eJournals Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete 92/VHN Plus

Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete
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0017-9655
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
10.2378/vhn2023.art21d
11
2023
92VHN Plus

Fachbeitrag: Übergangskulturen in der Sekundarstufe I

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2023
Marc Thielen
Stefanie Kurth
Im Lichte des Ausbaus der beruflichen Orientierung an Schulen und sozialer Ungleichheiten am Zugang zur beruflichen Bildung befasst sich der Beitrag mit der Gestaltung von Berufsorientierung an Einzelschulen. Hierzu wird das heuristische Konzept der Übergangskultur diskutiert, das theoretische Prämissen der reflexiven Übergangsforschung der Erziehungswissenschaft mit der Schulkulturforschung verknüpft und unterschiedliche Modi der Gestaltung von Übergängen aus der Sekundarstufe I analysierbar macht. Dies konkretisiert der Beitrag an einer qualitativen Mehrebenenanalyse, mittels derer exemplarisch die Übergangskulturen von zwei nichtgymnasialen Sekundarschulen sowie die mit ihnen einhergehenden Differenz- und Ungleichheitsdynamiken rekonstruiert und kontrastiert werden. Die Befunde verweisen auf die hohe Relevanz einzelschulischer Kontexte, die in den Debatten zur Reproduktion von sozialer Ungleichheit in der Berufsorientierung bislang erst wenig Aufmerksamkeit erfährt.
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1 FACH B E ITR AG VHN plus VHN plus , 92. Jg. (2023) DOI 10.2378/ vhn2023.art21d © Ernst Reinhardt Verlag Übergangskulturen in der Sekundarstufe I Einzelschulische Modi der Gestaltung von Berufsorientierung im Spiegel von Differenz- und Ungleichheitsdynamiken Marc Thielen, Stefanie Kurth Leibniz Universität Hannover Zusammenfassung: Im Lichte des Ausbaus der beruflichen Orientierung an Schulen und sozialer Ungleichheiten am Zugang zur beruflichen Bildung befasst sich der Beitrag mit der Gestaltung von Berufsorientierung an Einzelschulen. Hierzu wird das heuristische Konzept der Übergangskultur diskutiert, das theoretische Prämissen der reflexiven Übergangsforschung der Erziehungswissenschaft mit der Schulkulturforschung verknüpft und unterschiedliche Modi der Gestaltung von Übergängen aus der Sekundarstufe I analysierbar macht. Dies konkretisiert der Beitrag an einer qualitativen Mehrebenenanalyse, mittels derer exemplarisch die Übergangskulturen von zwei nichtgymnasialen Sekundarschulen sowie die mit ihnen einhergehenden Differenz- und Ungleichheitsdynamiken rekonstruiert und kontrastiert werden. Die Befunde verweisen auf die hohe Relevanz einzelschulischer Kontexte, die in den Debatten zur Reproduktion von sozialer Ungleichheit in der Berufsorientierung bislang erst wenig Aufmerksamkeit erfährt. Schlüsselbegriffe: Berufsorientierung, Übergangsforschung, Schulkultur, qualitative Mehrebenenanalyse Transition Cultures in Lower Secondary Education. Single School Modes of Vocational Orientation Programs in the Dynamics of Differentiation and Social Inequality Summary: Due to the intensified implementation of vocational orientation programs in schools and the existing social inequalities in access to vocational training and employment in Germany, the article focuses on the design and organization of vocational orientation programs in schools. For this purpose, the heuristic concept of transition cultures is discussed, that combines theoretical premises on reflexive transition research in educational science with research on school cultures and allows to analyze different modes of creating transitions from secondary level I. Accordingly, a qualitative multi-level analysis is used to reconstruct and contrast transition cultures of two secondary schools without higher secondary education classes and the related dynamics of differentiation and reproduction of social inequality. The findings point to the high relevance of single school contexts, which has so far received little attention in the debates on the reproduction of social inequality in career orientation. Keywords: Vocational orientation programs, transition research, school cultures, qualitative multi-level analysis VHN plus 2 MARC THIELEN, STEFANIE KURTH Übergangskulturen in der Sekundarstufe I FACH B E ITR AG VHN plus 1 Übergangsgestaltung im Kontext von Berufsorientierung an allgemeinbildenden Schulen Berufsorientierung als Handlungsfeld an allgemeinbildenden Schulen ist in den letzten Jahren in Deutschland deutlich ausgebaut worden (KMK, 2017). Argumentiert wird dies mit Ausbildungs- und Studienabbrüchen, hohen Zugängen zum Übergangssektor und einem nachlassenden Interesse an dualer Berufsausbildung, aber auch mit Defiziten in der Berufswahlkompetenz Jugendlicher (Schröder, 2015). Weniger im Fokus sind die Selektionsmechanismen im Ausbildungssystem, die mit sozialer Ungleichheit einhergehen. Infolge der Reformen in den Bundesländern und flankierender Programme auf Bundesebene sind Schulen aufgefordert, Angebote zur Berufsorientierung im Kontext von Unterricht, Beratung und außerunterrichtlichen Aktivitäten vorzuhalten und ein eigenes schulisches Konzept zu entwickeln. Dieses soll von Lehrkräften koordiniert und mithilfe spezifischer Fachkräfte umgesetzt werden. Für das Gelingen schulischer Berufsorientierung wird die individuelle Situation der Einzelschule als sehr bedeutsam erachtet (Bigos, 2020, S. 298f.). Die mit dem Ausbau der Berufsorientierung einhergehenden Veränderungen an Schulen stehen inzwischen im Fokus erster ethnografischer Studien, die auf Aspekte der (Re-)Produktion von sozialer Ungleichheit und das Risiko von Cooling-out im Kontext von Unterricht und Beratung hinweisen (Budde & Weuster, 2018; Dittrich & Walther, 2020; Faulstich-Wieland & Scholand, 2017). Die dem Beitrag zugrunde liegende Studie schließt an diese Untersuchungen an und geht der Frage nach, welche unterschiedlichen pädagogischen Ordnungen sich in der Umsetzung von Berufsorientierung an Einzelschulen herausbilden und inwiefern diese mit Differenz- und Ungleichheitsdynamiken einhergehen. Hierzu wird das heuristische Konzept der Übergangskultur genutzt, mit dem wir davon ausgehen, dass die in der Berufsorientierung fokussierte Gestaltung des Übergangs aus der Sekundarstufe I in einem engen Zusammenhang mit der Schulkultur als der symbolischen Ordnung einer Einzelschule zu analysieren ist (Helsper, 2008). Demzufolge lassen sich differente Übergangskulturen als spezifische Modi der einzelschulischen Prozessierung von Übergängen aus der Sekundarstufe I rekonstruieren und kontrastieren. Wir betrachten zunächst die Funktion schulischer Berufsorientierung im Lichte sozialer Ungleichheiten am Übergang in die berufliche Bildung und stellen vor diesem Hintergrund Befunde zu Differenz- und Ungleichheitsdynamiken in der Praxis schulischer Berufsorientierung dar. Um deren Entstehungs- und Funktionslogiken auf einzelschulischer Ebene genauer zu verstehen, präzisieren wir im dritten Schritt die von uns vorgeschlagene Heuristik der Übergangskultur, die analytisch und nicht normativ verwendet wird und theoretische Prämissen der reflexiven Übergangsforschung (Wanka, Rieger-Ladich, Stauber & Walther, 2020) und der Schulkulturforschung (Böhme, Hummrich & Kramer, 2015) miteinander verbindet. Zur Analyse differenter Übergangskulturen stellen wir im empirischen Teil eine qualitative Mehrebenenanalyse vor, mittels derer wir Übergangskulturen an unterschiedlichen