eJournals Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete 94/1

Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete
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0017-9655
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
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2025
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Fachbeitrag: Staunen(d)lernen. Aspekte eines Staunenfreundlichen Unterrichts und deren Relevanz für Unterricht im sonderpädagogischen Schwerpunkt Geistige Entwicklung

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2025
Theresa Stommel
Der Beitrag unternimmt den Versuch, Lernen phänomenologisch zu umreißen und dabei das Widerständige und Krisenhafte in Kontexten des Lernens theoretisch zu fokussieren. Anknüpfend daran wird ein genuin didaktisches Anliegen mit besonderem Fokus auf den sonderpädagogischen Schwerpunkt Geistige Entwicklung verfolgt. Entsprechend wird die vorgeschlagene lerntheoretische Perspektive in didaktische Reflexionen hineingetragen. Grundlage hierfür bieten Überlegungen zum Affekt des Staunens, begriffen als Übergangs- und Schwellenphänomen, das mit dem Aufscheinen von Unerwartbarem und Widerständigem verflochten ist. Präsentiert werden Aspekte eines Staunenfreundlichen Unterrichts, in dem Außeralltägliches das Gewohnte aufbrechen und Raum für Veränderung schaffen kann. Das übergreifende Ziel liegt darin, Diskussionsanstöße für die Gestaltung von pädagogischer Praxis und Unterricht mit Schüler:innen mit dem sonderpädagogischen Schwerpunkt Geistige Entwicklung zu geben.
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30 VHN, 94. Jg., S. 30 -42 (2025) DOI 10.2378/ vhn2025.art04d © Ernst Reinhardt Verlag FACH B E ITR AG Staunen(d) lernen. Aspekte eines Staunenfreundlichen Unterrichts und deren Relevanz für Unterricht im sonderpädagogischen Schwerpunkt Geistige Entwicklung Theresa Stommel Universität zu Köln Zusammenfassung: Der Beitrag unternimmt den Versuch, Lernen phänomenologisch zu umreißen und dabei das Widerständige und Krisenhafte in Kontexten des Lernens theoretisch zu fokussieren. Anknüpfend daran wird ein genuin didaktisches Anliegen mit besonderem Fokus auf den sonderpädagogischen Schwerpunkt Geistige Entwicklung verfolgt. Entsprechend wird die vorgeschlagene lerntheoretische Perspektive in didaktische Reflexionen hineingetragen. Grundlage hierfür bieten Überlegungen zum Affekt des Staunens, begriffen als Übergangs- und Schwellenphänomen, das mit dem Aufscheinen von Unerwartbarem und Widerständigem verflochten ist. Präsentiert werden Aspekte eines Staunenfreundlichen Unterrichts, in dem Außeralltägliches das Gewohnte aufbrechen und Raum für Veränderung schaffen kann. Das übergreifende Ziel liegt darin, Diskussionsanstöße für die Gestaltung von pädagogischer Praxis und Unterricht mit Schüler: innen mit dem sonderpädagogischen Schwerpunkt Geistige Entwicklung zu geben. Schlüsselbegriffe: Lernen, geistige Behinderung, Staunen, Didaktik, Staunenfreundlicher Unterricht Learning with/ to Wonder. Aspects of Wonder-Friendly Education and their Relevance for Teaching Pupils with Learning Disabilities Summary: The article attempts to phenomenologically outline learning and to theoretically focus on the resistant and crisis-like in contexts of learning. Following on from this, a genuine didactic concern is pursued with a particular focus on the special educational focus of pupils with learning disabilities. Accordingly, the proposed learning theory perspective is incorporated into didactic considerations. The basis for this is provided by reflections on the affect of wonder as a transitional and threshold phenomenon, which is intertwined with the appearance of the unexpected and the resistant. Aspects of a Wonder-Friendly Education are presented, in which the extraordinary can break up the familiar and create spaces for transformation. The overarching aim is to offer impulses for discussion for pedagogical practice and teaching with pupils with learning disabilities. Keywords: Learning, learning disabilities, wonder, didactics, wonder-friendly education 1 Didaktik im Schwerpunkt Geistige Entwicklung Didaktik im sonderpädagogischen Schwerpunkt Geistige Entwicklung unterscheidet sich nicht grundlegend von Allgemeiner Didaktik. So werden etwa in beiden Feldern die didaktischen Theorien Klafkis rezipiert (Kron, Jürgens & Standop, 2014, S. 70; Schäfer, Bauernschmitt & Fröhlich, 2019, S. 447; Schäfer, Fischer & Stöppler, 2017). Didaktische Überlegungen, die die Personengruppe von Schüler: innen mit VHN 1 | 2025 31 THERESA STOMMEL Staunen(d) lernen FACH B E ITR AG dem sonderpädagogischen Schwerpunkt Geistige Entwicklung adressieren, zielen vor dem Hintergrund der Theorien Klafkis darauf ab, kategoriale Bildung für die betreffenden Schüler: innen zu ermöglichen, „Bildungsreduktionismus“ (Feuser, 2018, S. 