motorik
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0170-5792
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
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2021
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Medien & Materialien: Rezensionen Zimmer
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2021
Wolfgang Beudels
Mit MotorikPlus steht pädagogischen Fachkräften ein Instrument zur systematischen Beobachtung individueller motorischer, sensorischer, emotionaler, sozialer und kognitiver Kompetenzen von Kindern zwischen ein und sechs Jahren zur Verfügung. Grundlage des Verfahrens ist ein auf einem anthropologischen Menschenbild gründendes Erziehungs- und Bildungsverständnis, das »Bewegung als elementare Handlungs- und Ausdrucksform ins Zentrum der pädagogischen Arbeit stellt« (11) und die enge Verbindung »mit der körperlich-motorischen Entwicklung und ebenso mit der sprachlichen, sozial-emotionalen und kognitiven Entwicklung« (11) sieht. Es umfasst die Selbstbildungsprozesse des Kindes, betont aber auch, dass Bildung ein ko-konstruktives Geschehen von Kindern mit Kindern und Erwachsenen ist und ebenso einer gestalteten Umgebung bedarf, »die dem Kind die Erweiterung seiner Handlungsmöglichkeiten und die Chance für sinnvolles Handeln erlaubt«
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[ 193 ] Medien & Materialien 4 | 2021 Zimmer, Renate: MotorikPlus. Beobachtung psychomotorischer Kompetenzen von Kindern im Alltag von Kindertageseinrichtungen. Herder, Freiburg i. B., 2021, €-20,00-(D) (Manual) Mit MotorikPlus steht pädagogischen Fachkräften ein Instrument zur systematischen Beobachtung individueller motorischer, sensorischer, emotionaler, sozialer und kognitiver Kompetenzen von Kindern zwischen ein und sechs Jahren zur Verfügung. Grundlage des Verfahrens ist ein auf einem anthropologischen Menschenbild gründendes Erziehungs- und Bildungsverständnis, das »Bewegung als elementare Handlungs- und Ausdrucksform ins Zentrum der pädagogischen Arbeit stellt« (11) und die enge Verbindung »mit der körperlich-motorischen Entwicklung und ebenso mit der sprachlichen, sozialemotionalen und kognitiven Entwicklung« (11) sieht. Es umfasst die Selbstbildungsprozesse des Kindes, betont aber auch, dass Bildung ein ko-konstruktives Geschehen von Kindern mit Kindern und Erwachsenen ist und ebenso einer gestalteten Umgebung bedarf, »die dem Kind die Erweiterung seiner Handlungsmöglichkeiten und die- Chance für sinnvolles Handeln erlaubt« (11). »Systematische Beobachtung«- wird verstanden als eine Kombination aus Beobachtungen des Kindes in Alltagssituationen sowie in durch pädagogische Fachkräfte strukturierten Bewegungsanlässen. Es sollen Kompetenzen entdeckt und u. U. Schwierigkeiten erkannt werden, die sich in einer offen angelegten Beobachtung kaum oder gar nicht zeigen, da Kinder im freien Spiel evtl. Situationen meiden, »deren Anforderungen sie sich nicht gewachsen fühlen« (28). Trotz standardisierter Durchführung wird »auf eine künstliche ›Test‹-Situation verzichtet« (28), um individuelle Kompetenzen in »authentischen Situationen«, in denen das Kind gerne (inter-)agiert, zu erfassen. Durch wiederholte Beobachtungen werden erreichte Entwicklungsschritte und -potenziale dokumentiert, die der Ableitung von Angeboten zur Unterstützung des (individuellen) Bildungsprozesses dienlich sein können. Zu den Kompetenzbereichen wurden, getrennt nach Kindern unter und über drei Jahre, Items im Sinne praktischer Beobachtungsaufgaben formuliert: »Motorische Kompetenzen«, »Sensorische Kompetenzen« und »Emotionale, soziale und kognitive Fähigkeiten« (sog. »Plus-Kompetenzen«). Empfohlen wird eine einmal jährliche vierwöchige Beobachtung des Kindes über einen Zeitraum von drei Jahren, sofern eine Beeinträchtigung des Kindes vorliegt, zweimal jährlich. Weitere Beobachtungszeitpunkte können hinzugefügt werden. Beobachtungen in unterschiedlichen Situationen über vier Wochen sollen eine zu globale Einschätzung, aber auch die Über- oder Falschbewertung einer isolierten Situation vermeiden. Die Auswertung erfolgt sowohl qualitativ als auch quantitativ. Die qualitative Auswertung dient der Sammlung und »Gesamtsichtung« individueller Kompetenzen und Interessen, soll aber auch Aufschluss darüber geben, in welchen Situationen und warum ein Kind u. U. bestimmten Anforderungen aus dem Wege geht. Dazu werden handschriftlich Kommentare zu den jeweiligen Items eingefügt. Übergreifendes Ziel ist die Ableitung individuell ausgerichteter pädagogischer Angebote. Die quantitative Auswertung erlaubt einen Vergleich der bei einem Kind beobachteten Kompetenzen mit Kindern gleichen Alters. Die Normierung gründet auf Beobachtungen von 490 Kindern im Alter von 1; 0 bis 6; 11 Jahren. Aus den Summen der Rohwerte eines Items lassen sich T-Werte ableiten, die eine entsprechende Interpretation (»überdurchschnittlich«, »durchschnittlich«, »unterdurchschnittlich«) zulassen. Das Verfahren folgt in seiner Philosophie stringent den Gedanken der sog. »Förderdiagnostik«. Dies belegen u. a. der ressourcenorientierte Blick auf das Kind, die große Flexibilität in der Umsetzung und die spielerisch-dialogische Durchführung in den jeweiligen Beobachtungssituationen. Unverzichtbare Voraussetzungen für die Anwendung sind allerdings eine gründliche Einarbeitung in dieses Verfahren und eine verbindliche organisatorische Einbindung in den Kita-Alltag. Wolfgang Beudels DOI 10.2378 / mot2021.art38d
