wortschatzleistungen FACH B E ITR AG VHN plus 4.2 Hypothese 2: Emotionale und soziale Entwicklung Prüfung des Problem- und prosozialen Verhaltens mittels SDQ (Goodman, 2005) Die Hypothesenprüfung (MANCOVA) zeigte über alle Gruppen für den Gesamtproblemwert V = .007, F (2, 358) = .929, p > .05, (Pillai-Spur) keinen signifikanten Haupteffekt unter Kontrolle der kognitiven Entwicklung zum MZP 1. Das prosoziale Verhalten war zwischen den Gruppen ebenfalls mit F (2, 358) = .508, p > .05, nicht signifikant. Die Mittelwerte des SDQ zeigten sowohl im Gesamtproblemwert als auch im prosozialen Verhalten Werte im Normalbereich, wobei das prosoziale Verhalten in allen Gruppen von den Jugendlichen tendenziell gering eingeschätzt wurde. Prüfung des emotionalen Wohlbefindens, der sozialen Inklusion und des akademischen Selbstkonzepts mittels PIQ (Venetz et al., 2015) Die MANCOVA zeigte über die Gesamtgruppe und alle abhängigen Variablen hinweg V = .044, F (2, 358) = 2.665, p < .05, einen signifikanten Haupteffekt. Der Test auf univariate Unterschiede zeigte, dass im Subtest „Akademisches Selbstkonzept“ zwischen der Ü-WS und der D-WS (p = .002) sowie zwischen der Ü-WS und der U-WS (p = .008) signifikante Effekte vorlagen. Die Effektstärke war mit partiellem η 2 = .022 jedoch klein. Prüfung schulischer Angstproblematik mittels AFS (Wieczerkowski et al., 2016) Die MANCOVA ergibt über die Gesamtgruppe und alle abhängigen Variablen hinweg V = .057, F (8, 712) = 2.623, p < .05, und weist damit einen signifikanten Haupteffekt auf. Die 120 100 80 60 40 20 0 in Prozent U-WS D-WS Ü-WS MZP 1 MZP 2 MZP 1 MZP 2 MZP 1 MZP 2 0 0 0 0,8 8,1 100 31,8 68,2 100 0 86,1 13,1 0 100 90,5 1,4 Wortschatzleistung n unterdurchschnittlich n durchschnittlich n überdurchschnittlich Anmerkungen: MZP: Messzeitpunkt; D-WS: Gruppe mit durchschnittlichen Wortschatzleistungen zum MZP 1; U-WS: Gruppe mit unterdurchschnittlichen Wortschatzleistungen zum MZP 1; Ü-WS: Gruppe mit überdurchschnittlichen Wortschatzleistungen zum MZP 1. Abb. 3 Anteile der Proband/ innen innerhalb der Extremgruppen zu MZP 1 und MZP 2 VHN plus 12 KATHRIN MAHLAU Rezeptive Wortschatzleistungen FACH B E ITR AG VHN plus Tests auf univariate Unterschiede zeigten für die Subtests „Prüfungsangst“ und „Schulunlust“ signifikante Unterschiede zwischen den Gruppen. Im Bereich „Prüfungsangst“ unterschieden sich die D-WS und Ü-WS (p = .018) signifikant. Im Subtest „Schulunlust“ zeigte sich ebenfalls ein signifikanter Unterschied zwischen der D-WS und der Ü-WS (p = .002). Die Effektstärken waren mit η 2 = .023 (Prüfungsangst) klein und mit η 2 = .003 (Schulunlust) zu vernachlässigen. Für die Subtests „Manifeste Angst“ und „Soziale Erwünscht- Perceptions of Inclusion Questionnaire: Akademisches Selbstkonzept Gruppe N M Min. Max. SD Gruppen Mittlere Differenz Standardfehler p (2-seitig) U-WS 44 49.26 36.01 64.95 7.09 D-WS -0.96 1.17 1.000 Ü-WS -4.27 1.41 .008 D-WS 244 50.22 32.80 64.95 7.18 U-WS 0.96 1.17 1.000 Ü-WS -3.31 0.95 .002 Ü-WS 74 53.53 39.23 64.95 6.25 U-WS 4.27 1.41 .008 D-WS 3.31 0.95 .002 Angstfragebogen für Schüler: Prüfungsangst Gruppe N M Min. Max. SD Gruppen Mittlere Differenz Standardfehler p (2-seitig) U-WS 44 49.91 31.00 73.00 10.26 D-WS -0.44 1.69 1.000 Ü-WS 3.36 2.05 .303 D-WS 244 49.72 31.00 73.00 9.97 U-WS 0.44 1.69 1.000 Ü-WS 3.80 1.38 .018 Ü-WS 74 45.35 31.00 73.00 10.13 U-WS -3.36 2.05 .303 D-WS -3.80 1.38 .018 Angstfragebogen für Schüler: Schulunlust Gruppe N M Min. Max. SD Gruppen Mittlere Differenz Standardfehler p (2-seitig) U-WS 44 49.66 30.00 73.00 9.49 D-WS -1.33 1.56 1.000 Ü-WS 2.97 1.89 .354 D-WS 244 50.89 30.00 73.00 8.94 U-WS 1.33 1.56 1.000 Ü-WS 4.30 1.27 .002 Ü-WS 74 46.50 30.00 73.00 10.16 U-WS -2.97 1.89 .354 D-WS -4.30 1.27 .002 Anmerkungen: N: Anzahl; M: Mittelwert; Min.: Minimum; Max.: Maximum; SD: Standardabweichung; p: Signifikanzwert; D-WS: Gruppe mit durchschnittlichen Wortschatzleistungen zum MZP 1; U-WS: Gruppe mit unterdurchschnittlichen Wortschatzleistungen zum MZP 1; Ü-WS: Gruppe mit überdurchschnittlichen Wortschatzleistungen zum MZP 1. Tab. 3 Mittelwertvergleiche im Bereich der emotionalen und sozialen Entwicklung am Ende von Klasse 9 (wenn Haupteffekte signifikant) VHN plus 13 KATHRIN MAHLAU Rezeptive Wortschatzleistungen FACH B E ITR AG VHN plus heit“ ergab sich kein signifikanter Unterschied zwischen den Gruppen. Prüfung depressiver Symptome mit der ADS (Hautzinger et al., 2012) Die ANCOVA zur Auswertung zeigte über alle Gruppen mit F (2, 358) = 1.777, p > .05, keinen signifikanten Haupteffekt unter Kontrolle der kognitiven Entwicklung zum MZP 1. Prüfung der sozialen Statuskategorie gemessen über den IST des sozialen Nominierungsverfahrens (Blumenthal & Marten, 2015) Der Mittelwertunterschied wurde ebenfalls mittels ANCOVA berechnet und zeigte mit F (2, 358) = .071, p > .05, keinen signifikanten Haupteffekt unter Kontrolle der kognitiven Entwicklung zum MZP 1. Die Prozentanteile der Statuskategorien sind in Abbildung 4 dargestellt, und in Tabelle 3 sind die Angaben für die Post-hoc-Vergleiche mit signifikanten Haupteffekten dargestellt. 4.3 Hypothese 3: Schulleistungsentwicklung Prüfung der schulischen Leistungsfähigkeit mittels HSP (May, 2012), SLS (Mayringer & Wimmer, 2014) und DEMAT 9 (Schmidt et al., 2012) Die Hypothesenprüfung erfolgte über alle Verfahren und Gruppen mittels MANCOVA. Das Ergebnis zeigte über alle Gruppen V = 0.187 (Pillai-Spur) F (2, 358) = 12.297, p < .05, einen signifikanten Haupteffekt unter Kontrolle der kognitiven Entwicklung zum MZP 1. Die Effektstärke verwies mit η 2 = .094 auf einen mittleren Effekt. Der Test auf univariate Unterschiede zeigte für alle drei Schulleistungstests signifikante Unterschiede zwischen den Gruppen: Rechtschreibung F (2, 358) = 17.439, p < .05 (partielles η 2 = .089; mittlerer Effekt); Lesen F (2, 358) = 18.699, p < .05 (partielles η 2 = .095; mittlerer Effekt), und Mathematik F (2, 358) = 22.048, p < .05 (partielles η 2 = .110; mittlerer Effekt). Sämtliche Standardwerte entsprachen mindestens einer durchschnittlichen Leistungsfähigkeit (s. Tab. 4). 70 60 50 40 30 20 10 0 in Prozent abgelehnt beliebt durchschnittlich kontroversiell vernachlässigt 6,8 18,9 17,6 13,6 25,4 20,3 63,9 42,2 45,9 11,4 8,2 13,5 4,5 5,3 2,7 n U-WS n D-WS n Ü-WS Anmerkungen: D-WS: Gruppe mit durchschnittlichen Wortschatzleistungen zum MZP 1; U-WS: Gruppe mit unterdurchschnittlichen Wortschatzleistungen zum MZP 1; Ü-WS: Gruppe mit überdurchschnittlichen Wortschatzleistungen zum MZP 1. Abb. 4 Statuskategorien zwischen den Gruppen VHN plus 14 KATHRIN MAHLAU Rezeptive Wortschatzleistungen FACH B E ITR AG VHN plus 5 Diskussion Ziel dieser Studie war es, den Zusammenhang zwischen den rezeptiven Wortschatzleistungen zum Ende der Grundschulzeit (Ende Klasse 4) und den