148) zu vermeiden und - in Anlehnung an Nussbaum (2016) - ein „Gutes Leben für sich selbst und in der Gemeinschaft zu ermöglichen“ (Stommel, 2023 a, S. 87; Herv. i. Orig.). Dabei gelten Lernen und Entwicklung als Zentralbegriffe der deutschsprachigen (sonder-)pädagogischen Didaktik (Hoffmann, 2010; Kron et al., 2014, S. 164ff.). Gängige sonderpädagogisch-konkretisierte didaktische Überlegungen beziehen sich mehr oder weniger explizit auf ein Verständnis von Lernen als Integrationsprozess von neuem Wissen in bereits Bekanntes bzw. als stufenförmiger und entwicklungslogischer Aneignungsprozess in Anlehnung an entwicklungspsychologische Erkenntnisse der Kulturhistorischen Schule (Bernasconi & Böing, 2015, S. 107ff.; Feuser, 1989, 2023; Terfloth & Bauersfeld, 2015, S. 104ff.; Ziemen, 2018, S. 49ff.; Ziemen, 2019, S. 88f.). Entwicklungspsychologisch begründete Lerntheorien, die sich dieser Denktradition zuweisen lassen, rücken den Begriff der Tätigkeit in den Mittelpunkt und verstehen Lernen als aktiv-tätige Aneignung von Welt (Feuser, 2023, S. 2; Giest & Lompscher, 2006; Leont’ev, 1982; Ziemen, 2018, S. 24). Entsprechend zielen gängige pädagogisch-didaktische Überlegungen im genannten Schwerpunkt gemeinhin darauf ab, eine theoretische Grundlage für die konkrete Gestaltung von Unterricht zu liefern, in dessen Zentrum das Initiieren und Begleiten von aktiv-tätigen Aneignungsprozessen in Orientierung an das individuelle Entwicklungsniveau der Schüler: innen steht. Zugrunde liegt die Annahme, dass sich Entwicklung und Lernen zwischen der ‚Zone der aktuellen Entwicklung‘ (als Zone, in der etwas bereits gekonnt und beherrscht wird) und der ‚Zone der nächsten Entwicklung‘ (als Zone, in der etwas in der gemeinsam geteilten Tätigkeit gekonnt und beherrscht wird) des jeweiligen Individuums vollziehen (Ziemen, 2018, S. 49f.). Die Orientierung an der Entwicklungslogik des Individuums spielt daran anknüpfend in der sonderpädagogischen Didaktik eine übergeordnete Rolle (Staub & Jenni, 2024) und ist Voraussetzung für individualisierte und differenzierte Unterrichtsgestaltung. Das Subjekt gilt als „Führungsgröße“ (Feuser, 2023, S. 2) für Unterricht, der als ‚Motor‘ individueller Entwicklung wirken soll (Vygotskij, 2003). Der Denktradition der Kulturhistorischen Schule folgend, werden Krisen bzw. „instabile [.], krisenhafte [.] Konflikte [.] zwischen Wollen und Können“ (Hoffmann, 2013, S. 291), die sich zwischen der Zone der aktuellen und der nächsten Entwicklung notwendigerweise ergeben, als Anlass für Lernen und Entwicklung angenommen. Lernen setzt dann aber ein mit Blick auf das eigene Können zur Reflexion fähiges und sich selbst bewusstes Subjekt bzw. mindestens ein Subjekt voraus, das über die Fähigkeit zur Perspektivübernahme mit Blick auf angestrebte Fähigkeiten verfügt. Hierbei handelt es sich um einigermaßen komplexe Prozesse, die kognitive und volitive Fähigkeiten voraussetzen. Das lässt fragen, ob Lernen dann nicht eher ein Ausnahmephänomen darstellt. Lernen wäre unter diesen Umständen außerdem ein vornehmlich bewusster, vom Subjekt initiierter und weitgehend aktiver Prozess. Zu fragen ist, ob dieses Verständnis wesentliche Momente des Lernens hinreichend erfasst und inwiefern die sich daran orientierenden didaktischen Konsequenzen möglicherweise einer Ergänzung bedürfen. Am kulturhistorischen Verständnis orientierter Unterricht zielt meist darauf ab, „eine möglichst gute Passung“ (Staub & Jenni, 2024, S. 3) zwischen dem individuellen Entwicklungsstand des Kindes und dem Unterrichtsgegenstand herzustellen, um krisenhaftes Erleben nicht in Überforderung umschlagen zu lassen: „Sowohl Förderung als auch Unterstützungsmaßnahmen, die auf das Kind abgestimmt VHN 1 | 2025 32 THERESA STOMMEL Staunen(d) lernen FACH B E ITR AG sind, vermindern oder vermeiden Situationen mit Über- oder Unterforderung und daraus resultierende Verhaltensauffälligkeiten oder anderweitige Schwierigkeiten“ (ebd.). Eine solche Passung wird mittels geeigneter Lehrstrategien wie Differenzierung nach Aneignungs- und Wahrnehmungsebenen (Ziemen, 2018, S. 125) oder dem Aufsteigen vom Abstrakten zum Konkreten (ebd., S. 145) angestrebt. Als aussichtsreich zur Vermeidung von Überforderung und zur Förderung der Lernaktivität werden ferner Ansätze und Konzepte genannt, die auf inhaltliche bzw. die Lernumgebung betreffende Strukturierung abzielen (Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung, 2017, S. 165ff.). Ergebnisse empirischer Lehr-Lernforschung zeigen dementsprechend, dass „unterrichtsorganisatorische[n] Mittel […] [wie] angemessene Differenzierung, Rhythmisierung sowie eine effektive Klassenführung, die möglichst viel Lernzeit sichert […]“, Maßnahmen und Merkmale für erfolgreichen Unterricht sind (Kahlert & Kazianka-Schübel, 2016, S. 37). Unerwartetes und Unvorhergesehenes, verstanden als Mangel an Planung (Pazzini, 2008, S. 45), werden vor dem Hintergrund dieser Befunde häufig ausgeschlossen und zu verhindern versucht (Marr, 2014, S. 179f.). Das Einstellen von Routinen durch wiederkehrende Ereignisse, zeitliche und räumliche Strukturierung, Visualisierung und Ritualisierung zur Herstellung möglichst störfreier Lernsituationen prägen hingegen die Unterrichtsgestaltung für Schüler: innen mit sonderpädagogischem Schwerpunkt Geistige Entwicklung (Häußler, 2023, S. 45). Unbeachtet bleibt dabei, dass Störungen im Unterricht durchaus Produktivität innewohnen kann (Faulstich, 2014, S. 8), was im sonderpädagogischen Fachdiskurs bislang wenig berücksichtigt wird. Für eine Produktivität von Störungen kann argumentiert werden, wenn unter Lernen mehr verstanden wird als Aneignungsprozesse, ausgelöst durch (reflexive) krisenhafte Erkenntnis des eigenen Noch-nicht- Könnens. 2 Phänomenologisches Lernverständnis „Lernen gehört zu den elementaren Erfahrungen des Menschen. Es wird, wenn durch es ein neuer Horizont eröffnet wird, als schmerzhafte Umkehr erlebt, in der eine Wiederbetrachtung, eine Revision statthat, die nicht nur das eigene Wissen, sondern die eigene Person zur Disposition stellt“ (Meyer-Drawe, 2008, S. 206). Meyer-Drawe vertritt ein Lernverständnis, das den passivischen und unbewussten Dimensionen des Lernens und Krisenerfahrungen ohne Einschränkung auf ihr reflexives Moment Raum gibt. Sie versteht Lernen als bildende Erfahrung und verweist auf wesentliche aber vergessene Eigenschaften des Lernens. So sei Lernen „stets das Lernen von etwas durch jemanden bzw. durch etwas“ (Meyer-Drawe, 2008, S. 187; Herv. i. Orig.). Nach diesem Verständnis ist Lernen „in einen thematischen, sozialen und welthaften Horizont eingespannt und korrelativ auf Erziehen als Praxis verwiesen“ (Brinkmann, 2015, S. 535). Damit liegt das Lernen nie in der vollständigen Verfügbarkeit des Lernenden: „Lernen beginnt mit einem Aufmerken, einem Aufwachen aus dem Schlummer des Gewohnten“ (Meyer-Drawe, 2008, S. 193). Dieses Aufmerken im Sinne eines Antwortens auf fremde Ansprüche (Waldenfels, 2004) beginnt anderswo bzw. das Aufwachen ist nur im Rückbezug - und damit nie direkt oder vollständig - einzuholen: „Lernen als eine leiblich-geistige Erfahrung [ist] eine Antwort auf den Anspruch der Anderen, der Dinge und der Welt“ (Brinkmann, 2015, S. 535). Meyer-Drawe fokussiert die Vollzugsdimension des Lernens, orientiert sich an den Lernerfahrungen und wendet sich damit - entgegen des von ihr konstatierten Trends zunehmender Berücksichtigung der „Gegenstandsseite“ (Meyer-Drawe, 2008, S. 188) des Lernens bzw. der Fokussierung auf Lernmethoden und -verfahren - dem Lernen „lernseits“ (Schratz, 2009) VHN 1 | 2025 33 THERESA STOMMEL Staunen(d) lernen FACH B E ITR AG zu. Mit der Betonung des Zusammenhangs zwischen Lernen und Erfahrung (Buck, 1969) geraten die Momente des Überraschenden, Unvorhergesehenen, Unverhofften, des Fremden und damit auch „Brüche, Risse und Spalten“ (Meyer-Drawe, 2008, S. 190) des Lernens in den Blick. Wie die in Anlehnung an die Befunde der Kulturhistorischen Schule vollzogenen lerntheoretischen Überlegungen fokussiert auch Meyer-Drawe einen „konflikthaften Prozess“ (ebd.). Auch von phänomenologischer Warte aus zeigen sich „negative Erfahrungen“, die mit Lernen in Verbindung stehen, „als Nicht-Können und Nicht-Wissen“ (Brinkmann, 2015, S. 537). Weil Erfahrung allerdings nie allein Erkenntnis und Signifikation, sondern stets einen „Prozess zwischen Sinnbildung und Sinngebung“ (ebd., S. 535) meint, kann auch die negative Erfahrung als Ursprung des Lernens hier nicht allein als reflexive und versprachlichte Erkenntnis des Nicht-Könnens verstanden werden. Lernen, phänomenologisch betrachtet, gründet nicht in der krisenhaften reflexiven Erkenntnis des Subjektes über sein eigenes Unvermögen, sondern im Dazwischen, in den Brüchen der Erfahrung, in der Fremdes (im Eigenen) aufscheint. Lernen beschreibt dann einen Prozess, als dessen Ursprung die „unumgängliche Fremdheit des Sich für sich selbst“, der radikale „Selbstentzug“ (Meyer-Drawe, 2008, S. 190) in der Negativität der Erfahrung, gelten kann. Auch phänomenologisch betrachtet hängt das Lernen also mit dem Konfliktbzw. Krisenhaften zusammen (Stinkes, 2022, S. 276ff.). Hier dient das Krisenhafte allerdings nicht der bloßen Überwindung des Zustandes eines (bewussten) Noch-Nicht. Es verweist auf die Brüchigkeit, die jeder Erfahrung anhaftet, die Selbstspaltung und den Verlust des Selbstverständlichen, was Veränderung bedingt. „Lernen bezeichnet eine Verwicklung mit Welt, in der wir stets riskieren, uns, die Sache sowie unsere Beziehung zum anderen umstrukturieren zu müssen“ (Meyer-Drawe, 2008, S. 214). Demnach meint Lernen „kein Kontinuum und keine Anhäufung. Es ist eine Gratwanderung zwischen Konvention und Aufbruch“ (ebd.). Hierfür kann die Erfahrung des Widerständigen und Unerwartbaren ein Indiz sein. Somit sind pädagogische Situationen stets damit konfrontiert, „etwas initiieren zu müssen, das im Grunde unmöglich zu initiieren ist“ (Stinkes, 1999, S. 76). Und es stellt sich die Frage, „wie Anderes, Ungeahntes, Fremdes in die jeweiligen Überlegungen und Handlungen eindringen kann und diese im Eingehen auf den fremden und besonderen Anspruch immer auch ein wenig anders weiter- und ausgehen lässt, als die Lehrpersonen es vorab gedacht und vorgehabt hatten“ (Agostini, 2020, S. 36). 