eJournals Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete 93/4

Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete
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0017-9655
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
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2024
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Fachbeitrag: Kinderrechte als Kinderschutz?

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2024
Oliver Bokelmann
Der Beitrag untersucht die Verbindung zwischen Kinderrechten und Kinderschutz, indem er die Herausforderungen und Chancen für Fachkräfte in pädagogischen Kontexten aufzeigt. Im Mittelpunkt steht die Frage, wie Kinderrechte als Schutz-, Förder- und Beteiligungsrechte in der pädagogischen Praxis umgesetzt werden können. Methodisch basiert der Beitrag auf einer umfassenden Literaturrecherche und einer Analyse rechtlicher Rahmenbedingungen. Der Artikel zeigt auf, dass moderner Kinderschutz über den Schutz vor Missbrauch hinausgeht und die umfassende Beteiligung und Meinungsäußerung von Kindern und Jugendlichen fördert. Dieses Verständnis verlangt ein Umdenken und die Anerkennung junger Menschen als aktive Rechtsträger. Die Umsetzung der Kinderrechte erfordert die Schaffung eines Umfelds, das die Entwicklung, den Schutz und die Partizipation von Kindern in den Mittelpunkt stellt, und fordert von pädagogisch Tätigen eine ständige Anpassung an die Bedürfnisse und Rechte junger Menschen.
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< RUB RIK > < RUB RIK > 242 VHN, 93. Jg., S. 242 -256 (2024) DOI 10.2378/ vhn2024.art26d © Ernst Reinhardt Verlag FACH B E ITR AG TH EME NSTR ANG Kinder- und Jugendschutz Kinderrechte als Kinderschutz? Oliver Bokelmann Universität Münster Zusammenfassung: Der Beitrag untersucht die Verbindung zwischen Kinderrechten und Kinderschutz, indem er die Herausforderungen und Chancen für Fachkräfte in pädagogischen Kontexten aufzeigt. Im Mittelpunkt steht die Frage, wie Kinderrechte als Schutz-, Förder- und Beteiligungsrechte in der pädagogischen Praxis umgesetzt werden können. Methodisch basiert der Beitrag auf einer umfassenden Literaturrecherche und einer Analyse rechtlicher Rahmenbedingungen. Der Artikel zeigt auf, dass moderner Kinderschutz über den Schutz vor Missbrauch hinausgeht und die umfassende Beteiligung und Meinungsäußerung von Kindern und Jugendlichen fördert. Dieses Verständnis verlangt ein Umdenken und die Anerkennung junger Menschen als aktive Rechtsträger. Die Umsetzung der Kinderrechte erfordert die Schaffung eines Umfelds, das die Entwicklung, den Schutz und die Partizipation von Kindern in den Mittelpunkt stellt, und fordert von pädagogisch Tätigen eine ständige Anpassung an die Bedürfnisse und Rechte junger Menschen. Schlüsselbegriffe: Kinderrechte, UN-Kinderrechtskonvention, Kinderschutz, Partizipation Children’s Rights as Child Protection? Summary: This article examines the connection between children’s rights and child protection by highlighting the challenges and opportunities for professionals in educational settings. The focus is on the question of how children’s rights can be implemented as rights to protect, support and involve children in educational practice. Methodologically, the article is based on a comprehensive literature review and an analysis of the legal framework. The article shows that modern child protection goes beyond protection from abuse and promotes the comprehensive participation and expression of children and young people. This understanding requires a rethink and the recognition of young people as active rights holders. The implementation of children’s rights requires the creation of an environment that focuses on the development, protection and participation of children and requires pedagogical professionals to constantly adapt to the needs and rights of young people. Keywords: Children’s rights, UN Convention on the Rights of the Child, child protection, participation 1 Kinderrechte und Kinderschutz - ein Überblick Kinder sind von Geburt an autonome Persönlichkeiten und Träger eigener Rechte. Diese sind ein unmittelbarer Ausdruck ihrer inhärenten und unveräußerlichen Würde (Kerber-Ganse, 2009, S. 71). In einem solchen Kontext ist es wesentlich, junge Menschen nicht nur als Objekte des Schutzes und der Fürsorge zu betrachten, sondern sie ebenso als vollwertige Rechtssubjekte zu respektieren und anzuerkennen (Maywald, 2023, S. 31). Im vorliegenden Beitrag wird der Schwerpunkt darauf gelegt, wie Kinderrechte in Deutschland im Kontext des Kinderschutzes Berücksichtigung finden können. Dabei wird gezeigt, wie deutsche Gesetze und Konzepte sowie die Bedürfnisse und Rechte junger Menschen das professionelle pädagogische Handeln prägen können. Sonder- oder heilpädagogische Gesichtspunkte werden jeweils dann explizit in den Fokus genommen, wenn dies erforderlich erscheint, da die generellen Prinzipien der Kinderrechte handlungsfeldübergreifend relevant sind. VHN 4 | 2024 243 OLIVER BOKELMANN Kinderrechte als Kinderschutz? FACH B E ITR AG Die Kinderrechte, wie sie in der UN-Kinderrechtskonvention von 1989 dargelegt sind, spezifizieren und erweitern die allgemeinen Menschenrechte in Bezug auf Kinder (Hanson, 2008, S. 70ff.). Sie umfassen Schutz-, Förder- und Beteiligungsrechte, die auf die besonderen Bedürfnisse und Belange junger Menschen zugeschnitten sind. Ein kinderrechtsbasierter Ansatz im Kinderschutz bedeutet daher mehr als nur den Schutz vor Missbrauch und