motorik
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0170-5792
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
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2021
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Forum Psychomotorik: Die Psychomotorische Kitadakp
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2021
Astrid Krus
Bewegung als Motor kindlicher Entwicklungs- und Bildungsprozesse ist schon seit vielen Jahren ein zentraler Bestandteil pädagogischer Arbeit in Kindertagesstätten. Die Zertifizierung als psychomotorische Einrichtung stellt dabei einen weiteren Meilenstein dar. Was beinhaltet die Zertifizierung und welchen Mehrwert hat sie für die Einrichtung? Ist es mehr als nur (mehr) Bewegung im Alltag? Die theoriebasierte Darstellung der Zertifizierungdakp sowie Erfahrungen aus der Praxis sollen eine Antwort auf diese Fragen geben.
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Zusammenfassung / Abstract Bewegung als Motor kindlicher Entwicklungs- und Bildungsprozesse ist schon seit vielen Jahren ein zentraler Bestandteil pädagogischer Arbeit in Kindertagesstätten. Die Zertifizierung als psychomotorische Einrichtung stellt dabei einen weiteren Meilenstein dar. Was beinhaltet die Zertifizierung und welchen Mehrwert hat sie für die Einrichtung? Ist es mehr als nur (mehr) Bewegung im Alltag? Die theoriebasierte Darstellung der Zertifizierung dakp sowie Erfahrungen aus der Praxis sollen eine Antwort auf diese Fragen geben. Schlüsselbegriffe: Bildungsprozesse, Bewegung, Psychomotorik, Zertifizierung, Kindertagesstätte The psychomotor kindergarten-- More than just movement? Movement as a motor of children’s development and education processes has been a central component of educational work in kindergarten for many years. The certification as a psychomotor institution represents a further milestone. What does the certification entail and which added value does it have for the institution? Is it more than just (more) movement in everyday life? The theory-based presentation of the certification as well as practical experience should provide an answer to these questions. Key words: educational processes, movement, psychomotor skills, certification, kindergarten [ 166 ] 4 | 2021 motorik, 44. Jg., 166-172, DOI 10.2378 / mot2021.art31d © Ernst Reinhardt Verlag [ FORUM PSYCHOMOTORIK ] Die Psychomotorische Kita dakp Mehr als nur Bewegung? Astrid Krus Kindertagesstätten haben die Aufgabe, die Entwicklung der Kinder zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu fördern und dabei die Erziehung und Bildung in der Familie zu ergänzen. Pädagogische Fachkräfte sind gefordert, Bildungs- und Entwicklungsräume zu schaffen, die den Kindern die Auseinandersetzung und Erschließung der Umwelt ermöglichen. Der Bewegung wird dabei eine zentrale Rolle zugeschrieben, was sich auch in den aktuellen Bildungsplänen der Bundesländer widerspiegelt, in denen Bewegung als Querschnittsthema und eigenständiger Bildungsbereich definiert wird (Bahr 2017). Psychomotorisch geschulten pädagogischen Fachkräften war es zunehmend ein Anliegen, die Bedeutung der Psychomotorik für Entwicklungs- und Bildungsprozesse auch nach außen hin publik zu machen und traten an die Deutsche Akademie - Aktionskreis Psychomotorik (dakp) mit dem Wunsch heran, eine Zertifizierung als psychomotorische Kindertagesstätte zu initiieren. Die Überzeugung, dass mit der Psychomotorik nicht nur ein Bildungsbereich unterstützt wird, sondern die gesamte pädagogische Arbeit mit Kindern, Eltern, dem Team und im Netzwerk eine neue Ausrichtung erfährt, führte 2018 zu der Entscheidung der dakp, die Zertifizierung »Psychomotorische Kita dakp « zu etablieren. Was zeichnet die Zertifizierung aus und weitaus wichtiger, wie