eJournals motorik 44/3

motorik
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0170-5792
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
71
2021
443

Fachbeitrag: Bewegungsaktivitäten im Alltag und motorische Basiskompetenzen im Kindergartenalter

71
2021
Jürgen Kühnis
Kathrin Bretz
Elaine Schmocker
Desirée Fahrni
Ilaria Ferrari
Christian Herrmann
Das Sammeln vielseitiger Bewegungserfahrungen und der Aufbau der motorischen Handlungsfähigkeit gelten als wichtige Entwicklungsaspekte der frühen Kindheit. Dabei repräsentieren das Spielen im Freien, Sporttreiben in der Freizeit sowie ein aktiv bewältigter Schulweg grundlegende Erfahrungsräume der Lebenswelt von Kindern. Im Rahmen der vorliegenden Querschnittstudie mit 478 Kindergartenkindern aus zwei Kantonen der Schweiz wurde überprüft, inwiefern sich aufgrund der Häufigkeit dieser Bewegungsformen relevante Unterschiede bei den motorischen Basiskompetenzen (MOBAK) nachweisen lassen. Die Analyse zeigt, dass Kinder, die ihren Schulweg aktiv bewältigten, in ihrer Freizeit häufig im Freien spielten oder sportlich aktiv waren, insgesamt über ein besseres motorisches Niveau verfügen.
7_044_2021_003_0122
Zusammenfassung / Abstract Das Sammeln vielseitiger Bewegungserfahrungen und der Aufbau der motorischen Handlungsfähigkeit gelten als wichtige Entwicklungsaspekte der frühen Kindheit. Dabei repräsentieren das Spielen im Freien, Sporttreiben in der Freizeit sowie ein aktiv bewältigter Schulweg grundlegende Erfahrungsräume der Lebenswelt von Kindern. Im Rahmen der vorliegenden Querschnittstudie mit 478 Kindergartenkindern aus zwei Kantonen der Schweiz wurde überprüft, inwiefern sich aufgrund der Häufigkeit dieser Bewegungsformen relevante Unterschiede bei den motorischen Basiskompetenzen (MOBAK) nachweisen lassen. Die Analyse zeigt, dass Kinder, die ihren Schulweg aktiv bewältigten, in ihrer Freizeit häufig im Freien spielten oder sportlich aktiv waren, insgesamt über ein besseres motorisches Niveau verfügen. Schlüsselbegriffe: Vorschule, Schulwegmobilität, Spielen im Freien, motorische Fertigkeiten, Schweiz Physical activities in everyday life and basic motor competencies in early childhood. Results from a crosssectional study in Switzerland Various movement experiences and the development of motor competencies are important developmental aspects of early childhood. Playing outdoors, sports activities during leisure time and an active way to school represent fundamental areas of experiences in the living environment of children. This cross-sectional study included 478 kindergarten children in two Swiss cantons and observed possible differences in basic motor competencies (MOBAK) based on the frequency of playing outdoors, sport activities and active commuting to school. The analysis showed that preschoolers, who actively commuted to kindergarten, often played outdoors or were active in sports, generally had a better level of motor competencies. Key words: kindergarten, commuting to school, playing outdoors, motor competencies, Switzerland [ 122 ] 3 | 2021 motorik, 44. Jg., 122-131, DOI 10.2378 / mot2021.art23d © Ernst Reinhardt Verlag [ FACHBEITRAG ] Bewegungsaktivitäten im Alltag und motorische Basiskompetenzen im Kindergartenalter Befunde einer Querschnittstudie aus der Schweiz Jürgen Kühnis, Kathrin Bretz, Eliane Schmocker, Désirée Fahrni, Ilaria Ferrari, Christian Herrmann Regelmäßige Bewegung ist ein elementarer Bestandteil der kindlichen Entwicklung und Gesundheitsförderung (Zimmer 2014; Janssen / Le- Blanc 2010; Tremblay et al. 2011). Vielseitige Spiel-, Bewegungs- und Körpererfahrungen in verschiedenen Handlungskontexten (u. a. auf dem Spielplatz, dem Schulweg, in der Bildungseinrichtung oder der Natur) ermöglichen Kindern einen Zugang zu sich selbst und ihrer räumlichen und sozialen Umwelt. In diesen unterschiedlichen Lernsettings können wichtige Primärerfahrungen gesammelt und die eigenen motorischen Möglichkeiten und Grenzen ausgelotet werden (Zimmer 2014; Lienert et al. 2016). Im Aufbau der motorischen Handlungsfähigkeit stellt das Kindergarten- und frühe Grundschulalter eine zentrale biographische Entwicklungsphase