Vernachlässigung - es geht um die Schaffung eines Umfelds, in dem Kinder und Jugendliche ihre Meinung äußern, an Entscheidungen teilhaben und sich frei entfalten können. Die Umsetzung dieser Rechte trägt dazu bei, jungen Menschen eine Stimme zu geben und sie durch Information und Einbeziehung in Schutzprozesse zu stärken (Maywald, 2023, S. 37ff.). Dies gilt in besonderem Maße für Heranwachsende unter den Bedingungen einer Behinderung, die gegebenenfalls spezifische Bedürfnisse aufweisen. In Deutschland, wo die UN-Kinderrechtskonvention seit 1992 vollständig in Kraft ist, ergibt sich ein umfassendes Verständnis des Kinderschutzes, das über die reine Abwehr von Gefahren hinausgeht. Dieses beinhaltet die Förderung der Entwicklung und die aktive Beteiligung der Kinder in allen sie betreffenden Angelegenheiten (Maywald, 2021, S. 17). Die Kinderrechte sind somit nicht nur ein rechtliches Rahmenwerk, sondern auch ein Leitfaden für die pädagogische Praxis, der das Wohl von Kindern und Jugendlichen in den Mittelpunkt aller Maßnahmen stellt. Dieses erweiterte Verständnis des Kinderschutzes stellt eine Herausforderung für Fachkräfte, Eltern und die Gesellschaft dar: es bedingt ein Umdenken und eine Abkehr von adultistischen Haltungen, die junge Menschen lediglich als passive Empfänger von Fürsorge betrachten. Stattdessen sind sie als aktive Rechtsträger zu sehen, deren Stimme gehört und respektiert werden soll und die eine wesentliche Rolle in der Gestaltung ihrer eigenen Zukunft und der Gesellschaft innehaben (Maywald, 2023, S. 37ff.). Die neue Ausrichtung des Kinderschutzes manifestiert sich demnach in verschiedenen Aspekten; unter anderem ist 1. jede betriebserlaubnispflichtige Einrichtung der Kinder- und Jugendhilfe seit dem Inkrafttreten des Kinder- und Jugendstärkungsgesetzes (KJSG) im Juni 2021 gesetzlich dazu verpflichtet, ein Gewaltschutzkonzept zu entwickeln, umzusetzen und zu überprüfen (§ 45 Absatz 2 SGB VIII). Derartige Konzepte, deren Erstellung als Auftrag zudem an alle Angebote der Kinder- und Jugendhilfe gerichtet ist, sollen darlegen, wie Kinder präventiv vor Gewalt geschützt werden und welche Maßnahmen bei Fehlverhalten und Gewalt durch pädagogische Fachkräfte zu ergreifen sind (Fegert, 2022). Darüber hinaus werden 2. Beschwerdeverfahren für Kinder, Eltern und Fachkräfte entwickelt. Diese Verfahren sollen allen Beteiligten in der Einrichtung bekannt sein und zuverlässig Verwendung finden, um eine zeitnahe Reaktion zu gewährleisten. Kinder und Jugendliche erhalten 3. altersgerechte Informationen über ihr Recht auf Achtung ihrer persönlichen Grenzen und auf Hilfe in einer Notlage, begleitet von regelmäßigen Präventionsangeboten (Maywald, 2023, S. 39f.). Dieses Vorgehen verdeutlicht, dass Kinderschutz ein dynamischer Prozess der Förderung der kindlichen Entwicklung und Gewährleistung von Partizipation ist, der sich kontinuierlich weiterentwickelt und sowohl die Rechte als auch das Wohl junger Menschen in den Mittelpunkt stellt. 2 Kinderrechte In diesem Kapitel wird das Konzept der Kinderrechte als integraler Bestandteil der Menschenrechte untersucht. Es wird aufgezeigt, wie diese Rechte historisch gewachsen sind und welche Bedeutung sie in verschiedenen Lebensbereichen haben. VHN 4 | 2024 244 OLIVER BOKELMANN Kinderrechte als Kinderschutz? FACH B E ITR AG Über Jahrtausende hinweg galt Kindheit als Übergangsstadium und Kinder waren kaum rechtlich mit Erwachsenen gleichgestellt. Dieses Bild begann sich jedoch mit dem Aufkommen des Christentums und insbesondere seit der Aufklärung zu wandeln. Kindheit wurde fortan als eigenständiger Lebensabschnitt anerkannt, der besondere Förderung und Schutzbedürfnisse mit sich brachte (Maywald, 2018, S. 970f.). Die Idee der Kinderrechte entstand jedoch erst im 20. Jahrhundert. Eine Schlüsselfigur war Eglantyne Jebb, die 1920 den ersten internationalen Lobbyverband für Kinderrechte gründete und ein Fünf-Punkte-Programm dafür formulierte. Ihre Bemühungen mündeten 1924 in der „Geneva Declaration“ des Völkerbundes (ebd., S. 971f.). Parallel dazu trug der polnische Kinderarzt Janusz Korczak maßgeblich zur Entwicklung des Rechtsverständnisses für Kinder bei, indem er Beteiligungsrechte für sie und den Respekt ihrer Persönlichkeit forderte (Korczak, 1999). Nach dem Zweiten Weltkrieg führten die Vereinten Nationen die Bemühungen um Kinderrechte weiter. 1959 verabschiedeten sie die „Deklaration über die Rechte des Kindes“, welche Kinder erstmals als Träger eigener Rechte anerkannte. Dies mündete 1989 in der Konvention über die Rechte des Kindes (UN-Kinderrechtskonvention), die eine umfassende Sammlung von Rechten für Kinder darstellt und als Meilenstein in der Geschichte der Kinderrechte gilt (Maywald, 2018, S. 974). In Deutschland hat die Ratifizierung der UN-Kinderrechtskonvention im Jahr 1992 - mit späterer Rücknahme der Vorbehalte - zu einem bedeutsamen Perspektivenwechsel geführt. Dieser Wandel spiegelt sich auch in verschiedenen Gesetzgebungen wie dem Kinder- und Jugendhilfegesetz (SGB VIII) wider, das Kinder und Jugendliche explizit als Träger eigener Rechte benennt. Der Kinderrechtsansatz fordert, dass sämtliche Maßnahmen in Bezug auf Kinder an ihren Rechten ausgerichtet sind. Dies umfasst eine kinderrechtsorientierte Haltung in allen Institutionen, die mit Kindern arbeiten. Kernprinzipien des Kinderrechtsansatzes sind Universalität, Unteilbarkeit, Kinder als Rechtsträger und Erwachsene als Verantwortungsträger (ebd., S. 982). Trotz der Fortschritte bestehen weiterhin Herausforderungen in Bezug auf die vollständige Umsetzung der Kinderrechte. Dazu gehört die Notwendigkeit ihrer stärkeren Verankerung im Grundgesetz, eines effektiven Monitorings der Kinderrechte und einer systematischen Kinderrechtsforschung (Liebel, 2023). 