Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete
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0017-9655
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
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2024
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Fachbeitrag: Berufliches Selbstkonzept von angehenden Lehrkräften für Sonderpädagogik im Förderschwerpunkt Emotionale und Soziale Entwicklung
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2024
Nicola-Hans Schwarzer
Stephan Gingelmaier
Das berufliche Selbstkonzept von Lehrkräften, das Überzeugungen zu beruflichen Fähigkeiten umfasst, die für die Planung und Durchführung von Unterricht erforderlich sind, ist ein wichtiger Aspekt pädagogisch-professioneller Kompetenz. Ein Übertrag auf die sonderpädagogische Tätigkeit im Förderschwerpunkt Emotionale und Soziale Entwicklung ist bisher jedoch nicht erfolgt. Basierend auf Daten von 332 angehenden Lehrkräften für Sonderpädagogik mit emotional-sozialer Schwerpunktsetzung zeigt die vorliegende Querschnittsstudie, dass ein an den Leitlinien für die Lehrkräftebildung orientiertes Diagnostikum beruflicher Selbstkonzeptdimensionen auch auf das sonderpädagogische Tätigkeitsfeld übertragbar ist. Vertiefend deutet sich an, dass im Vergleich zu angehenden Sekundarstufenlehrkräften Unterschiede in den Selbstkonzeptdimensionen „Medien“ und „Innovation“ zugunsten der angehenden Sekundarstufenlehrkräfte bestanden und dass die erfassten Selbstkonzeptdimensionen angehender Sonderpädagoginnen und Sonderpädagogen nicht mit der Studiendauer assoziiert waren.
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35 VHN, 93. Jg., S. 35 -51 (2024) DOI 10.2378/ vhn2024.art04d © Ernst Reinhardt Verlag Berufliches Selbstkonzept von angehenden Lehrkräften für Sonderpädagogik im Förderschwerpunkt Emotionale und Soziale Entwicklung Psychometrische Evaluation eines Diagnostikums und erste empirische Daten Nicola-Hans Schwarzer PH Heidelberg Stephan Gingelmaier PH Ludwigsburg Zusammenfassung: Das berufliche Selbstkonzept von Lehrkräften, das Überzeugungen zu beruflichen Fähigkeiten umfasst, die für die Planung und Durchführung von Unterricht erforderlich sind, ist ein wichtiger Aspekt pädagogisch-professioneller Kompetenz. Ein Übertrag auf die sonderpädagogische Tätigkeit im Förderschwerpunkt Emotionale und Soziale Entwicklung ist bisher jedoch nicht erfolgt. Basierend auf Daten von 332 angehenden Lehrkräften für Sonderpädagogik mit emotional-sozialer Schwerpunktsetzung zeigt die vorliegende Querschnittsstudie, dass ein an den Leitlinien für die Lehrkräftebildung orientiertes Diagnostikum beruflicher Selbstkonzeptdimensionen auch auf das sonderpädagogische Tätigkeitsfeld übertragbar ist. Vertiefend deutet sich an, dass im Vergleich zu angehenden Sekundarstufenlehrkräften Unterschiede in den Selbstkonzeptdimensionen „Medien“ und „Innovation“ zugunsten der angehenden Sekundarstufenlehrkräfte bestanden und dass die erfassten Selbstkonzeptdimensionen angehender Sonderpädagoginnen und Sonderpädagogen nicht mit der Studiendauer assoziiert waren. Schlüsselbegriffe: Selbstkonzept, Berufliches Selbstkonzept, Pädagogisch-professionelle Kompetenz, Sonderpädagogik, Förderschwerpunkt Emotionale und soziale Entwicklung Professional Self-concept of Prospective Teachers for Special Education in the Field of Emotional and Social Development - Psychometric Evaluation of a Diagnostic Tool and First Empirical Data Summary: The occupational self-concept of teachers, which includes beliefs about professional skills that are required for the planning and teaching of lessons, is conceived as an important aspect of pedagogical-professional competence. However, a transfer into special education in the field of emotionally and behaviorally challenging students has not yet taken place. Using data from 332 prospective special education teachers, who will be working with emotionally and behaviorally challenging students, this cross-sectional study indicates that a model of professional self-concept dimensions based on the “Leitlinien für die Lehrkräftebildung” can also be transferred into the field of special education. Moreover, the occupational self-concept of prospective special teachers was not associated with the duration of the university training. Finally, results indicated that in particular the self-concept dimensions “media” and “innovation” were lower in prospective special education teachers compared to prospective secondary school teachers. Keywords: Self-concept, occupational self-concept, pedagogical-professional competence, special education in the field of emotionally und behaviorally challenging students FACH B E ITR AG VHN 1 | 2024 36 NICOLA-HANS SCHWARZER, STEPHAN GINGELMAIER Berufliches Selbstkonzept von angehenden ESENT-Lehrkräften FACH B E ITR AG 1 Theoretischer Hintergrund 1.1 Selbstkonzept und Berufliches Selbstkonzept Die von William James vor über 100 Jahren beschriebene Trennung von I und Me gilt als Ursprung der Überlegungen zum Selbstkonzept. James (1892) differenzierte zwischen der Person als aktives Subjekt (I) und dem Selbst als Objekt der eigenen Betrachtung (Me). Unter Verweis auf aktuelle Definitionsversuche ist jene Überlegung noch immer zentral - Möller und Trautwein (2020) beschreiben das Selbstkonzept als Gesamtheit der Einschätzungen einer Person im Hinblick auf die eigene Person. Folglich beinhaltet das Selbstkonzept mentale Repräsentationen wie Vorstellungen, Einschätzungen und Bewertungen, die eine Person über sich selbst besitzt und die im Laufe der Zeit entwickelt werden (Moschner, 2001). Zentral ist die weitestgehend soziale Konstitution des Selbstkonzepts, das von Rückmeldungen aus der Umwelt und sozialen Vergleichen abhängig ist (Möller & Trautwein, 2020). Abzugrenzen ist das Selbstkonzept von einer ganzen Reihe von verwandten Merkmalen. Während das Konstrukt des Selbstwerts (Coopersmith, 1967), das