dar (Zimmer 2014; Winter / Hartmann 2015; Sudgen / Soucie 2017). Im Vorschulalter von 4-6 Jahren wird das motorische Grundrepertoire sukzessive gefestigt und erweitert. Durch regelmäßiges Üben werden Bewegungsgrundformen (wie Laufen, Springen, Werfen, Fangen, Balancieren) verbessert und mit zunehmendem Alter komplexere Bewegungsabläufe (z. B. Fahrradfahren oder Seilspringen) erlernt und automatisiert. Motorische Basiskompetenzen, verstanden als motorische Leistungsdispositionen, die sich auf spezifische An- [ 123 ] Kühnis et al. • Bewegungsaktivitäten im Alltag und motorische Basiskompetenzen 3 | 2021 forderungssituationen beziehen und erlernbar wie auch kontextabhängig sind (Herrmann et al. 2019), bilden die Grundlage für die Entwicklung höherer Kompetenzniveaus und die Teilhabe an der Sport- und Bewegungskultur (Hulteen et al. 2018). Beispielsweise kann ein Kind nur dann aktiv an Bewegungsspielen mit anderen Kindern partizipieren, wenn es über entsprechende motorische Basiskompetenzen verfügt. Für die Förderung der motorischen Entwicklung von Kindern sind vielseitige Lernumgebungen, Erprobungs- und Übungsmöglichkeiten im Lebensalltag unabdingbar (WHO 2010; Bundesamt für Sport et al. 2013; Sudgen / Soucie 2017). Das Spielen im Freien, die körperlich-aktive Bewältigung des Schulwegs und Sportaktivitäten in der Freizeit (in und außerhalb von Vereinen) stellen für die Kinder wesentliche Erfahrungsfelder für die eigenständige Erschließung von Bewegungsräumen und das Ausleben ihrer Spiel- und Bewegungsbedürfnisse dar. So zeigen Studienbefunde konsistent, dass Kinder sich mehr bewegen, wenn sie sich draußen aufhalten (Tremblay et al. 2015; Schmutz et al. 2017; Bingham et al. 2016) und einen höheren täglichen Bewegungsumfang erreichen, wenn sie ihren Schulweg aktiv zurücklegen (Faulkner et al. 2009; Larouche et al. 2014). Zudem lassen sich sowohl bezüglich der körperlichen Aktivität als auch der motorischen Kompetenz von Kindern positive Zusammenhänge mit ihrer kardiorespiratorischen Fitness und ihrem Gewichtsstatus feststellen (Janssen / LeBlanc 2010; WHO 2010; Lubans et al. 2010). Bewegung gilt nicht nur als Motor der kindlichen Entwicklung, sondern die in der Kindheit etablierten Bewegungsgewohnheiten scheinen auch in den folgenden Lebensphasen fortzubestehen (Zimmer 2014; Janssen / LeBlanc 2010; Jones et al. 2013). Die Förderung vielfältiger Bewegungsimpulse im kindlichen Alltag ist deshalb sowohl aus entwicklungspsychologischer als auch gesundheitswissenschaftlicher Perspektive sehr bedeutsam. Während für das Sportverhalten von Kindern und deren Einflussfaktoren umfangreiche Studienbefunde vorliegen (u. a. Lamprecht et al. 2015; Schmidt et al. 2008), wurden motorische Basiskompetenzen in Relation zu ausgewählten Aspekten der Alltagsaktivität (wie dem Spielen im Freien und der Schulwegmobilität) bislang kaum erforscht. Zudem wird in Schulwegstudien vor allem die Primar- und Sekundarstufe fokussiert (Larouche et al. 2014; Shaw et al. 2015; Reimers et al. 2020a). Der vorliegende Beitrag setzt an diesem Forschungsdefizit an und untersucht basierend auf einer Querschnittstudie, ob sich motorische Basiskompetenzen von Kindergartenkindern in Abhängigkeit ihrer Schulwegmobilität, der Häufigkeit des Spielens im Freien sowie der Sportaktivität in der Freizeit unterscheiden und inwiefern sich geschlechts- und altersspezifische Unterschiede ausweisen lassen. Methode Stichprobe Nach der Genehmigung der Studie durch die kantonalen Bildungsdirektionen wurden im Februar / März 2020 in den zwei Kantonen Tessin und Nidwalden die motorischen Basiskompetenzen von Kindergartenkindern untersucht. In der Schweiz ist der Kindergarten Teil der obligatorischen Schule und umfasst zwei Jahre. Das Eintrittsalter liegt bei vier Jahren. Die Volksschule ist in drei Zyklen untergliedert: der Zyklus 1 umfasst zwei Jahre Kindergarten und die ersten zwei Jahre der Primarstufe; der Zyklus 2 vier Jahre Primarstufe (3. bis 6. Klasse) und der Zyklus 3 die drei Jahre der Sekundarstufe I (7. bis 9. Klasse). Die Anfrage und Information der betreffenden Klassenlehrpersonen erfolgte in Rücksprache mit den lokalen