2.1 Kinderrechte als Schutzrechte Kinderrechte als Schutzrechte sind ein bedeutsamer Aspekt der UN-Kinderrechtskonvention und beinhalten umfassende Maßnahmen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen. Diese Schutzrechte decken eine Vielzahl von Bereichen ab, darunter die Fürsorge und vorrangige Beachtung des Kindeswohls (Art. 3), das Recht auf Leben, Überleben und Entwicklung (Art. 6), den Schutz der Privatsphäre und der Ehre (Art. 16) sowie den Schutz vor Gewaltanwendung, Misshandlung und Verwahrlosung (Art. 19) (Braches-Chyrek, 2021, S. 18f.). Historisch orientierten sich diese Schutzrechte an traditionellen Kindheitsbildern, die Kinder als passiv und schutzbedürftig betrachteten. Im Laufe der Zeit hat sich jedoch ein Paradigmenwechsel hin zur Betrachtung von Kindern als aktive Subjekte und Träger eigener Rechte vollzogen. Dieser Wandel führte zur Anerkennung von Kinderrechten, die über den reinen Schutz hinausgehen und das Recht auf Information sowie Partizipation einschließen (ebd., S. 19). Daraus ergibt sich eine differenziertere Sicht auf die Kindheit, welche die elterliche Verantwortung in einen neuen Kontext stellt, in dem der Staat eine Überwachungsfunktion übernimmt (Engelhardt, 2017, S. 167; Surall, 2009, S. 54f.). VHN 4 | 2024 245 OLIVER BOKELMANN Kinderrechte als Kinderschutz? FACH B E ITR AG Die Kindheitsanalytik zeigt, dass Kindheit als eine historische und soziale Realität zu verstehen ist, deren Vorstellungen und Praktiken im Laufe der Zeit Veränderungen unterworfen sind. Dieser Ansatz berücksichtigt, dass die Konzepte von Kindheit und Kinderrechten kulturell und historisch geformt sind und somit einer ständigen Überprüfung und Anpassung bedürfen (Braches-Chyrek & Sünker, 2020; Winkler, 2008, S. 98). Die Auseinandersetzung mit Kinderrechten hat jedoch auch zu einem veränderten Verständnis der Eltern- Kind-Beziehung geführt. Kinder und Jugendliche werden als zentrale und unersetzbare Beziehungspartnerinnen und -partner innerhalb der Familie angesehen, was in einer „Überemotionalisierung“ (Beck & Beck-Gernsheim, 1990, S. 182) des Verhältnisses von Eltern zu ihren Kindern mündet. Diese Vorstellung kann weiterhin als aktuell angesehen werden, da Diskurse zu „intensiver Elternschaft“ (Knauf, 2019) sie stützen. Eltern können dementsprechend sowohl als Schutzwie auch als Risikofaktoren im Entwicklungsverlauf der Kinder betrachtet werden (Garlen, 2019, S. 54; Rooth, Piuva, Forinder & Söderbäck, 2018, S. 369). 2.2 Kinderrechte als Versorgungsrechte Kinderrechte als Versorgungsrechte umfassen diverse Lebensbereiche, die für das Wohlergehen und die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen entscheidend sind. Diese Rechte betonen die Bedeutung einer umfassenden Infrastruktur, die grundlegende Bedürfnisse wie Gesundheit, Bildung, angemessene Lebensbedingungen, Ernährung, Kleidung und Wohnen sowie soziale Sicherheit abdeckt. Darüber hinaus beinhalten sie das Recht auf einen Namen und eine Staatsangehörigkeit, was die Identität und die Bürgerrechte des Kindes stärkt (Liebel, 2017, S. 29; Moran-Ellis & Sünker, 2008, S. 62). Die Kinderrechtskonvention anerkennt das Recht des Kindes auf Bildung und zielt darauf ab, es auf der Grundlage der Chancengleichheit zu verwirklichen (Art. 28 UN-Kinderrechtskonvention). Dies beinhaltet die Schaffung verbesserter Bildungsinfrastrukturen, einschließlich curricularer und institutioneller Reformen sowie der Professionalisierung, um allen Kindern den Zugang zu Bildung und somit das Ziel eines guten Lebens zu ermöglichen. Eine zentrale Herausforderung in der Umsetzung der Versorgungsrechte stellt die Bekämpfung sozialer Ungleichheit dar. Studien der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und nationale Bildungsberichte zeigen, dass die soziale Herkunft stark die Bildungs- und Lebenschancen von Kindern bestimmt (Braches-Chyrek, 2021, S. 22). Kulturelle Privilegien in mittleren und oberen sozialen Milieus verfestigen sich, während Kinder aus weniger privilegierten Milieus Benachteiligungen erfahren. Diese Benachteiligungen zeigen sich beispielsweise in einem geringeren Zugang zu qualitativ hochwertiger Bildung, schlechteren Gesundheitsbedingungen und einem erhöhten Risiko von Armut und sozialer Ausgrenzung. Deutlich wird dies besonders bei Kindern mit Migrationshintergrund (Autor: innengruppe Bildungsberichterstattung, 2022; Braches-Chyrek & Sünker, 2020). Die Kinderrechtskonvention fordert, dass Kinder unabhängig von ihrer sozialen Herkunft als individuelle Persönlichkeiten mit einzigartigen Fähigkeiten anerkannt werden. Dies erfordert eine Überwindung der gesellschaftlichen Hierarchisierung, die derzeit noch die Bildungs- und Lebenschancen von Kindern prägt. Eine Anpassung sowohl in der Bildungsals auch in der Sozialpolitik ist notwendig, um den Versorgungsrechten der Kinder in vollem Umfang gerecht zu werden und ihnen unabhängig von ihrem sozialen Hintergrund gleiche Chancen zu bieten (Braches-Chyrek, 2021, S. 22). VHN 4 | 2024 246 OLIVER BOKELMANN Kinderrechte als Kinderschutz? FACH B E ITR AG 2.3 Kinderrechte als Partizipationsrechte Kinderrechte als Partizipationsrechte sind relevanter Bestandteil der Kinder- und Jugendhilfe und sind entscheidend für