verändert und beeinflusst sie die Arbeit im pädagogischen Alltag? Konzeptionelle Vorüberlegungen Ausgangspunkt war das Grundverständnis, dass psychomotorisches Arbeiten in der Kinder- [ 167 ] Krus • Die Psychomotorische Kita dakp 4 | 2021 tagesstätte nicht nur als eine »spezielle Form« von Bewegungsangeboten zu verstehen ist, sondern in allen Handlungsfeldern der pädagogischen Arbeit wirksam wird. Die Handlungsfelder (Abb. 1) beschreiben »das typische, wiederkehrende Tätigkeitsspektrum des pädagogischen Alltags, dessen Handlungsanforderungen und Aufgaben die frühpädagogischen Fachkräfte professionell und kompetent handhaben und bewältigen müssen« (Schneider et al. 2015, 80). Abb. 1: Handlungsfelder der pädagogischen Arbeit Ziel der Zertifizierung ist es, die Fachkräfte zu befähigen, psychomotorische Prinzipien in allen Handlungsfeldern anzuwenden und umzusetzen. Die Entwicklung des Konzepts der Zertifizierung wurde von zwei Fragen geleitet: Welche Kompetenzen benötigen die pädagogischen Fachkräfte und wie gelingt die Umsetzung psychomotorischer Arbeit innerhalb eines Teams mit bewegungsaffinen und weniger bewegungsaffinen KollegInnen? Handlungskompetenz der Fachkräfte Untersuchungen des Verbundforschungsprojekts Bewegung in der frühen Kindheit (Fischer et al. 2016) belegen, dass nicht alleine der Wille, Psychomotorik in den Alltag zu integrieren oder die Verschriftlichung in den Bildungsplänen und Konzeptionen der Einrichtung sowie angemessene räumliche Ausstattungen ausreichen, um psychomotorisches Denken und Handeln in entsprechender Qualität im pädagogischen Alltag umzusetzen. Der Transfer in die Erziehungs- und Bildungsarbeit wird primär von der Kompetenz der Fachkräfte bestimmt. Als Grundlage kompetenten, psychomotorischen Handelns im Kontext der Kindertagesstätte gelten die Selbsterfahrung, der Erwerb des Fachwissens, die Reflexion bewegungsspezifischen Fachwissens sowie die Reflexion persönlicher (biografischer) Selbsterfahrung von Bewegung, die »als bedeutsamer Baustein für eine professionelle Bewegungspraxis in der Kita betrachtet werden [kann]« (Böcker-Giannini / Stahl von Zabern 2016, 197). Die Übereinstimmung mit den Inhalten der jeweiligen pädagogischen Konzeption ist eine weitere Moderatorvariable, welche die Implementierung psychomotorischen Denkens und Handelns nachhaltig unterstützt oder hemmt. Den Zusammenhang zwischen den biografisch geprägten Bewegungsmotiven und dem Bildungsverständnis und der daraus resultierenden Gestaltung von Bildungsprozessen verdeutlicht Graul-Mayr (2020). Im Rahmen ihrer Forschungsarbeit konnte sie darlegen, dass Fachkräfte, die über umfangreiche (positive) Bewegungserfahrungen und Bewegungssicherheit verfügen, »das Thema Bewegung in ihr professionelles Handeln und somit in ihr Bildungsverständnis« (Graul-Mayr 2020, 235) integrieren. Das Bildungsverständnis ist dann primär vom Kind als Akteur und Entdecker, dem Prozess der Selbstbildung geprägt. Transfer in die Praxis Ein gelungener Transfer in die Praxis muss unter den Perspektiven der Einbindung in die bestehenden organisationalen und strukturellen Bedingungen der Einrichtung, der Akzeptanz und Anerkennung im Team sowie der positiven Haltung der Eltern betrachtet werden. Um einrichtungsübergreifend die pädagogische Arbeit zu verändern und psychomotorische Impulse umzusetzen, ist eine hausinterne Teamfortbildung die geeignete Form. In einer Metaanalyse arbeiteten Egert et al. (2017) vier zentrale Wirkmechanismen von Weiterbildungen zur Qualitätssteigerung heraus: die Unterstützung vor Ort durch Coaching, Supervision und Mentoring [ 168 ] 4 | 2021 Forum Psychomotorik (on-site support), das anwendungsbezogene Training, das Video-Feedback bzw. die Video Reflexion und der Einsatz von