Schulleitungen. Bei der Rekrutierung und Auswahl der Klassen wurde darauf geachtet, dass in den betreffenden Kantonen jeweils die Mehrheit der Bezirke (Kanton Tessin) bzw. der Gemeinden (Kanton Nidwalden) vertreten waren. Die freiwillige Teilnahme der Kinder setzte das schriftliche Einverständnis ihrer Eltern voraus, welche vorgängig schriftlich über die Studie informiert wurden. Kinder ohne vorliegende elterliche Zustimmung oder Kinder, die zum Erhebungszeitpunkt krank/ verletzt waren, wurden ausgeschlossen. Da für die Analyse nur Kinder berücksichtigt wurden, welche über vollständige Daten in der motorischen Testung verfügten, konnten von der Gesamtstichprobe [ 124 ] 3 | 2021 Fachbeiträge aus Theorie und Praxis mit N = 548 Kindern (M = 68.0 Monate, SD = 6.8, 50,9 % Jungen) schließlich N = 478 Kinder (M = 68.0 Monate, SD = 6.8, 50,4 % Jungen) in die Endstichprobe aufgenommen werden. Die Teilstichprobe im Kanton Tessin umfasste 36 Klassen mit N = 293 Kindern (M = 66.4 Monate, SD = 6.5, 51,2 % Jungen), die Teilstichprobe im Kanton Nidwalden 16 Klassen mit N = 185 Kindern (M = 70.6 Monate, SD = 6.4, 49,2 % Jungen). Ausgehend vom Eintrittsdatum in den Kindergarten wurden für die folgende Analyse zwei Altersgruppen für das erste Kindergartenjahr (55- 67 Monate) und zweite Kindergartenjahr (68-80 Monate) gebildet. Datenerhebung und -analyse Zur Erfassung der motorischen Basiskompetenzen wurde das MOBAK-KG-Testinstrument (Herrmann et al. 2020b) eingesetzt, mit welchem sich die Kompetenzbereiche Sich-Bewegen (4 Items) und Etwas-Bewegen (4 Items) abbilden lassen (Tab. 1). Das Instrument ermöglicht eine curricular valide und altersspezifische Kompetenzerfassung. Die Anwendungsaufgaben werden jeweils mit 0-2 Punkten (0 = nicht bestanden, 1 = teilweise erfüllt, 2 = erfüllt) bewertet, d. h. für jeden Kompetenzbereich kann auf der Basis der vier zugehörigen Testitems ein Summenwert von maximal acht Punkten und ein Gesamtscore von maximal 16 Punkten erreicht werden. Die Datenerhebung erfolgte im Klassenverband im Rahmen einer regulären Schulstunde (45 Min.). Nach einem gemeinsamen Aufwärmen wurden die acht Posten in Kleingruppen von 3-4 Kindern in Begleitung von geschulten Testleiterinnen und Testleitern absolviert. Bei jedem Posten erhielten die Kinder eine kurze Erklärung und Demonstration durch die Betreuungsperson und hatten jeweils zwei Versuche (kein Probeversuch), um die Testitems zu absolvieren. Jeder Versuch wird dichotom bewertet (0 = nicht bestanden, 1 = bestanden). Anschließend wird die Anzahl der bestandenen Versuche pro Testitem summiert (0 Punkte = kein Mal bestanden, 1-Punkt = einmal bestanden, 2 Punkte = zweimal bestanden). Ausnahme hiervon bilden die Testitems Werfen und Fangen: Hier haben Kinder je sechs Versuche und die Anzahl der erfolgreichen Versuche wird notiert. Im Anschluss werden 0-2 erfolgreiche Versuche mit 0 Punkten, 3-4 erfolgreiche Versuche mit 1 Punkt und 5-6 erfolgreiche Versuche mit 2 Punkten bewertet. Mittels eines Eltern-Fragebogens (Herrmann et al. 2020a) wurden neben soziodemographischen Merkmalen der Kinder auch die Schulwegmobilität, die Häufigkeit des Spielens im Freien und des Sporttreibens in der Freizeit erfasst. Die Fragen und Antwortkategorien lauteten: »Wie kommt Ihr Kind in der Regel zur Schule? « (Antwortkategorien: zu Fuß, mit dem Fahrrad, mit dem Kickboard, mit dem Schulbus / den öffentlichen Verkehrsmitteln, mit dem Auto), »An wie vielen Tagen pro Woche bewegt sich Ihr Kind draußen im Freien zum Spielen? « (Kodierung: 0 bis 7 Tage) und »An wie vielen Tagen pro Woche ist ihr Kind für mindestens eine halbe Stunde sportlich aktiv? « (Kodierung: 0 bis 7 Tage). Diese Variablen zu den Bewegungsaktivitäten wurden anschließend jeweils in einer dichotomen Sekundärvariable mit folgender Kodierung zusammengefasst: Bei der Schulwegmobilität wurden Kinder, die ihren Schulweg zu Fuß, mit Kickboard oder Fahrrad absolvierten, als »körperlich-aktiv« und Kinder, die zur Schule motorisiert (z. B. Transport im Auto der Eltern oder Schulbus / Bus) oder teilmotorisiert gelangten (z. B. Teilstrecke zu Fuß und Nutzung des Schulbus) als »teil-/ motorisiert« kodiert. Während die Häufigkeit des Spielens im Freien zwischen »0-3 Tage« und »4-7 Tage« unterteilt wurde, wurde die Häufigkeit der sportlichen Aktivität in der Freizeit zwischen »0-1 Tag« und »2-7 Tage« unterschieden. Sportliche Aktivität im Kindergartenalter erfolgt meist in einem formalen Lernsetting (z. B. Sportverein, Kinderturnen), bedarf einer Unterstützung eines Elternteils und findet deshalb weniger häufig statt als das informelle Spielen im Freien. Die Datenanalyse erfolgte mit SPSS (Version 24). Zur Darstellung der Ergebnisse wurden Mittelwerte und 95 %-Konfidenzintervalle berechnet. Einfaktorielle Varianzanalysen wurden verwendet, um zunächst Unterschiede zwischen den Geschlechtern und Altersgruppen sowie Kindern mit unterschiedlichen Bewegungsaktivitäten (Schulwegmobilität, Spielen im Freien, Sportaktivität in der Freizeit) zu untersuchen. Im nächsten Schritt [ 125 ] Kühnis • Bewegungsaktivitäten im Alltag und motorische Basiskompetenzen 3 | 2021 [ 125 ] Kühnis et al. • Bewegungsaktivitäten im Alltag und motorische Basiskompetenzen 3 | 2021 wurden mittels zweifaktorieller Varianzanalysen Interaktionen zwischen den Bewegungsaktivitäten, der Altersgruppe bzw. dem Geschlecht berechnet. Nach Leonhart (2017) beschreiben Effektstärken η 2 = .01 einen kleinen, η 2 = .06 einen mittleren und η 2 = .14 einen großen Effekt. Ergebnisse Schulwegmobilität, Spielen im Freien und Sportaktivität in der Freizeit Knapp 60 % der Kinder legten ihren täglichen Schulweg körperlich aktiv zurück und 40,1 % teil-/ motorisiert (Tab. 2). Zwischen den Geschlechtern konnten keine relevanten Mobilitätsunterschiede festgestellt werden. Es zeigte sich jedoch ein höherer Anteil aktiver Kinder bei den älteren Kindergartenkindern. Die Mehrheit (82,2 %) spielte (unabhängig vom Geschlecht und Alter) an vier oder mehr Tagen pro Woche im Freien. Im Durschnitt waren die Kinder an 5.3 Tagen draußen aktiv. Zudem betätigten sich 78,2 % in ihrer Freizeit (in und außerhalb von Vereinen) an zwei oder mehr Tagen pro Woche sportlich (im Durchschnitt an 3.3 Tagen), wobei ältere Kindergartenkinder häufiger sportlich aktiv waren als jüngere Kinder. Motorische Basiskompetenzen Wie die Analyse (Tab. 3) zeigt, wurden in beiden Kompetenzbereichen Sich-Bewegen und Etwas-Bewegen sowie beim Gesamtscore durchschnittlich jeweils die Hälfte der möglichen acht bzw. 16 Punkte erzielt. Während Jungen insgesamt signifikant bessere Leistungen beim Etwas-Bewegen (F = 20.0, p < .01, η 2 = .040) zeigten, erbrachten Mädchen signifikant bessere Leistungen im Sich-Bewegen (F = 7.0, p < .01, η 2 = .015). Beim Gesamtscore ergaben sich keine signifikanten Geschlechtsunterschiede (F = 0.7, p = .40, η 2 = .001). Zudem zeigte sich ein deutlicher Altersunterschied. Ältere Kindergartenkinder schnitten in allen Kompetenzbereichen besser ab als die jüngeren Kinder (Sich-Bewegen F = 26.7, p < .01, η 2 = .053; Etwas-Bewegen F = 113.0, p < .01, η 2 = .19; Gesamtscore F = 81.4, p < .01, η 2 = .14). Schulwegmobilität Kinder, die ihren täglichen Schulweg körperlich aktiv zurücklegten, erzielten beim Etwas- Bewegen (F = 12.4, p < .01, η 2 = .026) und beim Gesamtscore (F = 8.2, p < .01, η 2 = .018) signifikant bessere Werte, als Kinder die teil-/ motorisiert unterwegs waren. Beim Sich-Bewegen zeigten sich keine signifikanten Unterschiede (F = 2.3, p = .13, η 2 = .005). Die zugehörigen Effektstärken sind jedoch als klein zu bewerten. Die festgestellten Leistungsunterschiede sind unabhängig vom Geschlecht und Alter. In beiden Kompetenzbereichen sowie dem Gesamtscore konnten keine signifikanten Interaktionen in Abhängigkeit des Geschlechts (Sich-Bewegen: F = 0.3, p = .59, η 2 = .001; Etwas-Bewegen: F = 1.2, p = .28, η 2 = .003; Gesamtscore: F = 0.8, p = .37, η 2 = .002) oder des Alters der Kinder (Sich-Bewegen: F = 0.1, p= .73, η 2 = .000; Etwas-Bewegen: F = 0.1, p = .73, η 2 = .000; Gesamtscore: F = 0.0, p = .97, η 2 = .000) festgestellt werden. Kompetenzbereich Sich-Bewegen Balancieren Das Kind überquert eine umgedrehte Langbank, ohne diese zu verlassen. Rollen Das Kind führt eine Rolle vorwärts auf einer abgeschrägten Mattenbahn aus und kommt flüssig