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Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
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Auf den Punkt gebracht: Wissen kompakt: Schatzkiste »Selbstwirksamkeit und kindliches Spiel«
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Melanie Behrens
Das Spiel steht als kindliche Tätigkeitsform zentral im Fokus für sozial-emotionale Entwicklungsprozesse. Dabei kommt dem Gefühl der Selbstwirksamkeit eine besondere Bedeutung zu.
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[ 134 ] 3 | 2015 motorik, 38. Jg., 134-135, DOI 10.2378 / motorik2015.art21d © Ernst Reinhardt Verlag [ Auf den Punkt GebrAcht ] Wissen kompakt: Schatzkiste »Selbstwirksamkeit und kindliches Spiel« Melanie behrens Das Spiel steht als kindliche Tätigkeitsform zentral im Fokus für sozial-emotionale Entwicklungsprozesse. Dabei kommt dem Gefühl der Selbstwirksamkeit eine besondere Bedeutung zu. Hier konstituieren sich beim Kind nicht nur die subjektiven Wahrnehmungen der eigenen Handlungsmöglichkeiten in spielbezogenen Anforderungssituationen (Jerusalem 1990, 48 f; Biermann 2006). Es generiert sich das subjektive Repertoire von Bewältigungshandlungen als generalisierte Überzeugung des Kindes, aufgrund der eigenen Kompetenzen mit unterschiedlichen Problemen erfolgreich umgehen zu können. Dem Konstrukt »Selbstwirksamkeit« kommt somit als Entwicklungsressource eine zentrale Bedeutung in der Psychomotorik zu (Jerusalem 1990, 51; Behrens 2009, 11 ff ). Insbesondere in Handlungsergebnissen, die dem Kind Erfolge vermitteln, liegt die Chance. Denn diese unterstützen die Erwartung des Kindes, erfolgreich bewältigte spielerische Handlungen oder Ereignisse sich selbst zuzuschreiben, also intern als direkte Handlungserfahrung zu attribuieren (Bandura et al. 1977; Biran / Wilson 1981; Feltz / Landers 1983; Jerusalem 1990; Schwarzer / Jerusalem 2002). Abbildung 1 verdeutlicht die direkte Handlungserfahrung. Die Informationen über das Körperselbst rücken elementar in den Fokus, »da diese als Basis zur Bewusstwerdung der eigenen Person notwendig sind. Das Kind lernt durch diese Wahrnehmungen zwischen Ich und Nicht-Ich (Umwelt) zu differenzieren. Die Körperlichkeit des Kindes gewinnt als Bindeglied zwischen »innen« und »außen« die zentrale Bedeutung im Identitätsbildungsprozess« (Fischer 2009, 88) (siehe Abbildung 2). Abb. 1: Ein Kind betrachtet voller Stolz seinen selbst konstruierten Becherturm Abb. 2: Erleben von Körperlichkeit mit dem Element Wasser [ 135 ] Auf den Punkt gebracht 3 | 2015 In der spielerischen Auseinandersetzung mit den Inhalten macht das Kind wichtige (Körper-, Sozial-, Material-)Erfahrungen, die es sich leiblich-sinnlich (über den Körper) erschließt (comprehensibility). Zudem lernt es, über den Körper und die Bewegung im sozialen Kontext durch Strategien adäquat zu handeln, um mit den anstehenden An- und Herausforderungen umgehen zu können (manageability). Der Umgang mit dem Material verleiht dem Kind einen subjektiven Sinn, da es sich aktiv und selbstwirksam als Verursacher des eigenen Tuns erlebt und auf diese Weise zunehmend Zutrauen in die eigenen Fähigkeiten gewinnen kann (meaningfulness) (Antonovsky 1997; BzgA 2001). Hierdurch steigt die Motivation des Kindes, nicht gleich beim Misslingen einer Sache aufzugeben oder direkt auf einen Misserfolg hin zu attribuieren (Heckhausen 1966; Heckhausen / Heckhausen 2006; Epstein 