nichtgymnasialen Sekundarschulen in einem Bundesland - konkret in Niedersachsen - analysieren. Dies illustrieren wir an der Skizzierung und Kontrastierung zweier Übergangskulturen, die wir an Oberschulen in einer städtischen Region rekonstruiert haben. Im Fazit kontrastieren wir die rekonstruierten Übergangskulturen und die mit diesen einhergehenden Differenz- und Ungleichheitsverhältnisse und geben einen Ausblick zur weiteren Ausbuchstabierung des Forschungsansatzes. VHN plus 3 MARC THIELEN, STEFANIE KURTH Übergangskulturen in der Sekundarstufe I FACH B E ITR AG VHN plus 2 Berufsorientierung im Spannungsfeld von schulischer Integrationsfunktion und institutionellen Selektionsmechanismen Die Intensivierung schulischer Berufsorientierung verdeutlicht das 2010 verstetigte Berufsorientierungsprogramm des Bundes (BOP), mit dem bislang über 1,7 Millionen Jugendliche an über 3.000 Schulen erreicht wurden (BMBF, 2020, S. 11). Das Programm sieht Instrumente zur Förderung der individuellen Berufswahlkompetenz vor, wie sie auch in einschlägigen Handreichungen für die Schulpraxis beschrieben sind (Hammer, Ripper & Schenk, 2019). Das Konzept der Berufswahlkompetenz, das eine kompetenztheoretisch fundierte Weiterentwicklung des psychologischen Ansatzes der Berufswahlreife darstellt, beschreibt ein „Bündel spezifischer kognitiver Fähigkeiten, motivationaler Orientierungen und Handlungsfähigkeiten […], die es einer Person ermöglichen eine wohl begründete Entscheidung für eine nachschulische Ausbildung zu treffen sowie sich in wiederkehrenden berufsbiografisch relevanten Situationen zu bewähren“ (Driesel-Lange, Kracke, Hany & Kunz, 2020, S. 61). Bildungspolitisch werden die Aktivitäten schulischer Berufsorientierung mit dem Ziel der Verringerung von Ausbildungsabbrüchen und der Teilnahme an Maßnahmen im Übergangssektor begründet (BMBF, 2020, S. 4). Die Notwendigkeit zu einer verbesserten Berufswahlkompetenz wird insbesondere von unternehmerischer Seite betont (DIHK, 2019, S. 11f.), obgleich keine empirischen Erkenntnisse zu pauschalen Problemen bei den beruflichen Vorstellungen Jugendlicher vorliegen (Kohlrausch, 2017). Befunde zu den Möglichkeiten der pädagogischen Beeinflussung von Berufswahlkompetenz sowie zu Effekten der Förderung auf nachschulische Übergangswege sind uneindeutig. In der Evaluation des BOP zeigte sich, dass Jugendliche ungeachtet der intensivierten Förderung ihrer Berufswahlkompetenz häufig die Entscheidung für einen Ausbildungsberuf zurückstellen und zunächst weiterführende Bildungsangebote zum Erwerb höherer Schulabschlüsse priorisieren (Bundesinstitut für Berufsbildung, 2018, S. 135). Berufswahlkompetenz wird häufig im Zusammenhang mit Ausbildungsreife diskutiert. Im entsprechenden Kriterienkatalog, der wissenschaftlich umstritten ist (Dobischat, Kühnlein & Schurgatz, 2012), wird Berufswahlreife als eine Dimension von Ausbildungsreife betrachtet (BA, 2009, S. 58). Das Anfang der 2000er- Jahre (weiter-)entwickelte Konstrukt Ausbildungsreife, das an den älteren Berufsreifeansatz anschließt, definiert Mindestvoraussetzungen zur Aufnahme einer Berufsausbildung. Hierzu zählen schulische Basiskenntnisse, psychologische Leistungsmerkmale, physische Merkmale, psychologische Merkmale des Arbeitsverhaltens und der Persönlichkeit sowie Berufswahlreife. Während mit Berufsreife ursprünglich auch die Frage adressiert war, ab welchem Entwicklungsstand Jugendlichen die Belastungen einer betrieblichen Berufsausbildung zuzumuten sind, fokussiert die jüngere Debatte individuelle Entwicklungsprobleme (Müller-Kohlenberg, Schober & Hilke, 2005). Die Teilnahme an berufsvorbereitenden Bildungsgängen wird mit der Förderung von Ausbildungsreife begründet. Dies begünstigt eine defizitorientierte Wahrnehmung bildungsbenachteiligter Jugendlicher sowie eine pädagogische Ordnung, die auf eine unkritische Anpassung Jugendlicher an betriebliche Normalitätserwartungen zielt (Thielen & Handelmann, 2021). Die Klagen von Unternehmen, aber auch von Lehr- und Fachkräften über vermeintlich ausgeprägte Mängel Jugendlicher in der Ausbildungsreife sind inzwischen für unterschiedliche Kompetenzbereiche - insbesondere schulische und soziale Kompetenzen - empirisch widerlegt (Autorengruppe Bildungsberichterstattung, 2018, S. 141; Holtmann, Menze & Solga, 2019). VHN plus 4 MARC THIELEN, STEFANIE KURTH Übergangskulturen in der Sekundarstufe I FACH B E ITR AG VHN plus Der im Kontext von Berufswahlkompetenz und Ausbildungsreife dominierende Fokus auf individuelle Merkmale Jugendlicher geht mit der Gefahr einher, strukturelle Ungleichheiten am Übergang Schule - Beruf zu vernachlässigen. Jugendliche aus Familien mit niedrigem sozioökonomischem Status präferieren häufiger Berufe mit niedrigerem Qualifikationsniveau und Einkommen (Autor: innengruppe Bildungsberichterstattung, 2022, S. 160). Zugleich sinken ihre Chancen auf dem Ausbildungsmarkt, da der Anteil an Auszubildenden mit Studienberechtigung kontinuierlich zunimmt (Dohmen, Hurrelmann & Yelubayeva, 2021). Ein weiteres Problem liegt in der institutionellen Diskriminierung (Imdorf, 2017), von der insbesondere junge Menschen mit maximal Hauptschulabschluss (Holtmann et al., 2019; Protsch, 2014) sowie migrantische Jugendliche, insbesondere bei türkischer und arabischer Migrationsgeschichte (Beicht & Walden, 2019, S. 41), betroffen sind. Das Diskriminierungsgeschehen unterscheidet sich je nach Betriebsgröße, Branche und Region (Scherr, Janz & Müller, 2015). Auch behinderte junge Menschen sind in der betrieblichen Berufsausbildung unterrepräsentiert, u. a. weil sie häufig auf segregierende Maßnahmen verwiesen oder außerbetrieblich ausgebildet werden (Blanck, 2020; Enggruber & Rützel, 2014). Ungleichheiten konstituieren nicht nur den Zugang in Ausbildung, sondern auch die Verteilung in den beruflichen Segmenten. Jungen Menschen mit maximal Hauptschulabschluss steht nur ein schmales berufliches Spektrum offen (Baethge, 2010). Die oben erwähnte Tendenz von Jugendlichen zum Erwerb höherer Schulabschlüsse zielt in dieser Perspektive auf den Zugang zu attraktiveren Berufen (Granato & Ulrich, 2020). Die Befunde zu sozialen Ungleichheiten am Übergang Schule - Beruf zeigen, dass die Möglichkeiten zur Realisierung beruflicher Wünsche gesellschaftlich ungleich verteilt sind (Walther, 2020). Um die Teilhabe bildungsbenachteiligter Jugendlicher an beruflicher Bildung zu steigern, ist es empirischen Studien folgend notwendig, Zugänge zu potenziellen Ausbildungsbetrieben zu erschließen. Längere Praktikumszeiten in Betrieben und aktives Bewerbungsverhalten erhöhen die Wahrscheinlichkeit eines Übergangs in Ausbildung (Menze & Holtmann, 2019, S. 526). 