auf den Füßen zum Stand. Springen Das Kind springt kontinuierlich auf einem Bein 3,0-m nach vorne, dreht sich anschließend um und springt auf dem anderen Bein wieder zurück. Laufen Das Kind läuft innerhalb eines Korridors (0,6 x 4,0-m) vorwärts bis zu einer Wand, berührt diese mit der Hand und läuft anschließend rückwärts zurück. Kompetenzbereich Etwas-Bewegen Werfen Das Kind wirft aus 1,5-m Entfernung sechs Jonglierbälle mittels Überkopfwurf gegen eine Zielscheibe auf 1,1-m Höhe. Fangen Die Testperson lässt einen kleinen Basketball aus 1,5-m so auf den Boden fallen, dass der Ball mindestens bis auf 1,1-m nach oben springt. Das Kind fängt den Ball mit den Händen nach dem Umkehrpunkt. Prellen Das Kind prellt einen kleinen Volleyball mit beiden Händen und fängt ihn wieder, ohne dabei den Ball zu verlieren. Dribbeln Das Kind dribbelt einen Futsal (kleinen Hallenfußball) durch markierten Korridor (2,8 x 9,0 m) um zwei Schwedenkastenteile, ohne stehen zu bleiben oder den-Ball zu verlieren. Tab. 1: Kurzbeschrieb der acht Testitems [ 126 ] 3 | 2021 Fachbeiträge aus Theorie und Praxis Spielen im Freien Zudem zeigten sich motorische Leistungsunterschiede in Abhängigkeit der Häufigkeit des Spielens im Freien beim Sich-Bewegen (F = 6.6, p = .01, η 2 = .014) und beim Gesamtscore (F = 5.3, p = .02, η 2 = .011), während sich beim Etwas-Bewegen keine signifikanten Unterschiede ergaben (F = 1.8, p = .18, η 2 = .004). Die Interaktionen des Spielens im Freien mit dem Alter fielen nicht signifikant aus, d. h. dass diese Leistungsunterschiede (Sich-Bewegen: F = 3.5, p = .06, η 2 - = .008; Etwas-Bewegen: F = 0.6, p = .45, η 2 = .001; Gesamtscore: F = 0.6, p = .44, η 2 = .001) unabhängig von der Altersgruppe waren. Hingegen zeigten die signifikanten Interaktionen mit dem Geschlecht im Sich-Bewegen (F = 4.8, p = .03, η 2 = .011), Etwas-Bewegen (F = 5.4, p = .02, η 2 = .012) und im Gesamtscore (F = 6.7, p = .01, η 2 = .015), dass die Leistungsunterschiede in Abhängigkeit vom Spielen im Freien vom Geschlecht moderiert werden. So schnitten vor allem die Jungen im Sich-Bewegen schlechter ab als die Mädchen, wenn sie wenig im Freien spielen. Im Etwas-Bewegen konnten sich dagegen die Jungen, welche häufig im Freien spielen, deutlich von den Mädchen abheben. Auch im Gesamtscore zeigte sich, dass Jungen offensichtlich deutlicher vom Spielen im Freien profitieren als Mädchen (Abb. 1). Sportaktivitäten in der Freizeit Kinder, die in ihrer Freizeit sportlich aktiv sind, erzielten bessere Ergebnisse im Sich-Bewegen (F = 9.7, p < .01, η 2 = .021), Etwas-Bewegen (F = 10.2, p < .01, η 2 = .022) und im Gesamtscore (F = 13.4, p < .01, η 2 = .029). Die nicht signifikanten Interaktionen der sportlichen Aktivität mit dem Geschlecht (Sich-Bewegen: F = 2.9, p = .09, η 2 = .007; Etwas-Bewegen: F = 1.3, p = .25, η 2 = .003; Gesamtscore: F = 2.8, p = .10, η 2 = .006) und mit dem Alter (Sich-Bewegen: F = 0.2, p = .68, η 2 = .000; Etwas-Bewegen: F = 1.3, p = .25, η 2 = .003; Gesamtscore: F = 0.0, p = .99, η 2 = .000) zeigten, dass diese Unterschiede unabhängig vom Geschlecht und von der Altersgruppe bestand haben. Diskussion Die Mehrheit (60 %) der untersuchten Kindergartenkinder absolvierte ihren täglichen Schulweg Geschlecht Alter (in Monaten) Gesamt Mädchen Jungen 55-67 68-80 Schulweg körperlich-aktiv 59,9 % 60,4 % 59,4 % 54,5 % 64,2 % teil-/ motorisiert 40,1 % 39,6 % 40,6 % 45,5 % 35,8 % Spielen im Freien ≤ 3 Tage / Woche 17,8 % 18,3 % 17,3 % 16,8 % 18,7 % ≥ 4 Tage / Woche 82,2 % 81,7 % 82,7 % 83,2 % 81,3 % Tage / Woche (MW ± SD) 5.3 ± 1.7 5.3 ± 1.6 5.3 ± 1.6 5.4 ± 1.6 5.3 ± 1.6 Sportaktivität in Freizeit ≤ 1 Tag / Woche 21,8 % 18,6 % 25,0 % 29,1 % 16,1 % ≥ 2 Tage / Woche 78,2 % 81,4 % 75,0 % 70,9 % 83,9 % Tage / Woche (MW ± SD) 3.3 ± 2.1 3.4 ± 2.1 3.2 ± 2.1 3.1 ± 2.3 3.4 ± 1.9 Tab. 2: Bewegungsaktivitäten im Alltag nach Geschlecht und Alter Abb. 1: Interaktion zwischen Spielen im Freien und dem Geschlecht [ 127 ] Kühnis • Bewegungsaktivitäten im Alltag und motorische Basiskompetenzen 3 | 2021 [ 127 ] Kühnis et al. • Bewegungsaktivitäten im Alltag und motorische Basiskompetenzen 3 | 2021 körperlich aktiv. In Übereinstimmung