die Entwicklung und Umsetzung von Kinder- und Jugendpolitik. Die UN-Kinderrechtskonvention erkennt allen jungen Menschen, ungeachtet ihres Alters, das Recht auf Partizipation zu - Kinder dürfen an Entscheidungen, die sie betreffen, teilhaben und ihre Meinung äußern. Allerdings bestehen Einschränkungen, da die Konvention den Kindern und Jugendlichen nicht das Recht zuspricht, selbst in öffentlichen Angelegenheiten zu entscheiden. Stattdessen bleibt es den Erwachsenen bzw. den Staaten vorbehalten, das Interesse bzw. Wohl der Kinder und Jugendlichen zu definieren und in ihrem Sinne zu handeln (Liebel, 2010, S. 51). Die Auseinandersetzung mit dem kindlichen Recht auf Partizipation zeigt, dass dieses unterschiedlich interpretiert wird. Während Kinder als Rechtssubjekte anerkannt werden, bleiben die Ausübung und die Grenzen ihrer Rechte oft unklar. Studien belegen, dass die Möglichkeit zur Mitbestimmung stark vom Alter der Kinder abhängt, sodass jüngere Kinder oft weniger in Entscheidungsprozesse einbezogen werden und seltener ihre Meinung äußern dürfen als ältere Kinder, was häufig daran liegt, dass Erwachsene jüngeren Kindern weniger zutrauen oder sie als weniger kompetent einschätzen. In den Handlungsfeldern der Kinder- und Jugendhilfe steigt das Maß an Mitbestimmung mit zunehmendem Alter der Adressatinnen und Adressaten (Pölkki, Vornanen, Pursiainen & Riikonen, 2012, S. 119; Rap, Verkroost & Bruning, 2019; Ross, 2013, S. 341f.). Auch im Kinder- und Jugendhilferecht werden Kindern nur begrenzte eigenständige Rechte eingeräumt, was zukünftig weitere Debatten und verbesserte Praktiken erfordert (Braches-Chyrek, 2021, S. 23ff.). Dies impliziert, dass Kinder als gleichrangige gesellschaftliche Akteure betrachtet werden, die über ebenbürtige Zugänge und Berechtigungen verfügen, an demokratischen Prozessen teilzunehmen (Moran-Ellis & Sünker 2008, S. 54). Solche Ansätze würden die traditionellen Rollen von Kindern und Erwachsenen in der Gesellschaft verändern und Kindern mehr Möglichkeiten bieten, sich aktiv zu beteiligen und Erfahrungen mit Partizipation zu sammeln (Braches-Chyrek, 2021, S. 24). Die Herausforderungen und Spannungsfelder des Kinderschutzes im Kontext der Partizipationsrechte betreffen die Balance zwischen dem Schutz der Kinder vor Gewalt und Vernachlässigung sowie der Ermöglichung ihrer Autonomie und Selbstbestimmung. Eines der zentralen Mittel zur Förderung von Autonomie und Selbstbestimmung ist der Zugang zu Bildung, denn Bildung ermöglicht Kindern und Jugendlichen, ihre Rechte wahrzunehmen, informiert Entscheidungen zu treffen und aktiv am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Deshalb müssen gleiche Bildungschancen für alle Kinder geschaffen werden, um ein selbstbestimmtes Handeln sowie die Teilhabe am politischen und gesellschaftlichen Leben zu gestatten (Wolff et al., 2014, S. 17). 3 Entwicklungen im Kinderschutz Dieses Kapitel beleuchtet die aktuellen Entwicklungen im Bereich des Kinderschutzes. Es wird gezeigt, wie gesellschaftliche Veränderungsprozesse die Entwicklung junger Menschen beeinflussen und wie sich der Kinderschutz in diesem Kontext entwickelt hat. Kinder und Jugendliche wachsen in der Spätmoderne unter dem Einfluss tiefgreifender gesellschaftlicher Transformationsprozesse wie dem digitalen Wandel, zunehmender Globalisierung und Migrationsbewegungen auf (Reckwitz & Rosa, 2021). Diese Veränderungen, die Familien und öffentliche Institutionen betreffen, sind von einer Vielzahl an Faktoren beeinflusst, wie dem Wandel familialer Lebens- VHN 4 | 2024 247 OLIVER BOKELMANN Kinderrechte als Kinderschutz? FACH B E ITR AG formen, Mobilitäts- und Migrationsprozessen sowie der Polarisierung der Lebenslagen, die sich in sozialer Ungleichheit manifestiert (BMFSFJ, 2013). Wie Kleve (2017, S. 46) betont, befinden sich Familien gegenwärtig einerseits inmitten drastischer Wandlungsprozesse (veränderten Rollenbildern und neuen Lebensmodellen), andererseits führen sie traditionelle Sozialprozesse fort, die auf archaische menschliche Vergesellschaftungsformen verweisen. Diese Dynamiken beeinflussen entscheidend, in welcher Richtung die Transformation einer Gesellschaft vonstattengeht. Die Frage, ob globalisierte Netzwerkgesellschaften eine bestimmte Richtung einschlagen oder ob das Neben- und Gegeneinander verschiedener Lebensstile sich verfestigt, ist bislang offen (Reckwitz, 2020). Kinderschutz entwickelt sich vor dem Hintergrund dieser gesellschaftlichen Transformationen (Schierer, Rabe & Groner, 2022, XIff.). In den zurückliegenden zwanzig Jahren hat sich, ausgehend von mehreren Fällen von Gewalt gegen Kinder mit Todesfolge, eine breite öffentliche und fachöffentliche Debatte um den Schutz und das Wohlergehen von Kindern und Jugendlichen entwickelt (Wazlawik & Wolff, 2018, S. 291; Schone, 2018, S. 34; Biesel & Urban-Stahl, 2018, S. 11). Diese ist geprägt von der Aufarbeitung der Heimerziehung in den 1950er und 1960er Jahren sowie den Vorfällen sexualisierter Gewalt in pädagogischen Einrichtungen (Wazlawik & Wolff, 2018, S. 292). Kinderschutz wird dabei als ein kooperativer Prozess verstanden, der die Belange und Verantwortlichkeiten aller Beteiligten berücksichtigt (BMFSFJ, 2013, S. 418). Kinder und Jugendliche werden in Institutionen betreut, die einen Teil der Verantwortung für ihr Aufwachsen übernehmen. Diese Institutionen, wie Kindertagesstätten, Schulen und Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe, sind Orte, an denen der Kinderschutz konkret umgesetzt