insbesondere im klinischen Kontext von Bedeutung ist (z. B. Otte et al., 2019), beispielsweise durch eine affektive, stark wertende Perspektive gekennzeichnet ist, beschreiben Selbstwirksamkeitserwartungen das individuelle Vertrauen einer Person in eigene Fähigkeiten zur Bewältigung von Herausforderungen (Bandura, 1977). Insbesondere Selbstwirksamkeitserwartungen haben in der Lehrkräfteforschung eine lange Tradition - erweisen sich beispielsweise als protektives Merkmal im Hinblick auf das emotionale Erschöpfungserleben von Lehrkräften (Dicke et al., 2015) oder sind mit hochwertiger Unterrichtsführung assoziiert (Depaepe & König, 2018). Während also das Selbstkonzept auf Basis erfolgter sozialer Rückmeldungen eine retrospektive, biografisch gewachsene Selbstsicht beschreibt, sind Selbstwirksamkeitserwartungen in die Zukunft gerichtete Selbstbeschreibungen. Aufbauend auf dieser Definition lassen sich Strukturierungsversuche identifizieren (z. B. Shavelson, Hubner & Stanton, 1976; Marsh, Byrne & Shavelson, 1988), die das Selbstkonzept vertiefend beschreiben. Hierbei werden auf die gesamte Person bezogene Selbstkonzepte von domänenspezifischen Selbstkonzepten, die auf bestimmte Bereiche wie Beruf oder Schule bezogen sind, unterschieden (Möller & Trautwein, 2020). Untersuchungen zeigen, dass ein positives Selbstkonzept mit höheren beruflichen oder akademischen Leistungen einhergeht (z. B. Marsh & Martin, 2011; Möller, Pohlmann, Köller & Marsh, 2009), wobei insbesondere auf einzelne Domänen bezogene Selbstkonzepte Leistungen vorhersagen, weniger hingegen allgemeine Fähigkeitsüberzeugungen (z. B. Marsh & Craven, 2006; Möller, Retelsdorf, Köller & Marsh, 2011). Das berufsbezogene Selbstkonzept ist ein Teilbereich des Selbstkonzepts, das für die Ausübung der beruflichen Tätigkeit von Bedeutung ist (Super, 1961) und eine wichtige Facette beruflicher Professionalität repräsentiert (Koch, 2005). 1.2 Berufliches Selbstkonzept als Aspekt pädagogisch-professioneller Kompetenz Aufbauend auf Angebots-Nutzungs-Modellen von Unterricht (z. B. Helmke, 2022) wird dieser als Lernangebot konzeptualisiert, der von Schülerinnen und Schülern genutzt werden kann und in der Folge Lern- und Entwicklungsprozesse veranlasst (Kunter & Trautwein, 2013). Die Qualität des Lernangebots ist demnach für die gebzw. misslingende Initiierung von Lern- und Entwicklungsprozessen entscheidend und lässt sich anteilig auf die profes- VHN 1 | 2024 37 NICOLA-HANS SCHWARZER, STEPHAN GINGELMAIER Berufliches Selbstkonzept von angehenden ESENT-Lehrkräften FACH B E ITR AG sionellen Fähigkeiten von Lehrkräften zurückführen (z. B. Baier et al., 2019; Gindele & Voss, 2017). Diesen Aspekt aufgreifend modellieren aktuelle Ansätze pädagogisch-professionelle Kompetenz als Zusammenspiel mehrerer Kompetenzfacetten, was die Ausgangslage für das Unterrichtshandeln einer Lehrkraft sowie die damit korrespondierenden Lern- und Entwicklungsprozesse von Schülerinnen und Schülern darstellt (z. B. Blömeke, Gustafsson & Shavelson, 2015; Helmke, 2022). Insbesondere das Kompetenzmodell der COACTIV-Studie (Baumert & Kunter, 2006; 2011) gilt als umfassendes Modell zur Beschreibung professioneller Lehrkompetenz, welches das Ziel verfolgt, die pädagogische Tätigkeit in ihrer Komplexität samt den hierzu erforderlichen Merkmalen abzubilden (Kunter & Trautwein, 2013). Es postuliert, dass pädagogisch-professionelle Kompetenz von Lehrkräften sich aus kognitiven Kompetenzfacetten (professionelles Wissen) sowie aus affektiv-motivationalen Merkmalen konstituiert (Baumert & Kunter, 2006; 2011). Zentrale Annahme des Modells ist weiterhin, dass pädagogisch-professionelle Kompetenzen durch Maßnahmen wie die universitäre Ausbildungsphase veränderbar sind (z. B. Kunter, Kleickmann, Klusmann & Richter, 2011). Zuletzt zeigen Studien, dass oben benannte Kompetenzfacetten in der Lage sind, diverse Indikatoren von hochwertigem Unterricht vorherzusagen, und mit positiven Outcomevariablen assoziiert sind (z. B. Baier et al., 2019; Gindele & Voss, 2017). Im Kontext des Kompetenzmodells werden auch selbstbezogenen Kognitionen wie dem beruflichen Selbstkonzept eine wichtige Bedeutung zugeschrieben (Voss, Kleickmann, Kunter & Hachfeld, 2011). Derartige Fähigkeitsüberzeugungen prägen das professionelle Handeln von Lehrkräften, schlagen sich in der Gestaltung von unterrichtlichen Lernangeboten nieder und beeinflussen die Lern- und Entwicklungsprozesse von Schülerinnen und Schülern (Kunter & Trautwein, 2013; Marsh & Martin, 2011). Die domänenspezifische Konstitution des Selbstkonzepts betonend und unter Verweis auf die verschiedenen Anforderungsbereiche des Lehrberufs schlagen Retelsdort, Bauer, Gebauer, Kauper und Möller (2014) eine Differenzierung des beruflichen Selbstkonzepts von Lehrkräften vor, das sich an den Standards für die Lehrkräftebildung orientiert (KMK, 2004 a; 2008). Demnach setzt die Ausübung des Lehrberufs Fähigkeiten sowie damit einhergehende Fähigkeitsüberzeugungen in den Anforderungsbereichen (1) Erziehung, (2) Fach, (3) Diagnostik, (4) Innovation, (5) Medien und (6) Beratung voraus. Trotz der grundlegenden Annahme pädagogisch-professioneller Kompetenzmodelle, die eine Veränderbarkeit jener Kompetenzbereiche postulieren (Baumert & Kunter, 2006; 2011; Kunter et al., 2011), ist der aktuelle Forschungsstand zum beruflichen Selbstkonzept insgesamt inkonsistent. Hierbei ist zunächst ein grundsätzlicher Mangel an empirischen Arbeiten festzustellen (Straub, Kreische & Rothland, 2022), was angesichts der Bedeutung, die dem beruflichen Selbstkonzept zugeschrieben wird (z. B. Retelsdorf et al., 2014), überrascht. Die wenigen Studien liefern zudem keine eindeutigen Ergebnisse und beschreiben zusammenfassend lediglich geringfügige Veränderungen einzelner Domänen des beruflichen Selbstkonzepts bei angehenden Lehrkräften, die Schulpraktika absolviert hatten (z. B. Rothland & Straub, 2018; Kauper, 2018; Straub et al., 2022). 