rezeptiven Wortschatzleistungen, der emotional-sozialen und der Schulleistungsentwicklung zum Ende der Regelschulzeit (Ende Klasse 9) durch einen Mehrgruppenversuchsplan zu prüfen. Anmerkungen: N: Anzahl; M: Mittelwert; Min.: Minimum; Max.: Maximum; SD: Standardabweichung; p: Signifikanzwert; D-WS: Gruppe mit durchschnittlichen Wortschatzleistungen zum MZP 1; U-WS: Gruppe mit unterdurchschnittlichen Wortschatzleistungen zum MZP 1; Ü-WS: Gruppe mit überdurchschnittlichen Wortschatzleistungen zum MZP 1. Hamburger Schreibprobe Gruppe N M Min. Max. SD Gruppen Mittlere Differenz Standardfehler p (2-seitig) U-WS 44 44.18 28 70 9.62 D-WS -6.92 1.51 < .001 Ü-WS -10.79 1.83 < .001 D-WS 244 52.88 29 70 9.36 U-WS 6.92 1.51 < .001 Ü-WS -3.87 1.23 .005 Ü-WS 74 58.35 36 70 8.74 U-WS 10.79 1.83 < .001 D-WS 3.87 1.23 .005 Salzburger Lesescreening Gruppe N M Min. Max. SD Gruppen Mittlere Differenz Standardfehler p (2-seitig) U-WS 44 86.45 62 107 12.23 D-WS -8.69 2.15 < .001 Ü-WS -15.86 2.61 < .001 D-WS 244 96.97 62 133 13.76 U-WS 8.69 2.15 < .001 Ü-WS -7.17 1.76 < .001 Ü-WS 74 105.80 82 135 10.74 U-WS 15.86 2.61 < .001 D-WS 7.17 1.76 < .001 Deutscher Mathematiktest für 9. Klassen Gruppe N M Min. Max. SD Gruppen Mittlere Differenz Standardfehler p (2-seitig) U-WS 44 40.97 31 55 6.19 D-WS -2.87 1.22 .058 Ü-WS -8.73 1.48 < .001 D-WS 244 46.49 31 68 8.48 U-WS 2.87 1.22 .058 Ü-WS -5.86 1.00 < .001 Ü-WS 74 54.73 36 70 7.76 U-WS 8.73 1.481 < .001 D-WS 5.86 1.00 < .001 Tab. 4 Mittelwertvergleiche im Bereich der Schulleistungsentwicklung am Ende von Klasse 9 VHN plus 15 KATHRIN MAHLAU Rezeptive Wortschatzleistungen FACH B E ITR AG VHN plus 5.1 Einordnung der Hypothese 1: Wortschatz Die mit dem CFT 20-R Wortschatztest (Weiß, 2010) erhobenen rezeptiven Wortschatzleistungen erwiesen sich zwischen der unterdurchschnittlichen, der durchschnittlichen und der überdurchschnittlichen Gruppe auch noch nach fünf Schuljahren - unter Kontrolle der kognitiven Entwicklung - als signifikant unterschiedlich. Dies bedeutet, dass sich die rezeptiven Wortschatzleistungen der Gruppen im Mittel über die gesamte Sekundarstufe hinweg unterscheiden. Zudem zeigen sich in der vorliegenden Studie zwei weitere, bedeutende Ergebnisse. Zum einen gelingt es den ehemals unterdurchschnittlichen Wortschatzlerner/ innen, ihre Wortschatzleistung im Mittel um drei T-Wertpunkte zu steigern (von T-Wert = 34 zum MZP 1 auf T-Wert = 37 zum MZP 2). Ein detaillierter Blick auf die Leistungsverteilung in dieser Subgruppe offenbart, dass es einem knappen Drittel der Jugendlichen möglich war, ihren Wortschatz in den Bereich der Durchschnittsleistung zu verbessern. Es kann vermutet werden, dass die Förderung des rezeptiven Wortschatzes innerhalb des schulischen und familiären Kontextes für diese Jugendlichen gelingt. Leider bleiben jedoch bei zwei Dritteln der Proband/ innen die unterdurchschnittlichen rezeptiven Wortschatzleistungen unterdurchschnittlich. Hier wird deutlich, dass für diese Gruppe von Kindern bzw. Jugendlichen eine frühe und gezielte Wortschatzdiagnostik und -förderung notwendig ist. Dies betrifft die frühzeitige und beständige familiäre Anregung - z. B. durch das gemeinsame Anschauen von altersgerechten Büchern, verbunden mit einem Gespräch über den Inhalt („dialogisches Lesen“) - genauso wie fachgerechte schulische Maßnahmen. Im Unterricht jeder Schulform sollte mindestens ein