wird (Schierer et al., 2022, XIV). Der neoinstitutionalistische Ansatz betont, dass organisationale Prozesse und Strukturen in gesellschaftliche Strukturen eingebettet sind und sich im Kontext von Erwartungen und Anforderungen in der Umwelt der Organisation entwickeln (Walgenbach, 2014, S. 296; Türk, 2004, S. 923). Die Herausforderung besteht darin, Kinderschutzmaßnahmen zu implementieren, die wenig anfällig für Missbrauch in Abhängigkeitsverhältnissen sind (Wazlawik & Wolff, 2018, S. 303). In den vergangenen zwanzig Jahren haben sich in Bezug auf professionelles Handeln im Kinderschutz ausdifferenzierte Präventions-, Handlungs- und Interventionsmodelle sowie spezifische, an der Problemstellung des Kinderschutzes ausgerichtete sozialpädagogische (Böwer & Kotthaus, 2018; Fegert & Wolff, 2015) und schulpädagogische / -rechtliche Herangehensweisen (Poelchau, 2018) etabliert. Diese Ansätze ermöglichen es pädagogischen Fachkräften, effektiv auf Gefährdungslagen junger Menschen zu reagieren. Die Jugendämter und Familiengerichte haben dabei eine zentrale Rolle im Bereich des Kinderschutzes inne. Sie sind nach Art. 6 Abs. 2 GG berechtigt und verpflichtet, über das elterliche Verhalten zu wachen und erforderlichenfalls die Pflege und Erziehung der Kinder sicherzustellen (Heilmann, 2019, S. 1417). Zu konstatieren ist, dass die aktuellen gesetzlichen Grundlagen für den Kinderschutz prinzipiell geeignet sind, aber häufig unzureichend umgesetzt werden (Fegert, 2020, S. 4). Weiterhin ist ein Bedarf für Gesetzesreformen ersichtlich, um den Schutz von Kindern weiter zu verbessern. Dies beinhaltet auch die Überlegung, Kinderrechte explizit im Grundgesetz zu verankern, was derzeit politisch diskutiert wird (Kirchhof, 2018; Schleicher, 2020; Treichel, 2020). 3.1 Kinderrechte und Kinderschutz Der Zusammenhang zwischen Kinderrechten und Kinderschutz ist maßgeblich durch die Konzepte des Kindeswohls und der Kindeswohl- VHN 4 | 2024 248 OLIVER BOKELMANN Kinderrechte als Kinderschutz? FACH B E ITR AG gefährdung geprägt. Der Begriff des Kindeswohls, obwohl rechtlich oft verwendet, ist nicht präzise definiert. Er umfasst allgemein das Wohlergehen und die gesunde Entwicklung eines Kindes und dient als Richtschnur für elterliches sowie öffentliches Handeln, einschließlich desjenigen der Kinder- und Jugendhilfe (Hensen & Schone, 2019, S. 13). Kindeswohl ist ein rechtsethisches Prinzip im Kinderschutz, das die Lebensbedingungen von Kindern strukturiert und elterliche Sorge sowie Erziehungs- und Bildungsverhalten bewertet (Schwarz, 2011, S. 93). Die Bestimmung von Kindeswohlgefährdung hängt von fachlichen Einschätzungen und richterlichen Entscheidungen ab. Eine Kindeswohlgefährdung liegt vor, wenn eine ernsthafte Schädigung der körperlichen, geistigen oder seelischen Entwicklung des Kindes abzusehen ist (BGH FamRZ, 1956, S. 351). Die Einschätzungen dazu variieren jedoch, abhängig von gesellschaftlichen Normen und Werten sowie den jeweiligen professionellen Perspektiven (Hensen & Schone, 2019, S. 20). Die Akteure im Kinderschutz orientieren sich an verschiedenen rechtlichen Grundlagen und fachlichen Standards. Dazu gehören der Schutzauftrag nach § 8 a SGB VIII, die familienrechtlichen Vorgaben der §§ 1666, 1666 a BGB und die Orientierung an Sachverständigengutachten gemäß § 163 Absatz 1 FamFG. Diese unterschiedlichen Perspektiven können zu verschiedenartigen Einschätzungen und Entscheidungen in Bezug auf Kindeswohlgefährdungen führen (Braches-Chyrek, 2021, S. 27ff.). Bewertung und Handeln im Kontext von Kindeswohl und Kindeswohlgefährdung sind daher komplex und erfordern eine sorgfältige Abwägung der individuellen Bedürfnisse und Interessen des Kindes, unabhängig von den Interessen der Eltern oder Geschwister (Zitelmann, 2020, S. 457). Zu berücksichtigen sind verschiedene Aspekte wie Versorgung, Gesundheit, Schutz, soziale Beziehungen, Bildung und Partizipation des Kindes (Walper, 2015, S. 516). Der Staat hat die Pflicht, durch Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung die Entwicklung des Kindes zu einer freien, eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu fördern (Münder, 2017, S. 18). Dabei muss immer der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet werden, um zu entscheiden, ob und wie in das Elternrecht eingegriffen wird. In der Praxis existieren zahlreiche Instrumente und Verfahren zur Einschätzung von Kindeswohlgefährdungen. Zu diesen Instrumenten gehören auch die Kinderschutzbögen, die einen wichtigen Schritt zur Wahrnehmung des Kindeswohls darstellen. Diese Bögen dienen vor allem dazu, Fachkräfte zu professionalisieren und für das Thema zu sensibilisieren (Ackermann, 2021, S. 42ff.). Diese Instrumente bieten jedoch keine absolute Sicherheit und sind häufig auf die Eltern fokussiert, statt die Kinder selbst in den Mittelpunkt zu stellen. Eine Beteiligung der Kinder in diesem Verfahren wird bisher selten umgesetzt, bleibt jedoch ein wichtiges Ziel. Die UN-Kinderrechtskonvention fordert, Kinder und Jugendliche als handelnde Subjekte wahrzunehmen, um neue Perspektiven auf junge Menschen und Kindheit bzw. Jugend zu ermöglichen (Braches-Chyrek, 2021, S. 149f.). 