1.3 Berufliches Selbstkonzept angehender Lehrkräfte für Sonderpädagogik im Förderschwerpunkt Emotionale und Soziale Entwicklung (FSP ESENT) Schülerinnen und Schüler mit Anspruch auf ein sonderpädagogisches Bildungsangebot im FSP ESENT lassen sich abgrenzend von Kindern und Jugendlichen ohne einen solchen VHN 1 | 2024 38 NICOLA-HANS SCHWARZER, STEPHAN GINGELMAIER Berufliches Selbstkonzept von angehenden ESENT-Lehrkräften FACH B E ITR AG Anspruch als Gruppe von Heranwachsenden beschreiben, die durch ein hohes und zeitlich überdauerndes Maß an Auffälligkeiten im emotionalen Erleben und sozialen Handeln charakterisiert sind (Myschker & Stein, 2018), deren Teilhabe am Unterricht in allgemein bildenden Schulen aufgrund externalisierender oder internalisierender Verhaltensstörungen erheblich gefährdet ist (z. B. Hennemann et al., 2020) und die auf intensivierte erzieherische Unterstützung durch hierfür ausgebildete Lehrkräfte angewiesen sind (Müller & Stein, 2018). Spätestens seit der rechtsverbindlichen Einführung eines inklusiven Bildungssystems (Beauftragte der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderung, 2018) ist die Rolle von Lehrkräften für Sonderpädagogik im FSP ESENT auch an allgemeinbildenden Schulen von erheblicher Bedeutung (Melzer & Hillenbrand, 2013), im Kanon der empirischen Bildungsforschung jedoch gegenwärtig noch immer unterrepräsentiert (Grosche et al., 2020). Für die sonderpädagogische Tätigkeit im FSP ESENT ist das berufliche Selbstkonzept der unterrichtenden Lehrkräfte für die Ausgestaltung der spezifischen pädagogischen Tätigkeit von Relevanz - trotz der Unterschiede zwischen förderschwerpunktspezifischen Lern- und Bildungszielen, die auf eine Weiterentwicklung der Fähigkeit zum emotionalen Erleben und sozialen Verhalten fokussieren (KMK, 2000; Bleher & Gingelmaier, 2019), und Lern- und Bildungszielen der allgemeinbildenden Schule (z. B. KMK, 2004 b). Begründen lässt sich die Relevanz des berufsbezogenen Selbstkonzepts von angehenden und berufstätigen Lehrkräften für Sonderpädagogik im FSP ESENT trotz dieser unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen durch die Annahme, dass die auf die eigene Person bezogenen Fähigkeitsüberzeugungen das professionelle Handeln einer Person prägen und eine generelle Bedeutsamkeit des beruflichen Selbstkonzepts unterstellt werden kann (Marsh & Martin, 2011; Möller et al., 2009) - unabhängig von Abschluss und Einsatzort einer Lehrkraft. Unter Verweis auf die domänenspezifische, multiple Konstitution des Selbstkonzepts (Möller & Trautwein, 2020) sowie die empirischen Befunde, die andeuten, dass insbesondere auf einzelne Domänen bezogene Selbstkonzepte Leistungen vorhersagen konnten (z. B. Marsh & Craven, 2006), erweist sich das von Retelsdorf und Kollegen (2014) vorgeschlagene Modell beruflicher Fähigkeitsüberzeugungen von Lehrkräften derzeit als sinnvoller Anknüpfungspunkt, sich auch dem beruflichen Selbstkonzept von Lehrkräften für Sonderpädagogik im FSP ESENT anzunähern, da jenes Modell an den Leitlinien für die Lehrkräftebildung orientiert übergeordnete Tätigkeitsbereiche von Lehrkräften adressiert (KMK, 2004 a; 2008). Unter Verweis auf die Empfehlungen der Kultusministerkonferenz (2000) zum FSP ESENT kann insbesondere die Erziehung von Kindern und Jugendlichen im FSP ESENT als Charakteristikum der sonderpädagogischen Tätigkeit herausgestellt werden (Müller & Stein, 2015; 2018), ebenso die verstärkte diagnostische Aufgabenstellung, die der Erstellung von individualisierten Förderplänen oder Feststellungsverfahren zugrunde liegt (KMK, 2000). Zuletzt kann die beraterische Tätigkeit als weiteres Spezifikum der sonderpädagogischen Tätigkeit im FSP ESENT herausgestellt werden (Bleher & Gingelmaier, 2019), die stark interdisziplinär ausgerichtet ist und angesichts der zunehmend inklusiven Beschulung von Kindern und Jugendlichen im FSP ESENT (Liesebach, 2020) stetig an Bedeutung gewinnt. Folglich dürften unabhängig vom allgemein gehaltenen Gültigkeitsanspruch des von Retelsdorf und Kollegen (2014) postulierten Modells zumindest geringfügige Ausprägungsunterschiede in einzelnen Überzeugungsdimensionen zwischen angehenden Lehrkräften für Sonderpädagogik im FSP ESENT und angehenden Lehrkräften an allgemeinbildenden Schulen auftreten. VHN 1 | 2024 39 NICOLA-HANS SCHWARZER, STEPHAN GINGELMAIER Berufliches Selbstkonzept von angehenden ESENT-Lehrkräften FACH B E ITR AG 1.4 Die vorliegende Studie: Zielsetzungen und Hypothesen Ziel der Studie war es, ein für angehende und berufstätige Lehrkräfte an allgemeinbildenden Schulen entwickeltes Instrument zur Erfassung berufsbezogener Fähigkeitsüberzeugungen (Retelsdorf et al., 2014) auf angehende Lehrkräfte für Sonderpädagogik im FSP ESENT zu übertragen. Eine solche Anwendung ist bisher nicht erfolgt, erweist sich angesichts der handlungsleitenden Bedeutung des beruflichen Selbstkonzepts im Hinblick auf die Ausgestaltung der beruflichen Tätigkeit (z. B. Marsh & Martin, 2011; Möller et al., 2009) jedoch als aufschlussreich. Aufgrund der übergeordneten Gültigkeit des Modells wird eine grundsätzliche psychometrische Passung des hierfür vorgelegten Diagnostikums erwartet, was sich in einer Replikation des Modells bei angehenden sonderpädagogischen Lehrkräften im FSP ESENT samt einer angemessenen Modellgüte niederschlagen dürfte (Hypothese 1). Ergänzend zur faktoriellen Replikation erfolgte eine erste Inspektion der diskriminanten Gültigkeit des Diagnostikums. Angesichts der zuvor skizzierten Schwerpunkte der sonderpädagogischen Tätigkeit im FSP ESENT werden im Vergleich zu angehenden Lehrkräften im Lehramt Sekundarstufe Ausprägungsunterschiede in den Selbstkonzeptdimensionen „Erziehung“, „Diagnostik“ und „Beratung“ mit insgesamt höheren Ausprägungen bei angehenden Sonderpädagoginnen und Sonderpädagogen erwartet (Hypothese 2). Erziehung, Diagnostik und Beratung repräsentieren zentrale Aufgabenbereiche der sonderpädagogischen