Qualitätsprofilen. Inhouse Veranstaltungen, die sowohl das anwendungsbezogene Training wie das Mentoring umfassen, bieten durch die unmittelbare Einbindung in den beruflichen Alltag der TeilnehmerInnen die Möglichkeit, theoretisches Wissen anhand praktischer Beispiele aus der Institution direkt umzusetzen. Eine längerfristig angelegte, mehrteilige Weiterbildung mit performanzorientierten Aufgaben, bei der das Gelernte in der Praxis zwischen den Einheiten angewendet wird, eröffnet Optionen, Fragen und Stolpersteine des Transfers unmittelbar aufzugreifen. Dabei können institutionsinterne Probleme diskutiert werden und alle Teammitglieder erwerben den gleichen Wissensstand und vergleichbare Kompetenzen, was eine vertiefte Einbindung in die konzeptionelle Arbeit eröffnet. Die Individualisierung des Weiterbildungsformats hat sich dabei als fünfter, übergeordneter Wirkmechanismus herauskristallisiert und unterstützt die Forderung nach einer verstärkten TeilnehmerInnenzentrierung mit individueller Kompetenzerfassung (Krus 2016, 96ff ). Zertifizierung Psychomotorische Kita dakp Auf der Basis der konzeptionellen Vorüberlegungen wurde die Zertifizierung entwickelt, welche die vorangegangenen Aspekte sowie die Spezifik der jeweiligen Einrichtung in Bezug auf den pädagogischen Ansatz, die Zielgruppe und die Rahmenbedingungen sowie die Kompetenzen der MitarbeiterInnen berücksichtigt. Bei Interesse an der Zertifizierung erhält die Einrichtung eine Checkliste zu einrichtungs- und themenbezogenen Angaben sowie einen Kostenplan. Die Checkliste dient in Form einer Selbstevaluation der Eigenkontrolle, die Voraussetzungen für das Qualitätssiegel zu prüfen. Die Checkliste ist in die fünf Handlungsfelder (Kind / Gruppe, Eltern / Familie, Team, Raum, Netzwerk) aufgeteilt und jede Kategorie enthält Maßnahmen, die im Kita-Alltag umzusetzen sind. In seiner fachlich-inhaltlichen Ausrichtung orientiert sich die Checkliste am Qualitätssiegel Bewegungskita RLP (Aktionsbündnis Bewegungskindergarten Rheinland-Pfalz 2011), das bereits psychomotorisch ausgerichtet ist und am Qualifikationsprofil Bewegung für Fachkräfte (Schneider et al. 2015). Voraussetzung für die Teilnahme an der Zertifizierung ist, dass eine Fachkraft über eine grundständige psychomotorische Qualifikation (Berufsqualifikation Psychomotorik dakp / Ausbildung Motopädie o. ä.) verfügt, bei Einrichtungen ab 75 Kindern müssen es zwei Fachkräfte sein. Zur Vorbereitung auf den Erstkontakt mit der begleitenden Moderation erhält die Einrichtung einen Fragebogen, der die MitarbeiterInnen dazu anregen soll, sich mit den eigenen Zielen, Bedarfen und Wünschen für die Zertifizierung als psychomotorische Kita auseinanderzusetzen, aber auch vorhandene Bedenken und Sorgen transparent zu machen. In einem zweistündigen Beratungstermin werden zunächst mit der Einrichtungsleitung die Themen für die weitere Qualifizierung des gesamten Teams ab- Abb. 2: Zertifizierung Psychomotorische Kita dakp Die Zertifizierung als psychomotorische Kita hat sich auf alle Beteiligten positiv ausgewirkt. [ 169 ] Krus • Die Psychomotorische Kita 4 | 2021 [ 169 ] Krus • Die Psychomotorische Kita dakp 4 | 2021 gestimmt. Dabei werden sowohl die inhaltliche Ausgestaltung in Bezug auf die Handlungsfelder, die Realisierung im Kontext des bestehenden pädagogischen Ansatzes und der Einrichtungskonzeption als auch der Umgang mit möglichen Widerständen und Ängsten der MitarbeiterInnen thematisiert. Die gesamte Qualifizierung umfasst 80 Unterrichtseinheiten (Abb. 2), die nach den Bedarfen und Interessen der jeweiligen Einrichtung prozessorientiert ausgestaltet und in einem institutionsbezogenen Zeitplan umgesetzt werden. Der Qualifizierungsprozess beginnt mit dem Grundlagenmodul, bei dem die TeilnehmerInnenzentrierung