3 Ungleichheitsdynamiken in der schulischen Praxis der Berufsorientierung Im Lichte der beschriebenen Ungleichheiten am Übergang Schule - Beruf gehen qualitative Studien zur pädagogischen Ordnung schulischer Berufsorientierung der Frage nach, in welcher Weise soziale Differenzen im schulischen Kontext artikuliert und praktisch wirksam werden. In einer auf Interviews mit Lehr- und Fachkräften unterschiedlicher Schulen und Schulformen fußenden Studie skizziert Bigos (2020, S. 365f.) zwei differente Verständnisse von Berufsorientierung, die auf Differenz- und Ungleichheitsverhältnisse verweisen. Während in sogenannten begleitendeigenverantwortlichen Ansätzen die Unterstützung einer eigenständigen und fundierten Berufsorientierung im Fokus steht, zielen zuweisend-vormundschaftliche Konzepte „auf eine qualifikationsbezogene oder reglementierte Einschränkung der beruflichen Aspirationen auf ausgewählte Zielfelder und Statusebenen“ (ebd., S. 366). Die Frage, unter welchen institutionellen Bedingungen einer Einzelschule sich welche Variante von Berufsorientierung durchsetzt, ist im Hinblick auf die (Re-)Produktion von sozialer Ungleichheit im Kontext von Berufsorientierung relevant. Nähere Hinweise hierzu liefern ethnografische Studien, die Angebote der Berufsorientierung mittels teilnehmender Beobachtung beleuchten. VHN plus 5 MARC THIELEN, STEFANIE KURTH Übergangskulturen in der Sekundarstufe I FACH B E ITR AG VHN plus In einer Untersuchung zu Berufsorientierung und Geschlecht an drei Hamburger Stadtteilschulen problematisieren Faulstich-Wieland und Scholand (2017) eine im Unterricht dominierende Thematisierung von Handwerksberufen mit niedrigerem Anspruchsniveau und geringerem Prestige. Aufgrund des selektiven Berufsspektrums, das sich nur sehr eingeschränkt mit den beruflichen Aspirationen der Jugendlichen deckt, beschreiben die Autorinnen eine unterrichtliche Begrenzung der Berufswahlmöglichkeiten (Faulstich-Wieland & Scholand 2017, S. 154). Sie interpretieren die Begünstigung von Cooling-out-Prozessen im Zusammenhang mit der Schulform Stadtteilschule und den im Vergleich zu Gymnasien geringeren Prognosen zum Erreichen der gymnasialen Oberstufe. Aufgrund der Unterschiedlichkeit von Stadtteilschulen wäre aber zu fragen, ob nicht der schulische Kontext der ausgewählten Schulen in der Ergebnisinterpretation berücksichtigt werden müsste. Da zwei Untersuchungsschulen in prekären Stadtteilen liegen (ebd., S. 76), könnte auch die Zusammensetzung der Schüler/ innen und die Wahrnehmung durch Lehrkräfte von Bedeutung sein. Im Zuge der Analyse von Beratung in der Berufsorientierung an einer integrierten Gesamtschule ohne gymnasiale Oberstufe zeichnen Dittrich und Walther (2020, S. 126f.) nach, wie es vor dem Hintergrund einer institutionalisierten Defizitorientierung im Ringen um Anschlussperspektiven zu einer frühen Unterwerfung der Jugendlichen unter die von Fachkräften als realistisch eingeschätzten beruflichen Optionen kommt. Die Beratungspraxis vollzieht sich in einem Widerspruch zwischen Dominanz und Kontrolle auf der einen sowie Vertrauen auf der anderen Seite. Wenngleich die Beobachtungen an einer von der Schulleitung als Brennpunktschule bezeichneten Schule gemacht wurden, wird die Bedeutung des schulischen Kontextes für die skizzierte Beratungslogik nicht näher diskutiert. Mit Blick auf Fragen der Reproduktion von sozialer Ungleichheit wäre es aber interessant, ob sich eine ähnliche Beratungsstruktur auch in anderen schulischen Kontexten, etwa an im Vergleich privilegierteren Schulen beobachten ließe. Ein weiteres Problem einer selektiv ausgerichteten Berufsorientierung skizzieren Budde und Weuster (2018, S. 225f.). An der unterrichtlichen Reflexion eines betrieblichen Langzeitpraktikums einer 10. Klasse mit MINT-Profil an einer integrierten Gesamtschule mit gymnasialer Oberstufe verdeutlichen die Forschenden, dass den Jugendlichen zu einer unkritischen Anpassung an auch unangenehme betriebliche Kontexte geraten wird. Während die Analyse keinen expliziten Bezug zur Bedeutung des schulischen Kontextes herstellt - es handelt sich um eine als leistungsorientiert markierte Schule (ebd., S. 42) -, wird die soziale Herkunft von einzelnen Jugendlichen akzentuiert: „So sind es insbesondere jene Schüler*innen, die von den Lehrer*innen als sozialökonomisch benachteiligt charakterisiert werden, die dazu angehalten werden, sich den als hierarchisch markierten Verhältnissen anzupassen“ (ebd., S. 231). Angesichts des Schulprofils wäre zu fragen, ob und inwiefern möglicherweise auch die hohen Leistungserwartungen der Schule im Hinblick auf die Adressierung der genannten Schüler/ innen eine Rolle spielen. 4 Das Konzept der Übergangskultur als Heuristik zur Analyse der Berufsorientierungspraxis von Einzelschulen Die skizzierten Studien deuten an, dass soziale Ungleichheiten im Kontext schulischer Berufsorientierung praktisch wirksam und pädagogisch verhandelt werden. Wenngleich die Untersuchungen auf Merkmale der untersuchten Schulen eingehen, wird deren Bedeutung nur bedingt in die Analysen einbezogen. Unsere VHN plus 6 MARC THIELEN, STEFANIE KURTH Übergangskulturen in der Sekundarstufe I FACH B E ITR AG VHN plus Studie setzt an diesem Punkt an und fragt, in welcher Weise sich die institutionellen Kontexte von Einzelschulen in der (Vollzugs-)Logik von Angeboten der Berufsorientierung niederschlagen und mit Differenz- und Ungleichheitsdynamiken einhergehen. Um dieser Frage nachzugehen, haben wir im Zuge erster Analysen zu den an verschiedenen Sekundarschulen erhobenen Daten das heuristische Konzept der Übergangskultur entwickelt, das wir zur Rekonstruktion unterschiedlicher einzelschulischer Varianten der Umsetzung von Berufsorientierung in der Sekundarstufe I nutzen. Wir verstehen Übergangskultur nicht normativ 1 , sondern analytisch. In dieser Perspektive brächte auch eine Schule, die kaum bis keine Aktivitäten zur Unterstützung von Übergängen aus der Sekundarstufe I unternimmt, eine spezifische Übergangskultur hervor, die es empirisch zu rekonstruieren und ihre Effekte für Schüler/ innen zu untersuchen gelte. Mit der Heuristik der Übergangskultur verbinden wir zwei unterschiedliche erziehungswissenschaftliche Forschungsrichtungen: Hierbei handelt es sich zum einen um die reflexive Übergangsforschung, die sich prozessualen Aspekten von Übergängen im Lebenslauf widmet (Wanka et al., 2020), und zum anderen um die Schulkulturforschung, die sich mit den symbolischen Sinnkonstruktionen von Einzelschulen befasst (Helsper, 2008; Böhme et al., 2015). In der Perspektive der reflexiven Übergangsforschung lassen sich schulische Aktivitäten zur Berufsorientierung als Modi verstehen, „in denen Übergänge hergestellt und gestaltet werden. Anhand dieser können (verdeckte) machtvolle (Unterwerfungs-)Mechanismen (z. B. Subjektivierungen) wie auch Räume für das Entstehen von Handlungsfähigkeit und Prozesse der Resignifizierung kenntlich gemacht werden“ (Wanka et al., 2020, S. 21). Wir gehen davon aus, dass Diskurse, Programme und Regularien zur schulischen Berufsorientierung wirklichkeitserzeugende Effekte haben, da sie dazu beitragen, dass die Übergänge aus der Sekundarstufe I „nicht nur artikuliert, sondern auch fortwährend bewertet und normiert werden“ (ebd.). Tatsächlich zirkulieren im Kontext schulischer Berufsorientierung normative Vorstellungen zu gelingenden und misslingenden Übergängen, die bspw. durch die oben skizzierten Konzepte von Berufswahlkompetenz und Ausbildungsreife sowie dem Ziel möglichst direkter Übergänge in Ausbildung gespeist werden. Zugleich gehen wir davon aus, dass zwischen den diskursiven, programmatischen und rechtlichen Vorstrukturierungen und der Praxis der Übergangsgestaltung kein einfaches Kausalverhältnis besteht (Wrana, 2015). Vielmehr fokussieren wir auch potenzielle „Modifikationen, Umgestaltungen und Neugestaltungen von Übergängen“ (Wanka et al., 2020, S. 21) aus der Sekundarstufe I, die es an unterschiedlichen Einzelschulen differenziert zu betrachten und zu analysieren gilt. Die einzelschulische Gestaltung von Berufsorientierung beleuchten wir im Zusammenhang mit Schulkultur, die nach Helsper (2008) im spannungsreichen Verhältnis dreier institutioneller Ebenen hervorgebracht wird 2 . Dabei wird die Schulkultur „generiert durch die handelnde Auseinandersetzung der schulischen Akteure mit übergreifenden, bildungspolitischen Vorgaben und Strukturierungen vor dem Hintergrund historischer Rahmenbedingungen und der sozialen Auseinandersetzung um die Durchsetzung und Distinktion pluraler kultureller Ordnungen und deren Hierarchisierung“ (Helsper, 2008, S. 66f.). Wir verstehen Übergangskultur als einen spezifischen Teil von Schulkultur, in dem die für die Berufsorientierung relevanten „Strukturprobleme des Bildungssystems und die grundlegenden Antinomien des pädagogischen Handelns […] je spezifisch gedeutet werden und in symbolischen pädagogischen Formen, Artefakten, Praktiken, Regeln, imaginären pädagogischen Sinnentwürfen und schulischen Mythen ihren jeweiligen Ausdruck finden“ (ebd., S. 67). Differenz- und Ungleichheitsverhältnisse analysiert die VHN plus 7 MARC THIELEN, STEFANIE KURTH Übergangskulturen in der Sekundarstufe I FACH B E ITR AG VHN plus Schulkulturforschung in Gestalt von Passungs- und Abstoßungsverhältnissen, durch die eine Schulkultur unterschiedlichen Schülergruppen „jeweils divergierende Möglichkeitsräume der Anerkennung und Artikulationen ihres Selbst im Rahmen schulischer Bewährung und Bildungsverläufe [bietet]“ (ebd.). Im Kontext unserer Analysen zu Übergangskulturen fokussieren wir Differenz- und Ungleichheitsverhältnisse im Kontext schulischer Berufsorientierung, indem wir die Adressierungen der Schüler/ innen im Kontext entsprechender schulischer Settings differenziert in den Blick nehmen (Reh & Ricken, 2012). Insofern ergeben sich mit dem Konzept der Übergangskultur auch Anknüpfungspunkte an das in der Ganztagsschulforschung entwickelte Konzept der Lernkultur (Reh, Idel, Rabenstein & Fritzsche, 2015). 5 Rekonstruktion einzelschulischer Übergangskulturen in der Sekundarstufe I Zur Rekonstruktion differenter Übergangskulturen realisieren wir ein methodenplurales Vorgehen, das die Herstellungs- und Gestaltungsweisen des Übergangs aus der Sekundarstufe I an unterschiedlichen Einzelschulen analysiert und kontrastiert. Wir nutzen eine qualitative Mehrebenenanalyse, die drei Ebenen fokussiert und damit Gemeinsamkeiten zur Schulkulturforschung aufweist: Auf der Ebene der (1) institutionellen Selbstentwürfe fokussieren wir das Selbstverständnis, Leitbild und Profil einer Schule sowie deren verschriftlichtes Berufsorientierungskonzept. Neben der Analyse von entsprechenden Dokumenten, die z. B. auf den Internetseiten der Schulen zu finden sind, kommen zu dieser Ebene qualitative Interviews mit der Schulleitung sowie der beauftragten Person für Berufsorientierung zur Anwendung. Mit der Ebene der (2) organisationalen Bedingungen betrachten wir das schulische Einzugsgebiet, die Position der Schule im regionalen Bildungssystem, die Zusammensetzung der Schüler/ innen sowie die schulrechtliche und schulformspezifische Regulierung der Berufsorientierung. Auch hier werden Dokumente, z. B. Erlasse zur Berufsorientierung und regionale Bildungsberichte sowie qualitative Interviews mit Leitungs-, Lehr- und Fachkräften, analysiert. Die letzte Ebene umfasst die (3) pädagogische Praxis der Berufsorientierung und bezieht sich auf die schulischen Arrangements und die dabei sichtbar werdenden Kooperationen, Interaktionen und Praktiken sowie die Adressierungen der Schüler/ innen. Zu dieser Ebene wurden bislang qualitative Interviews mit Lehr- und Fachkräften, z. B. sozialpädagogischen Fachkräften und Ausbildungslotsinnen und -lotsen, analysiert. Ein Schwerpunkt wird in den Interviews auf die symbolischen Konstruktionen der Schüler/ innen und die daraus abgeleiteten pädagogischen Konsequenzen im Kontext Berufsorientierung gelegt. Ergänzend sind im weiteren Untersuchungsverlauf fokussierte Beobachtungen von ausgewählten Angeboten zur Berufsorientierung an den Schulen vorgesehen, die für die jeweilige Übergangskultur besonders markant erscheinen. Die Auswertung der unterschiedlichen Daten pro Einzelschule orientiert sich am mehrstufigen Kodierverfahren der Grounded Theory (Glaser & Strauss, 2010), das sich auf das gesamte Datenmaterial bezieht. Zu ausgewählten Ausschnitten aus den Daten werden daran anschließend Sequenzanalysen durchgeführt (Bergmann, 2009; Breidenstein, Hirschauer, Kalthoff & Nieswand, 2013, S. 139f.). Pro Schule kann somit die jeweilige Übergangskultur rekonstruiert und im weiteren Forschungsprozess mit den Übergangskulturen anderer Schulen kontrastiert werden. Unser Sample umfasst fünf nichtgymnasiale Sekundarschulen in einer städtischen Region Niedersachsens. Es handelt sich um zwei Integrierte Gesamtschulen mit gymnasialer Oberstufe und um drei Ober- VHN plus 8 MARC THIELEN, STEFANIE KURTH Übergangskulturen in der Sekundarstufe I FACH B E ITR AG VHN plus schulen ohne gymnasiale Oberstufe, von denen eine ein gymnasiales Angebot unterbreitet. Während die Datenerhebung mit Ausnahme der teilnehmenden Beobachtung an allen Schulen abgeschlossen ist, haben wir im Zuge der Analysen bislang die Übergangskulturen von zwei Oberschulen rekonstruiert und kontrastiert. Bevor wir diese darstellen, geben wir noch einige Hinweise zur Schulform Oberschule, die im erweitert traditionellen Schulsystem 3 Niedersachsens 2011 neu eingeführt wurde und in der Regel aus der Zusammenführung vormaliger Haupt- und Realschulen hervorgeht, wobei es auch im Vergleich allerdings deutlich weniger Oberschulen mit einem Gymnasialangebot gibt. Im Hinblick auf Fragen der Berufsorientierung ist diese Schulform interessant, da sie in den Jahrgängen 9 und 10 optional einen berufspraktischen Schwerpunkt vorsieht. Indem die Oberschule im mehrgliedrigen und weiterhin selektiven Schulsystem Niedersachsens die unterste Position übernommen und im regionalen Untersuchungskontext mit 30 Prozent den höchsten Anteil an Kindern und Jugendlichen mit sonderpädagogischen Förderbedarfen hat, stehen Schulen dieser Schulform vor der Herausforderung, in der Konkurrenz um Schüler/ innen „ein glaubhaftes Teilhabeversprechen und damit verbundenes Aufstiegsversprechen formulieren zu können“ (Dietrich, 2016, S. 96). Mit Blick auf die Qualität von Berufsorientierung ist markant, dass niedrige Abschlussmöglichkeiten durch die Schulart als tendenziell ungünstige Kontextbedingungen betrachtet werden (Bigos, 2020, S. 264). Unseren Analysen nach erweisen sich die institutionellen Voraussetzungen zur Umsetzung von Berufsorientierung an niedersächsischen Oberschulen auf der Ebene von Einzelschulen als sehr unterschiedlich. Dies zeigt die nun folgende Rekonstruktion der Übergangskulturen von zwei Oberschulen, die Berufsorientierung als einen Schwerpunkt in ihren Schulprogrammen ausweisen. 5.1 „Bei unseren Schülern müssen wir ganz unten anfangen“ - Übergangsgestaltung im Modus schulischer (Nach-)Erziehung Die erste Übergangskultur rekonstruieren wir an einer Oberschule, die aus einer vormaligen Hauptschule hervorgegangen ist. Diese hatte laut Schulleitung „schon immer einen sehr schwierigen Ruf “ und charakterisiert sich selbst z. B. in regionalen Medienberichten öffentlich als problembehaftete „Brennpunktschule“. Wenngleich das mit dem Schulformwechsel implementierte Ganztagsangebot als Vorteil für die Schulentwicklung gesehen wird, blieb der erhoffte Imagewandel nach übereinstimmender Sicht der interviewten Lehr- und Fachkräfte aus, was mit der unveränderten Zusammensetzung der Schüler/ innen begründet wird: „die Klientel der Realschüler fehlt“. Die für die Berufsorientierung zuständige Lehrkraft evaluiert entsprechend: „Also wir sind eigentlich zwar Oberschule, aber von der Klientel würde ich sagen immer noch eine Hauptschule, fast dann schon eher noch eine Förderschule.