Arbeit im FSP ESENT, werden im Rahmen der universitären Ausbildung durch die Studieninhalte in gesondertem Maße adressiert und dürften sich demnach in ausgeprägteren Kompetenzzuschreibungen niederschlagen. Schwerpunkt der pädagogischen Arbeit im Lehramt Sekundarstufe ist unter Verweis auf die inhaltlichen Anforderungen der Lehrkräfteausbildung (KMK, 2008) hingegen vorrangig die Vermittlung kognitiver Lerninhalte in der Arbeit mit Schülerinnen und Schülern. Da das Selbstkonzept stark von Rückmeldungen aus der Umwelt geprägt ist (Möller & Trautwein, 2020) und die beruflichen Fähigkeitsüberzeugungen als grundsätzlich veränderbare Aspekte pädagogisch-professioneller Handlungskompetenz deklariert werden, die durch universitäre Studieninhalte förderbar sind (z. B. Kunter et al., 2011; Bauer, Traub & Kunina- Habenicht, 2020), wird zuletzt erwartet, dass mit zunehmender Dauer der universitären Ausbildung eine Zunahme der Überzeugungen in die eigenen Fähigkeiten auch für angehende Lehrkräfte für Sonderpädagogik im FSP ESENT zu beobachten ist (Hypothese 3). 2 Methode 2.1 Stichprobe und Studiendesign Die Erhebung der Daten erfolgte im Frühjahr 2021 in mehreren Seminarveranstaltungen an einer Pädagogischen Hochschule in Süddeutschland. Da aufgrund der pandemiebedingten Umstände keine Präsenzveranstaltungen möglich waren, wurde über die Onlineplattform surveymonkey eine anonymisierte Umfrage erstellt, deren Link den Studierenden mitgeteilt wurde. Die Proband/ innen wurden vorab nicht über die Studieninhalte aufgeklärt, um Verzerrungen im Antwortverhalten auszuschließen. Insgesamt nahmen an der als Querschnittsstudie angelegten Studie 444 Proband/ innen teil (Lehramt Sonderpädagogik n = 345; Lehramt Sekundarstufe n = 99), die im Mittel 24.84 Jahre alt waren (SD = 6.47; weibliche Teilnehmerinnen n = 346). Innerhalb der Teilstichprobe der Sonderpädagogik-Studierenden (63 männliche Studierende) bestand ein geringfügiger Altersunterschied (F = 4.39; p < .05) zugunsten der männlichen Studierenden. Überdies zeigte sich, dass die Gruppe von Sonderpädagogik-Studie- VHN 1 | 2024 40 NICOLA-HANS SCHWARZER, STEPHAN GINGELMAIER Berufliches Selbstkonzept von angehenden ESENT-Lehrkräften FACH B E ITR AG renden im Schnitt älter war als die zum Vergleich hinzugezogene Teilstichprobe angehender Sekundarstufenlehrkräfte (F = 16.92; p < .001). Dieser Unterschied zeigte sich auch in der berichteten Studiendauer: Während Sonderpädagogik-Studierende zum Zeitpunkt der Erhebung im Mittel 6.49 Fachsemester studiert hatten, waren es bei angehenden Sekundarstufenlehrkräften im Mittel 2.37 Fachsemester (F = 145.07; p < .001). Die Unterschiede deuten an, dass Alter und Geschlecht als Kontrollvariablen zu berücksichtigen sind. 2.2 Verwendete Instrumente Berufliches Selbstkonzept Zur Erfassung des beruflichen Selbstkonzepts diente der Fragebogen zur Erfassung berufsbezogener Selbstkonzepte von angehenden Lehrkräften (ERBSE-L) (Retelsdorf et al., 2014). ERBSE-L erfasst auf Basis von 20 likert-skalierten Aussagen (1 = trifft gar nicht zu; 5 = trifft völlig zu) die Überzeugungen in die eigenen Fähigkeiten von angehenden Lehrkräften in den Kompetenzbereichen (1) Erziehung (z. B. Ich finde auch zu „schwierigen“ Kindern und Jugendlichen einen guten Zugang), (2) Fach (z. B. Die Inhalte meiner Studienfächer bereiten mir keine Schwierigkeiten), (3) Diagnostik (z. B. Ich merke schnell, wenn andere Probleme haben), (4) Innovation (z. B. Ich kann schnell viele neue Ideen produzieren), (5) Medien (z. B. Der Umgang mit neuen Medien fällt mir leicht) und (6) Beratung (z.B. Ich kann andere gut beraten). Hohe Werte repräsentieren ausgeprägte Selbstkonzeptdimensionen. ERBSE-L gilt als reliables und valides Verfahren, das sich aufgrund des Umfangs für die Untersuchung großer Stichproben eignet (Retelsdorf et al., 2014). Keine der Subskalen entsprach den Kriterien des Kolmogorov-Smirnov-Tests (alle Skalen: p ≤ .05), weshalb vertiefend die Schiefe- und Wölbungsmaße der Skalen beurteilt wurden. Es zeigte sich, dass keine der sechs Skalen die von Weiber und Mühlhaus (2014) empfohlenen Grenzwerte (Schiefe = |3|; Wölbung |7|) überschritt und demnach keine substanziellen Verletzungen der Normalverteilung vorlagen. Die interne Konsistenz war angesichts der Kürze der sechs Subskalen von je drei bzw. vier Items gut bis zufriedenstellend (α = .76; ω = .77 bis α = .51; ω = .50). Persönlichkeitsmerkmale Um die Einflüsse individueller Persönlichkeitsmerkmale der angehenden Sonderpädagoginnen und Sonderpädagogen zu kontrollieren, wurde die Kurzfassung des Big Five Inventory (Gerlitz & Schupp, 2005) (BFI-S) eingesetzt. Als Persönlichkeit wird das für ein Individuum charakteristische Muster von Denken, Fühlen und Handeln bezeichnet (Myers, 2014), das bei Erwachsenen als robust gilt (Heine & Buchtel, 2009). Die unter den ‚Big Five‘ subsummierten Persönlichkeitsdimensionen (1.) Gewissenhaftigkeit, (2.) Verträglichkeit, (3.) Neurotizismus, (4.) Offenheit und (5.) Extraversion gelten heute als eine der besten Annäherungen zur differenziellen Beschreibung menschlicher Persönlichkeit (McCrae, 2009). Auf Basis von 15 Selbsteinschätzungen operationalisiert BFI-S die Ausprägungen der fünf Persönlichkeitsdimensionen über siebenstufige Likert-Skalen (1 = Stimme gar nicht zu bis 7 = Stimme voll zu). BFI-S ist ein valides und reliables Testverfahren, das aufgrund der Kürze gut zur Erfassung von Persönlichkeitsdimensionen in großen Stichproben geeignet ist (Gerlitz & Schupp, 2005). Hohe Ausprägungen der einzelnen Persönlichkeitsdimensionen gehen mit hohen Skalenwerten einher. Angesichts der sehr kurzen Skalenlängen kann die interne Konsistenz der fünf Persönlichkeitszüge in der vorliegenden Untersuchung für gut bis zufriedenstellend befunden werden (α = .86; ω = .86 bis α = .52; ω = .57). Keine der Skalen war normalverteilt (Kolmogorov-Smirnov-Test: p > .05). Die Schiefe- und Wölbungsmaße deuteten an, dass keine substanziellen Abweichungen vorlagen. VHN 1 | 2024 41 NICOLA-HANS SCHWARZER, STEPHAN GINGELMAIER Berufliches Selbstkonzept von angehenden ESENT-Lehrkräften FACH B E ITR AG Demografische Informationen Ergänzend wurden das Geschlecht der Probanden (0 = männlich; 1 = weiblich), das Alter sowie das aktuelle Studiensemester erfasst. 