mit individueller Kompetenzerfassung im Vordergrund steht. Die Individualisierung des Weiterbildungsformats bietet die Möglichkeit neben der psychomotorischen Selbsterfahrung, biografische Reflexionsprozesse anzuregen, welche den Transfer des Gelernten in die Praxis bestimmen. Darüber hinaus werden exemplarische Arrangements von psychomotorischen Angeboten mit den Teilnehmenden der Weiterbildung (anwendungsbezogenes Training) erarbeitet, die anschließend durch die Reflexion der Anwesenden auf ihre Nutzung durch die Kinder betrachtet werden. Stolpersteine können herausgefiltert und mittels kreativer Lösungsmöglichkeiten »aus dem Weg geräumt« werden. Ergänzend zu den Präsenzmodulen erhält das Team in Absprache mit der Moderation Übergangsaufgaben, die den Transferprozess unterstützen. Die Begleitung der Zertifizierung durch eine Moderation gewährleistet, dass sich Inhalte und Umsetzung im Prozess entwickeln und den individuellen Bedarfen und Bedürfnissen anpassen. Aus den vier Handlungsfeldern Kind / Gruppe, Eltern / Familie, Netzwerk und Raum wählt das Team diejenigen Schwerpunkte im Umfang von 48 UE aus, die es für die Arbeit benötigt. Die Perspektive Team wird in der gesamten Qualifizierung als Querschnittsthema aufgegriffen. Nachdem die teaminternen Reflexionsaufgaben bearbeitet und Module im Umfang von 64 Unterrichtseinheiten Präsenz erfüllt sind, erfolgt die Zertifizierung als Psychomotorische Kita dakp . Erfahrungen einer zertifizierten Kindertagesstätte Die AWO Kindertagesstätte Herterichweg in Rothenburg, die 50 Kindergartenkinder im Alter von 2,5 Jahren bis zum Schuleintritt und 24 Krippenkinder im Alter von 1 bis 3 Jahren betreut, hat sich 2019 auf den Weg gemacht, die pädagogische Arbeit, bei der die Bedürfnisorientierung und die Partizipation der Kinder im Vordergrund steht, psychomotorisch zu gestalten und sich als psychomotorische Kita zertifizieren zu lassen. Die Leiterin der Kindertagesstätte, Corinna Ehrmann, Erzieherin und Motopädagogin dakp im Arbeitsfeld Kinder- und Jugendhilfe, hat diesen Prozess aktiv initiiert und ihr Team motiviert, die Erziehungs- und Bildungsarbeit unter psycho- Abb. 3: Fragen zu Prozessbeginn Abb. 4: Das Team macht sich auf den Weg (Fotos: Carolina Ebert) [ 170 ] 4 | 2021 Forum Psychomotorik motorischer Perspektive neu zu gestalten. Wie sie im persönlichen Gespräch berichtete, gab es zu Beginn des Prozesses im Team viele Fragen und auch Unsicherheiten (Abb. 3 und 4), die im weiteren Verlauf dazu führten, dass sich das Team neu gefunden hat. Wie bereichernd und erfolgreich das Team die gesamte Zertifizierung für sich selbst und die pädagogische Arbeit erlebt hat, veranschaulichen nicht nur die Aufnahmen, die die Zusammenarbeit der Mitarbeiterinnen (Abb. 5) widerspiegeln, sondern auch der Stolz und die Zufriedenheit mit dem Entwicklungsprozess und den Impulsen für die pädagogische Arbeit nach Abschluss der Qualifizierung (Abb. 6). Die Abschlussreflexion verdeutlicht, dass sich die psychomotorische Denk- und Handlungsweise auf verschiedenen Ebenen entfaltet hat. Die pädagogischen Fachkräfte- - als entscheidende Moderatorvariable in diesem Prozess-- haben nicht nur neues Handwerkszeug mitgenommen, sondern insbesondere die professionelle Haltung, im »Sinne von handlungsleitenden (ethisch-moralischen) Wertorientierungen, Normen, Deutungsmustern und Einstellungen« (Nentwig-Gesemann et al. 2011, 10), wurde nachhaltig beeinflusst: Die Veränderungen in der professionellen Haltung und Arbeitsweise werden auch im pädagogischen Alltag deutlich: Sehr markant beschreibt das nachfolgende Zitat die sehr enge Verbindung zwischen dem eigenen Bewegungsverständnis und der Bildungsarbeit: Die gemeinsamen (Bewegungs-)Erfahrungen und die Reflexion prägen nicht nur den Einzelnen, sondern auch das Team hat im Laufe der Zertifizierung einen Prozess durchlaufen, der sich positiv auf das Arbeitsklima auswirkt: Die Orientierung an den Ressourcen und Bedürfnissen als Basis gelungener Entwicklungs- und Bildungsprozesse hat sich in gleichem Maße bei den Fachkräften etabliert. Unter dem »Ich bin selbstbewusster geworden und bringe mich mehr ein.