3 Staunen(d) lernen Ungeahntes, Fremdes und Unvorhersehbares kann sich im Affekt des Staunens zeigen. Und Staunen kann mit Lernen in Verbindung gebracht werden. Diese Verbindung ist nicht neu. Schon Platon und Aristoteles beschreiben Staunen als Ursprung der Philosophie (Matuschek, 1991, S. 6). Staunen wird mit (philosophischer) Erkenntnis, Neugier, Wissensdrang und Veränderung verbunden (Stommel, 2023 a, S. 189). „Beim Staunen setzt das Denken nicht aus, sondern es setzt es erst in Gang“ (Bachmann, Fleig, Heibach, Ottmann & Roesler-Keilholz, 2023, S. 10). In didaktischen Überlegungen ist das Staunen allerdings unterrepräsentiert (Duncker, 2018, S. 63f.; Huck, 2022, S. 107; Stommel, 2023 a, S. 188). Zwar wird über Staunen im Zusammenhang mit Lernen in (fach-)didaktischen Kontexten durchaus diskutiert (u. a. Abraham, 2000; Daurer, 2017; Freudenberg & Lessing-Sattari, 2020; Huck, 2022; Ihle, 2022), doch fehlt es bislang an allgemeinen und fachübergreifenden didaktischen Perspektiven. Das ist erstaunlich, insofern dem Staunen grundlegende Bedeutung für Bildung und Lernen beigemessen werden kann. Staunen eröffnet als Schwellen- und VHN 1 | 2025 34 THERESA STOMMEL Staunen(d) lernen FACH B E ITR AG Übergangsphänomen Zwischenräume im Ergriffenwerden und Antworten, es hält Risse und Brüche offen und kann Bildung im Sinne verändernder Erfahrungsprozesse anstoßen und produktiv befördern (Stommel, 2023 a, S. 193ff.). Damit hebt sich das hier vertretene Verständnis von Staunen und Lernen von naturwissenschaftlichen Überlegungen ab. In bisherigen didaktischen Überlegungen, die z. T. auf psychologischen Erkenntnissen beruhen, wird das Staunen im Sinne von Irritation, die auf Erkenntnis drängt, interpretiert (Schulte-Janzen, 2002). Zugrunde liegt ein aristotelisches Staunenverständnis, das auf Auflösung und Überwindung des Affekts zugunsten der Erkenntnis abzielt. In der psychologischen Literatur wird die Erkenntnisgewinnung mit dem Aha-Effekt in Verbindung gebracht (u. a. Topolinski & Reber, 2010), der durchaus an Staunen bzw. Irritation erinnert. Anders als das schließende Aha zielt aber das hier fokussierte Staunen auf ein offenes, unabgeschlossenes Ah. Das ist kein trivialer Prozess. Vielmehr scheinen Staunen und Lernen - im doppelten Sinne - besonders anspruchsvoll. Staunen beginnt mit einem Einfall des Unerwartbaren, mit Erstaunlichem und Nichtfür-möglich-Gehaltenem (Stommel, 2023 a, S. 190) bzw. mit dem Fremden, „das uns inmitten der Erfahrung auf erstaunliche, aber auch erschreckende und entsetzliche Weise anrührt“ (Waldenfels, 2008, S. 93). Das Staunen hat pathischen Charakter, insofern es nicht bei uns, wohl aber mit uns beginnt. Es entzieht sich unserer Verfügungsgewalt, weshalb es Meyer- Drawe (2011) als „einen Anfang besonderer Art“ (S. 197) beschreibt, der mit uns gemacht wird und den wir erleiden. Staunen als Anfang ist uneinholbar und unwiederbringlich (ebd.). Es lässt sich zudem weder eindeutig beim Bestaunten noch beim Staunenden, sondern nur in einem Dazwischen verorten. Dabei wandelt sich im Staunen in einer eigentümlichen Art der rückbezüglichen Verflechtung ein Erstaunen bzw. ein Ergriffensein in den Vollzug des Staunens (staunend) und die Verkörperung des Affekts, etwa in Form von weit aufgerissenen Augen, offenem Mund oder Erstarren (Stommel, 2023 a, S. 192). Staunen ruft zum Lernen auf: „Lernen, das sich dem Neuen öffnet, hebt mit einer Art Verwunderung an, zu der man sich nicht entschließen kann, die einem widerfährt, weil man von etwas wie von einem Blitz getroffen wird und unerwartet betroffen ist, etwa wenn man ein Wort immer wiederholt, so dass es plötzlich unangenehm fremd wird oder man sich dem Wasser in beobachtender und nicht in praktischer Hinsicht immer weiter nähert, bis man nicht mehr weiß, was es heißt, dass es über meine Hände fließt“ (Meyer-Drawe, 2011, S. 199). In der Erfahrung des Fremden, die sich in Erschrecken und Erstaunen zeigt, kann Lernen seinen Anfang finden und sich vollziehen, insofern das Staunen Raum und Zeit für Neues gibt, neuartige Perspektiven eröffnet und damit Transformationsprozesse befördert (Stommel, 2023 a, S. 193ff.). Staunendes Lernen geht dabei nicht zurück auf einen „Mangel an Erkenntnis“ (Meyer-Drawe, 2011, S. 198). Zugrunde liegt auch keine Erkenntnis des Noch-nicht-Könnens. Staunen (und