2.3 Statistische Analysen Fehlende Werte (< 0.01 Prozent) wurden mithilfe des Expectation-Maximitation-Algorithmus rekonstruiert (Tabachnik & Fidell, 2012). Multivariate Ausreißer wurden mittels der Mahalanobis-Distanz identifiziert und bei einer Auftretenswahrscheinlichkeit von p < .001 aus allen Analysen ausgeschlossen (13 Ausreißer) (ebd.). Eine Überprüfung der faktoriellen Struktur erfolgte im Rahmen einer Konfirmatorischen Faktorenanalyse (CFA) (Maximum-Likelihood- Schätzer) (Weiber & Mühlhaus, 2014). Zur Evaluation der Modellgüte dienten die von Hu und Bentler (1999) empfohlenen Fit-Indices (χ 2 -Test, root mean square error of approximation; RMSEA) samt der 90-prozentigen Konfidenzintervalle, comparative fit index (CFI) (guter Model-Fit: nicht-signifikanter χ 2 -Test, RMSEA≤ .06, CFI≥ .95; zufriedenstellender Model-Fit: nicht-signifikanter χ 2 -Test, RMSEA≤ .08, CFI ≥ .90). Angesichts der Stichprobengröße (> 300) wurde ein signifikanter χ 2 -Test erwartet, der stark auf den Umfang der Stichprobe reagiert und folglich die Ablehnung des Modells anzeigt. Weiber und Mühlhaus (2014) empfehlen in solchen Fällen, den χ 2 -Wert mit den Freiheitsgraden des Modells in Relation zu setzen, deren Verhältnis den Wert 2.5 nicht übersteigen sollte (guter Model-Fit: CMIN/ DF ≤ 2.5). Zur Überprüfung von Unterschieden im Hinblick auf die erfassten Selbstkonzeptdimensionen zwischen angehenden Sonderschullehrkräften im FSP ESENT und angehenden Sekundarstufenlehrkräften wurden univariate Varianzanalysen geschätzt, die vertiefend um den Einfluss der Persönlichkeitsmerkmale, des Geschlechts und des Alters kontrolliert wurden (ANCOVA). Zur Überprüfung des Einflusses der Studiendauer auf die berufsbezogenen Selbstkonzeptdimensionen wurden lineare Regressionsmodelle geschätzt, die um den Einfluss der Persönlichkeitsmerkmale und des Geschlechts kontrolliert wurden. 3 Ergebnisse Deskriptive Statistiken und Interkorrelationen sind in Tabelle 1 berichtet. In Abbildung 1 ist das Ergebnis der Konfirmatorischen Faktorenanalyse dargestellt. Die ermittelten Fit-Indices verweisen auf eine zufriedenstellende Modellgüte bei Sonderpädagogik-Studierenden mit emotional-sozialer Schwerpunktsetzung (χ 2 (154, n = 332) = 295.53, p < .001; CMIN/ DF = 1.919; RMSEA = .05 samt 90 % KI [.04, .06]; CFI = .91). Zwischen den latenten Faktoren bestanden signifikante, weitestgehend kleine bis mittlere Korrelationen. Lediglich zwischen den latenten Faktoren „Selbstkonzept Erziehung“ und „Selbstkonzept Diagnostik“ (r= .87), „Selbstkonzept Diagnostik“ und „Selbstkonzept Beratung“ (r = .84) bzw. „Selbstkonzept Erziehung“ und „Selbstkonzept Beratung“ (r = .77) bestanden hohe korrelative Zusammenhänge. Die interne Konsistenz der sechs Skalen kann unter Verweis auf die sehr kurzen Skalenlängen als ausreichend erachtet werden (Tabelle 1). Zur Beurteilung der diskriminanten Validität erfolgte in einem zweiten Analyseschritt ein Vergleich der Selbstkonzeptausprägungen von angehenden Lehrkräften für Sonderpädagogik mit Daten von angehenden Sekundarstufenlehrkräften (Tabelle 2). Nach Kontrolle von Alter, Geschlecht, Fachsemester sowie der fünf Persönlichkeitsmerkmale (ANCOVA) zeigten sich keine Unterschiede in den Selbstkonzeptdimensionen „Erziehung“, „Diagnostik“, „Fach“ und „Beratung“. Signifikante Unterschiede hingegen bestanden in den beruflichen Selbstkonzeptdimensionen „Innovation“ (F = 12.26; p < .01; η 2 = .03) und „Medien“ (F = 14.45; p < .001; η 2 = .03) mit je höheren Werten bei angehenden Sekundarstufenlehrkräften. VHN 1 | 2024 42 NICOLA-HANS SCHWARZER, STEPHAN GINGELMAIER Berufliches Selbstkonzept von angehenden ESENT-Lehrkräften FACH B E ITR AG 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 1 Alter 2 Fachse 3 Gewiss 4 Offen 5 Extra 6 Verträgl 7 Neuro 8 SK Erz 9 SK Diagn 10 SK Fach 11 SK Inno 12 SK Medien 13 SK Berat .000 .014 - .099* .026 .016 - 0.71 .045 -.006 .224*** - -.050 .019 .243*** .124** .115* - -.149** .002 -.077 -.044 -.339*** -.025 - .085 .056 .168*** .186*** .320*** .291*** -.220*** - -.006 .083 .258*** .209*** .139** .217*** -.193*** 0.514*** - .076 .054 .248*** .046 .070 .090 -.180*** .179*** .204*** - .129** .021 .251*** .459*** .261*** .070 -.227*** .368*** .357*** .164*** - -.008 -.099* .171*** .163** .162** .145*** -.200*** .219*** .283*** .208*** .330*** - -.016 -.017 .226*** .169*** .206*** .283*** -.086 .547*** .511*** .167*** .382*** .180*** - M ( SD) Schiefe Wölbung Cronbachs α MacDonalds ω 15.31 (2.97) -0.44 0.22 0.66 0.67 15.72 (3.10) -0.40 -0.25 0.60 0.61 16.15 (3.61) -0.76 0.09 0.86 0.86 17.44 (2.29) -0.73 0.23 0.52 0.57 12.56 (3.57) -0.35 -0.20 0.68 0.69 16.50 (2.06) -0.66 0.60 0.65 0.65 15.35 (1.90) -0.27 0.53 0.51 0.50 11.01 (1.91) -0.26 0.03 0.58 0.59 10.61 (2.29) -0.16 -0.49 0.70 0.70 11.13 (2.30) -0.41 -0.24 0.76 0.77 12.18 (1.78) -0.52 0.44 0.69 0.69 Tab. 1 Deskriptive Statistiken und Interkorrelationen bei angehenden Lehrkräften für Sonderpädagogik im FSP ESENT Anmerkungen: N = 332. Geschl = Geschlecht, Fachse = Fachsemester, Gewiss = Gewissenhaftigkeit, Offen = Offenheit für neue Erfahrungen, Extra = Extraversion, Verträgl. = Verträglichkeit, Neuro = Neurotizismus, SK Erz = Selbstkonzept Erziehung, SK Diagn = Selbstkonzept Diagnostik, SK Fach = Selbstkonzept Fach, SK Inno = Selbstkonzept Innovation, SK Medien = Selbstkonzept Medien, SK Berat = Selbstkonzept Beratung. * p ≤ .05, ** p ≤ .01, *** p ≤ .001. VHN 1 | 2024 43 NICOLA-HANS SCHWARZER, STEPHAN GINGELMAIER Berufliches Selbstkonzept von angehenden ESENT-Lehrkräften FACH B E ITR AG Abb. 1 Ergebnis der Konfirmatorischen Faktorenanalyse Anmerkungen: N = 332. Regressionsladungen und Korrelationen sind signifikant auf einem Signifikanzniveau p < 0.001. .77 .40 .29 .87 .41 .40 .21 .42 .60 .30 .56 .58 .31 .28 .84 .47 .59 .68 .57 .33 .48 .50 .53 .21 .76 .63 .69 .66 .63 .70 .86 .61 .74 .57 .68 Item 15 Item 4 Item 11 Item 5 Item 7 Item 9 Item 16 Item 2 Item 1 Item 10 Item 18 Item 12 Item 20 Item 17 Item 3 Item 14 Item 6 Item 19 Item 8 Item 13 Selbstkonzept Erziehung Selbstkonzept Diagnostik Selbstkonzept Fach Selbstkonzept Innovation Selbstkonzept Medien Selbstkonzept Beratung VHN 1 | 2024 44 NICOLA-HANS SCHWARZER, STEPHAN GINGELMAIER Berufliches Selbstkonzept von angehenden ESENT-Lehrkräften FACH B E ITR AG Skala Gruppe ANOVA Varianzanalyse Gruppe ANCOVA Mit Kovariaten Studierende „SoP“ N = 332 Studierende „Sek.