mit anderen Studien konnten keine Unterschiede im Mobilitätsverhalten zwischen Mädchen und Jungen festgestellt werden (Reimers et al. 2020b; Kobel et al. 2019). Gemäß Befunden einer gesamtschweizerischen Erhebung des Verkehrsclubs Schweiz im Jahre 2016 bewältigten 75 % der 4-7-Jährigen ihren Schulweg aktiv (VCS 2017). Im Vergleich zu dieser nationalen Referenzstudie fällt der festgestellte Aktivitätsanteil tiefer aus; er liegt jedoch deutlich über dem aktuellen Vergleichswert der nationalen MoMo-Studie Schulwegmobilität Spielen im Freien Sport in Freizeit Gesamt teil-/ motorisiert körperlichaktiv ≤ 3 Tage / Woche ≥ 4 Tage / Woche ≤ 1 Tag / Woche ≥ 2 Tage / Woche Sich- Bewegen 4.1 [3.9; 4.3] 3.9 [3.5; 4.2] 4.2 [3.9; 4.5] 3.5 [2.9; 4.0] 4.2 [4.0; 4.4] 3.4 [3.0; 3.9] 4.3 [4.0; 4.5] Mädchen 4.4 [4.1; 4.6] 4.1 [3.6; 4.5] 4.5 [4.1; 4.9] 4.2 [3.5; 4.9] 4.4 [4.0; 4.7] 3.3 [2.7; 3.9] 4.6 [4.2; 8.9] Jungen 3.8 [3.5; 4.1] 3.7 [3.2; 4.2] 3.9 [3.5; 4.3] 2.7 [1.9; 3.5] 4.0 [3.7; 4.4] 3.6 [2.9; 4.2] 3.9 [3.6; 4.3] 55-67 M. 3.5 [3.2; 3.8] 3.4 [2.9; 3.8] 3.5 [3.1; 3.9] 2.2 [1.5; 3.0] 3.6 [3.3; 4.0] 3.1 [2.5; 3.6] 3.6 [3.2; 3.9] 68-80 M. 4.5 [4.3; 4.8] 4.4 [3.9; 4.9] 4.7 [4.3; 5.0] 4.3 [3.6; 5.0] 4.7 [4.4; 5.0] 4.0 [3.3; 4.7] 4.7 [4.4; 5.0] Etwas- Bewegen 4.2 [4.0; 4.4] 3.7 [3.4; 4.1] 4.5 [4.2; 4.7] 3.9 [3.4; 4.3] 4.2 [4.0; 4.5] 3.6 [3.2; 4.0] 4.3 [4.1; 4.6] Mädchen 3.8 [3.5; 4.1] 3.2 [2.8; 3.6] 4.1 [3.8; 4.4] 3.9 [3.4; 4.5] 3.7 [3.4; 4.0] 2.8 [2.2: 3.3] 3.9 [3.6; 4.3] Jungen 4.6 [4.4; 4.9] 4.3 [3.9; 4.7] 4.8 [4.5; 5.2] 3.8 [3.1; 4.5] 4.8 [4.5; 5.1] 4.1 [3.6; 4.7] 4.8 [4.4; 5.1] 55-67 M. 3.2 [2.9; 3.4] 2.8 [2.4; 3.1] 3.4 [3.0; 3.7] 2.9 [2.2; 3.6] 3.1 [2.8; 3.4] 2.7 [2.3; 3.1] 3.2 [2.9; 3.5] 68-80 M. 5.0 [4.8; 5.3] 4.7 [4.3; 5.2] 5.2 [4.9; 5.5] 4.6 [4.0; 5.1] 5.1 [4.9; 5.4] 4.8 [4.2; 5.3] 5.1 [4.8; 5.3] Gesamtscore 8.3 [7.9; 8.6] 7.6 [7.1; 8.2] 8.7 [8.2; 9.1] 7.3 [6.5; 8.2] 8.4 [8.0; 8.8] 7.0 [6.3; 7.7] 8.6 [8.2; 9.0] Mädchen 8.1 [7.7; 8.6] 7.2 [6.5; 8.0] 8.6 [8.0; 9.3] 8.1 [7.0; 9.3] 8.0 [7.5; 8.6] 6.0 [5.0; 7.0] 8.5 [8.0; 9.0] Jungen 8.4 [7.9; 8.9] 8.0 [7.2; 8.8] 8.7 [8.1; 9.4] 6.5 [5.1; 7.9] 8.8 [8.3; 9.4] 7.7 [6.7; 8.7] 8.7 [8.1; 9.3] 55-67 M. 6.6 [6.1; 7.1] 6.1 [5.4; 6.8] 6.8 [6.1; 7.5] 5.1 [3.9; 6.3] 6.7 [6.2; 7.3] 5.7 [4.9; 6.6] 6.8 [6.1; 7.4] 68-80 M. 9.6 [9.2; 10.0] 9.1 [8.4; 9.9] 9.9 [9.3; 10.4] 8.9 [7.8; 10.0] 9.8 [9.3; 10.3] 8.7 [7.6; 9.8] 9.8 [9.3; 10.2] Bewertung: Sich-Bewegen: 0-8 Punkte, Etwas-Bewegen: 0-8 Punkte, Gesamtscore: 0-16 Punkte Tab. 3: Mittelwerte [95 %-Konfidenzintervall] der motorischen Basiskompetenzen differenziert nach Bewegungsaktivitäten, Geschlecht und Alter der Kinder [ 128 ] 3 | 2021 Fachbeiträge aus Theorie und Praxis in Deutschland (Reimers et al. 2020b). Gemäß dieser Trendanalyse von 2003 bis 2017 zeigt sich bei Kindergartenkindern (4-5-Jährige) in Deutschland ein Rückgang der aktiven Schulwegmobilität von 59,5 % auf 43,3 %. Wenngleich in der vorliegenden Studie gezeigt werden konnte, dass Kinder mit einer aktiven Schulwegmobilität grundsätzlich über bessere motorische Basiskompetenzen verfügen, resultierte insgesamt ein geringer Effekt. Dieser Befund könnte darauf zurückzuführen sein, dass sich die motorischen Basiskompetenzen im fokussierten Kindergartenalter allmählich ausbilden und auch der Schulweg erstmals zurückgelegt wird, weshalb mögliche stärkere Effekte eventuell erst mit zunehmendem Alter in der Primarschule in Erscheinung treten. Es wäre deshalb wünschenswert, die Schulwegmobilität in einem längsschnittlichen Design zu untersuchen und neben der Fortbewegungsform zudem weitere wichtige Schulwegdaten (u. a. Distanz und Dauer des Schulwegs, Eigenständigkeit der Wegbewältigung) zu erfassen (Reimers et al. 2020a). Das Spielen im Freien scheint für Kindergartenkinder eine wichtige und häufige Bewegungsform ihres Alltags darzustellen; im Durchschnitt wurden 5.3 Tage pro Woche beim Spielen im Freien verbracht. Ähnliche Werte gehen aus der MoMo-Studie in Deutschland hervor, wonach 4-5-Jährige im Durchschnitt an 5.8 Tagen draußen beim Spielen aktiv waren (Schmidt et al. 2017). Analog zur Schulwegmobilität zeigten sich auch beim Spielen im Freien relevante Gruppenunterschiede: Kinder, welche häufig im Freien spielten, wiesen insgesamt etwas bessere motorische Basiskompetenzen auf; die ermittelte Effektstärke war jedoch auch hier klein. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Häufigkeit des Spielens im Freien (Anzahl Tage / Woche) sehr generell erfasst wurde und präzisere Angaben (z. B. zur Dauer und Intensität des Spielens) aufschlussreich wären. Ein interessanter Befund stellte jedoch die festgestellte Interaktion zwischen dem Spielen im Freien und dem Geschlecht dar. Offensichtlich scheinen die motorischen Basiskompetenzen nur bei den Jungen vom häufigen Spielen im Freien zu profitieren, wohingegen bei den Mädchen keine Leistungsunterschiede in Abhängigkeit der Häufigkeit des Draußen-Spielens gefunden werden konnten (Abb. 1). Dies könnte möglicherweise auf die sozialisationsbezogenen Inhalte des Spielens im Freien zurückgeführt werden, welche sich zum Teil zwischen den Geschlechtern unterscheiden (Siegler et al. 2011). Während Mädchen eher Fantasie- und Rollenspiele spielen, toben sich Jungen bevorzugt in Bewegungs- und Sportspielen aus (Mayer et al. 2013). Geschlechterbezogene Lerninhalte und -verläufe können sich in entsprechenden motorischen Leistungsdifferenzen widerspiegeln, wobei eben diese Leistungsdifferenzen und mögliche moderierende Effekte des Geschlechts jedoch selten thematisiert und statistisch überprüft werden (Gramespacher et al. 2020). Im Weiteren scheint die Ausbildung motorischer Basiskompetenzen von Kindern im Vorschulalter positiv mit ihrem Sporttreiben in der Freizeit (in und außerhalb von Vereinen) assoziiert zu sein. Übereinstimmend mit Referenzstudien (Barnett et al. 2016; Niemistö et al. 2020) zeigte sich auch in unserer Untersuchung, dass Kinder mit häufigerer Sportausübung bessere motorische Leistungen erbrachten. Bei der Interpretation der vorliegenden Ergebnisse ist zu beachten, dass die Aktivitätsangaben der Kinder auf den subjektiven Einschätzungen ihrer Eltern beruhen und Effekte der sozialen Erwünschtheit nicht auszuschließen sind. Da die Befunde auf Querschnittsdaten basieren, können zudem keine kausalen Zusammenhänge erklärt werden. Die Frage nach der Wirkungsrichtung bleibt deshalb unbeantwortet, soll jedoch in bereits angedachten nachfolgenden Längsschnittstudien geklärt werden. Übereinstimmend mit Befunden einer früheren MOBAK-Studie in der Kindergartenstufe (Herrmann et al. 2019) sowie anderen Referenzstudien (Niemistö et al. 2020) konnten auch in der vorliegenden Untersuchung alters- und geschlechtsspezifische Unterschiede im motorischen Leistungsniveau von 4.5-6.5-Jährigen aufgezeigt werden (Tab. 3). Ältere Kinder weisen deutlich bessere motorische Basiskompetenzen auf als jüngere Kinder. Die frühe Kindheit ist generell von einer hohen Dynamik und raschen Fortschritten in der physischen, psychischen und sozialen Entwicklung geprägt (u. a. der Verbesserung der grob- und feinmotorischen Kom- [ 129 ] Kühnis • Bewegungsaktivitäten im Alltag und motorische Basiskompetenzen 3 | 2021 [ 129 ] Kühnis et al. • Bewegungsaktivitäten im Alltag und motorische Basiskompetenzen 3 | 2021 petenz sowie der Konzentrations- und Kooperationsfähigkeit). Diese wird von anlagebedingten Wachstums- und Reifeprozessen sowie von Anregungen des sozialen und räumlichen Umfelds beeinflusst (Winter / Hartmann 2015; Zimmer 2014; Sudgen / Soucie 2017). Mit zunehmendem Alter erlangen Kinder immer mehr Bewegungssicherheit. Ebenfalls erwartungskonform und übereinstimmend mit Referenzstudien (Niemistö et al. 2020) zeigten Jungen signifikant bessere Leistungen im Umgang mit Bällen (Etwas- Bewegen), während Mädchen höhere Werte bei Ganzkörperbewegungen (Sich-Bewegen) erzielten. Diese frühen, geschlechtsspezifischen Unterschiede scheinen über das Kindes- und Jugendalter stabil zu bleiben (Barnett et al. 2016) und sind zumindest teilweise durch eine unterschiedliche sportliche Sozialisation zwischen den Geschlechtern zu erklären (Gramespacher et al. 2020; Honrubia-Montesinos et al. 2021). Im Aufbau der motorischen Handlungsfähigkeit und der Förderung von gesundheitsbezogenen Verhaltensmustern stellt