motorik
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0170-5792
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
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2016
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Psychomotorisch orientierte Organisationsberatung
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2016
Stefan Schache
Holger Jessel
Die psychomotorisch orientierte Organisationsberatung beginnt, ihren Kinderschuhen zu entwachsen, wenn auch zaghaft. Es lassen sich aber über die curriculare Verankerung in Bachelor- und Masterstudiengängen sowie verschiedene Dissertationsvorhaben hinaus Projekte identifizieren, in denen MotologInnen als OrganisationsberaterIn oder -begleiterIn neue Wege beschreiten. Im Folgenden soll eines dieser Projekte, in dem die Autoren tätig sind, näher dargestellt werden. Eine Besonderheit dieses Projektes ist die enge Verschränkung eines Organisationsberatungsprozesses mit einer Inhouse-Qualifizierung durch die Deutsche Akademie für Psychomotorik.
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Zusammenfassung / Abstract Die psychomotorisch orientierte Organisationsberatung beginnt, ihren Kinderschuhen zu entwachsen, wenn auch zaghaft. Es lassen sich aber über die curriculare Verankerung in Bachelor- und Masterstudiengängen sowie verschiedene Dissertationsvorhaben hinaus Projekte identifizieren, in denen MotologInnen als OrganisationsberaterIn oder -begleiterIn neue Wege beschreiten. Im Folgenden soll eines dieser Projekte, in dem die Autoren tätig sind, näher dargestellt werden. Eine Besonderheit dieses Projektes ist die enge Verschränkung eines Organisationsberatungsprozesses mit einer Inhouse-Qualifizierung durch die Deutsche Akademie für Psychomotorik. Schlüsselbegriffe: Organisationsberatung, Haltung, reflexive Leiblichkeit, metaphorische Bewegungssituation Psychomotor oriented organisational consulting: Tailoring between innovation and stability Psychomotor oriented organisational consulting is beginning to come of age, however very subtle. Beyond a systematic integration in the curricula of bachelor and masters programmes and several doctoral dissertationproposals, single projects can be identified in which psychomotricians follow new paths as organisational consultants. This contribution describes one of these projects in which both authors operate as organisational consultants. One characteristic is the interlacing of the organisational consulting process with an inhouse training by the German Academy for Psychomotricity (Deutsche Akademie für Psychomotorik). Key words: Organisational consulting, attitude, body reflexive practices, metaphoric movement situation [ 135 ] motorik, 39. Jg., 135-140, DOI 10.2378 / motorik2016.art25d © Ernst Reinhardt Verlag 3 | 2016 [ FORUM PSyCHOMOTORIK ] Psychomotorisch orientierte Organisationsberatung Maßschneiderei zwischen Innovation und Stabilität Stefan Schache, Holger Jessel Der folgende Beitrag soll vom Ende her gedacht werden und beginnt dementsprechend mit dem Fazit: Eine psychomotorisch orientierte Organisationsberatung und die damit verbundene Inhouse-Qualifizierung verfügen über das Potenzial, die Kompetenz und die Qualität, sowohl eine disziplinär ausgerichtete, auf ExpertInnenwissen basierte Beratung anzubieten als auch den Prozess einer solchen Beratung bzw. Organisationsentwicklung begleiten, moderieren und gestalten zu können (Schache 2010). Die psychomotorisch orientierte Organisationsberatung stellt Methoden zur Verfügung, mithilfe derer Phänomene wie Widerstände oder Veränderungsblockaden wertschätzend thematisiert und bearbeitet werden können. Psychomotorisch