jährliches Wortschatzscreening verpflichtend sein, um potenziell schwache Wortschatzlerner/ innen zu erfassen und anschließend deren genauen Sprachentwicklungsstand mit differenzierteren Diagnostikverfahren abzuklären (Glück, Reber, Spreer & Theisel, 2014). Im Unterricht möglichst jeder Schulform, aber mindestens in den Förder- und Regionalschulen, sind unterrichtsimmanente Strategien einzusetzen, die gezielt den Wortschatz fördern. Im Bereich der Sekundarstufe bieten sich hierfür Übungen zur Strukturierung des Wortschatzes an, Handlungsmöglichkeiten zum selbstständigen Erwerb von Wörtern (Fragehaltung aufbauen, aktive Suche nach unbekannten Wörtern) und das Einsetzen effektiver Strategien zur verbesserten Speicherung von Wörtern (Motsch, Marks & Ulrich, 2016). Zum anderen zeigen sich bei den ehemals überdurchschnittlichen Wortschatzlerner/ innen erhebliche Leistungseinbußen. Im Mittel ist diese Gruppe nun nicht mehr überdurchschnittlich, sondern als durchschnittlich einzustufen. Dies betrifft sogar mit über 90 % den weitaus größten Teil der ehemals überdurchschnittlichen Wortschatzlerner/ innen. Die Anregungen zum rezeptiven Wortschatzlernen sind für Schüler/ innen mit sehr guter Leistungsfähigkeit in dieser Entwicklungsphase offensichtlich weniger gelungen. Unterrichtsimmanente Anregungen zum Wortschatzlernen, die beispielswiese phonologisch ähnliche Wörter oder fremdsprachliche Wörter berücksichtigen, sind daher auch für diese Gruppe notwendig. Möglicherweise liegt dieses Ergebnis aber auch am eingesetzten Verfahren, welches nicht den Bildungs- und Fachwortschatz misst (vgl. dazu Ganteford & Roth, 2010), sondern den Wortschatz der Umgangssprache und damit eher Hinweise zum rezeptiven Wortschatz aus dem Bereich der Alltagssprache zulässt. Zudem muss beachtet werden, dass es sich beim vorliegenden Ergebnis auch um Deckeneffekte im Sinne einer Messabweichung handeln könnte, sich also überdurchschnittliche Leistungen mit dem verwendeten Test nicht differenziert abbilden lassen. In diesem Zusammenhang sollte beachtet werden, dass die späteren Testitems, zumindest die 10 Items des letzten Drittels, nach einem VHN plus 16 KATHRIN MAHLAU Rezeptive Wortschatzleistungen FACH B E ITR AG VHN plus Blick auf die Schwierigkeitsindizes der einzelnen Items (Weiß, 2010, S. 26f.) deutlich schwieriger zu lösen sind als die Items in den ersten beiden Dritteln des Wortschatztests. Eine weitere Verbesserung ist bei bereits hohem Testergebnis daher deutlich schwerer zu erreichen. Eine andere Erklärung für dieses Phänomen ist das Auftreten einer regression to the mean (Zwingmann & Wirtz, 2005). Bei der „Regression zur Mitte“ liegen die Messwerte allein aufgrund statistischer Variabilität näher am Populationsmittelwert als die Ausgangswerte. Dieser Effekt zeigt sich insbesondere in Längsschnittstudien, wenn, wie in der vorliegenden, Extremgruppen betrachtet werden. Sowohl die ehemals unterals auch die ehemals überdurchschnittlichen Proband/ innen zeigen eine Tendenz zur Mitte, die bei der überdurchschnittlichen Gruppe besonders deutlich ausfällt. Möglicherweise handelt es sich bei den Ergebnissen daher auch um einen statistischen Zufall, ohne dass andere Variablen einen Einfluss hatten. Vergleichsweise stabil zeigt sich dagegen die Leistungsfähigkeit in der Gruppe der ehemals durchschnittlichen Kinder. Hier haben 86,1 % mit deutlicher Mehrheit eine weiterhin