« »Die Qualifizierung hat mir sehr viel Spaß gemacht, ich habe eine andere Sicht auf die Kinder. Nicht nur für die Arbeit mit den Kindern ist es wertvoll, sondern ich habe auch viel über mich und meine Sicht auf die Welt gelernt.« »Meine pädagogische Haltung hat sich stark verändert. Ich schaue nach den Stärken der Kinder, traue ihnen mehr zu, greife nicht mehr sofort ein, lass’ die Kinder machen und begleite sie bei dem, was sie gerade interessiert, unterstütze sie, aber ›hebe‹ sie nirgends hoch.« »Um ehrlich zu sein habe ich mich selbst neu kennengelernt und entdecke mich und die Kinder täglich neu. Durch die vielfältigen Möglichkeiten des ganzheitlichen Erlebens wird man manchmal wieder selbst Kind und lässt sich von den Kindern inspirieren.« »Die Kinder sind kreativer geworden, es ist eine ruhigere und ausgeglichenere Atmosphäre, die Bewegungsfreude wurde gestärkt, die Kinder lernen untereinander und es gibt eine höhere Kontaktfreudigkeit unter den verschiedenen Altersgruppen.« »Ich finde die Kinder sind stärker, selbstbewusster und widerstandsfähiger geworden und im ständigen Austausch miteinander. Sie lernen durch das Spielen und finden gemeinsam neue Möglichkeiten und Lösungen.« »…, wir waren sowieso auf dem Weg unsere Einrichtung zu öffnen und bedürfnisorientiert zu arbeiten. Da passt die Psychomotorik perfekt dazu, beides setzt an den Kindern und ihren Stärken und Bedürfnissen an.« »Besserer Zusammenhalt im Team, mehr Austausch, ein gemeinsames Ziel.« »Alle ziehen mehr an einem Strang und es gibt eine bessere Aufgabenverteilung.« »Im Prozess der Fortbildung sind viele von uns über sich hinausgewachsen und können nun mit ihrer Stärke den Kindern sowie den Kollegen ein gutes Vorbild sein.« [ 171 ] Krus • Die Psychomotorische Kita 4 | 2021 [ 171 ] Krus • Die Psychomotorische Kita dakp 4 | 2021 Abb. 6: Ziel erreicht Abb. 5: Das Team arbeitet Hand in Hand Aspekt der Gesundheitsförderung scheint sich insbesondere das Verhältnis von vorhandenen Kompetenzen und Anforderungen im Berufsalltag nivelliert zu haben (»bessere Aufgabenverteilung«). Die veränderte Handlungspraxis und Angebotsstruktur in der (bewegungs-)pädagogischen Arbeit hat Auswirkungen auf den pädagogischen Alltag mit den Kindern und ist daher auch für die Zusammenarbeit mit den Eltern von Interesse. Die Qualifizierung offeriert nicht nur neue Zugänge und Angebotsformen im Rahmen der Erziehungspartnerschaft, sondern verändert auch das eigene professionelle Selbstverständnis und die Zusammenarbeit: Die professionelle pädagogische Arbeit innerhalb der Einrichtung hat sich im Prozess der Zertifizierung nachhaltig entwickelt, dennoch bleiben auch Aufgaben und Herausforderungen bestehen, die sich insbesondere in der für die Bildungsarbeit wichtigen Netzwerkarbeit zeigen: Die Rückmeldungen der Mitarbeiterinnen der Kita Herterichweg in Rothenburg, die mir dankenswerter Weise für diesen Beitrag zur Verfügung gestellt wurden, beantworten sehr nachdrücklich die eingangs formulierte Frage »Psychomotorische Kita- - Mehr als nur Bewegung? «. Viele neue Bewegungsanregungen wurden in der Praxis umgesetzt, Innenwie Außenräume bewegungsorientiert verändert. Weitaus bedeutsamer und in der Wirkung nachhaltiger erscheinen aber die individuellen Entwicklungs- und Professionalisierungsprozesse der Teilnehmerinnen, die sich positiv auf die pädagogische Arbeit und damit auf