orientierte Organisationsberatung geht über eine ausschließlich expertokratische Beratung (Moldaschl 2001) hinaus, da sie um das Phänomen der häufig verzerrenden Wahrnehmung von ExpertInnenwissen weiß. Aus der Perspektive einer Prozessberatung wird der Fokus darauf gelegt, die Organisation darauf vorzubereiten, das andere, psychomotorische Wissen in Form einer Fachberatung und damit u. U. verbunden einer Qualifizierung des Personals in produktiver Weise annehmen zu können. Ein solches Wissen versteht sich nicht als letztgültige Wahrheit, sondern - konstruktivistisch betrachtet - als Dialogangebot (Schache 2013). Im Prozess der psychomotorischen Organisationsberatung gilt es, eine über bloße verbale Zugänge hinausgehende, (zwischen-)leibliche Phänomene einbeziehende Dialogfähigkeit anzubahnen und zu kultivieren. Hierfür werden unter anderem metaphorische [ 136 ] 3 | 2016 Forum Psychomotorik Bewegungssituationen sowie das Konzept der reflexiven Leiblichkeit als genuin psychomotorische Zugänge genutzt (Schache 2015, 222). »Eine psychomotorische Bildungseinrichtung für alle« - Klärung von Anliegen, Aufträgen und Resonanzen Das Bedürfnis einer großen Bildungseinrichtung nach Entwicklung sowie die Notwendigkeit einer Veränderung bedingt durch die normativen Vorgaben der UN-Behindertenrechtskonvention waren die Auslöser für einen Fortbildungs-, Beratungs- und Begleitungsauftrag an die Deutsche Akademie für Psychomotorik (dakp), den die Autoren dieses Beitrags annahmen und methodisch gestalteten. Im Zuge dessen wurde bereits zu Beginn des Entwicklungsprozesses das Anliegen formuliert, die MitarbeiterInnen im Bereich der Psychomotorik zu qualifizieren. Hierfür wurde vereinbart, dass die MitarbeiterInnen aus der Kindertageseinrichtung und der Schule im Rahmen einer maßgeschneiderten 180-stündigen Fortbildung die Berufsqualifikation Psychomotorik der dakp erwerben sollten. Trotz eines klaren und allgemeinen Auftrags, der zwar zieloffen formuliert wurde, sich aber dennoch psychomotorische Expertise für die Gestaltung einer Schule und eines Kindergartens erhoffte, konnte von Beginn an nicht davon ausgegangen werden, dass alle MitarbeiterInnen in diesen Veränderungsprozess involviert sein würden. So kam es schon vorab zu zentralen Ambivalenzen, die die Autoren aber erst im späteren Verlauf fassen konnten: Die Einrichtung startete aus ihrem eigenen Antrieb heraus einen Entwicklungsprozess, der grundlegende Veränderungen bedeutete und der daher begleitet und fachlich bereichert werden sollte. Der »eigene Antrieb« wurde allerdings auch als Delegation und Vorgabe »von oben« verstanden, nach der sich die MitarbeiterInnen zu richten haben. Bedeutsam ist also die ambivalente Ausgangslage, dass unterschiedliche Akteure innerhalb der Organisation in unterschiedlicher Art und Weise Veränderungen (nicht) initiieren wollten bzw. mussten. Im Zuge des Verstehensprozesses und der Abgrenzung (siehe soziale Abgrenzung, Krizanits 2013, 69) des Beratungssystems kann es zu verschiedenen intrawie interpersonalen Ambivalenzen kommen, die den Prozess der Organisationsberatung maßgeblich beeinflussen. Im Umgang damit ist es von besonderer Bedeutung, nicht nur mit den mächtigen Personen bzw. inneren Stimmen zu arbeiten, sondern mit allen relevanten Interessengruppen bzw. Hierarchien. Diese zentrale Orientierung wird im systemischen Diskurs Allparteilichkeit genannt. Ganz im Sinne von Königswieser und Hillebrand (2009, 41) verstehen sich die Autoren hierbei als »Anwalt der Ambivalenz«. Im Zusammenhang mit dem hier dargestellten Beratungsprozess waren bedeutsame Ambivalenzen sowohl zu Beginn als auch im weiteren Verlauf wahrzunehmen, die sich v. a. in der Steuergruppe wie folgt darstellten: ■ »Natürlich sprechen wir hier alle nur mit Vorbehalten.