“ Die schulische Selbstbeschreibung als heimliche Förderschule ist für die rekonstruierte Übergangskultur markant, da die Schulleitung aufgrund der Zusammensetzung der Schülerschaft im Erstkontakt mit den Forschenden die Sinnhaftigkeit von Berufsorientierung infrage stellt. Begründet wird dies mit erheblichen Defiziten der Schüler/ innen, wie sie im Diskurs zu sogenannten Brennpunktschulen typischerweise artikuliert werden (Fölker, Hertel & Pfaff, 2015): „Bei unseren Schülern müssen wir ganz unten anfangen.“ Angesichts der auch in den weiteren Interviews postulierten Abweichungen der Schüler/ innen von institutionellen Normalitätserwartungen zielt das schulische Konzept auf den kompensatorischen Ausgleich von Defiziten: „Also wir müssen diese Kompetenzen, die nicht da sind, nachschulen.“ Im Modus des „Nachschulens“ wird auf eine für VHN plus 9 MARC THIELEN, STEFANIE KURTH Übergangskulturen in der Sekundarstufe I FACH B E ITR AG VHN plus Grundschulen typische Form der Familiarisierung von Schule rekurriert (Fritzsche et al., 2009), welche mehrere Interviewte mit als defizitär markierten Elternhäusern begründen („nicht so schulaffin“, „wo die Eltern kaum in der Schule waren“, „die Kinder haben die Unterstützung aus dem Elternhaus oft nicht“). Vor diesem Hintergrund schreiben die Interviewten der Schule die Funktion des „Nachelterns“ bzw. „Nachbeelterns“ zu. Der Fokus des pädagogischen Handelns wird allgemein und in der Berufsorientierung im Besonderen auf das Nachholen von aus Sicht der Interviewten familiär unzureichend unterstützten Sozialisationsprozessen gerichtet. Die institutionellen Rahmenbedingungen der Schule sind davon geprägt, dass dieser im regionalen Schulsystem eine mit Förderschulen vergleichbare Entlastungsfunktion zukommt, die sich in der Überrepräsentanz bestimmter Schüler/ innen materialisiert: Hierbei handelt es sich um in den Interviews überwiegend als leistungsschwach und verhaltensschwierig beschriebene Schulformwechsler/ innen, die von Realschulen abgeschult werden, um Schüler/ innen mit Migrationserfahrungen, denen die Interviewten sprachliche und kulturelle Defizite sowie ausgeprägte schulische Leistungsprobleme zuschreiben - verwiesen wird dabei vor allem auf „osteuropäische Armutseinwanderung“ -, sowie um Kinder und Jugendliche mit sonderpädagogischen Förderbedarfen, die als besonders leistungsschwach beschrieben und im Fall des Förderschwerpunkts Geistige Entwicklung nur eingeschränkt in Angebote zur Berufsorientierung einbezogen werden. Auf die Zusammensetzung der Schüler/ innen, die in den Interviews an vielen Stellen auffallend homogen und defizitorientiert konstruiert werden, reagiert die Schule konzeptionell mit äußerer Differenzierung in drei Kursniveaus: „einen sehr schwachen Kurs, dann so einen mittleren und dann schon die, die etwas besser sind, kommen dann in einen stärkeren Kurs“. Die schulinterne Kategorisierung unterstreicht die primär defizitorientierte Sicht, in der selbst das Potenzial der Schüler/ innen im oberen Leistungsspektrum durch die Formulierung „etwas besser“ relativiert wird. Mehrheitlich verlassen die Schüler/ innen die Schule mit einem Hauptschulabschluss, der - wie im ersten Teil des Beitrags gezeigt - mit erschwerten Zugängen am Ausbildungsmarkt einhergeht. Wie bereits erwähnt konstituiert die kompensatorische Lernkultur der Schule auch deren Übergangskultur, welche insbesondere die im entsprechenden Erlass vorgesehenen Maßnahmen fokussiert - Praktika, Berufsberatung durch die Arbeitsagentur und Bewerbungstraining - und darüber hinaus zwei spezifische Besonderheiten aufweist: Ergänzend zu den Blockpraktika findet in Klasse 8 in zwei Klassen ein zusätzlicher Praxistag statt, damit die Schüler/ innen verschiedene Berufe und Betriebe kennenlernen. Für den gesamten Jahrgang kann dieses Angebot allerdings nicht vorgehalten werden, da nach Auskunft der für Berufsorientierung zuständigen Lehrperson nicht genügend Kontakte zu Betrieben bestehen. Weiterhin bietet die Schule sogenannte „Benimmkurse“ an, auf die weiter unten näher eingegangen wird. Prägnant ist die Qualifizierung von Berufsorientierung als ein Angebot, das sich primär an Leistungsschwächere richtet, die keine weiterführenden Schulen besuchen können. Zugleich warnt die Schulleitung angesichts der proklamierten Entwicklungsrückstände der Schüler/ innen vor einem zu frühen Beginn der Betriebspraktika. Deren Umsetzung wird von der für Berufsorientierung zuständigen Lehrperson im Lichte der problematisierten Defizite der Schülerschaft als äußerst schwierig beschrieben. Im Fokus der Berufsorientierung stehen den Interviews nach im Wesentlichen zwei Bereiche: Der erste rekurriert auf den oben skizzierten Diskurs um Berufswahlkompetenz. Prägnant ist dabei, dass den Jugendlichen auf- VHN plus 10 MARC THIELEN, STEFANIE KURTH Übergangskulturen in der Sekundarstufe I FACH B E ITR AG VHN plus grund (vermeintlich) überwiegend arbeitsloser Eltern („wo die Eltern nicht als Vorbild dienen, weil sie nicht jeden Tag zur Arbeit gehen“) „unrealistische“ Berufsvorstellungen zugeschrieben werden: „Man will gleich Millionär oder Arzt oder Chefarzt werden am besten.“ Realistische Perspektiven sieht die Schulleitung insbesondere in Handwerksberufen, zu denen den Jugendlichen aufgrund dort freier Ausbildungsplätze geraten werde. Der zweite Förderbereich schließt an den oben beschriebenen Diskurs um Ausbildungsreife an und problematisiert im Wesentlichen Verhaltensprobleme der Schüler/ innen: „das sind die Softskills oder die Basiskompetenzen, die sie nicht haben“. Die von den Lehr- und Fachkräften hervorgehobenen Verhaltensprobleme beziehen sich auf das Ausbildungsreife-Merkmal Zuverlässigkeit (BA, 2009, S. 56) - hier wird auf Fehlzeiten und Verspätungen verwiesen - sowie auf Umgangsformen (ebd., S. 54) - etwa das aus Sicht von Lehr- und Fachkräften unangemessene Begrüßen Erwachsener. Konzeptionell reagiert die Übergangskultur auf die wahrgenommenen Verhaltensschwierigkeiten der Schüler/ innen durch das bereits erwähnte Angebot von Benimmtrainings - u. a. geht es um Tischmanieren -, die in unterschiedlichen Institutionen am Übergang Schule - Beruf verbreitet sind (Thielen & Handelmann, 2021, S. 155f.) und von der Schulleitung als sehr positiv bewertet werden: „Also ich glaube, dass wir an den Grundvoraussetzungen arbeiten müssen, an der Sprache, am Auftreten. Wir machen Benimmkurse, finde ich eine großartige Sache.“ Die Schwierigkeiten in der Umsetzung der Berufsorientierung konkretisiert die für Berufsorientierung zuständige Lehrkraft am Betriebspraktikum und führt dabei drei Begründungsmuster an: Eine Ursache sieht sie in einer weitgehenden Selektion der Schüler/ innen durch Betriebe: „Im Zukunftstag haben wir zum Beispiel das Problem, dass viele Betriebe unsere Schüler gar nicht mehr nehmen.“ Bemühungen um Kooperationen mit den im schulischen Umfeld angesiedelten Großunternehmen hält die Lehrkraft für wenig aussichtsreich und plädiert stattdessen für Praktika in Klein- und Kleinstbetrieben, zu denen bislang jedoch keine hinreichenden Kontakte bestehen: „Wir finden kaum Betriebe.