“ N = 99 F η 2 Studierende „SoP“ N = 332 Studierende „Sek.“ N = 99 F η 2 Selbstkonzept Erziehung M SD 16.61 1.91 16.14 2.46 3.89* .009 M SE 16.58 0.11 16.22 0.21 2.09 .005 Selbstkonzept Diagnostik M SD 15.39 1.88 15.21 1.99 0.69 .002 M SE 15.34 0.11 15.38 0.21 0.018 .000 Selbstkonzept Fach M SD 10.96 1.79 11.18 2.28 0.99 .002 M SE 10.92 0.11 11.34 0.21 2.82(*) .007 Selbstkonzept Innovation M SD 10.48 2.30 11.19 2.17 8.42** .019 M SE 10.41 0.11 11.30 0.21 12.26** .028 Selbstkonzept Medien M SD 10.85 2.28 12.07 2.11 22.49*** .05 M SE 10.89 0.12 11.96 0.24 14.45*** .033 Selbstkonzept Beratung M SD 12.15 1.75 12.30 1.87 0.53 .001 M SE 12.12 0.10 12.42 0.19 1.69 .004 Tab. 2 Mittelwerte und Standardabweichungen beruflicher Selbstkonzeptdimensionen in beiden Gruppen sowie Ergebnisse der varianz- und kovarianzanalytischen Mittelwertsvergleiche Anmerkungen: N = 431. Als Kovariaten wurden Alter, Geschlecht (dummy-kodiert: 1 = weiblich; 0 = männlich), Fachsemester, Gewissenhaftigkeit, Offenheit für neue Erfahrungen, Extraversion, Verträglichkeit, Neurotizismus berücksichtigt. (*) p ≤ .10, * p ≤ .05, ** p ≤ .01, *** p ≤ .001. VHN 1 | 2024 45 NICOLA-HANS SCHWARZER, STEPHAN GINGELMAIER Berufliches Selbstkonzept von angehenden ESENT-Lehrkräften FACH B E ITR AG Tabelle 3 zeigt die linearen Regressionsmodelle zur Vorhersage der beruflichen Selbstkonzeptdimensionen. Alle sechs Modelle entsprachen den teststatistischen Voraussetzungen von Regressionsmodellen (normalverteilte und unabhängige Residuen; Homoskedastizität). Multikollinearität lag nicht vor (Varianzinflationsfaktoren < 2.5). Die Modelle konnten signifikante Varianzanteile in den abhängigen Variablen aufklären, wobei die Leistungsfähigkeit der Modelle zwischen r 2 = .07 (Selbstkonzept Fach) und r 2 = .32 (Selbstkonzept Innovation) lag. In keinem der Modelle klärte die Anzahl der studierten Fachsemester signifikante Varianzanteile in der abhängigen Variable auf. Vertiefend zeigte sich, dass die Persönlichkeitsmerkmale der Proband/ innen zum Teil deutliche Auswirkungen auf die erfassten Selbstkonzeptdimensionen hatten - beispielsweise war die berichtete Gewissenhaftigkeit der Probanden mit allen Dimensionen des beruflichen Selbstkonzepts positiv assoziiert. Das Geschlecht der Probanden konnte signifikante Varianzanteile des medialen Selbstkonzepts aufklären (β = -.24; p < .001). 4 Diskussion Ziel der Studie war es, ein für Lehrkräfte an allgemeinbildenden Schulen gültiges Modell beruflicher Selbstkonzeptdimensionen samt dem hierfür vorgelegten Diagnostikum auf angehende Lehrkräfte für Sonderpädagogik im FSP ESENT zu übertragen. Unter Verweis auf die Konfirmatorische Faktorenanalyse samt der ermittelten Fit-Indices kann eine psychometrisch gerechtfertigte Übertragbarkeit des von Retelsdorf und Kollegen (2014) vorgeschlagenen Modells beruflicher Selbstkonzeptdimensionen mit einer ähnlichen Modellgüte angenommen werden. Die auf Basis der Empfehlungen für die Lehrkräftebildung (KMK, 2004 a; 2008) abgeleiteten sechs Dimensionen beruflicher Fähigkeitsüberzeugungen - (1) Erziehung, (2) Fach, (3) Diagnostik, (4) Innovation, (5) Medien und (6) Beratung - waren auch in einem Sample von 332 angehenden Lehrkräften für Sonderpädago- Selbstkonzept Erziehung Selbstkonzept Diagnostik Selbstkonzept Fach Selbstkonzept Innovation Selbstkonzept Medien Selbstkonzept Beratung β SE β SE β SE β SE β SE β SE Geschl Fachse Gewiss Offen Extra Verträgl Neuro -.09 .00 .12* .10 .25*** .20*** -.11* .25 .03 .04 .03 .03 .04 .03 .00 .09(*) .21*** .15** .06 .15** -.17** .26 .03 .04 .03 .03 .04 .03 .01 .09 .19** .01 .05 .01 -.16** .26 .03 .04 .03 .03 .04 .03 -.06 .08(*) .26*** .43*** .15** -.01 -.10(*) .28 .03 .04 .04 .03 .05 .03 -.24*** -.01 .18** .10(*) .06 .12* -.12* .31 .04 .04 .04 .04 .05 .04 -.07 .00 .19*** .07 .16** .19*** .02 .24 .03 .03 .03 .03 .04 .03 R 2 .19 .14 .07 .32 .14 .12 Tab. 3 Regressionsmodelle zur Vorhersage der beruflichen Selbstkonzeptdimensionen Anmerkungen: N = 332. Geschl = Geschlecht, Fachse = Fachsemester, Gewiss = Gewissenhaftigkeit, Offen = Offenheit für neue Erfahrungen, Extra = Extraversion, Verträgl. = Verträglichkeit, Neuro = Neurotizismus; Geschlecht (dummy-kodiert: 1 = weiblich; 0 = männlich). (*) p ≤ .10, * p ≤ .05, ** p ≤ .01, *** p ≤ .001. VHN 1 | 2024 46 NICOLA-HANS SCHWARZER, STEPHAN GINGELMAIER Berufliches Selbstkonzept von angehenden ESENT-Lehrkräften FACH B E ITR AG gik mit emotional-sozialer Schwerpunktsetzung replizierbar. Die interne Konsistenz der sechs Faktoren war zufriedenstellend. Vertiefend fielen die latenten Korrelationen zwischen den beruflichen Selbstkonzeptdimensionen stärker aus als die von Retelsdorf und Kollegen (2014) berichteten moderaten Zusammenhänge. Insbesondere die engen Zusammenhänge zwischen den Dimensionen „Erziehung“, „Diagnostik“ und „Beratung“ weisen auf eine große Nähe der drei Dimensionen in der untersuchten Stichprobe hin. Dieser Befund deutet an, dass jene drei Überzeugungsbereiche samt ihrer engen Verknüpfung ein Spezifikum der sonderpädagogischen Tätigkeit im FSP ESENT darstellen könnten, was inhaltlich gut interpretierbar ist: Insbesondere die diagnostischen Prozesse zur Beschreibung