durchschnittliche Wortschatzleistung, 13,1 % verschlechtern ihre Wortschatzleistungen und 0,8 % steigern sie. Ein deskriptiver Vergleich der Rohwerte konkretisiert die dargelegten Ergebnisse. In der U-WS steigerten die Proband/ innen ihre Wortschatzleistungen um gut 11 Wörter (MZP 1: 8,8 vs. MZP 2: 20,1), die D-WS um 7.5 Wörter (MZP 1: 17.5 vs. MZP 2: 25) und die Ü-WS lediglich um knapp drei Wörter (MZP 1: 24.3 vs. MZP 2: 27.2). Allerdings lässt sich feststellen, dass die Leistungen der unterdurchschnittlichen Wortschatzlerner/ innen zum Ende der 9. Klasse im Mittel nicht die Leistungsfähigkeit der überdurchschnittlichen Wortschatzlerner/ innen fünf Jahre vorher erreichen und sie auch im Vergleich zur durchschnittlichen Gruppe immerhin noch fünf Wörter weniger kennen. Sie lernen folglich ihre gesamte Sekundarschulzeit mit einem deutlich geringeren rezeptiven Wortschatzkorpus, auch wenn dieser sich dem der durchschnittlichen Proband/ innen annähert. Dieses Problem gilt es im Unterricht der Sekundarstufe mit effektiven Strategien (z. B. eine vorbereitende Wortschatzförderung: Phonologie und Semantik von Fremd- und Fachwörtern werden eingeführt, bevor sie im Fachunterricht verwendet werden) zu mindern. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Ergebnisse dem Einfluss einer Regression zur Mitte unterliegen könnten, es aber vermutlich auch die schulischen Rahmenbedingungen sind, die die Gruppe der unterdurchschnittlichen Wortschatzlerner/ innen begünstigen. Hier zeigt sich ein deutlicher Nachteil für die ehemals durchschnittlichen und überdurchschnittlichen Schüler/ innen. Aber auch das Ergebnis der U-WS bildet keine zufriedenstellende Leistung ab. Den rezeptiven Wortschatz frühzeitig zu erfassen (Szammer, 2021) und ihn vor dem Hintergrund individueller Leistungsfähigkeit - ggf. gezielt mit Strategien einer unterrichtsimmanenten Wortschatzförderung (Reber & Schönauer-Schneider, 2022) oder evidenzbasierten Förderprogrammen (Schneider, 2019) - zu fördern, stellt eine noch unbefriedigend umgesetzte und trotzdem wichtige Aufgabe im deutschen Bildungssystem dar. 5.2 Einordnung der Hypothese 2: Emotionale und soziale Entwicklung Der vermutete Zusammenhang zwischen Wortschatzleistungen zum Ende der Grundschulzeit und dem späteren sozialen (Problem-)Verhalten und dem prosozialen Verhalten (s. SDQ, Goodman, 2005) kann nicht inferenzstatistisch belegt werden. Der Unterschied beider SDQ- Subskalen wird zwischen den Wortschatzgruppen nicht signifikant. Die Werte liegen in allen Gruppen im Durchschnittsbereich. VHN plus 17 KATHRIN MAHLAU Rezeptive Wortschatzleistungen FACH B E ITR AG VHN plus Die mit dem PIQ (Venetz et al., 2015) gemessenen Subskalen zum emotionalen Wohlbefinden, zur sozialen Inklusion und zum akademischen Selbstkonzept zeigen zwischen überdurchschnittlichen und durchschnittlichen Wortschatzlerner/ innen sowie zwischen überdurchschnittlichen und unterdurchschnittlichen Wortschatzlerner/ innen signifikante Unterschiede im Subtest „Akademisches Selbstkonzept“ zugunsten der Gruppe mit einem überdurchschnittlichen Wortschatz. Ein Unterschied zwischen den Gruppen der durchschnittlichen und der unterdurchschnittlichen Proband/ innen zeigt sich dagegen nicht. Auch die Normwerte spiegeln in beiden Gruppen durchschnittliche Leistungen wider. Es liegen also keine Einschränkungen im emotionalen Wohlbefinden, im akademischen