« ■ »Wir haben, das wird mir immer deutlicher, ein großes Kommunikationsproblem.« ■ »Die Frage nach Transparenz scheint immer wichtiger zu werden.« ■ »Es ist irgendwie ein Schatten alter Strukturen spürbar.« Es wurde zunehmend deutlich, dass neben einem Willen zur Organisationsentwicklung auch Kräfte vorhanden waren, die diesem rationalen, bewusst formulierten Anliegen entgegenstanden. Für die Autoren als Begleiter war spürbar, dass diese Kräfte zwar nicht vollständig in Worte zu fassen waren, als Resonanzphänomene jedoch »im Raum standen« (Königswieser / Hillebrand 2009, 38). Für einen hilfreichen Umgang mit diesen - hier nur ausschnitthaft dargestellten - ambivalenten Kräften sind OrganisationsberaterInnen auf grundlegende Orientierungen im Sinne eines inneren Kompasses angewiesen, Diese zentrale Orientierung wird im systemischen Diskurs Allparteilichkeit genannt. [ 137 ] Schache, Jessel • Psychomotorisch orientierte Organisationsberatung 3 | 2016 die mit der motologisch-psychomotorischen Biographie eng verschränkt sind und im weiteren Verlauf methodische Konsequenzen nahe legten. Haltung haben oder Haltung »sein«? - Grundlegende Orientierungen Die wesentlichen Grundorientierungen im Prozess der psychomotorischen Organisationsberatung lassen sich wie folgt charakterisieren: ■ Wir befinden uns immer als ganze Menschen mit all unseren Vorerfahrungen, Bedürfnissen, bewussten und unbewussten Motivationen, Emotionen, Körperempfindungen, Gedanken, Phantasien und Wahrnehmungsmustern in Beziehung zu anderen Menschen. ■ Wir sind zu jedem Zeitpunkt unseres Lebens nicht nur körperlich in der Welt, sondern auch leiblich. Fuchs drückt diesen - für die Psychomotorik zentralen - Unterschied wie folgt aus: »Der Leib bildet so ein übergreifendes System von Organismus und Umwelt, das sich im ›Zur-Welt-Sein‹ des leiblichen Subjekts, in unserem grundlegenden Vertrautsein mit der Welt manifestiert. Mein Leib ist also nicht der Körper, den ich sehe, berühre oder empfinde, sondern er ist vielmehr mein Vermögen zu sehen, zu berühren und zu empfinden. Er ist kein Gegenstand in der Welt, sondern das Vermögen, das mir die Welt eröffnet« (Fuchs 2008, 99). ■ Es gibt keine Beobachtung ohne Beobachter. Jede Form der Begleitung von Organisationen stellt damit einen Austausch über unterschiedliche Wirklichkeitskonstruktionen dar (Mehrperspektivität) (Schache 2010, 243). ■ Jedes Verhalten einer Person ist sinnvoll (Jessel 2010, 169). Ein zentraler Aspekt der Begleitung von Organisationen ist es demnach, sich die Sinnkonstruktionen aller Beteiligten auf wertschätzende Art und Weise im Sinne der Neutralität zu erschließen. »Neutral heißt: Sowohl-als-auch und/ oder Weder-noch. Neutral ist ein Therapeut (oder Berater; Anm. d. Verf.), wenn er sich in der Position des außen stehenden Dritten, jenseits der Trennlinien des Entweder-oder, befindet« (Simon / Weber 2009, 33). Diese Neutralität ist nicht nur im Hinblick auf verschiedene KlientInnen wichtig, sondern unter anderem auch im Hinblick auf das Verhältnis von Veränderung und Nicht- Veränderung. ■ Instruktive Interaktion ist unmöglich. Wir können demnach andere Menschen lediglich anregen oder verstören; was diese mit unseren Impulsen und Kommunikationen anstellen, liegt weit weniger in unserer Hand als wir gemeinhin annehmen. Zum Selbstbewusstsein als OrganisationsberaterIn muss sich also immer auch Bescheidenheit gesellen (Schache 2010, 215 ff ). ■ Entwicklung ist immer Selbstentwicklung, jede Form der Hilfe kann demnach immer nur Hilfe zur Selbsthilfe