3.2 Professionelles Handeln im Kinderschutz Das professionelle Handeln im Kinderschutz ist herausfordernd und macht eine sorgfältige Konkretisierung fachlicher Aufgaben, Handlungsorientierungen und Entwicklungslinien von Problemeinschätzungen sowie Entscheidungen erforderlich. Die Bedeutung der Zusammenarbeit und Vernetzung aller relevanten Akteurinnen und Akteure im Kinderschutz wird durch § 8 a SGB VIII hervorgehoben und umfasst Fachkräfte aus verschiedenen Bereichen wie dem Allgemeinen Sozialen Dienst, VHN 4 | 2024 249 OLIVER BOKELMANN Kinderrechte als Kinderschutz? FACH B E ITR AG der Kindertagesbetreuung, Schulen, Familiengerichten, der Polizei, Frühförderstellen oder Familienhebammen (Münder, 2017; Schone, 2018; Thole, Milbrandt, Göbel & Rißmann, 2016). Die Kooperation zwischen Kindertageseinrichtungen und Jugendämtern ist ein Beispiel für ein bisher wenig erforschtes Gebiet (van Santen & Seckinger, 2015). Das Leitbild Kinderschutz dient als Legitimation für Einzelregelungen und die Entwicklung gemeinsamer Regelvorstellungen, die professionelles Handeln im Kinderschutz standardisieren sollen. Ein wesentlicher Aspekt ist dabei der Aufbau von Vertrauen in die Fähigkeiten der Akteure und Akteurinnen sowie in die Organisationen, um konstruktive Diskussions-, Kommunikations- und Unterstützungszusammenhänge zu gestalten. Jedoch werden in diesem Kontext die Interessen der Kinder und ihrer Eltern bzw. Erziehungsberechtigten oftmals vernachlässigt (Schwarz, 2011). Kinder werden im Kinderschutz häufig als unschuldig, verletzlich und schutzbedürftig betrachtet. In der Zusammenarbeit mit den Eltern wird angenommen, dass diese freiwillig und im Einvernehmen mit den Maßnahmen zum Wohl des Kindes agieren. Solche Annahmen können jedoch problematisch sein, da sie die Komplexität der Familienverhältnisse und die aktive Rolle der Kinder im gesamten Geschehen außer Acht lassen (Bühler-Niederberger, 2011, S. 7f.). In der Praxis des Kinderschutzes stehen die Fachkräfte vor der Herausforderung, Kinder einerseits vor Gefahren zu schützen und ihnen andererseits Autonomie und Selbstbestimmung zu ermöglichen. 3.3 Gesetzliche Änderungen durch das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz Das KJSG, das Anfang Juni 2021 in Kraft getreten ist, brachte bedeutende gesetzliche Änderungen im Bereich des Kinderschutzes mit sich. Die Entwicklung dieses Gesetzes erfolgte mehrstufig, beginnend mit einem Dialogprozess zur Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe und mündend in einem Referentensowie einem Regierungsentwurf, gefolgt von Änderungsvorschlägen des Bundesrats und der Gegenäußerung der Bundesregierung (Hundt, 2021, S. 13). Die wesentlichen Inhalte des KJSG konzentrieren sich auf folgende Themenschwerpunkte: 1. Verbesserung des Kinder- und Jugendschutzes, 2. Stärkung von Kindern und Jugendlichen, die in Pflegefamilien oder in Einrichtungen der Erziehungshilfe aufwachsen, 3. Bereitstellung von Hilfen aus einer Hand für Kinder mit und ohne Behinderungen, 4. Erhöhung der Prävention vor Ort und schließlich 5. Erweiterung der Beteiligungsmöglichkeiten von jungen Menschen, Eltern und Familien. Flankierend zu diesen Änderungen trat das Gesetz zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder in Kraft, das vor allem das Strafrecht verschärft und effektive Strafverfolgung im Bereich der sexualisierten Gewalt gegen Kinder anstrebt. Dies umfasst auch Änderungen in Bezug auf Führungszeugnisse, familiengerichtliche Verfahren und Qualifikationsanforderungen für Fachkräfte im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe (ebd., S. 14f.). 4 Ansätze und Konzepte im Kinderschutz In diesem Kapitel werden die wichtigsten sogenannten Schlüsselkonzepte im Kinderschutz vorgestellt. Schlüsselkonzepte sind grundlegende Prinzipien oder Modelle, die in der Praxis des Kinderschutzes eine zentrale Rolle spielen. Die Auswahl dieser Konzepte erfolgt anhand ihrer Relevanz für die Sicherung von Schutz, Partizipation und Förderung von Kindern und Jugendlichen. Zu diesen Schlüsselkonzepten zählen Schutzkonzepte zur VHN 4 | 2024 250 OLIVER BOKELMANN Kinderrechte als Kinderschutz? FACH B E ITR AG Qualitätssicherung in Einrichtungen, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten, Beteiligungs- und Beschwerdeverfahren zur Wahrung der Rechte junger Menschen, die Bedeutung qualitativer pädagogischer Beziehungen und die Rolle von Bildungslandschaften und multiprofessioneller Kooperation. 4.1 Schutzkonzepte zur Qualitätssicherung und Organisationsentwicklung Schutzkonzepte sind seit einigen Jahren ein zentrales Element der Organisationsentwicklung und Qualitätssicherung in Einrichtungen, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten. Dies gilt insbesondere für Schulen oder stationäre Wohnformen, wo Schutzkonzepte dazu beitragen, ein sicheres Umfeld für die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen zu schaffen. Besonders relevant sind solche Konzepte für Kinder und Jugendliche mit einer Behinderung, die oft besonderen Schutz und Unterstützung benötigen. Sie sind nicht nur Ausdruck des Respekts für Kinder- und Menschenrechte, sondern auch ein relevanter Bestandteil des präventiven Kinderschutzes. Die Entwicklung und Implementierung von Schutzkonzepten stellt einen dynamischen und kontinuierlichen Prozess dar, der auf den Prinzipien der Partizipation, Transparenz und ständigen Reflexion basiert (Günderoth, 2022). Die rechtliche Basis für Schutzkonzepte in Deutschland bildet die UN-Kinderrechtskonvention, ergänzt durch nationale Gesetze wie das Sozialgesetzbuch VIII. Besonders relevant ist hier der § 8 a SGB VIII, der den Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung spezifiziert. Seit dem Inkrafttreten des Bundeskinderschutzgesetzes (BKischG) im Jahr 2012 sind Einrichtungen noch stärker in der Pflicht, Schutzkonzepte