motorik
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0170-5792
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
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2018
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Praxistipp: Psychomotorik in der Natur - Waldpiraten
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2018
Thorsten Späker
Wer kennt sie nicht, die berühmten Freibeuter und Abenteurer Barbarossa, Blackbeard, Klaus Störtebeker, aktuell natürlich Jack Sparrow und nicht zu vergessen auch die Piratinnen Anne Bonny und Mary Read. Was aber macht die Geschichten, wie sie z. B. in erfolgreichen Filmen wie »Die Piratenbraut« oder »Fluch der Karibik« erzählt werden, so interessant? Abenteuer bestehen, außerhalb des Gewöhnlichen agieren, unterwegs sein, Schätze suchen und finden, mutig, listig und gerissen handeln, Widersacher bezwingen, Herausforderungen annehmen und schwierige Situationen mit den eigenen Fähigkeiten und etwas Glück bewältigen. Eine verstehende psychomotorische Perspektive könnte hier Lebensthemen ausmachen, wie z. B. »Die Welt erkunden, neue Räume entdecken, Eindringen in Unbekanntes«, »Eigenständigkeit und Unabhängigkeit erleben« oder »eigene Fähigkeiten entdecken, Initiative entwickeln und sich bewähren«. Dies sind eigentlich sehr frühe Lebensthemen, die uns aber über die gesamte Lebensspanne begleiten und immer wieder aktuell werden. Nicht umsonst sind daher die Schatzsuche auf Kindergeburtstagen, das Geocaching oder die Filme über Piraten so beliebt. Dies lässt sich natürlich auch für die Psychomotorik nutzen, insbesondere wenn die Aktivitäten außerhalb geschlossener Räumlichkeiten in der Natur stattfinden. Denn Piraten gibt es nicht nur auf hoher See, sondern natürlich auch in heimischen Wäldern.
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[ 94 ] 2| 2018 Praxistipp [ PRAxISTIPP ] Psychomotorik in der Natur - Waldpiraten Wer kennt sie nicht, die berühmten Freibeuter und Abenteurer Barbarossa, Blackbeard, Klaus Störtebeker, aktuell natürlich Jack Sparrow und nicht zu vergessen auch die Piratinnen Anne Bonny und Mary Read. Was aber macht die Geschichten, wie sie z. B. in erfolgreichen Filmen wie »Die Piratenbraut« oder »Fluch der Karibik« erzählt werden, so interessant? Abenteuer bestehen, außerhalb des Gewöhnlichen agieren, unterwegs sein, Schätze suchen und finden, mutig, listig und gerissen handeln, Widersacher bezwingen, Herausforderungen annehmen und schwierige Situationen mit den eigenen Fähigkeiten und etwas Glück bewältigen. Eine verstehende psychomotorische Perspektive könnte hier Lebensthemen ausmachen, wie z. B. »Die Welt erkunden, neue Räume entdecken, Eindringen in Unbekanntes«, »Eigenständigkeit und Unabhängigkeit erleben« oder »eigene Fähigkeiten entdecken, Initiative entwickeln und sich bewähren«. Dies sind eigentlich sehr frühe Lebensthemen, die uns aber über die gesamte Lebensspanne begleiten und immer wieder aktuell werden. Nicht umsonst sind daher die Schatzsuche auf Kindergeburtstagen, das Geocaching oder die Filme über Piraten so beliebt. Dies lässt sich natürlich auch für die Psychomotorik nutzen, insbesondere wenn die Aktivitäten außerhalb geschlossener Räumlichkeiten in der Natur stattfinden. Denn Piraten gibt es nicht nur auf hoher See, sondern natürlich auch in heimischen Wäldern. Waldpiratenschiff bauen Die Kinder bauen sich aus Naturmaterialien ein Piratenschiff. Dazu können vorgefundene Bäume, Hügel, Sträucher und Gelände