sein. Wesentliche Basis unserer Arbeit ist die Annahme, dass jede Organisation über zahlreiche Ressourcen, Selbstorganisations- und Problemlösekompetenzen verfügt. Diese gilt es anzuregen und zur Entfaltung zu bringen und dazu bedarf es der Anschlussfähigkeit sämtlicher Maßnahmen und Interventionen (Jessel 2013, 97). Diese Haltungen und Orientierungen durchdringen im Idealfall sowohl die psychomotorische Beratungstätigkeit als auch das Handeln der Lehrenden im Rahmen der Berufsqualifikation Psychomotorik. Damit dies gelingen kann, sind fortlaufende Selbstreflexion und -vergewisserung vonnöten. Diese sind, wie das methodische Vorgehen im Beratungsprozess, eng mit leiblichen Befindlichkeiten und reflexiver Annäherung verschränkt. Fortlaufende Selbstreflexion und -vergewisserung sind vonnöten. [ 138 ] 3 | 2016 Forum Psychomotorik Das Zusammenspiel von Fach- und Prozessberatung - Balanceakte zwischen Fremd- und Selbststeuerung Eine Organisation begibt sich in der Regel aus zweierlei Anlass in einen Beratungsbzw. Entwicklungsprozess: a) Sie steckt in einer Krise, die bedeutsame Veränderungsimpulse auslöst. b) Sie erhält den Auftrag, sich eines bestimmten Handlungsfeldes oder Inhalts neu anzunehmen. In beiden Fällen wird u. U. externe Expertise angefragt. Damit begibt sich eine Einrichtung in der Regel in eine zwiespältige Situation: Einerseits meint sie, eine Fachexpertise von außen zu benötigen, um neue Impulse und eine andere Form von Fachlichkeit zu erlangen, andererseits befürchtet sie aber Bevormundung und Fremdsteuerung. Die Einrichtung hat einerseits den Wunsch nach gesichertem (Experten-)Wissen, zugleich betrachtet sie sich jedoch als eigentliche Expertin in ihrem professionellen Alltag. Eindeutige Gestaltungsempfehlungen bergen die Gefahr, dass Relativierungen und Kontextualisierungen ausgeschlossen werden. Diese sind jedoch für die Selbstentwicklung einer Einrichtung elementar. Edgar Schein (2010, 39) formuliert daher, dass das Zentrale »der Aufbau einer Beziehung mit dem Klienten [ist], die es diesem erlaubt, die in seinem internen und externen Umfeld auftretenden Prozessereignisse wahrzunehmen, zu verstehen und darauf zu reagieren, um die Situation, so wie er sie definiert, zu verbessern.« Wahrnehmen, Verstehen, Reaktion und Verbesserung erfordern im Sinne einer Selbstentwicklung der Organisation die Steigerung der Selbstreflexionsfähigkeiten, die Moldaschl (2001) als alternatives Paradigma zwischen Fach- und Prozessberatung vorschlägt. Es geht also um ein Respektieren und Ernstnehmen der Organisation in ihrer jeweiligen und einzigartigen Lage sowie um die Anbahnung einer Dialogfähigkeit durch eine Steigerung der Reflexivität (Schache 2013). Ein zentraler Aspekt in unserer Begleitung der Steuergruppe war es, die Mitglieder bei der Entwicklung einer solchen Dialogfähigkeit zu unterstützen. Entscheidend waren auch hier die Verkörperung einer Haltung und die Frage, welche »Fundamentalbotschaften« (Ciompi 2005) wir aussendeten. Ein bedeutsamer Wirkfaktor bestand in der Kohärenz zwischen unserem Handeln im Rahmen der Begleitung der Steuergruppe und dem Handeln der Lehrenden im Rahmen der Berufsqualifikation Psychomotorik; nicht zuletzt auch deshalb, weil einige Mitglieder der Steuergruppe zugleich TeilnehmerInnen der Qualifizierungsmaßnahme waren. Ein zweiter bedeutsamer Wirkfaktor lag in der Maßschneiderei, d. h. in der genauen Anpassung der Berufsqualifikation Psychomotorik an die Bedürfnisse der TeilnehmerInnen sowie an die Bedingungen und Entwicklungserfordernisse vor Ort im Rahmen einer Inhouse-Fortbildung. Die Gestaltung des Verhältnisses von Stabilität und Veränderung charakterisierte