eJournals motorik 42/3

motorik
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0170-5792
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
10.2378/mot2019.art28d
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2019
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Medien & Materialien: Baer, Udo: Traumatisierte Kinder sensibel begleiten. Basiswissen & Praxisideen

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2019
Amara Eckert
Baer, Udo: Traumatisierte Kinder sensibel begleiten. Basiswissen & Praxisideen. Kita Kompakt. Beltz, Weinheim Basel, 2018, 113 Seiten, 18,95 € (D) Das vorliegende Buch wendet sich an pädagogische Fachkräfte im Frühbereich. Der Autor, Diplompädagoge und kreativer Leibtherapeut, möchte für traumatische Erfahrungen von Kindern in Kitas sensibilisieren und die Fachkräfte bei einer individuell angemessenen (trauma-)sensiblen Begleitung unterstützen. Der Inhalt ist übersichtlich aufgebaut: Praxisbeispiele, Überschriften, Bilderbuchtipps und zusammenfassende Handlungsvorschläge sind farbig markiert, der Text ist durch einige Bilder ansprechend und unaufdringlich illustriert. Als LeserIn kann man sich in seinem Bedürfnis nach überschaubarer und hilfreicher Praxis-Literatur sensibel abgeholt fühlen. Somit passt die äußere Form zum Inhalt. Die einleitenden klaren Worte geben einen Überblick über die wichtigsten Punkte. Der Autor bedient sich durchgängig der Ich-Form, auch um seine fachlichen Positionen deutlich zu machen. [...]
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[ 152 ] 3| 2019 Medien und Materialien [ 152 ] 3| 2019 Medien und Materialien Baer, Udo: Traumatisierte Kinder sensibel begleiten. Basiswissen & Praxisideen. Kita Kompakt. Beltz, Weinheim Basel, 2018, 113 Seiten, 18,95 € (D) Das vorliegende Buch wendet sich an pädagogische Fachkräfte im Frühbereich. Der Autor, Diplompädagoge und kreativer Leibtherapeut, möchte für traumatische Erfahrungen von Kindern in Kitas sensibilisieren und die Fachkräfte bei einer individuell angemessenen (trauma-)sensiblen Begleitung unterstützen. Der Inhalt ist übersichtlich aufgebaut: Praxisbeispiele, Überschriften, Bilderbuchtipps und zusammenfassende Handlungsvorschläge sind farbig markiert, der Text ist durch einige Bilder ansprechend und unaufdringlich illustriert. Als LeserIn kann man sich in seinem Bedürfnis nach überschaubarer und hilfreicher Praxis-Literatur sensibel abgeholt fühlen. Somit passt die äußere Form zum Inhalt. Die einleitenden klaren Worte geben einen Überblick über die wichtigsten Punkte. Der Autor bedient sich durchgängig der Ich- Form, auch um seine fachlichen Positionen deutlich zu machen. Im ersten Teil wird kompakt und leicht verdaulich Basiswissen rund um Traumata bei Kindern angeboten. Der Autor, der eine stattliche Anzahl von Veröffentlichungen vorzuweisen hat, geht insbesondere auf die Gefühle von Kindern mit Trauma-Erfahrung ein und zeigt Wege des Umgangs damit auf. Jedes Kapitel enthält ein Praxisbeispiel und Bilderbuchtipps. Die Kapitel »Keine Angst vor Gefühlen«, »Erregung reduzieren« und »Kulturelle Unterschiede« räumen auf hilfreiche Weise mit gängigen Vorurteilen u. a. über den Umgang mit Wut und Regression auf. Traumata von häuslicher Gewalt bis hin zu Unfällen und insbesondere Fluchterfahrungen werden beschrieben. Leider fehlen die durch Geburts- und Reproduktionstechnologien in der Kita immer häufiger zu beobachtenden prä- und perinatalen Traumata. Eine annähernde wissenschaftliche Vollständigkeit und Diskussion zum Thema Trauma ist in diesem Rahmen jedoch nicht vorgesehen. Der zweite Teil »Praxisideen« zeigt anhand von Praxisbeispielen auf, was man falsch machen kann und was man richtig machen sollte: Was mache ich, wenn-… (z. B. Achim plötzlich einnässt). Psychomotorisch arbeitende KollegInnen bekommen einige Informationen, in welcher Weise ihr Alltag bereits trauma-sensible Anteile enthält, z. B. Ich-Stärkung - Unternehmen Sie alles, was das Selbstwertgefühl der Kinder stärken kann! (49) Das Kapitel »Spürende Begegnungen« zeigt die Nähe der kreativtherapeutischen Arbeitsweise des Autors zur Psychomotorik. Es geht u. a. um Töne und Stimme im Spielkontext, das Gesehenwerden und die Bedeutung von Versteckspielen, das Greifen und Drücken (auch Kämpfen) sowie das Anlehnen, den Körperkontakt und die Sicherheit. Dem Autor geht es aber nicht um eine Spielesammlung. Der Wert dieses Buches für unsere Fachdisziplin besteht vielmehr im trauma-sensiblen Umgang mit dem psychomotorischen Handwerkszeug, mit den Kindern und nicht zuletzt sich selbst. So ist ein Monsterjagd-Spiel kein Fangspiel, sondern ein Angebot, sich den eigenen Ängsten anzunähern und damit umgehen zu lernen. Stopp-Spiele dienen der Selbstbehauptung und dem Neinsagen lernen, insbesondere nach Gewalterfahrung. Angst- und Schmerzfresserchen helfen bei der Bewältigung von schwer aushaltbaren Gefühlen, auch denen der Fachpersonen. Vieles erinnert an die sinnverstehende Arbeitsweise in der Psychomotorik. Zum Schluss werden sieben Hinweise zur Selbstfürsorge gegeben. Dieses so wichtige Kapitel erscheint, gemessen an seiner Bedeutung für die Trauma- Arbeit sehr kurz, enthält aber deutliche Ansagen und Warnungen. Es geht hier um die Prävention von Co-Traumatisierung bzw. sekundärer Traumatisierung. Das Buch ist empfehlenswert zur praxisorientierten Einarbeitung in den Umgang mit Traumatisierung bei Kindern im Frühbereich. Es gibt sehr wertvolle Hinweise im Umgang mit starken Gefühlen und betont auf besondere Weise den Respekt im Umgang mit Menschen, die sich »unverständlich« und »störend« verhalten und somit bei Fachleuten Ärger, Wut und Hilflosigkeit auslösen - ein Thema, das im Fachdiskurs von Psychomotorik und Motologie mehr Bedeutung erhalten sollte. Amara Eckert DOI 10.2378 / mot2019.art28d