sowie alle zur Verfügung stehenden Naturmaterialien verwendet werden (Abb. 1): Gibt es ein Segel, eine Reling, einen Ausguck oder eine Planke zum Absprung? Woraus besteht die Piratenflagge? Wie wird das Schiff gesteuert? Wo sind die Schlafplätze? Ist das Schiff startklar, kann das Rollenspiel direkt losgehen: Wer ist der Kapitän? Wer übernimmt welche Aufgaben? Gibt es Feinde, die gefan- Abb. 1: Piratenschiff bauen Abb. 2: Waldpirat [ 95 ] Praxistipp 2| 2018 gen werden müssen (z. B. PsychomotorikerIn) etc.? Im gemeinsamen Bauen und Konstruieren werden auf der natürlichen Bewegungsbaustelle z. B. die Handlungsplanung, die Materialerfahrung oder die Sozialkompetenzen gefördert. Daneben können im zu verstehenden Rollenspiel auch individuelle Themen ausagiert werden, wie z. B. Macht erleben, sich Gefahren stellen oder Tötungsphantasien ausleben. Verkleiden als Waldpirat Die Kinder verkleiden sich mit Naturmaterialien. Dazu werden Kopftücher zur Verfügung gestellt sowie Kränze geflochten oder Hüte, Gürtel, Haarschmuck etc. hergestellt. Dazu werden natürlich auch Piraten-Utensilien wie Degen, Kompass, Augenklappe, Papagei usw. gebraucht. Zudem kann auch ein Baumstamm mit Naturmaterial zum bösen Kapitän Hook geschmückt werden (Abb. 2). Das Verkleiden fördert zum einen den variantenreichen Umgang mit Naturmaterial, in dem viel über die Materialeigenschaften erfahren wird. Zum anderen hilft die Verkleidung aber auch, unausgelebte Persönlichkeitseigenschaften auszuprobieren, wie z. B. in der Rolle der »verwegenen Piratenbraut« oder des »unbesiegbaren Piratenkapitäns«. Piratentraining Die Kinder müssen im Piratentraining beweisen, dass sie in der Lage sind, schwierige Situationen zu meistern und Gefahren zu bestehen. Dazu ist eine Reihe von gemeinsamen Aufgaben zu bewältigen. Sie müssen z. B. mit verbundenen Augen einem Seil folgen, barfuß durch das Laub schleichen, sich an einem Berg abseilen und wieder hinaufklettern (Abb. 3), auf einen Ausguck klettern, mit Zapfen-Kanonen ein Ziel treffen, auf einem Baumstamm über eine Schlucht balancieren, einen reißenden Fluss überqueren etc. Nach bestandener Prüfung werden am Ende feierlich die Piratenurkunden verteilt. In einer unendlichen Auswahl können hier verschiedenste Wahrnehmungs- und Bewegungsaufgaben vorgegeben oder gemeinsam mit den Kindern entwickelt werden. Dabei steht die vielfältige Förderung von Körper-, Material- und Sozialerfahrungen im Vordergrund und es können unterschiedlichste Selbstwirksamkeitserfahrungen allein und in der Gruppe gemacht werden. Schatzsuche Die Kinder müssen all ihre erworbenen Fähigkeiten einsetzen und suchen gemeinsam einen Schatz. Eine Schatzkarte zeigt den Weg, auf dem unterschiedlichste Herausforderungen und Aufgaben zu lösen sind. Alternativ kann der Weg z. B. auch mit Bändern markiert sein oder mit Waldläuferzeichen (mit Legende zu den Zeichen) ausgewiesen werden. Eine weitere Alternative wäre das Erzählen einer »Songline«, welche die Geschichte des Weges zum Schatz beinhaltet (z. B. »Am liegenden Drachen mit den 5 Füßen müsst ihr euch zum Wasser des Glücks vorbeischleichen« = am liegenden Baum mit 5 großen Wurzeln vorbei Richtung Tümpel). Der krönende Abschluss vereinigt nochmal die Förderung sowohl der Ich-, Sach- und Sozialkompetenzen als auch der verstehend thematischen Inhalte von Unterwegssein, neue Welten erkunden und Abenteuer bestehen. Thorsten Späker DOI 10.2378 / motorik2018.art17d Abb. 3: Gelände überwinden - Abseilen