Lernen) „nistet in einem Überschuss an Welterfahrung“ (ebd.) in der Erfahrung des Fremden: „Wenn es Fremdes gibt, das uns unversehens trifft, indem es uns überrascht und herausfordert [und sich im Staunen zeigt; T. S.], dann nur als Überschuss des Unlernbaren in allem Lernen“ (Waldenfels, 2008, S. 96). Durch diesen Überschuss der Welterfahrung eröffnen sich neuartige Perspektiven, die Veränderung bedingen. Dabei ist das Staunen ein spezifischer Modus der Weltbegegnung, der mit Fragen zur Erkenntnisgewinnung durchaus in Zusammenhang steht. Staunen produziert „Ausschnitte des Wissens“ (Bachmann et al., 2023, S. 9), wobei hier anderes Wissen als z. B. propositionales Wissen gemeint ist. Dieses Wissen bedingt ein Neulernen bzw. Umlernen und damit Veränderung. VHN 1 | 2025 35 THERESA STOMMEL Staunen(d) lernen FACH B E ITR AG Das Staunen ist ein elementarer Affekt (Nießeler, 2020), eine „existenzielle Erlebensform“ (Bianchi, 2019) und ist somit nicht für bestimmte Personengruppen exklusiv. Menschen mit geistiger Behinderung können staunen und lernen. Die Betonung ist wichtig vor dem Hintergrund des sich beständig haltenden Vorurteils, die Personengruppe sei aufgrund eingeschränkter kognitiver, verbalsprachlicher oder motorischer Fähigkeiten in ihrer Lernfähigkeit beeinträchtigt. Lernprozesse beschreiben schmerzhafte Veränderung in der Erfahrung, zu denen Menschen - unabhängig ihrer je individuellen Dispositionen - genötigt werden (Stinkes, 2008). Individuelle Fähigkeiten treten im staunenden Lernen in den Hintergrund. Vor allem vermeintliche Defizite, die der Personengruppe gemeinhin attestiert werden, werden im staunenden Lernen entkräftet. Staunendes Lernen kennzeichnet eine besondere Zeitlichkeit (Stommel, 2023 a, S. 200ff.). Lernen braucht Zeit, die im Staunen gegeben ist. Menschen mit geistiger Behinderung, bei denen häufig pauschal angenommen wird, sie bräuchten mehr Zeit zum Lernen, können im Unterricht, der Staunen als bedeutsam für das Lernen anerkennt, von äußeren Ansprüchen entlastet werden. Unabhängig der individuellen Voraussetzungen stehen hier die fragende Haltung und das Wundern der Schüler: innen ohne Ausnahme im Fokus. Das Staunen ist nicht auf signifikative Verarbeitung ausgelegt, was mit Blick auf sprachlich-kommunikative Entwicklungsvoraussetzungen der Personengruppe bedeutsam ist. Staunendes Lernen bedarf nicht notwendigerweise verbalsprachlicher Fähigkeiten oder einer abstrakt-begrifflichen aktiven Auseinandersetzung mit der Welt, und entsprechende Lernprozesse können nicht ohne Weiteres oder unmittelbar anhand eines Ergebnisses abgelesen bzw. abgefragt werden. Damit weist staunendes Lernen inklusives Potenzial auf, insofern Staunen als elementaranthropologisches Phänomen gemeinsames Lernen ermöglichen kann. Warum aber ist Staunen in (sonder-)pädagogischen Diskursen bislang wenig präsent? Antworten auf diese Frage könnten in der Komplexität und Eigenartigkeit des Affekts zu finden sein. Staunen lässt sich nicht für didaktische bzw. unterrichtliche Zwecke funktionalisieren bzw. operationalisieren (Waldenfels, 2008, S. 96). Man kann das Staunen nicht lernen. Eine didaktische Auseinandersetzung mit dem Staunen kann daher nicht auf den gezielten Einsatz des Affekts mit Blick auf ein erwartetes Ergebnis ausgerichtet sein. „Lehrseits“ lassen sich keine konkreten „didaktischen Interventionen“ (Schratz, 2020, S. 135) zur Initiierung des Staunens benennen. Staunen lässt sich weder gezielt herbeiführen noch führt das Staunen zu einem (empirisch) eindeutig feststellbaren, abgeschlossenen Ergebnis. Staunen und Lernen kennzeichnet ihre Unverfügbarkeit: „Transformationen sind in pädagogischer Absicht nicht machbar, man kann sie als Lehrer oder Lehrerin nicht intendieren. Sie treten im hier beobachteten schulischen Kontext allenfalls akzidentiell auf “ (Müller-Roselius & Hericks, 2013, S. 7). Obschon das Staunen nicht unmittelbar didaktisch verwertbar ist, stellt sich die Frage nach seiner Bedeutung für pädagogisches Handeln. Lernen und pädagogisches Handeln sind ein „ineinander verwobenes und aufeinander bezogenes (responsives) Geschehen“ (Agostini et al., 2023, S. 9). Und auch das Staunen ist ein Phänomen, das in didaktischen bzw. pädagogischen Kontexten nur im Sinne dieser (responsiven) Verwobenheit zu betrachten ist. Insofern handelt es sich beim Staunen um eine Art doppeltes Übergangsphänomen. Staunen bringt nicht nur die paradoxe Verstrickung von Pathos und Response in der Erfahrung des Fremden zum Ausdruck, sondern ist vor pädagogischem Hintergrund auch in der responsiven Verstrickung des Doppelgeschehens von Lernen und Lehren beheimatet. Staunen vollzieht sich aufseiten der Lernenden, doch meint VHN 1 | 2025 36 THERESA STOMMEL Staunen(d) lernen FACH B E ITR AG Staunen stets ein Staunen über etwas als etwas und kann darum in den Verantwortungsbereich des Lehrens (mit-)verlegt werden. Wenn das Staunen nicht ausschließlich Sache der Lernenden ist, könnten sich in pädagogischen Zusammenhängen mindestens Bedingungen benennen lassen, die das Auftreten des Staunens und damit den Vollzug von Lernprozessen begünstigen können. Damit rückt der Zwischenraum von Lehren und Lernen in den Blick, in dem das Staunen weder didaktisch funktionalisiert, noch ganz den Lernenden und dem völligen Zufall überlassen wird. 4 Aspekte eines Staunenfreundlichen Unterrichts „Man kann für das Staunen zwar empfänglich, aber nicht auf es gefasst sein. Daraus den Schluss zu ziehen, dass weder auf der Seite der Lernenden noch auf jener der Lehrenden Anstrengungen erforderlich seien und man sich dem Schicksal ergeben müsse, ist falsch“ (Meyer-Drawe, 2011, S. 199). Es stellt sich die Frage, ob - und wenn ja, unter welchen Umständen - das Staunen für didaktische Fragen fruchtbar gemacht werden kann. Das Ziel liegt darin, nach „Gelingens […] bedingungen, Gelegenheiten und Anlässe[n]“ (Müller-Roselius & Hericks, 2013, S. 7) für das Staunen und damit für Lernanlässe im Rahmen eines Staunenfreundlichen Unterrichts zu suchen. Ziel ist nicht das Benennen bestimmter didaktischer Maßnahmen, sondern die Auseinandersetzung mit einer (pädagogischen) Haltung und Offenheit für das Unerwartbare, durch die das Staunen einfallen kann. Eine Systematisierung wesentlicher Aspekte eines Staunenfreundlichen Unterrichts erfolgt in der Beschreibung der beiden Dreiklänge Auffallen - Aufmerken - Aufgreifen und Evozieren - Konfrontieren - Provozieren. 4.1 Auffallen - Aufmerken - Aufgreifen Staunenfreundlicher Unterricht erkennt die pathische Dimension des Lernens an und bietet Raum für „Wahrnehmung, die Neues entdeckt“ (Waldenfels, 2011, S. 26). Eine solche Wahrnehmung „beginnt damit, dass etwas vom gewohnten Weg abweicht und den normalen Lauf der Erfahrung stört. Sie besteht darin, dass mir etwas auffällt, oder - wenn wir zum Denken hinüberwechseln - damit, dass mir etwas einfällt. Das Auffallen, das in ein Aufmerken übergeht, ist kein Akt, den ich mir zuschreiben kann“ (ebd.). Wahrnehmung, die Neues entdeckt, hebt sich von einem Hintergrund bzw. dem gewohnten Horizont der Erfahrung ab: „Horizonthaftigkeit der Erfahrung bedeutet, dass jede Erfahrung in den Horizont bereits früherer Erfahrungen, in ein Vorwissen und Vorkönnen, eingebettet ist.“ (Brinkmann, 2015, S. 536; Herv. i. Orig.) Vor diesem Horizont fällt etwas auf bzw. ein. Erst der entsprechende Horizont lässt etwas als Neues erscheinen. Jedes Aufbzw. Einfallen bedarf damit zunächst des Bekannten, einer Struktur und Ordnung, eines Vorwissens bzw. Vorkönnens. Das Auffallende kann wiederum ergreifen und im Staunen wirken. Um staunen zu können, braucht es also einen Horizont: „Man muss einiges wissen, um auf produktive Weise staunen zu können, so wie man einiges gelernt haben muss, um auf produktive Weise umzulernen. Nur unter diesen Voraussetzungen wird aus dem Zufall ein glücklicher“ (Waldenfels, 2004, S. 178). Staunenfreundlicher Unterricht baut auf diesem Vorwissen und Vorkönnen auf, er entspringt nicht im Chaos, sondern in der Ordnung. Hier sei auf die einleitend dargelegte Relevanz eines an der Entwicklungslogik orientierten und strukturierten Unterrichts verwiesen. In Ergänzung dazu plädiert ein Staunenfreundlicher Unterricht unter Berücksichtigung der paradoxen Produktivität des Staunens für eine Erweiterung dieser didaktischen Perspektive. Staunen- VHN 1 | 2025 37 THERESA STOMMEL Staunen(d) lernen FACH B E ITR AG freundlicher Unterricht lässt Strukturen und Ordnungen aufbrechen. Das kann durch gezielte Unterrichtsgestaltung angestrebt werden, in erster Linie geschieht das aber ganz zufällig (Stommel, 2023 a, S. 207f.). Wird automatisierte Wahrnehmung (zufällig) durch Auffallendes und Einfallendes gestört und unterbrochen, öffnen sich Spalte des Außeralltäglichen, die Staunen erregen können. Neben der Horizonthaftigkeit der Erfahrung ist der Widerfahrnischarakter des Auf- und Einfallens für einen Staunenfreundlichen Unterricht bedeutsam. Aufbzw. Einfallen beginnen anderswo. Beide Phänomene stehen nicht in der eigenen Verfügungsgewalt. Vielmehr hängen sie davon ab, dass jemandem etwas (als etwas) aufbzw. einfällt. Dass etwas auffällt, setzt die grundsätzliche Offenheit desjenigen voraus, der wahrnimmt, gegenüber der Erschütterung des eigenen Horizontes und die Bereitschaft, dieser Erschütterung kreativ zu begegnen (Waldenfels, 1997). Diese Offenheit und Bereitschaft kann in einem Staunenfreundlichen Unterricht durch den Aufbau und die Förderung einer Kultur des Fragens bzw. des In- Frage-Stellens, befördert werden. Das Fragen steht - so zeigen es Ausführungen zum kindlichen Philosophieren oder zu forschenden Unterrichtsgesprächen (Frank & Lösener, 2020; Freudenberger-Lötz, 1999) - in einem wechselseitigen Verhältnis zum Staunen. Unterricht, der