als zweiter Balanceakt den gesamten Organisationsentwicklungs- und Fortbildungsprozess. In Anlehnung an von Schlippe und Schweitzer (2010, 16 ff ) ging es uns hierbei in erster Linie um die Herstellung und Aufrechterhaltung einer konstruktiven Beratungsbeziehung. Dies erforderte einerseits die Erzeugung von Metastabilität im Sinne der Schaffung einer sicheren Basis (siehe hierzu auch das Konzept des »Safe Place« von Gahleitner et al. 2013) und andererseits die Erzeugung von Instabilität sowie eines Spannungsbogens von Interesse, Neugier und Aufregung innerhalb dieses sicheren Rahmens. Dies betraf sowohl den Begleitungsprozess der Steuergruppe als auch das Vorgehen im Rahmen der Berufsqualifikation Psychomotorik. Genuin psychomotorische Zugänge zur Schaffung eines sicheren Rahmens wie zur Erzeugung von Spannungsbögen sind im Konzept der reflexiven Leiblichkeit und in metaphorischen Bewegungssituationen zu finden. Gestaltung des Verhältnisses von Stabilität und Veränderung charakterisierte den Prozess. [ 139 ] Schache, Jessel • Psychomotorisch orientierte Organisationsberatung 3 | 2016 »Wir packen die Veränderung an« Für die Anbahnung einer Dialogfähigkeit im Sinne einer Öffnung für das Neue war es im erwähnten Projekt angezeigt, die »im Raum stehenden Resonanzphänomene« und ambivalenten, inter- und intrapsychischen Positionen und Prozesse zu vergegenwärtigen bzw. zu thematisieren. Die Ziele lagen in der Befähigung, eigene Entwicklungsimpulse wahrzunehmen, zu versprachlichen und sie weiter zu entfalten bzw. Widerstände, Blockaden, Unmut o. ä. zu verstehen. Mithilfe von metaphorischen Bewegungssituationen (Seewald 2007, 109; Schache 2015, 215 ff ) gelang es, die MitarbeiterInnen zu Bewegungshandlungen einzuladen, die unmittelbar erlebt und vorerst kategorienlos erfahren wurden. Mit der anschließenden Reflexion konnten diese Erfahrungen auf bestimmte Erlebens- und Verhaltensmuster hin erörtert werden, um übersituative Prägungen und Neigungen des organisationalen Alltags, Denkens und Handelns zu erkennen und als potenziell veränderbar wahrzunehmen. Die Versprachlichung bzw. Symbolisierung impliziter und unbewusster, nicht rationaler Themen und die damit einhergehende, gesteigerte (Selbst-)Reflexion wurde in diesem Fall konkret über die Bilder »Wir greifen an …«, »Wir packen es an …« und »Wir nehmen es in Angriff …« angegangen. Ähnlich dem systemischen Skulpturieren wurden in der Reflexion räumliche Beziehungen zueinander thematisiert, aber auch und zuvorderst die eigene Gefühlslage, die eigene Rolle und Position. Die Bewegungssituation diente hier als Vehikel und Übersetzer verschiedener symbolischer Niveaus und letztlich als Impulsgeber für Veränderungsprozesse. Schlussgedanken Die vorangegangenen Ausführungen haben gezeigt, dass für den Beratungs- und Fortbildungsprozess zahlreiche Wahrnehmungs-, Gestaltungs- und (Selbst)Reflexionskompetenzen notwendig sind, die jenseits von bloßen Techniken angesiedelt sind. Dieses Selbsterleben benötigt eine begleitete Selbstreflexion sowie ein Verstehen der emotionalen Aspekte der eigenen (und fremden) Innovationsfreudigkeiten bzw. Festhaltetendenzen, der favorisierten Lernmodelle und Wirklichkeitskonstruktionen sowie des subjektiven Menschenbildes. Für OrganisationsberaterInnen sowie für die begleitete Organisation geht es um die Entwicklung und Kultivierung einer reflexiven Leiblichkeit, die methodisch metaphorische Bewegungssituationen fruchtbar macht, »im Raum stehende Phänomene« besser zu fassen versteht und dazu verhelfen kann, eine den MitarbeiterInnen gemäße und damit auch zu den relevanten Teilen der Organisation passende Entwicklung zu begünstigen. Hierzu sind eine Maßschneiderei in der Verschränkung von Organisationsberatung und Inhouse-Qualifizierungsmaßnahmen von zentraler Bedeutung. Literatur Ciompi, L. (2005): Die emotionalen Grundlagen des Denkens. Entwurf einer fraktalen Affektlogik. 