“ Eine Erklärung sieht die Lehrkraft in der Verdrängung von bildungsbenachteiligten Jugendlichen am Ausbildungsmarkt: „Ja, das ist echt bitter. Also auf dem Gymnasium oder so, wenn da dann jemand Abitur hat, der kriegt den Ausbildungsplatz, der kriegt den und unsere stehen dann da.“ Den zweiten Ursachenbereich bilden den Interviews nach Defizite der Schüler/ innen. Nach Darstellung der für Berufsorientierung zuständigen Person seien diese häufig nicht in der Lage, sich um Praktika zu bewerben oder den betrieblichen Mindestanforderungen - in den oben bereits genannten Softskills und im Ausbildungsreife-Merkmal Durchhaltevermögen (BA, 2009, S. 42) - zu genügen. Ein drittes Argument hebt auf als migrantisch und behindert gelesene Jugendliche ab, welche die Lehrkraft pauschal als betriebsuntauglich qualifiziert: Konkret bezieht sie sich auf aus Südosteuropa eingewanderte Roma, denen der Förderstatus Geistige Entwicklung zugewiesen wurde und die ihre Praktika aufgrund ihres als besonders problematisch bewerteten Verhaltens ausschließlich in Werkstätten absolvieren sollten, obgleich betriebliche Erfahrungen für berufliche Teilhabe essenziell sind (Hohn, 2013, S. 139). In der Gesamtschau zeichnet sich die sichtbar gewordene Übergangskultur durch einen grundsätzlichen Widerspruch aus, der mit einer tendenziell defizitorientierten Wahrnehmung der bildungsbenachteiligten Schüler/ innen und deren gesellschaftlicher Stigmatisierung zusammenhängt. Wenngleich die Berufsorientierung auf die Anpassung an mit Ausbildungsreife assoziierten Verhaltensstandards in Betrieben in Form einer schulischen (Nach-)Erziehung zielt, gelingt der Schule keine hinreichende VHN plus 11 MARC THIELEN, STEFANIE KURTH Übergangskulturen in der Sekundarstufe I FACH B E ITR AG VHN plus Erschließung von betrieblichen Lernorten für die am Übergang in die berufliche Bildung benachteiligten und von Betrieben häufig selektierten Schüler/ innen. Dementsprechend besteht das Risiko, dass die Ungleichheitsdynamiken am Ausbildungs- und Arbeitsmarkt bereits während der Schulzeit vorweggenommen werden, da die schulische Förderung unter den skizzierten Kontextbedingungen die drohenden Cooling-out-Prozesse nur begrenzt abzumildern vermag. 5.2 „Was dann einfach in seiner Persönlichkeit weiterbringen soll“ - Übergangsgestaltung im Modus gemeinwohlorientierter Persönlichkeitsbildung Die zweite Übergangskultur rekonstruieren wir an einer sich in kirchlicher Trägerschaft befindlichen Oberschule, die aus einer vormaligen Haupt- und Realschule hervorgegangen ist. Der Schulformwechsel leitete eine aus Sicht der Schule positive Schulentwicklung ein, da nun auch ein Gymnasialangebot offeriert werden kann, das neben dem Privatschulstatus als Distinktionsmerkmal (Kraul, 2017, S. 16f.) gegenüber anderen Oberschulen in der Region erscheint: „Unsere Oberschule ist ja auch nochmal anders als andere Oberschulen, da wir in Klasse neun den gymnasialen Zweig haben.“ Auch an dieser Schule offenbart sich eine Diskrepanz zwischen der Schulform Oberschule und dem schulischen Selbstverständnis: Die Schule selbst hätte die aus organisatorischen Gründen nicht mögliche Umwandlung in eine Integrierte Gesamtschule bevorzugt. In der Außendarstellung wirbt sie im Rekurs auf den Gesamtschuldiskurs damit, dass die Schüler/ innen im Vergleich zu Gymnasien mehr Zeit zur Entfaltung ihrer Stärken hätten. Das schulische Selbstverständnis korrespondiert mit einer betont positiven Sicht auf Vielfalt und Gemeinsames Lernen, was auch in den Interviews zum Ausdruck kommt: „Weil wir ja jetzt alle Schulformen im Grunde in einem Klassenraum sitzen haben.“ Die konfessionelle Trägerschaft materialisiert sich in einem spezifischen Schulprofil (Kraul, 2017, S. 56f.), das religiöse und soziale Erziehung akzentuiert und sich insbesondere auch für die Übergangskultur der Schule als relevant erweist. Im regionalen Umfeld kommt der Schule aufgrund ihres Status als kirchliche Privatschule und ihres Gymnasialangebots eine privilegierte Sonderrolle zu, die sich in einem positiven Image und einer spezifischen Zusammensetzung der Schüler/ innen niederschlägt. Die schulische Trägerschaft geht mit einer Selektion nach Religionszugehörigkeit einher, da nur maximal ein Drittel der Schüler/ innen nicht entsprechend konfessionell gebunden sein darf. Aufgrund des Gymnasialangebots und des im Verbund mit einem Gymnasium des gleichen Schulträgers erleichterten Übergangs in die gymnasiale Oberstufe ist die Schule im Vergleich zu anderen Oberschulen im regionalen Kontext stärker nachgefragt. Während mit 10 % ein für Oberschulen sehr kleiner Anteil der Schüler/ innen die Schule mit einem Hauptschulabschluss verlässt, erwirbt die überwiegende Mehrheit einen mittleren Schulabschluss, der günstige Optionen um Übergang in die berufliche Bildung eröffnet. Schulorganisatorisch setzt die Schule auf innere Differenzierung und verzichtet auf eine schulformbezogene Beschulung mit Ausnahme des Gymnasialzweigs, für den ab Klassenstufe 9 eine eigene Klasse eingerichtet wird. In Bezug auf den Unterricht wird individualisiertes Lernen hervorgehoben, das in den Interviews am Beispiel der Wochenplanarbeit konkretisiert wird. Auf den auch in den Interviews an dieser Schule als hoch empfundenen Anteil an Schüler/ innen mit sonderpädagogischen Förderbedarfen reagiert die Schule durch eine aktive Professionalisierungsstrategie in Form sonderpädagogischer Wiederqualifizierung von Lehrkräften, die nach Aussagen in den Interviews eigeninitiativ und berufsbegleitend absolviert werden. Im Unter- VHN plus 12 MARC THIELEN, STEFANIE KURTH Übergangskulturen in der Sekundarstufe I FACH B E ITR AG VHN plus richt wird Teamteaching etabliert: „Wir haben versucht Doppelsteckungen zu kriegen, also die sind teilweise eingeplant in den Hauptfächern insbesondere in den Klassen, wo die Förderschüler sind.“ Die Übergangskultur zeichnet sich durch ein spezifisches Angebot an Maßnahmen zur Berufsorientierung aus, die im Wesentlichen die jugendliche Persönlichkeitsbildung fokussieren und in Kooperation mit unterschiedlichen Institutionen in der Region umgesetzt werden. So bietet ein Träger der Jugendberufshilfe ein Modul zum Kennenlernen unterschiedlicher Berufe an und ein privater Anbieter von Assessment Centern ein externes Bewerbungstraining. Markant für die schulische Übergangskultur ist die Option eines berufsorientierenden Profils in den Jahrgängen 9 und 10, das alle Schüler/ innen adressiert und auch Leistungsstärkeren direkte Übergänge in Ausbildung eröffnen will. Die Klasse mit diesem Profil, die auch die Teilnahme an sogenannten Erweiterungskursen zum Erwerb des mittleren Schulabschlusses vorsieht, ist laut den interviewten Lehrpersonen heterogen zusammengesetzt und stark nachgefragt. Entscheidend für die Aufnahme sei das Interesse an einer Berufsausbildung, das in einem Bewerbungsverfahren unter Beweis zu stellen ist. Bemerkenswert ist die positive Sicht der zuständigen Lehrkraft auf die Schüler/ innen dieser Klasse: „Die sind total fleißig, das sind wirklich tolle Schüler.