Selbstkonzept und in der sozialen Inklusion vor. Das emotionale Wohlbefinden und auch die soziale Inklusion sind zwischen den Gruppen entgegen der Ergebnisse anderer Studien mit Gruppen unterschiedlicher Ausprägung von Sprachauffälligkeiten (z. B. Gerbig, Spieß, Berg & Sarimski, 2018; Rißling et al., 2016) nicht signifikant unterschiedlich, die soziale Inklusion in der Gruppe der ehemals unterdurchschnittlichen Wortschatzlerner/ innen tendenziell sogar höher als in den beiden anderen Gruppen. Vergleichbare Ergebnisse zeigen sich auch innerhalb der vier Dimensionen zur Ängstlichkeit. Während sich für die Subtests „Manifeste Angst“ und „Soziale Erwünschtheit“ kein signifikanter Unterschied zwischen den drei Gruppen zeigt, ist dies für die Subtests „Prüfungsangst“ und „Schulunlust“ zwischen den durchschnittlichen und den überdurchschnittlichen Wortschatzlerner/ innen mit vernachlässigbarer praktischer Bedeutsamkeit der Fall. Offensichtlich ist, dass sich die T-Wert-Unterschiede zwischen den Gruppen mit der besonders geringen Prüfungsangst und der besonders geringen Schulunlust in der Gruppe der überdurchschnittlichen Wortschatzlerner/ innen erklären lassen. Die Gruppen der Schüler/ innen mit unterdurchschnittlichen und durchschnittlichen Wortschatzleistungen haben T-Werte im mittleren Normbereich. Hier zeigt sich folglich keine der vermuteten ängstlichen Belastungen (Beitchman et al., 2001) wortschatzschwacher Kinder. Auch Hinweise für eine erhöhte Vulnerabilität für depressive Symptome (Hautzinger et al., 2012) oder für sozialen Ausschluss (Mahlau & Salzberg-Ludwig, 2015) zeigen sich in keiner der Gruppen, so dass auch in diesen Bereichen positive Ergebnisse festgestellt werden können. Die überdurchschnittliche Gruppe hat im Mittel einen besonders geringen Wert für depressive Symptome. Diese insgesamt positiven emotionalen und sozialen Leistungen in der zum Ende der Grundschulzeit unterdurchschnittlichen Gruppe sind überwiegend erwartungswidrig. Vermutet werden kann, dass das alleinige Kriterium des unterdurchschnittlichen rezeptiven Wortschatzes nicht ausreicht, um umfassende emotionale und soziale Probleme zu entwickeln. Möglicherweise spielen dafür die in den letzten Jahren aufgekommenen jugendsprachlichen Besonderheiten wie Chatsprachen - gekennzeichnet z. B. durch Abkürzungen und bildähnliche Elemente - eine Rolle (Neuland, 2018). Eine weitere Erklärung für die vorliegenden Ergebnisse kann am verzerrenden Einfluss der Selbstangaben der Jugendlichen liegen. Der Effekt der sozialen Erwünschtheit bezieht sich auf ein Antwortverhalten, in dem sich Befragte an sozialen Normen orientieren und so antworten, wie sie annehmen, dass es den Erwartungen des Gegenübers entspricht (Bogner & Landrock, 2015). Die erfreulich positiven Ergebnisse lassen vermuten, dass für die soziale und emotionale Entwicklung wortschatzunterdurchschnittlicher Schüler/ innen im Unterricht der Sekundarstufe ausreichende Strategien (z. B. proaktives Classroom Management) zur Förderung von prosozialem Verhalten, sozialer Integration und positivem Selbstkonzept eingesetzt VHN plus 18 KATHRIN MAHLAU Rezeptive Wortschatzleistungen FACH B E ITR AG VHN plus werden. Dies gilt auch für präventive Maßnahmen (z. B. positives Klassenklima, Antimobbingstrategien), um Angststörungen oder depressives Verhalten nicht überdurchschnittlich häufig auftreten zu lassen. 