die Persönlichkeitsentwicklung der Kinder auswirken, aber auch die Zufriedenheit und die Selbstwirksamkeit jeder einzelnen Fachkraft beeinflussen. Corinna Ehrmann, die als Leitung eine zentrale Rolle in dem beschrittenen Weg innehat, fasst dies sehr pointiert zusammen: »Es zeigt mir, trotz aller Probleme und Stress im Alltag, wie viel diese Qualifizierung mit jedem einzelnen meiner Mitarbeiter gemacht hat. Ich bin so froh, den Weg mit dem Team gegangen »Bewegte Elemente werden in die Elternabende eingebaut, Elternabende finden anders statt, Eltern werden miteinbezogen, es spricht nicht nur die Leitung oder das pädagogische Personal.« »Auch in der Elternarbeit sind wir offener, bewegter und flexibler sowie widerstandsfähiger geworden.« »Die [Arbeit im Netzwerk] ist im Moment leider noch schwierig. Wir müssen uns teilweise verteidigen, warum wir so arbeiten (Schule, andere Einrichtungen).« »Es ist ein schwieriger Weg, der aber erste Früchte trägt.« [ 172 ] 4 | 2021 Forum Psychomotorik zu sein. Es wirkt sich auf alle Beteiligten positiv aus.« Literatur Aktionsbündnis Bewegungskindergarten Rheinland- Pfalz (Hrsg.) (2011): Der Bewegungskindergarten Rheinland-Pfalz. Kriterienkatalog zum Qualitätssiegel. Mainz. In: https: / / kinderrechte.rlp.de/ fileadmin/ kinderrechte/ Materialien/ Entwicklungund-Gesundheit/ Bewegung/ Kriterienkatalog_Be wegungskindergarten.pdf, 26.04.2021 Bahr, S. (2017): »Ein bewegter Übergang«. Eine empirische Untersuchung zur Bedeutung von Bewegung für die Unterstützung des Transitionsprozesses Kita-Grundschule. Dissertation, Universität zu Köln Böcker-Giannini, N., Stahl von Zabern, J. (2016): Die eigene Bewegungsbiografie verstehen. In: Fischer, K., Hölter, G., Beudels, W., Jasmund, C., Krus, A., Kuhlenkamp, S. (Hrsg.): Bewegung in der frühen Kindheit- - Fachanalyse und Ergebnisse zur Aus- und Weiterbildung von Fach- und Lehrkräften im Themenfeld Bewegung und Körperlichkeit in der Kindheitspädagogik. Springer VS, Wiesbaden, 189-202,https: / / doi.org/ 10.1007/ 978-3-658-05116- 7_13 Egert, F., Eckhardt, A., Fukkink, R. (2017): Zentrale Wirkmechanismen von Weiterbildungen zur Qualitätssteigerung in Kindertagesstätten. Frühe Bildung 6 (2), 58-66, https: / / doi.org/ 10.1026/ 2191- 9186/ a000309 Fischer, K., Hölter, G., Beudels, W., Jasmund, C., Krus, A., Kuhlenkamp, S. (Hrsg.) (2016): Bewegung in der frühen Kindheit. Fachanalyse und Ergebnisse zur Aus- und Weiterbildung von Fach- und Lehrkräften im Themenfeld Bewegung und Körperlichkeit in der Kindheitspädagogik. Springer VS, Wiesbaden, https: / / doi.org/ 10.1007/ 978-3-658-05116-7 Graul-Mayr, P. (2020): Analyse des Bildungsbereiches Bewegung und frühpädagogischen Bildungsverständnisses im Hinblick auf das professionelle Handeln frühpädagogischer Fachkräfte-- eine empirische Untersuchung in Einzelfallbetrachtungen. Dissertation, Universität zu Köln Krus, A. (2016): Qualifikationsprofil Bewegung für Lehrkräfte. Bewegung lehren und in Bewegung lernen. Springer VS, Wiesbaden Nentwig-Gesemann, I., Fröhlich-Gildhoff, K., Harms, H., Richter, S. (2011): Professionelle Haltung- - Identität der Fachkraft für die Arbeit mit Kindern in den ersten drei Lebensjahren. WIFF Expertise 24.-Deutsches Jugendinstitut e. V., München Schneider, J., Kopic, A., Jasmund, C. (2015): Qualifikationsprofil »Bewegung in der frühen Kindheit«-- Was frühpädagogische Fachkräfte wissen, können und tun sollten. Springer VS, Wiesbaden, https: / / doi.org/ 10.1007/ 978-3-658-05114-3 Die Autorin Astrid Krus Diplom-Motologin, Professorin für das Lehrgebiet Kindheitspädagogik an der Hochschule Niederrhein, Vorstandsmitglied dakp Anschrift Prof.in Dr. Astrid Krus Hochschule Niederrhein Richard-Wagner-Str. 101 D-41065 Mönchengladbach astrid.krus@hs-niederrhein.de