emotional-sozialer Entwicklungsbedarfe (KMK, 2000) werden unmittelbar in die beraterische Tätigkeit als Kern der sonderpädagogischen Tätigkeit aufgenommen (Bleher & Gingelmaier, 2019) und prägen ergriffene erzieherische Maßnahmen (Müller & Stein, 2015; 2018). Einschränkend gilt es anzumerken, dass die teilweise geringen Koeffizienten zur Beschreibung der internen Konsistenz einzelner Faktoren die Frage aufwerfen, ob nicht trotz einer übergeordneten Passung einzelne Itemformulierungen zu unspezifisch für die Abbildung sonderpädagogisch-professioneller Fähigkeitsüberzeugungen sind. Zusammenfassend erweist sich das von Retelsdorf et al. (2014) vorgelegte Instrument unter Verweis auf die berichtete Modellgüte jedoch als geeignet, um berufliche Selbstkonzepte von angehenden Lehrkräften für Sonderpädagogik im FSP ESENT zu untersuchen. Hypothese 2, die unter Kontrolle von Geschlecht und Persönlichkeit im Mittel höhere Ausprägungen in den Selbstkonzeptdimensionen „Erziehung“, „Diagnostik“ und „Beratung“ als genuin sonderpädagogische Aufgabenbereiche bei angehenden Sonderschullehrkräften im FSP ESENT vermutet, muss unter Verweis auf die Ergebnisse der Kovarianzanalysen abgelehnt werden. Nach Kontrolle von Geschlecht, der Anzahl der absolvierten Fachsemester und den Ausprägungen der Persönlichkeitsmerkmale waren keine Unterschiede zwischen beiden Stichproben in den drei Selbstkonzeptdimensionen dokumentierbar. Vertiefend zeigen die Kovarianzanalysen, dass angehende Sekundarstufenlehrkräfte nach Kontrolle von Persönlichkeit, Alter, Fachsemesteranzahl und Geschlecht ihre Fähigkeiten in den beruflichen Selbstkonzeptdimensionen „Innovation“ und „Medien“ im Mittel höher einschätzen als angehende Lehrkräfte für Sonderpädagogik. Insgesamt deuten die unerwarteten Ergebnisse darauf hin, dass die Diskriminierungsfähigkeit des Diagnostikums in Folgeuntersuchungen weiter zu spezifizieren ist. Hierbei ist anzumerken, dass die ausbleibenden Unterschiede allerdings plausibel auf eine Reihe von Aspekten zurückführbar sind: Die insgesamt sehr hohen Ausprägungen der beurteilten Selbstkonzeptdimensionen „Erziehung“ und „Diagnostik“ in beiden Teilstichproben begünstigen potenzielle Deckeneffekte. In Einklang mit den Ergebnissen von Straub und Kollegen (2022) können die in der vorliegenden Studie berichteten, insgesamt hohen Ausprägungen in den Selbstkonzeptdimensionen als Hinweis auf eine geringe Itemschwierigkeit interpretiert werden. Der damit einhergehende Varianzverlust kann plausibel als Begründung für die ausbleibenden Unterschiede herangezogen werden. Auch Überschätzungen eigener Fähigkeiten, wie sie typischerweise zu frühen Zeitpunkten im Lehramtsstudium berichtet werden (Möller & Trautwein, 2020; Rothland & Straub, 2018), können das Ausbleiben der erwarteten Unterschiede erklären - die berichtete Studiendauer der angehenden Lehrkräfte im Lehramt Sekundarstufe lag bei etwa zwei Semestern und war damit im Mittel vier Semester kürzer als die berichtete Studienzeit der angehenden Sonderpädagoginnen und Sonderpädagogen. Anzumerken ist weiterhin, dass die selbsteingeschätzten Fähigkeiten zwar durchaus mit erbrachten Leistungen asso- VHN 1 | 2024 47 NICOLA-HANS SCHWARZER, STEPHAN GINGELMAIER Berufliches Selbstkonzept von angehenden ESENT-Lehrkräften FACH B E ITR AG ziiert sind (z. B. Marsh & Martin, 2011; Möller et al., 2009), allerdings nicht die konkreten Fähigkeiten repräsentieren. Dies deutet an, dass zukünftige Studien, die das berufliche Selbstkonzept angehender Sonderschullehrkräfte adressieren, neben den Fähigkeitseinschätzungen zudem die konkrete Ausprägung der beruflichen Fähigkeiten prüfen sollten - es ist nämlich durchaus vorstellbar, dass Lehrkräfte für Sonderpädagogik über ausgeprägtere erzieherische, beraterische oder diagnostische Kompetenzen verfügen, diese allerdings im Vergleich zu angehenden Sekundarstufenlehrkräften nicht als ausgeprägter einschätzen. Die signifikanten Unterschiede in den beruflichen Selbstkonzeptdimensionen „Innovation“ und „Medien“ hingegen, die andeuten, dass angehende Lehrkräfte für das Lehramt Sekundarstufe sich in diesen Dimensionen als kompetenter einschätzen, weisen darauf hin, dass im Rahmen von Lehrveranstaltungen diese Dimensionen nicht außer Acht gelassen werden sollten - insbesondere im Rahmen des aufgrund der Corona-Pandemie praktizierten Fernunterrichts sind unabhängig vom schulischen Einsatzort neben medialen Kompetenzen auch kreativ-innovative Fertigkeiten erforderlich, um mit herausfordernden Unterrichtssituationen produktiv umzugehen. Hypothese 3, die einen positiven Einfluss der studierten Semesteranzahl auf die Ausprägungen der einzelnen Selbstkonzeptdimensionen vermutet, muss unter Verweis auf die Ergebnisse aus den Regressionsmodellen abgelehnt werden. In der untersuchten Stichprobe hat der Umfang des universitären Studienangebots keinen Einfluss auf die berufsbezogenen Fähigkeitsüberzeugungen bei angehenden Lehrkräften für Sonderpädagogik. Dieser Befund deckt sich mit Ergebnissen aus Studien, die angehende Lehrkräfte an allgemeinbildenden Schulen untersucht hatten (z. B. Straub et al., 2022; Bauer et al., 2020; Rothland & Straub, 2018; Kauper, 2018). Offenbar repräsentieren trotz der postulierten Förderbarkeit pädagogisch-professioneller Kompetenzen (Baumert & Kunter, 2006; 2011; Kunter et al., 2011) insbesondere Einstellungen und Überzeugungen vergleichsweise robuste Aspekte pädagogisch-professioneller Kompetenz (Straub et al., 2022; Voss et al., 2011), die stärker durch den Einfluss individueller Persönlichkeitsmerkmale kofundiert, in der vorliegenden Studie jedoch nicht von der Anzahl der studierten Fachsemester beeinflusst ist. Sehr vorsichtig lassen sich die Befunde als Hinweis interpretieren, dass das Lehrangebot in der universitären Ausbildungsphase von Sonderpädagoginnen und Sonderpädagogen nicht in ausreichendem Maße zu einer Veränderung der Überzeugungen in eigene berufliche