5.3 Einordnung der Hypothese 3: Schulleistungen Dass der rezeptive Wortschatz für die Schulleistungsentwicklung eine erhebliche Rolle spielt, lässt sich in etlichen Untersuchungen nachweisen (Catts & Kamhi, 1999; Catts et al., 2009). So zeigt sich auch in der vorliegenden Studie, dass es signifikante Unterschiede zwischen den drei Gruppen in allen drei geprüften Schulleistungsbereichen unter Kontrolle der kognitiven Entwicklungsvoraussetzungen gibt. Diese fallen deutlich zugunsten der jeweils wortschatzstärkeren Gruppe aus und verweisen laut den Effektstärken auf eine mittlere pädagogische Relevanz. Die genauere Analyse der Leistungen zeigt, dass die überdurchschnittliche Wortschatzgruppe im Bereich Rechtschreibung im Mittel einen T-Wert im Bereich der gut durchschnittlichen, an der Grenze zu den überdurchschnittlichen Leistungen (T-Wert = 58), und auch die durchschnittliche Wortschatzgruppe einen guten T-Wert von 53 aufweist. Die Lese- und Mathematikleistungen sind in diesen beiden Gruppen im durchschnittlichen Bereich, wobei sich aber auch hier deutliche Leistungsvorsprünge in der überdurchschnittlichen Gruppe zeigen. In der Gruppe der unterdurchschnittlichen Wortschatzlerner/ innen sind alle Leistungen im knapp durchschnittlichen Bereich. Vergleichsweise gering ist die Leistungsfähigkeit in den Fächern Lesen (LQ = 86) und Mathematik (T-Wert = 41), die an der Grenze zum unterdurchschnittlichen Bereich liegt. Es lässt sich feststellen, dass der Wortschatz am Ende der Grundschulzeit eine erhebliche Rolle bei der Bewältigung der schulischen Aufgaben am Ende der Regelschulzeit spielt und sich damit die Ergebnisse anderer Studien, die einen Zusammenhang zwischen sprachlichen Fähigkeiten und Schulerfolg herstellen, bestätigen (Hübner, 2015; Klicpera, Gasteiger-Klicpera & Schabmann, 1993). Überraschenderweise zeigen sich jedoch die Rechtschreibprobleme in der unterdurchschnittlichen Wortschatzgruppe mit einem T-Wert = 44 weniger gravierend als die Lerneinschränkungen im Lesen und in der Mathematik (Arand, 1998; Catts & Kamhi, 1999; Hübner, 2015). Nach Aussagen in der Fachliteratur sind Probleme im Bereich Deutsch besonders in der Rechtschreibung und weniger im Lesen zu erwarten (Klicpera et al., 1993), in der vorliegenden Studie sind die Leseprobleme jedoch tendenziell stärker ausgeprägt. Möglicherweise kam die Durchführung der Hamburger Schreibprobe (May, 2012), in der lediglich einzelne Wörter eingesetzt werden müssen, den Lernleistungen der Schüler/ innen entgegen, da weniger Konzentration auf komplexe Anforderungen (z. B. im Bereich der Syntax) erforderlich war. Im verwendeten Lese-Diagnostikverfahren, dem Salzburger Lesescreening (Mayringer & Wimmer, 2014), wird die basale Lesefertigkeit gemessen. Darunter wird das fehlerfreie, schnelle und mühelose Lesen von Wörtern und Sätzen verstanden. Es misst also nicht das Textverständnis, bei dem u. a. Wortschatz und Allgemeinwissen vorausgesetzt werden, sondern den technischen Aspekt des Lesens, für den in der kognitionspsychologischen Leseforschung als zentrale Komponente das Wortlesen gilt (Christmann & Groeben, 1999). In weiteren Studien sollte dem Aspekt des Leseverständnisses im Zusammenhang mit rezeptiven Wortschatzleistungen jedoch mehr Beachtung geschenkt werden. Darüber hinaus zeigt sich ein deutlicher Einfluss des Wortschatzes auf die mathematische Leistungsfähigkeit, wie es auch Röhm et