3.-Aufl. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen Fuchs, T. (2008): Das Gehirn - ein Beziehungsorgan. Eine phänomenologisch-ökologische Konzeption. Kohlhammer, Stuttgart Gahleitner, S. B., Katz-Bernstein, N., Pröll-List, U. (2013): Das Konzept des »Safe Place« in Theorie und Praxis der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie. In: Resonanzen. E-Journal für biopsychosoziale Dialoge in Psychotherapie, Supervision und Beratung 1 (2), 165-185. In: www.resonanzenjournal.org, 21.03.2016 Jessel, H. (2013): Grenzgänge in kniffligem Gelände. Der Prozess der Gewaltprävention aus psychomotorischer und systemischer Perspektive. Wvpm, Marburg Jessel, H. (2010): Leiblichkeit - Identität - Gewalt. Der mehrperspektivische Ansatz der psychomotorischen Gewaltprävention. VS Verlag, Wiesbaden, http: / / dx.doi.org/ 10.1007/ 978-3-531-92468-7 Königswieser, R., Hillebrand, M. (2009): Einführung in die systemische Organisationsberatung. 5. Aufl. Carl-Auer Verlag, Heidelberg Krizanits, J. (2013): Einführung in die Methoden der systemischen Organisationsberatung. Carl-Auer Verlag, Heidelberg Eigene und fremde Innovationsfreudigkeit bzw. Festhaltetendenzen [ 140 ] 3 | 2016 Forum Psychomotorik Moldaschl, M. (2001): Reflexive Beratung. Eine Alternative zu strategischen und systemischen Ansätzen. In: Degele, N., Münch, T., Pongratz, H., Saam, N. (Hrsg.): Soziologische Beratungsforschung. Perspektiven für Theorie und Praxis der Organisationsberatung. Leske und Budrich,Opladen,133-157, http: / / dx.doi.org/ 10.1007/ 978-3-663-11451-2_8 Schache, S. (2015): Einrichtungen in Bewegung. Organisationsentwicklung bewegt begleiten. In: Krus, A., Jasmund, C. (Hrsg.): Psychomotorik in sozialpädagogischen Arbeitsfeldern. Kohlhammer, Stuttgart, 206-224 Schache, S. (2013): Und sie bewegen sich doch. Organisationsberatung und Psychomotorik; und warum hört man eigentlich die Psychomotorik nicht? In: Richter-Mackenstein, J., Eckert, A. (Hrsg.): Familie und Organisation in Psychomotorik und Motologie. wvpm, Marburg, 141-164 Schache, S. (2010): Die Kunst der Unterredung. Organisationsberatung: ein dialogisches Konzept aus motologischer Perspektive. VS Verlag, Wiesbaden, http: / / dx.doi.org/ 10.1007/ 978-3-531-92279-9 Schein, E. (2010): Prozessberatung für die Organisation der Zukunft. Der Aufbau einer helfenden Beziehung. 3. Aufl. EHP, Bergisch Gladbach Schlippe, A. v., Schweitzer, J. (2010): Systemische Interventionen. 2. Aufl. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen Seewald, J. (2000): Durch Bewegung zur Identität? Motologische Sichten auf das Identitätsproblem. Motorik 23 (3), 94-101 Seewald, J. (2007): Der Verstehende Ansatz in Psychomotorik und Motologie. Ernst Reinhardt, München / Basel Simon, F. B., Weber, G. (2009): Vom Navigieren beim Driften. »Post aus der Werkstatt« der systemischen Therapie. 3. Aufl. Carl-Auer Verlag, Heidelberg Die Autoren Prof. Dr. Stefan Schache Dipl.-Motologe, Lehramt Sonderpädagogik und Sport, Professor für Heilpädagogik/ Inklusive Pädagogik an der EFH Bochum Prof. Dr. Holger Jessel Dipl.-Motologe, Professor für Kindheitswissenschaften an der EH Darmstadt Anschriften Prof. Dr. Stefan Schache Evangelische Fachhochschule RWL Immanuel-Kant-Straße 18-20 D-44803 Bochum Schache@efh-bochum.de Prof. Dr. Holger Jessel Evangelische Hochschule Darmstadt Zweifalltorweg 12 D-64293 Darmstadt jessel@eh-darmstadt.de