sich auf eine gemeinsame Sinnsuche im Fragen einlässt, lässt Auffälliges aufscheinen. Mit Blick auf Schüler: innen mit dem sonderpädagogischen Schwerpunkt Geistige Entwicklung ist es wichtig darauf hinzuweisen, dass sich Fragen grundsätzlich über leiblichsinnliche Wahrnehmung von Neuem, Ungeahntem und Sinn-Vollem stellen können. Für Schüler: innen im genannten Schwerpunkt stellt sinnliche Wahrnehmung teilweise den entscheidenden Zugang zum Selbst und zur Welt dar. Dabei sollte im genannten Schwerpunkt die Entwicklung eigener Fragen im Fokus stehen, da der Personengruppe häufig wenig Eigenständigkeit zugesprochen wird. Kooperative Unterrichtsmethoden können das gemeinsame Fragen befördern und durch den gezielten Einsatz von Unterstützungsmöglichkeiten (z.B. der Unterstützten Kommunikation) können Fragen auch zum Ausdruck gebracht werden. Eine spezifische Gesprächsgestaltung, etwa in Anlehnung an das Sokratische Gespräch (Peters & Peters, 2024), kann die fragende Haltung aller Schüler: innen befördern (Huck, 2022, S. 66ff.). Zudem kann ein an Problemen orientierter Unterricht Auffälliges erscheinen und damit Staunen entstehen lassen. Voraussetzung für Auffallendes ist auch ein Unterrichtsstil der Achtsamkeit bzw. ein störungssensibler Unterricht, der empfindsam ist gegenüber Unterbrechungen der automatisierten Wahrnehmung, Geistesblitzen, Zweifeln, Krisen, Brüchen und Rissen, in denen Lernen beginnt. Das verlangt Empathie und Sympathie der Lehrperson. Staunenfreundlicher Unterricht folgt außerdem dem Ziel, die „Empfänglichkeit für das Erstaunliche“ (Meyer-Drawe, 2011, S. 199) vorzubereiten. Die Vorbereitung für die Empfänglichkeit für das Erstaunliche „meint dem Befremdlichen im Vertrauten, dem Rebellischen in der Ordnung Aufmerksamkeit zu schenken“ (ebd.). Das, was auffällt, drückt sich also erst dann im Staunen aus, wenn wir Aufmerksamkeit schenken, wenn wir also etwas geben. Staunenfreundlicher Unterricht greift die Übergänge im responsiven Wechselspiel zwischen Auffallen und Aufmerken auf, indem der Störung, dem Zweifel, dem Ungeahnten Aufmerksamkeit geschenkt wird. Staunen kann auftreten, wenn eine engagierte Wahrnehmungsweise gefördert, wenn ein Hinhören, Hinschauen ermöglicht wird und dazu auffordert, die Blickrichtung zu ändern (Agostini, 2020). Staunenfreundlicher Unterricht beschreibt ein inter-subjektives Geschehen, in dem aufmerksam-machende und aufmerksam-gemachte- Person im responsiven Phänomen des Auffallens und Aufmerkens verstrickt sind. Das VHN 1 | 2025 38 THERESA STOMMEL Staunen(d) lernen FACH B E ITR AG impliziert, dass im Staunenfreundlichen Unterricht auch Lehrende an ihre Grenzen geraten: „Lehrende und Lernende, die sich dem Anspruch der ‚Sachen selbst‘ aussetzen, werden mitunter gemeinsam an ihre Grenze kommen“ (Waldenfels, 2008, S. 96). Auch Lehrende müssen im Staunenfreundlichen Unterricht die Bereitschaft zeigen, sich an-sprechen und an-fallen zu lassen, aufzumerken, sich dem Staunen offenzuhalten und Neues zuzulassen. Schließlich greift Staunenfreundlicher Unterricht die Momente des Auffallens und Aufmerkens auch gezielt auf, weitet die Spalte des Außeralltäglichen und gibt Raum für Veränderung. Zum Aufgreifen des Auffälligen im Staunenfreundlichen Unterricht bedarf es auf Seite der Lehrenden pädagogischer Flexibilität, Improvisationsbereitschaft, Offenheit und Kreativität. 4.2 Evozieren - Konfrontieren - Provozieren Das Auffallende zeigt sich zufällig und das Öffnen der Spalte des Außeralltäglichen lässt sich nicht willentlich herbeiführen. Gleichzeitig besteht die Möglichkeit, das Staunen im Unterricht anzurufen bzw. es zu entfesseln. Voraussetzung für das Evozieren des Staunens ist, Unterricht als eine Art Inszenierung zu begreifen, wobei Inszenierung hier als Gestaltungsvorlage für ein in seiner Einzigartigkeit einmaliges Unterrichtsgeschehen zu verstehen ist. Inszenierung meint nach Seel die Praxis des Erscheinenlassens (Seel, 2001), durch die Auffälliges als eben solches in Erscheinung treten und damit Staunen evozieren kann (Stommel, 2023 a, S. 210ff.). Der Begriff der Inszenierung verweist auf das theatrale Moment von Unterricht (Fischer-Lichte, 2012, S. 55), weshalb Unterricht auch als ästhetische Praxis mit entsprechenden Bezugsdimensionen (Brandstätter, 2012) verstanden werden kann. Schon Comenius begreift Didaktik als „Lehrkunst“ (Gudjons & Traub, 2020, S. 256) und verweist damit auf die ästhetische Dimension von Unterricht, die auch in dem von Berg und Schulze (1995) konzeptionell ausgearbeiteten „Neuansatz“ (S. 23) der Lehrkunstdidaktik nach Martin Wagenschein thematisch ist (Berg & Schulze, 1995, S. 23ff.). Auch hier spielt das entfremdete Staunen durch die Konfrontation mit (Alltags-) Phänomenen eine wichtige Rolle (ebd., S. 25). Obschon Wagenschein in Anlehnung an ein aristotelisches Staunenverständnis vornehmlich auf (naturwissenschaftliches) Verstehen abzielt (Wagenschein, 1965, S. 155), wird die Verbindung zwischen Staunen und Didaktik als Kunstform deutlich. Unterricht, der Staunen evozieren will, kann als inter-subjektiv „performative[r] Akt der Aufführung“ begriffen werden, als eine einmalige Umsetzung des Gestaltungsplans, durch den „das in und mit [ihm; T. S.] Geschehende für eine Weile auf eine Weise auffällig […] werden kann“ (Seel, 2001, S. 54). Unterricht, in dem etwas auffällig werden kann, sollte dann an ausgewählten Stellen von gewohnten Mustern abweichen: „Möglichkeiten einer solchen Inszenierung könnten in der Durchbrechung institutioneller Routinen, im Verlangsamen schneller Deutungsprozesse, in der Konfrontation mit Ungelöstem, Unfertigem, Widersprüchlichem, Konfrontation mit radikal Neuem, aber auch im Zeigen von bereits Bekanntem in Verfremdung liegen“ (Bähr et al., 2019, S. 9). Staunenfreundlicher Unterricht findet vor dem Hintergrund eines ordnungsstiftenden Horizontes statt. Momente dieser Ordnung sollten dann allerdings zur Evokation des Staunens auf inhaltlicher, struktureller und/ oder institutioneller Ebene gezielt durchbrochen werden. Möglich wird das z. B. durch Veränderung der Kulisse, des Lichts, des Tons, kurz: der Atmosphäre des Unterrichts, der Dramaturgie, also der Zeitstrukturen und Szenenabfolgen, Veränderungen der Stimme der Akteur: innen und der Bewegungen (Sting, 2013). Neben der Möglichkeit, das Staunen auszulösen, zu er- VHN 1 | 2025 39 THERESA STOMMEL Staunen(d) lernen FACH B E ITR AG regen oder zu entfesseln, zielt der Begriff der Provokation auf ein gezieltes Reizen bzw. Herausfordern des Affekts ab. Provokation des Staunens kann in direkter Konfrontation mit Neuem und Nicht-zu-Ahnendem gelingen. In der Konfrontation können die dem Fremden anhaftenden Sinnüberschüsse automatisierte Wahrnehmungs- und Deutungsmuster zu Fall bringen, wodurch Neues entsteht. Hierbei kann etwa Verfremdung als Technik dazu beitragen, bereits Bekanntes in einen neuen Kontext zu setzen und neue Perspektiven zu eröffnen (Stommel, 2023 a, S. 210ff.). Die skizzierten Aspekte ergänzen gängige didaktische Überlegungen, die Schüler: innen mit dem sonderpädagogischen Schwerpunkt Geistige Entwicklung adressieren, vor dem Hintergrund eines phänomenologischen Lernverständnisses. Die Perspektive stärkt den Widerfahrnischarakter des Lernens und seine responsive und affektive Wesenhaftigkeit. Staunenfreundlicher Unterricht kann diesen Motiven Rechnung tragen. Vor allem Unterricht für die hier adressierten Schüler: innen ist häufig von Gleichförmigkeit und Routinierung geprägt. Neben der grundsätzlichen Anerkennung dieser didaktischen Prinzipien ist mit Blick auf die Schüler: innen-Gruppe auf die Gefahr hinzuweisen, ausschließlich ein auf Entwicklungsaspekte fokussiertes Dazulernen zu befördern. Demgegenüber können sich im Staunenfreundlichen Unterricht Lernprozesse in der Erfahrung von kulturell-bedeutsamen und sinn-vollen Gegenständen vollziehen, die Veränderung der Welt- und Selbstverhältnisse bedingen. Von diesen radikalen Lernprozessen dürfen Schüler: innen nicht ausgeschlossen werden. Zudem wird durch die Überbetonung etwa von Strukturierung und Ritualisierung im Unterricht ein von Gleichförmigkeit geprägter Unterrichtsalltag befördert. Diesem Phänomen stellt sich ein Staunenfreundlicher Unterricht entgegen. Die Gestaltung von Unterricht, der Lernen im Staunen als freudvollen Erfahrungsprozess (Stommel, 2023 b) anerkennt, bietet Raum für Unvorhersehbares auch für Schüler: innen im sonderpädagogischen Schwerpunkt Geistige Entwicklung, denen Außergewöhnliches und Ergreifendes häufig aufgrund pauschaler Zuschreibungen vorenthalten wird. Zudem trägt entsprechender Unterricht zur Stärkung des ästhetischen Moments von Unterricht im genannten Schwerpunkt bei. Das ist etwa mit Blick auf die Rehabilitatierung der sinnlichen Dimensionen des Lernens und mit Blick auf kulturell-anspruchsvolle Unterrichtsgestaltung bedeutsam. Dieser Beitrag plädiert daher für eine Ergänzung bisheriger didaktischer Überlegungen bei Schüler: innen mit dem sonderpädagogischen Schwerpunkt Geistige Entwicklung um Aspekte eines Staunenfreundlichen Unterrichts, der besonderes inklusives Potenzial aufweist und Raum für Fragen, Krisen und Störungen lässt, Lernen als Erfahrung für alle Schüler: innen ermöglicht und letztlich kulturelle Teilhabe befördert. Literatur Abraham, U. (2000). Das a/ Andere W/ wahrnehmen. Über den Beitrag von Literaturgebrauch und literarischem Lernen zur ästhetischen Bildung (nicht nur) im Deutschunterricht. Mitteilungen des Germanistenverbandes, 47 (1), 10 -22. Agostini, E. (2020). Aisthesis - Pathos - Ethos. Zur Heranbildung einer pädagogischen Achtsamkeit und Zuwendung im professionellen Lehrer/ -innenhandeln. Innsbruck: Studien Verlag. 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