zu entwickeln und zu implementieren, die systematische Schutzmaßnahmen für Kinder und Jugendliche enthalten (Meysen & Eschelbach, 2012, S. 48). Die Entwicklung von Schutzkonzepten erfordert eine partizipative Herangehensweise, die alle Stakeholder einschließt - Kinder, Jugendliche, Eltern, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie externe Fachleute. Das Konzept muss an die spezifischen Bedürfnisse und Risiken der jeweiligen Einrichtung angepasst sein und regelmäßig überprüft und aktualisiert werden, um seine Effektivität zu gewährleisten (Günderoth, 2022, S. 118ff.). Zu den wesentlichen Elementen eines Schutzkonzepts gehören Verhaltenskodizes, Schulungen für Mitarbeitende, Beteiligungs- und Beschwerdeverfahren für Kinder und Jugendliche sowie klare Verfahren für den Umgang mit Verdachtsfällen und Missbrauch (UBSKM, o. J.). Die Entwicklung und Implementierung von Schutzkonzepten stellt Einrichtungen vor verschiedene Herausforderungen. Dazu gehören die Überwindung von Widerständen, die Sicherstellung der Finanzierung und der Ressourcen sowie die Entwicklung einer Kultur der Achtsamkeit und des offenen Dialogs (Günderoth, 2022, S. 116ff.). Externe Beratung und Unterstützung können in diesem Prozess entscheidend sein, ebenso wie die kontinuierliche Einbindung und Schulung aller Beteiligten. Effektive Schutzkonzepte sind mehr als nur eine Ansammlung von Maßnahmen und Regeln - sie repräsentieren eine grundlegende Haltung und Kultur innerhalb einer Organisation, die das Wohl von Kindern und Jugendlichen in den Mittelpunkt stellt (ebd.). In inklusiv-stationären Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe ist die Gestaltung von Nähe und Distanz besonders wichtig, um die besonderen Bedarfe aller Kinder und Jugendlichen zu berücksichtigen. Diese Einrichtungen stehen vor der Herausforderung, eine Balance von Nähe und Distanz zu schaffen, die sowohl die Bedürfnisse als auch die Grenzen der Kinder respektiert. Dies erfordert inklusive Schutzkonzepte, die zur professio- VHN 4 | 2024 251 OLIVER BOKELMANN Kinderrechte als Kinderschutz? FACH B E ITR AG nellen Reflexion von Nähe und Distanz in pädagogischen Kontexten beitragen (Demski & Sawatzki, 2023). 4.2 Beteiligungs- und Beschwerdeverfahren in pädagogischen Einrichtungen Beteiligungs- und Beschwerdeverfahren in pädagogischen Einrichtungen sind essenziell für den Schutz und die Wahrung der Rechte von Kindern und Jugendlichen. Sie sollen garantieren, dass die Stimmen junger Menschen gehört und ihre Anliegen ernst genommen werden. Trotz rechtlicher Grundlagen bleibt die praktische Umsetzung dieser Verfahren eine Herausforderung (Urban-Stahl, 2016, S. 48). Die Struktur pädagogischer Beziehungen ist geprägt von einem Spannungsfeld zwischen Nähe und Distanz sowie einer strukturellen Machtasymmetrie zwischen Erziehenden und Kindern bzw. Jugendlichen. In diesem Kontext ist es entscheidend, dass pädagogische Fachkräfte eine Balance zwischen persönlicher Nähe und professioneller Distanz finden und ihre Macht verantwortungsvoll einsetzen (Dörr & Müller, 2006). Beteiligungs- und Beschwerdeverfahren in der Kinder- und Jugendhilfe sind ein zentrales Element. Sie sollen nicht nur formale Mechanismen sein, sondern müssen von den Mitarbeitenden und Leitungen der Einrichtungen aktiv unterstützt und gelebt werden. Dies umfasst das Schaffen einer beschwerdefreundlichen Kultur, das Sicherstellen von Transparenz und Vertraulichkeit im Beschwerdeprozess und die Gewährleistung, dass Kinder und Jugendliche sich sicher fühlen, ihre Bedenken und Beschwerden zu äußern (Urban-Stahl & Jann, 2014). Zwar stellt das BKischG einen elementaren Schritt zur Implementierung und Förderung von Beteiligungs- und Beschwerdeverfahren in Einrichtungen dar, doch sind die rechtlichen Strukturen allein nicht ausreichend. Entscheidend ist die praktische Umsetzung der Verfahren (Urban-Stahl, 2016, S. 51). 4.3 Pädagogische Beziehungen Pädagogische Einrichtungen sind häufig durch eine hierarchische Struktur gekennzeichnet, die bis ins Detail des alltäglichen Funktionierens administrativ geregelt ist. Diese Struktur kann potenziell in Konflikt mit den elementaren Bedürfnissen junger Menschen nach Anerkennung und Würde stehen, wenn nicht spezifische Maßnahmen und Professionalisierungsschritte unternommen werden (Edelstein, Bendig & Enderlein, 2011, S. 117f.). Die Qualität pädagogischer Beziehungen, orientiert an den Kinderrechten, ist für die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen aus diesem Grund besonders relevant (Prengel, 2016). Die menschenrechtlichen Prinzipien der Freiheit, Gleichheit und Solidarität sind insbesondere im Generationenverhältnis bedeutsam. Junge Menschen, die sich häufig in Abhängigkeitsverhältnissen befinden und erst zunehmend Selbstständigkeit erlangen, benötigen eine Balance zwischen der machtvollen Verantwortung der Erwachsenen und der Förderung ihrer Freiheit. Forschungen belegen die Bedeutsamkeit guter pädagogischer Beziehungen für die persönliche Entwicklung, das kognitive Lernen und die demokratische Sozialisation von Kindern (ebd., S. 150ff.). In puncto Schule zeigen Studien beispielsweise, dass etwa ein Drittel der Schülerinnen und Schüler psychische Verletzungen durch Lehrkräfte erlebt, während physische oder sexualisierte Übergriffe seltener sind (Schubarth & Winter, 2012). Die Verbesserung pädagogischer Beziehungen und die Realisierung von Kinderrechten erfordern Handeln auf mehreren Ebenen. Im Fokus steht, eine Kultur der