Fähigkeiten beiträgt, was andeutet, dass geprüft werden sollte, inwieweit die Empfehlungen für die Lehrkräftebildung (KMK, 2000; 2004 a; 2008) grundsätzlich in der Konzeptualisierung von sonderpädagogischen Lehrveranstaltungen berücksichtigt werden. Einschränkend ist allerdings anzumerken, dass die Anzahl der studierten Fachsemester möglicherweise keinen sonderlich aussagekräftigen Prädiktor darstellt, da beispielsweise eine Unterbrechung des Studiums aufgrund von Krankheit die Studiendauer erhöht, ohne dass sonderpädagogische Inhalte studiert wurden. Überdies scheint es plausibel, dass insbesondere in der Studieneingangsphase die anfängliche Euphorie zu einer Überschätzung der eigenen Fertigkeiten führt (Möller & Trautwein, 2020). Zuletzt ist nicht bekannt, mit welchen Selbstkonzeptausprägungen die Studierenden in das Studium starten, sodass eine profunde Beurteilung potenzieller Veränderungen aufgrund des Studiendesigns nicht möglich ist. Ziel der Studie war es, ein aus dem Regelschulbereich entlehntes Modell beruflicher Selbstkonzeptdimensionen samt dem hierfür vorgelegten Diagnostikum auf angehende Sonderpädagoginnen und Sonderpädagogen im FSP ESENT zu übertragen. Hintergrund dieses Vorhabens bildet die Annahme, dass berufsbezogene Überzeugungen in die eigenen Fähigkeiten einen wichtigen Aspekt pädagogisch-professioneller Handlungskompetenz (Baumert & Kunter, 2006; VHN 1 | 2024 48 NICOLA-HANS SCHWARZER, STEPHAN GINGELMAIER Berufliches Selbstkonzept von angehenden ESENT-Lehrkräften FACH B E ITR AG 2011; Kunter & Trautwein, 2013) repräsentieren, die mit hochwertigem Unterricht und gelingenden Lern- und Entwicklungsprozessen bei Schülerinnen und Schülern assoziiert sind (z. B. Voss et al., 2011) - unabhängig davon, ob die pädagogische Arbeit an allgemeinbildenden oder in sonderpädagogischen Institutionen bzw. inklusiv erfolgt. Die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung zeigen, dass eine Übertragbarkeit des von Retelsdorf und Kollegen (2014) vorgeschlagenen Modells unter psychometrischen Gesichtspunkten möglich ist und einen Anknüpfungspunkt für zukünftige Forschungsvorhaben darstellt. Überdies deuten die vorgelegten Befunde an, dass die Entwicklung der Überzeugungen in die einzelnen Fähigkeitsbereiche unabhängig von der Dauer des Studiums variiert - unter Verweis auf die Ergebnisse scheinen die Inhalte der Lehrveranstaltungen im Lehramtsstudium Sonderpädagogik in der untersuchten Stichprobe demnach nicht zu einer Veränderung beruflicher Selbstkonzeptdimensionen beizutragen. Einschränkend gilt es an dieser Stelle zu erwähnen, dass für eine umfassende Prüfung derartiger Aussagen längsschnittliche Daten erforderlich sind, was die vorgelegte Studie nicht leistet. Zuletzt zeigen sich im Rahmen von Gruppenvergleichen zwischen angehenden Sonderschullehrkräften im FSP ESENT und angehenden Sekundarstufenlehrkräften keine Unterschiede in den beruflichen Selbstkonzeptdimensionen „Erziehung“, „Diagnostik“ und „Beratung“, was im Widerspruch zu der Annahme steht, dass insbesondere die erzieherischen, diagnostischen und beraterischen Fertigkeiten spezifische Kompetenzbereiche und Charakteristika der sonderpädagogischen Tätigkeit im FSP ESENT sind. 5 Limitationen Im Zuge der Ergebnisinterpretation sind zwingend einige Limitationen der Studie anzuführen, die einen verzerrenden Einfluss auf die Ergebnisse haben könnten. Die ermittelten Befunde wurden im Rahmen einer Querschnittsstudie erfasst und lassen keine kausalen Aussagen zu. Dies scheint insbesondere im Hinblick auf Hypothese 3, die einen Zusammenhang zwischen der Anzahl studierter Fachsemester und den Ausprägungen der beruflichen Selbstkonzeptdimensionen vermutet, von Bedeutung. Weiterhin wurden in der vorliegenden Studie alle Daten auf Basis von Selbsteinschätzungen erhoben. Dieser Zugang erweist sich als geeignet im Hinblick auf die Erfassung berufsbezogener Fähigkeitsüberzeugungen, lässt aber keine Aussagen über die konkreten Fähigkeiten zu. Folglich wäre in zukünftigen Studien zu prüfen, inwieweit berufliche Selbstkonzeptdimensionen Niederschlag in der konkreten sonderpädagogischen Praxis finden. Auf konzeptioneller Ebene gilt es, die Schnittmengen verschiedener selbstbezogener Kognitionen bei der Interpretation der Befunde zu berücksichtigen, deren inhaltliche Trennung nicht immer eindeutig gelingt - denkbar ist beispielsweise, dass Selbstwirksamkeitserwartungen und berufliche Selbstkonzepte zumindest anteilig gleiche Konstrukte beschreiben, was in zukünftigen Untersuchungen zu prüfen wäre. Weiterhin verweisen die statistischen Zusammenhänge zwischen individuellen Persönlichkeitsmerkmalen und einzelnen Dimensionen des beruflichen Selbstkonzepts auf inhaltliche Überschneidungen, die in Folgeuntersuchungen weiter zu spezifizieren wären - von Interesse wäre beispielsweise, inwieweit berufliche Selbstkonzepte anhand der Ausprägung einzelner Persönlichkeitsdimensionen vorhersagbar sind. Zuletzt erweist sich auch das untersuchte Sample als Limitation. Alle Proband/ innen waren Studierende einer Hochschule, sodass die berichteten Befunde lediglich als Hinweise für die erste Phase der Lehrkräfteausbildung (Studium) interpretierbar sind, allerdings keine allgemeine Gültigkeit für Praktikerinnen und Praktiker an Schulen beanspruchen können. VHN 1 | 2024 49 NICOLA-HANS SCHWARZER, STEPHAN GINGELMAIER Berufliches Selbstkonzept von angehenden ESENT-Lehrkräften FACH B E ITR AG Literatur Baier, F., Decker, A. T., Voss, T., Kleickmann, T., Klusmann, U. & Kunter, M. (2019). What makes a good teacher? The relative importance of mathematics teachers’ cognitive ability, personality, knowledge, beliefs, and motivation for instructional quality. The British Journal of Educational Psychology, 89 (4), 767 -786. https: / / doi.org/ 10. 1111/ bjep.12256 Bandura, A. (1977). Self-efficacy: Toward a unifying theory of behavioral change. 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