1979). Handlungsmodelle erzielen zum Aufbau von Selbstwirksamkeitserfahrungen eine besonders gute Wirkung, wenn sie dem Kind möglichst ähnlich sind (dies betrifft z. B. Alter, Geschlecht, sonstige Attribute) (stellvertretende Erfahrungen) (Schwarzer / Jerusalem 2002, 43). Kindern kann in diesem Rahmen genügend (Spiel-)Raum geboten werden, um eigeninitiativ und selbstbestimmt zu handeln. Sie erleben sich selbst (bei Erfolgserlebnissen) als Verursacher des Geschehens und sind selbst wirksam tätig. Sie erleben die Aktivitäten, ausgehend von ihrer intrinsischen Motivation, zunehmend als sinnvoll. Unterstützend können die Kinder vom GruppenleiterIn von der sprachlichen Handlungsbegleitung (Fremdbewertung) hin zur verbalen Handlungsregulation begleitet werden (Selbstinstruktion) (sprachliche Überzeugungen) (Behrens 2009, 218 ff; Schwarzer / Jerusalem 2002, 44). Der Schlüssel kindlichen Spiels liegt demnach in der hohen Resilienzwirkung des Faktors Eigenaktivität in der Aufgabenbewältigung im Spiel. Öffnen Sie hier impulsgebend Ihre psychomotorische Schatzkiste. Literatur Antonovsky, A. (1997): Salutogenese. Zur Entmystifizierung der Gesundheit. Deutsche Herausgabe von Alexa Franke. Dgvt, Tübingen Bandura, A., Adams, N. E., Beyer, J. (1977): Cognitive processes mediating behavioral change. Journal of Personality & Social Psychology 35 (3), 125- 139 Behrens, M. (2009): Die Bedeutung von Körper und Bewegung für die kindliche Resilienz. Psychomotorik als Beitrag zum Aufbau des Selbstwertgefühls bei sozial ängstlichen Kindern. Eine empirische Erhebung in Kasuistiken. Dissertation, Köln Biermann, A. (2006): Selbstwirksamkeitserwartungen von Grundschülern im Sportunterricht. Studien zur Entwicklung und Förderung. Elektronische Ressource (CD-Rom), Bayreuth Biran, M., Wilson, G. T. (1981): Treatment of phobic disorders using cognitive and exposure methods: A self efficacy analysis. Journal of Counseling and Clinical Psychology 49 (6), 886- 899 Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA) (2001): Was erhält den Menschen gesund? Antonovskys Modell der Salutogenese - Diskussionsstand und Stellenwert. Forschung und Praxis der Gesundheitsförderung. Band 6. Schiffmann, Bergisch Gladbach Epstein, S. (1979): Entwurf einer Integrativen Persönlichkeitstheorie In: Filipp, S. H. (Hrsg.): Selbstkonzept-Forschung. Klett-Cotta, Stuttgart, 15-45. Feltz, D. L., Landers, D. M. (1983): Effects of mental practice on motor skill learning and performance: A meta-analysis. Journal of Sport Psychology 25 (5), 25-57 Fischer, K. (2009): Einführung in die Psychomotorik. 3. Aufl. Ernst Reinhardt, München / Basel Heckhausen, H. (1966): Die Entwicklung des Erlebens von Erfolg und Misserfolg. Bild der Wissenschaft 7, 547- 553 Heckhausen, J., Heckhausen, H. (Hrsg.) (2006): Motivation und Handeln. 3. Aufl. Springer Medizin, Heidelberg Jerusalem, M. (1990): Persönliche Ressourcen, Vulnerabilität und Stresserleben. Hogrefe, Göttingen Schwarzer, R., Jerusalem, M. (2002): Das Konzept der Selbstwirksamkeit. Zeitschrift für Pädagogik, 44 (1), 28- 53 Die Autorin Dr. Melanie Behrens Akademische Rätin am Lehrstuhl für Bewegungserziehung und Bewegungstherapie der Humanwissenschaftlichen Fakultät (Universität zu Köln) Anschrift Dr. Melanie Behrens Universität zu Köln Humanwissenschaftliche Fakultät Dep. Heilpädagogik und Rehabilitation Lehrstuhl Bewegungserziehung Gronewaldstr. 2a D-50931 Köln behrensm@uni-koeln.de