al. (2017) oder Ritterfeld et al. (2013) für Kinder mit spezifischen Sprachentwicklungsstörungen beschrieben haben. Der Einfluss des Wortschat- VHN plus 19 KATHRIN MAHLAU Rezeptive Wortschatzleistungen FACH B E ITR AG VHN plus zes auf das Mathematiklernen kann die Probleme dadurch erklären, dass die Mathematikleistungen eine Folge der Spracherwerbsleistungen sind (Szammer, 2021). Dies bedeutet, dass die wortschatzstarken Jugendlichen im Erlernen phonologisch komplexer neuer Wörter deutlich im Vorteil sind. Ihnen fällt das Erlernen und gedächtnismäßige Abrufen von Fachbegriffen oder phonologisch ähnlichen Wörtern leichter als Kindern mit durchschnittlichen oder unterdurchschnittlichen Wortschatzleistungen. Eine gemeinsame Ursache der Schwierigkeiten in allen drei schulischen Bereichen wird vor dem Hintergrund eines eingeschränkt arbeitenden phonologischen Arbeitsgedächtnisses diskutiert (Ritterfeld et al., 2013). 6 Resümee, Limitationen und Ausblick In der vorliegenden Studie konnte gezeigt werden, dass der rezeptive Wortschatz einen signifikanten Zusammenhang mit der Schulleistung aufweist. Dies zeigt sich in den Bereichen Rechtschreibung, basales Lesen und Mathematik. Dagegen konnten zwischen der unterdurchschnittlichen und der durchschnittlichen Wortschatzgruppe keine signifikanten Unterschiede im Bereich der emotional-sozialen Entwicklung ermittelt werden. Die sich in diesem Bereich zeigenden signifikanten Unterschiede haben ihre Ursache ausschließlich in den sehr guten emotional-sozialen Entwicklungsständen der Gruppe mit überdurchschnittlichen Wortschatzleistungen. Die Ergebnisse zum Stand des rezeptiven Wortschatzes am Ende der 9. Klasse zeigen überraschenderweise erhebliche Varianzen in den Gruppen mit unter- und überdurchschnittlichem Wortschatz. Hier könnte eine Limitation der Studie vorliegen, da dieses Ergebnis möglicherweise auf eine Regression zur Mitte zurückzuführen und damit zufällig und nicht valide ist. Weitere Faktoren, wie spezifische sprachliche Fördermaßnahmen durch Logopäd/ innen, könnten die Ergebnisse zum Wortschatz beeinflusst haben. Auch die Rahmenbedingungen der verschiedenen Schulformen und Schulkonzepte sowie die sozioökonomischen Voraussetzungen in den Familien könnten einen Einfluss auf den Wortschatz, die emotional-soziale Entwicklung sowie auf die Schulleistungsfähigkeit der verschiedenen Gruppen haben. So wählte ein deutlich größerer Anteil aus der Gruppe der überdurchschnittlichen Wortschatzlerner/ innen einen höheren schulischen Bildungsgang als Jugendliche aus den anderen beiden Gruppen und lernte daher nach anderen Rahmenrichtlinien, die zu einer höheren Kompetenz in den Schulleistungsbereichen geführt haben könnten, auch wenn der zu diesem Zeitpunkt erreichte Abschluss der Berufsreife bei allen Proband/ innen gleichermaßen vorlag. In weiteren Studien, v. a. in Interventionsstudien, sollten Effekte gezielter (rezeptiver) Wortschatzförderung bei Kindern mit unter-, aber auch überdurchschnittlicher und normaler Kompetenz untersucht werden. Dabei sollten neben dem rezeptiven auch der Zusammenhang mit dem produktiven Wortschatz sowie der kognitiven Entwicklung geprüft und der Einfluss schulischer und familiärer Rahmenbedingungen kontrolliert werden. Literatur Arand, B. (1998). Kindliche Sprachauffälligkeiten und Rechtschreibschwierigkeiten. 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