das Kindergarten- und Grundschulalter eine zentrale biographische Entwicklungsphase dar (Zimmer 2014; Winter / Hartmann, 2015; Sudgen / Soucie 2017; Janssen / LeBlanc 2010; Tremblay et al. 2011). Kinder, die sich regelmäßig und mit moderater bis hoher Intensität bewegen, verfügen über bessere motorische Basiskompetenzen (Barnett et al. 2016; Xin et al. 2020). Das Spielen im Freien, das Sporttreiben in der Freizeit und der tägliche Schulweg repräsentieren (losgelöst von der in unserer Analyse festgestellten Effektstärke) wichtige Elemente der Lebenswelt und der Bewegungs- und Gesundheitsförderung von Kindern und leisten einen bedeutsamen Beitrag zur täglichen körperlichen Aktivität (Reimers et al. 2020a; Larouche et al. 2014; Tremblay et al. 2015; Schmutz et al. 2017; Bringolf-Isler et al. 2016). Im Kindergartenalltag ist es deshalb wichtig, dem Spiel-, Bewegungs- und Entdeckungsdrang von Kindern genügend Raum zu geben. »Dabei gibt das Spiel im Freien, also auf dem Außengelände des Kindergartens, aber auch bei Erkundungen der näheren Umgebung (Wald, Wiesen, Spielplätze usw.) Kindern weitaus mehr Gelegenheit, ihren Körper und ihre Sinne zu gebrauchen, als dies beim Spielen drinnen der Fall sein kann« (Zimmer 2014, 209). Neben dem familiären Umfeld sind für die Bewegungssozialisation von Kindern vor allem die räumlichen Rahmenbedingungen des Wohnumfeldes (z. B. Verfügbarkeit eines Gartens, Spielplatzes, öffentlichen Parks sowie kurze und sichere Schulwege) sehr bedeutsam, da sie die Möglichkeiten und Grenzen der Bewegungserfahrungen und damit auch die Förderung der motorischen Basiskompetenzen mitdefinieren (Baur / Burrmann 2009; Niemistö et al. 2020; Wirszing 2015; Reimers et al. 2020a). Im Kindergartenalter können Kinder in einer frühen Lebensphase erreicht werden und die vorliegenden Ergebnisse verdeutlichen, dass sich die Förderung vielfältiger Bewegungsaktivitäten im Lebensalltag (auf dem Schulweg, beim Spielen im Freien oder im Rahmen von Sportaktivitäten in der Freizeit) auch positiv auf die motorischen Basiskompetenzen auszuwirken scheint. Dies setzt für Kinder jedoch einen entsprechenden Zugang zu relevanten Bewegungsräumen und -angeboten sowie bewegungsfördernde Rahmenbedingungen voraus. Dieser Beitrag durchlief das Peer Review. Literatur Barnett, L. M., Lai, S. K., Veldman, S. L. C., Hardy, L. L., Cliff, D. P., Morgan, P. J., Zask, A., Lubans, D. R., Shultz, S. P., Ridgers, N. D., Rush, E., Brown, H. L., Okely, A. D. (2016): Correlates of gross motor competence in children and adolescents: A systematic review and meta-analysis. Sports Medicine 46 (11), 1663-1688, https: / / doi.org/ 10.1007/ s40279- 016-0495-z Baur, J., Burrmann, U. 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Arbeitsschwerpunkte: Bewegungs- und Gesundheitsförderung im Kindesalter, Bildung für eine nachhaltige Entwicklung MSc Kathrin Bretz Mitarbeiterin in der Forschungsgruppe Didaktiken Bewegung und Sport an der Pädagogischen Hochschule Zürich (PHZH). Arbeits- und Forschungsschwerpunkte: Zusammenhang zwischen motorischen Basiskompetenzen und psychosozialer Gesundheit im Kindesalter MSc Eliane Schmocker Dozentin für Sportdidaktik an der Pädagogischen Hochschule Schwyz (PHSZ) und wissenschaftliche Mitarbeiterin bei Purzelbaum Schweiz. Arbeitsschwerpunkte: Bewegungs- und Gesundheitsförderung im Kindesalter MSc Désirée Fahrni Dozentin für Allgemeine Didaktik an der Pädagogischen Hochschule Schwyz (PHSZ) und Doktorandin in Erziehungswissenschaft. Arbeitsschwerpunkte: Selbstreguliertes Lernen, Bildung von 4bis 8-jährigen Kindern Prof.in Dr. Ilaria Ferrari Professorin für Bewegungsförderung und Sportdidaktik und Dozentin an der Pädagogischen Hochschule Zürich (PHZH), Arbeitsschwerpunkte: Bewegungs- und Gesundheitsförderung im Kindes- und Jugendalter, Sport im-Lebensraum Schule Prof. Dr. habil. Christian Herrmann Professur Didaktik Bewegung und Sport mit dem Schwerpunkt Bewegungs- und Gesundheitsförderung im Kindes- und Jugendalter an der Pädagogischen Hochschule Zürich (PHZH) Anschrift Prof. Dr. Dr. Jürgen Kühnis Pädagogische Hochschule Schwyz Zaystrasse 42 CH-6410 Goldau juergen.kuehnis@phsz.ch