Anerkennung zu schaffen und die Machtunterschiede zwischen den Generationen zu verringern, um Gleichheit, Freiheit und Solidarität zu stärken (Prengel, 2016, S. 157ff.). VHN 4 | 2024 252 OLIVER BOKELMANN Kinderrechte als Kinderschutz? FACH B E ITR AG 4.4 Bildungslandschaften und multiprofessionelle Kooperation Im Kontext der aktuellen Debatten zur Verbesserung des Kinderschutzes rückt die Bedeutung lokaler Bildungslandschaften immer stärker in den Vordergrund. Diese Ansätze bieten nicht nur eine organisationsinterne Optimierung der Verfahren bei Verdachtsfällen von Kindeswohlgefährdung, sondern eröffnen auch eine organisationsübergreifende Perspektive. Ziel ist es, durch die Schaffung und den Ausbau tragfähiger, flächendeckender Kooperationsstrukturen einen umfassenden Kinderschutz zu gewährleisten (Fischer, 2011). Für die am Kinderschutz beteiligten Institutionen, wie die Kinder- und Jugendhilfe sowie Schulen, stellen die gesetzlichen Änderungen und die verstärkte öffentliche Wahrnehmung von Kindeswohlgefährdungen eine doppelte Herausforderung dar. Einerseits wird eine Anpassung der professionellen und organisatorischen Bedingungen innerhalb der eigenen Einrichtungen erforderlich. Andererseits sind diese Institutionen gefordert, sich als verantwortungsvolle Akteure in einer interinstitutionellen Kooperation zu engagieren. Der Schwerpunkt eines kooperativen Ansatzes liegt auf der Frage, wie durch die interinstitutionelle Zusammenarbeit im Kinderschutz weitere Verbesserungen erzielt werden können (Franzheld, 2017). Ein Kernaspekt ist die Integration von Bildung als konstitutiver Bestandteil des Kinderschutzes. Bildung sollte nicht nur im Sinne einer hoheitlich festgelegten Wächterfunktion verstanden, sondern auch als Herausforderung gesehen werden, die Bildung zur Stärkung von Eltern und Kindern zu nutzen. Lokale Bildungslandschaften können als ein Instrument betrachtet werden, das nicht nur institutionelle Eigenverantwortung stärkt, sondern auch eine systematische Vernetzung von Angeboten in den Bereichen Bildung, Erziehung und Betreuung ermöglicht. Insbesondere in Bezug auf die Aneignung demokratischer Kompetenzen (Selbstbestimmung, Reflexionsfähigkeit, Partizipation usw.) könnte die Kooperation zwischen Jugendhilfe und Schule besondere Potenziale bieten (Bokelmann, 2022; 2023). Die theoretische Verortung des Kinderschutzes zeigt die Bedeutung der Integration verschiedener beruflicher Perspektiven auf, um effektiven Schutz zu gewährleisten. Der multidisziplinäre Ansatz im Kinderschutz kann zu einer ständigen Weiterentwicklung von Best Practices und innovativen Ansätzen beitragen, die das Wohl des Kindes in den Mittelpunkt stellen. Dabei sind die Kooperation zwischen verschiedenen Berufsgruppen und die Anpassung an rechtliche Rahmenbedingungen Schlüsselelemente, um den Herausforderungen im Kinderschutz gerecht zu werden (Alberth, Bühler- Niederberger & Eisentraut, 2014, S. 26ff.). 5 Schlussbetrachtung Im vorliegenden Beitrag wurden die Zusammenhänge zwischen Kinderrechten und Kinderschutz aufgezeigt und entsprechende Aspekte professionellen Handelns dargestellt. Es wurde deutlich, dass Kinderrechte und Kinderschutz eng miteinander verbunden sind, da beide darauf abzielen, das Wohl von Kindern und Jugendlichen zu schützen und zu fördern. Die Verschränkung dieser beiden Bereiche zeigt sich darin, dass die Umsetzung von Kinderrechten sowohl Schutz als auch Partizipation und Förderung umfasst, was auch die Grundlage eines modernen Kinderschutzes ist. Fachkräfte in pädagogischen Kontexten stehen vor der Herausforderung, die Rechte und Bedürfnisse junger Menschen zu berücksichtigen und zu fördern. Dies erfordert eine ständige Professionalisierung, um mit den komplexen Anforderungen umzugehen, die sich aus der Balance von Schutz und Autonomie ergeben. Kooperationsdilemmata können dabei entstehen, wenn unterschiedliche Professionen oder Institutionen unterschiedliche Schwerpunkte setzen, was eine enge Zusammenarbeit und klare Kommunikation erfordert. VHN 4 | 2024 253 OLIVER BOKELMANN Kinderrechte als Kinderschutz? FACH B E ITR AG Kinder und Jugendliche sind häufig auf Erwachsene angewiesen, die sie respektvoll und geduldig in ihrer individuellen Entwicklung unterstützen. Dies gilt in besonderem Maße für Kinder mit speziellen pädagogischen Bedürfnissen. Ein Schlüsselprinzip des deutschen Kinder- und Jugendhilfegesetzes ist das Recht jedes jungen Menschen auf Entwicklung und Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit. Dieses Prinzip sollte nicht nur als juristischer Grundsatz, sondern als Leitidee der pädagogischen Arbeit mit Kindern und Jugendlichen gesehen werden. Pädagogische Angebote müssen mögliche Unterschiede junger Menschen, wie auch daraus hervorgehende besondere Bedürfnisse, berücksichtigen und sich um Gleichberechtigung und Chancengleichheit bemühen. Literatur Ackermann, T. (2021). Risikoeinschätzungsinstrumente und professionelles Handeln im Kinderschutz. Sozial Extra, 45, 42 -48. https: / / doi.org/ 10.1007/ s12054-020-00351-x Alberth, L., Bühler-Niederberger, D. & Eisentraut, S. (2014). Wo bleiben die Kinder im Kinderschutz? Die Logik der Intervention bei Sozialarbeitern, Ärzten und Hebammen. In D. Bühler-Niederberger, L. Alberth & S. Eisentraut (Hrsg.), Kinderschutz: Wie kindzentriert sind Programme, Praktiken, Perspektiven? 26 -61. Weinheim: Beltz. Autor: innengruppe Bildungsberichterstattung (2022). Bildung in Deutschland 2022. 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