“ Ebenfalls in Bezug auf die in den Interviews sichtbar werdenden Adressierungen der Schüler/ innen ist markant, dass sich die Schule aktiv darum bemüht, Jugendliche mit sonderpädagogischen Förderbedarfen über Betriebspraktika in reguläre Ausbildung zu vermitteln. Eine Lehrerin berichtet im Interview von einem Schüler mit diagnostiziertem Asperger-Syndrom, der jüngst mithilfe der intensiven Unterstützung der Schule und seiner individuellen Schulbegleitung im Übergang in die Ausbildung zum Fluggerätemechaniker begleitet wurde. Prägnant für die schulische Übergangskultur ist die oben bereits angekündigte Konturierung der Angebote zur Berufsorientierung durch das im Schulprofil akzentuierte religiöse und soziale Lernen. Organisational zeigt sich dies in der Kooperation mit unterschiedlichen kirchlichen Institutionen. So findet zum Start der Berufsorientierung in der siebten Klasse ein Zukunftsworkshop bei einem Anbieter kirchlicher Kinder- und Jugendarbeit statt. Die Potenzialanalyse in Klasse 8 führt die Schule bei einem kirchlichen Jugendverband durch und die anschließenden Werkstatttage bei einem kirchlichen Träger der beruflichen Rehabilitation. Die Einbettung der Berufsorientierung in ein kirchliches Netzwerk korrespondiert mit spezifischen pädagogischen Zielen. Dies deutet die Beschreibung des gerade genannten Zukunftsworkshops durch die für Berufsorientierung zuständige Lehrkraft an: „Wo so ein bisschen raus aus Schule, anderer Ort, mit Teamern, jungen Studenten, wo sie [die Schüler/ innen] sich dann erstmalig Gedanken machen, so überhaupt Zukunft, wo will ich in ein paar Jahren sein.“ Bereits der Start der Berufsorientierung, der bewusst an einem außerschulischen Lernort stattfindet, durch Studierende angeboten wird und auf Methoden der Biografiearbeit zurückgreift, zeigt, dass die Persönlichkeitsentfaltung der Jugendlichen im Vordergrund steht. Dies bestätigt auch die spezifische Profilierung des Praktikums im zehnten Jahrgang, das bewusst nicht als Betriebs-, sondern als Sozialpraktikum konzipiert ist und in sozialen Einrichtungen - genannt werden inklusive Kindertagesstätten, Förderschulen, Krankenhäuser sowie Alten- und Pflegeheime - absolviert werden soll. Hierzu erläutert die für Berufsorientierung zuständige Lehrkraft: „Also, weil wir sagen, das gehört irgendwie zum Profil unserer Schule dazu, das ist uns wichtig, dieser Aspekt. Es gibt manchmal auch Diskussion, teilweise auch Kollegen, aber auch Eltern sagen, ‚ja, aber wenn er doch Kfz-Mechatroniker werden will, warum muss er das? ‘ Dann argumentieren wir immer damit, dass wir sagen, also das ist VHN plus 13 MARC THIELEN, STEFANIE KURTH Übergangskulturen in der Sekundarstufe I FACH B E ITR AG VHN plus einfach Stichwort Lebenserfahrung, was dann einfach in seiner Persönlichkeit weiterbringen soll.“ Die Deutung zeigt, dass das Sozialpraktikum nicht primär der Orientierung bei der Berufswahl dient, sondern im Lichte des christlichen Leitbilds der Schule auf eine Erweiterung des jugendlichen Erfahrungsraums zielt, indem den Jugendlichen spezifische Impulse für eine gemeinwohlorientierte Persönlichkeitsbildung durch den Einblick in helfende Tätigkeiten in sogenannten Care-Berufen angeboten werden. Die Unterstützung der Berufswahlkompetenz scheint nicht im Fokus des Praktikums zu stehen. Hier stellt sich die Frage, ob Schüler/ innen, die sich in anderen beruflichen Feldern ausprobieren möchten, im Prozess ihrer individuellen Berufsorientierung eingeschränkt werden. Ausgenommen vom verpflichtenden Sozialpraktikum sind nur Schüler/ innen, bei denen der Übergang in ein betriebliches Ausbildungsverhältnis angebahnt wird: „Und dann sind wir aber andererseits auch bereit, wenn Schüler sagen, also ich habe einen Ausbildungsplatz, wenn ich jetzt noch einmal zwei, drei Tage probearbeiten darf oder ne Woche oder so, dann stellen wir die natürlich frei.“ Insgesamt zeigt sich, dass die Übergangskultur durch das konfessionell geprägte Schulprofil konstituiert wird und primär auf die im Schulprofil als zentral gesetzte Persönlichkeitsbildung zielt, die Jugendliche im Sinne des christlichen Leitbilds der Schule zur Gemeinwohlorientierung erziehen will. Zugleich beansprucht die Übergangskultur das Ziel, alle Schüler/ innen auf vielfältige berufliche Möglichkeiten vorzubereiten. Hierbei profitiert die Schule von der spezifischen Zusammensetzung der Schüler/ innen und deren qua Schulabschluss günstigen Zukunftsperspektiven. Die mit der Schulform Oberschule einhergehende Option des berufspraktischen Schwerpunkts nutzt die Schule als eine spezifische Profilierungsmöglichkeit, die ihr ohnehin schon positives Image unterstützt und ihr im Wettbewerb um Schüler/ innen einen zusätzlichen Vorteil bietet. 6 Resümee und Ausblick Die Kontrastierung zeigt, dass Einzelschulen in Niedersachsen die Transformation zur Oberschule unter höchst unterschiedlichen Vorzeichen und strukturellen Rahmenbedingungen vollziehen (müssen) und in der Konsequenz differente Übergangskulturen in der Sekundarstufe I hervorbringen. Während die als Erstes dargestellte Übergangskultur die Übergangschancen der bildungsbenachteiligten Schüler/ innen insbesondere durch eine (nach)erziehende Anpassung an mit Ausbildungsreife assoziierte Merkmale verbessern möchte, zugleich jedoch nur ein eingeschränktes Netzwerk an potenziellen Ausbildungsbetrieben nutzen kann, zielt die zweite Übergangskultur auf eine eng mit dem Schulprofil zusammenhängende Persönlichkeitsbildung der Schüler/ innen mit qua Schulabschluss günstigeren Zukunftsoptionen und geht dabei konzeptionell über Berufswahlkompetenz im engeren Sinne hinaus. Differenz- und Ungleichheitsdynamiken in der Sekundarstufe I können im Lichte der kontrastierten Übergangskulturen nicht alleine auf den Faktor Schulform reduziert werden, wie dies in bisherigen Untersuchungen zur Berufsorientierung sowie in vergleichenden Analysen zu nichtgymnasialen Schulformen bisweilen behauptet wird. So erweist sich die im Vergleich von niedersächsischer Oberschule und Hamburger Stadtteilschule von Klomfaß (2017) argumentierte These, dass die niedersächsische Oberschule - im Gegensatz zur Stadtteilschule - per se das Cooling-out leistungsschwächerer Schüler/ innen befördere, empirisch als undifferenziert und zwar in Bezug auf beide Schulformen: Während Faulstich-Wieland und Scholand (2017) in ihrer Ethnografie darlegen, dass sich Cooling-out-Prozesse auch im Kontext der Berufsorientierung an vermeintlich bildungsgerechteren Hamburger Stadtteilschulen in schwierigen Kontexten vollziehen, VHN plus 14 MARC THIELEN, STEFANIE KURTH Übergangskulturen in der Sekundarstufe I FACH B E ITR AG VHN plus verdeutlicht unsere Untersuchung, dass die niedersächsische Oberschule keineswegs pauschal mit einer systematischen Benachteiligung leistungsschwacher Schüler / innen gleichzusetzen ist, sondern dass sich Einzelschulen dieser Schulform in ihren Übergangskulturen deutlich voneinander unterscheiden. Eine wesentliche Ursache liegt in differenten schulischen Kontexten von Einzelschulen und deren strukturellen Rahmenbedingungen. Die von uns durchgeführte Mehrebenenanalyse liefert konkrete Hinweise zu relevanten Kontextbedingungen, durch deren Zusammenwirken unterschiedliche schulische Übergangskulturen hervorgebracht werden. Die für alle Schulen gleichermaßen geltenden schulrechtlichen Vorgaben zur Umsetzung von Berufsorientierung treffen in der Praxis an Einzelschulen auf spezifische Schulkulturen, die differente Modi der Hervorbringung und Gestaltung von Übergängen in der Sekundarstufe I begünstigen. Weil sich die Schulkultur als symbolische Sinnordnung der Einzelschule unweigerlich in der Ausgestaltung der Berufsorientierung als einzelschulspezifische Übergangskultur materialisiert, vollziehen sich konzeptionell ähnliche berufsorientierende Angebote in differenten pädagogischen Ordnungen. Während sich die eine von uns porträtierte Schule im Lichte ihres privilegierten Status als konfessionelle Privatschule mit Gymnasialangebot mit einer im Vergleich leistungsstärkeren Schülerschaft ein primär persönlichkeitsbildendes Berufsorientierungsprogramm leisten kann, setzt die zweite Schule angesichts der Bildungsbenachteiligung ihrer Schüler/ innen auf berufliche Integration durch erzieherische Anpassung an die (antizipierten) Erwartungen der Berufs- und Arbeitswelt. Zugleich kämpft diese Schule mit strukturellen Barrieren am Übergang in die berufliche Bildung, die ihr die Kooperation mit Praktikumsbetrieben im schulischen Umfeld deutlich erschweren. Die Befunde sensibilisieren für institutionelle und strukturelle Übergangshürden, durch welche die Zukunftschancen von bildungsbenachteiligten Jugendlichen eingeschränkt werden können. Dies deuten unsere Rekonstruktionen in besonderer Weise für junge Menschen mit sonderpädagogischen Förderbedarfen an, deren Anteil in beiden schulischen Kontexten schulformbedingt hoch ist. Während Jugendliche mit bestimmten sonderpädagogischen Förderbedarfen in einer Übergangskultur mit ohnehin schon mangelnden betrieblichen Kontakten in ihren beruflichen Teilhabemöglichkeiten durch den Ausschluss von Praktika auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt begrenzt werden, ermöglicht eine Übergangskultur mit günstigeren Kontextbedingungen auch solchen jungen Menschen Zugänge in ihre betrieblichen Netzwerke und vermag dadurch eher Wege in die Regelausbildung zu eröffnen. Demgegenüber korrespondiert das schulische (Selbst-)Verständnis der ersten Schule als heimliche Förderschule - so unsere Interpretation - mit dem Konstrukt eines sonderpädagogischen Schonraums, in dem Erfahrungsmöglichkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eingeschränkt und Wege in Sonderinstitutionen der beruflichen Rehabilitation begünstigt werden (Blanck, 2020). Der Kontrast der beiden Übergangskulturen zeigt, dass sich Berufsorientierung nicht in schulformspezifischen Standardangeboten erschöpfen kann, sondern konsequent in die Schulentwicklung von Einzelschulen zu integrieren ist. Zugleich wird deutlich, dass die Unterschiedlichkeit der schulischen Voraussetzungen differenzierte Ressourcen und Unterstützungsnotwendigkeiten an Einzelschulen erforderlich macht. Schließlich zeigen die Analysen die Begrenztheit einer Berufsorientierungsforschung, die sich primär für die Messung und Förderung individueller Kompetenzen interessiert und dabei die Bedeutung gesellschaftlicher Verhältnisse und institutioneller Kontexte von Schulen für (berufliche) Bildungs- und Übergangsprozesse VHN plus 15 MARC THIELEN, STEFANIE KURTH Übergangskulturen in der Sekundarstufe I FACH B E ITR AG VHN plus vernachlässigt. Um die Wirksamkeit von Berufsorientierung an der zuerst porträtierten Schule zu steigern, wären vermutlich Veränderungen in der Schulentwicklung insgesamt notwendig. Hinweise hierzu liefern Erkenntnisse zu erwartungswidrig erfolgreichen Schulen in schwierigen Kontexten, die nicht nur auf die Relevanz betrieblicher Netzwerke, sondern auch auf die Bedeutsamkeit einer ressourcenorientierten Sicht auf Schüler/ innen und die Vermeidung von etikettierendem Lehrer/ innenhandeln verweisen (Racherbäumer, Funke, Ackeren & Clausen, 2013). Nachdem wir die in diesem Beitrag diskutierten Übergangskulturen an Einzelschulen der Schulform Oberschule rekonstruiert haben, sehen unsere nächsten Auswertungsschritte weitere Kontrastierungen vor, im Zuge derer neben einer dritten Oberschule auch zwei Integrierte Gesamtschulen einbezogen werden. Die beiden zuletzt genannten Schulen, die in den Klassenstufen 5 bis 10 am Prinzip der Binnendifferenzierung orientiert sind, ziehen auch leistungsstarke Schüler/ innen an, da sie im regionalen Kontext einen guten Ruf haben und eine Gymnasiale Oberstufe anbieten. Hinsichtlich der Rekonstruktion ihrer Übergangskulturen und der mit diesen einhergehenden Differenz- und Ungleichheitsdynamiken sind die Schulen auch deshalb interessant, da sie mit einem Berufswahlsiegel für ihre Berufsorientierungskonzepte ausgezeichnet wurden, zugleich jedoch im regionalen Kontext ein unterschiedliches Image haben: Während die eine IGS als besonders leistungsorientiert gilt und den Ruf eines heimlichen Gymnasiums hat, versteht sich die andere Schule als eine traditionell integrative bzw. inklusive Schule mit einem starken Fokus auf gemeinsames Lernen. Die Analysen gehen vor diesem Hintergrund der Frage nach, wie sich die unterschiedlichen Profile und Selbstverständnisse beider Schulen in ihren jeweiligen Übergangskulturen in der Sekundarstufe I niederschlagen. Aus der Kontrastierung aller Übergangskulturen erhoffen wir uns differenzierte Hinweise auf schulformspezifische und schulformübergreifende Differenz- und Ungleichheitsdynamiken in der Hervorbringung und Gestaltung von Übergängen aus der Sekundarstufe I an unterschiedlichen nichtgymnasialen Einzelschulen. Anmerkungen 1 Ein normatives Verständnis von Übergangskultur liegt Initiativen zur Schulentwicklung zugrunde, die sich mit der konzeptionellen Gestaltung schulischer Übergänge, z. B. von Grundauf Sekundarschulen, befassen (Willenbrock & Sierverding, 2016, S. 77). Ziel ist hier „einen atmosphärisch und inhaltlich guten Übergang für alle zu gestalten“ (ebd.). Ein normativer Übergangskultur-Begriff findet sich auchinSchulprogrammenoderAuszeichnungen, die Schulen für besonders gute Übergangskonzepte erhalten. 2 Helsper (2008) differenziert im Rückgriff auf eine Terminologie von Lacan das Imaginäre, das Reale und das Symbolische. Das Imaginäre repräsentiert „die idealen pädagogischen Entwürfe der jeweiligen Schule sowie die damit verbundenen institutionellen Selbstentwürfe, die die schulischen Akteure konstruieren“ (ebd., S. 67). Zum Realen zählt Helsper die „Antinomien des pädagogischen Handelns“ (ebd., S. 68) und die „Strukturprinzipien höherer symbolischer Ordnungen (Oevermann 2007) des Bildungssystems und die damit einhergehenden grundlegenden Strukturprobleme, die als Ergebnis des bildungspolitischen Handelns kollektiver Akteure generiert werden“ (ebd.). Das Symbolische beschreibt „die Ebene der Entfaltung von Interaktionen, Praktiken, Artefakten, Routinen und Arrangements der jeweiligen Schule“ (ebd.). 3 Der Bildungsbericht kennzeichnet erweitert traditionelle Systeme durch das Fortbestehen von Förder-, Haupt- und Realschulen sowie Gymnasien, die durch unterschiedliche Schulen mit mehreren Bildungsgängen ergänzt werden (vgl. Autorengruppe Bildungsberichterstattung, 2020, S. 109). In Niedersachsen sind dies Oberschulen sowie Integrierte und Kooperative Gesamtschulen. VHN plus 16 MARC THIELEN, STEFANIE KURTH Übergangskulturen in der Sekundarstufe I FACH B E ITR AG VHN plus Literatur Autorengruppe Bildungsberichterstattung (2018). Bildung in Deutschland 2018. Ein indikatorengestützter Bericht mit einer Analyse zu Wirkungen und Erträgen von Bildung. Abgerufen am 30. 1. 2023 von https: / / www.bildungsbericht.de/ de/ bildungsberichte-seit-2006/ bildungsbe richt-2018/ Autorengruppe Bildungsberichterstattung (2020). Bildung in Deutschland 2020. Ein indikatorengestützter Bericht mit einer Analyse zu Bildung in einer digitalisierten Arbeitswelt. Abgerufen am 30. 1. 2023 von https: / / www.bildungsbericht. de/ de/ bildungsberichte-seit-2006/ bildungsbe richt-2020/ bildung-in-deutschland-2020 Autor: innengruppe Bildungsberichterstattung (2022). Bildung in Deutschland 2022. Ein indikatorengestützter Bericht mit einer Analyse zum Bildungspersonal. 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