eJournals Motorik 45/2

Motorik
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0170-5792
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
41
2022
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Forum Psychomotorik: Ferien mit Schwung

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2022
Alexandra Kremer
Helga Thaler
Im folgenden Beitrag wird das Konzept einer motopädagogischen Familienwoche beschrieben. In dieser Urlaubswoche werden Familien mit Kindern im Alter von 2 bis 14 Jahren über das Medium Bewegung begleitet. Ziel ist es, emotionale, soziale und körperliche Erfahrungen zu ermöglichen, Handlungskompetenzen der TeilnehmerInnen zu erweitern und familiäre Beziehungen zu stärken. Im Mittelpunkt stehen die Familie sowie die Menschen in diesen Familien.
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Zusammenfassung / Abstract Im folgenden Beitrag wird das Konzept einer motopädagogischen Familienwoche beschrieben. In dieser Urlaubswoche werden Familien mit Kindern im Alter von 2 bis 14 Jahren über das Medium Bewegung begleitet. Ziel ist es, emotionale, soziale und körperliche Erfahrungen zu ermöglichen, Handlungskompetenzen der TeilnehmerInnen zu erweitern und familiäre Beziehungen zu stärken. Im Mittelpunkt stehen die Familie sowie die Menschen in diesen Familien. Schlüsselbegriffe: Bewegung, Entwicklung, Familie, Gruppendynamik, Motopädagogik, psychomotorische Entwicklungsbegleitung, Selbstwirksamkeit Ferien mit Schwung. A psychomotor vacation week for families The following article describes the concept of a psychomotor family week. During this holiday week families with children between the ages of 2 and 14 are supported through exercise. Our aim is to enable emotional, social and physical experiences, to expand the participantsʼ skills and to strengthen family relationships. The focus is on the family and the family members themselves. Key words: Movement, development, family, group dynamic, psychomotricity, psychomotor support of development, self-efficacy [ 61 ] [ FORUM PSYCHOMOTORIK ] motorik, 45. Jg., 61-67, DOI 10.2378 / mot2022.art12d © Ernst Reinhardt Verlag 2 | 2022 Ferien mit Schwung Eine motopädagogische Urlaubswoche für Familien Alexandra Kremer, Helga Thaler In diesem Artikel verwenden wir den Begriff Motopädagogik, da sich dieser in Österreich seit Mitte der 1990er Jahre etabliert hat und »Ferien mit Schwung« ein österreichisches Angebot ist (Abb.-1). Abb.1: Ferien mit Schwung (Alle Fotos: Alexandra Kremer) Die Erfahrungen, von denen wir nachfolgend berichten, sammelten wir in den »Ferien mit Schwung« Wochen, die seit dem Jahr 2005 über den Aktionskreis Motopädagogik Österreich (akmö) organisiert werden. Der akmö ist ein gemeinnütziger Verein, der sich mit der Bedeutung von Bewegung für Menschen in jedem Lebensalter beschäftigt. Es werden Bewegungsgruppen, Seminare, bewegte Familiensonntage, Feriencamps und bewegte Ferienwochen für die ganze Familie organisiert. Ziel ist es, über Bewegung Menschen mit ihren individuellen Bedürfnissen in ihrer Entwicklung zu begleiten (akmö 2021). Die »Ferien mit Schwung« Woche findet in einem Bundessport- und Freizeitzentrum in der Steiermark in Österreich statt. Der Urlaub richtet sich an Familien mit Kindern im Alter zwischen 2 und 14 Jahren. Wir sehen Familie als erweiterten Begriff nach folgenden Kriterien: es besteht mindestens eine Generationsbeziehung und diese umfasst ein besonderes Verbundenheitsgefühl (Nave-Herz 2013, 36ff ). So kann sich ein Familiensystem aus Großmutter mit Enkelkind, Vater mit zwei [ 62 ] 2 | 2022 Forum Psychomotorik und Thomas Schätz zurück. Spontan entstand die Idee einer motopädagogischen Urlaubswoche für Familien, die im Jahr 2005 im Jugend- und Familiengästehaus Gnas in der Steiermark das erste Mal mit fünf Familien durchgeführt wurde. Diese Woche stellte den Beginn dar und wird seither jährlich angeboten (Abb.-2). Abb.-2: Treffpunkt Werkstatt Thomas Schätz verdeutlichte in einem persönlichen Gespräch die Atmosphäre des Angebotes: Die ersten Jahre wären sehr familiär gewesen. Die Eltern hätten erzählt, dass es ihren Kindern in der Woche sehr gut ergangen wäre und sie eine feine Zeit miteinander erlebt hätten. Thomas Schätz berichtete uns weiter, dass es oftmals sehr berührende Situationen gegeben hätte. Die Eltern wären erstaunt und sehr bewegt gewesen, als sie hörten, wie ihre Kinder von den MotopädagogInnen wahrgenommen und erlebt wurden- - nämlich sehr stärken- und ressourcenorientiert. Kinder im familiären System begleiten In der Familienwoche werden über das Medium Bewegung ganzheitliche Erfahrungen angeregt, welche durch Wiederholung und Reflexion zur Kompetenzerweiterung beitragen sollen- - sowohl zwischen den Familien und den Gruppenmitgliedern als auch auf individueller Ebene (Abb.- 3). Aktuelle Lebensthemen der Familien und der einzelnen Gruppenmitglieder werden in Bewegungs- und Spielsituationen eingebaut, was ein Ausleben von Bedürfnissen und Emotionen ermöglicht und neue emotionale und soziale Erfahrungen erlebbar macht. Ausgehend von einer ökologisch-systemischen Perspektive Kindern, Pflegemutter mit drei Pflegekindern oder einer Mutter, einem Vater mit der Tochter zusammensetzen. Gerade diese Heterogenität in den jeweiligen Familiensystemen sowie die breite Altersspanne sehen wir als große Bereicherung für die gesamte Gruppe und ihr Erleben. Unser Ziel ist es, den Mitgliedern einer Familie gemeinsam mit anderen Familien im motopädagogischen Kontext bewegte Einheiten zu ermöglichen, in denen sie Zeit verbringen, in Beziehung treten, Räume ausfüllen und Bewegungsangebote ausprobieren können. Nicht etwaige therapeutische oder psychosoziale Auffälligkeiten der Kinder, sondern die Familie mit ihren Mitgliedern und das Erleben einer guten Zeit miteinander stehen in unserem Fokus. Wir wollen durch unseren ressourcen- und stärkenorientierten Blick den Kindern neue Handlungsspielräume eröffnen, die ihnen mitunter in ihrem Alltag weniger zur Verfügung stehen. Den Begleitpersonen ermöglicht diese Perspektive eine Erweiterung ihrer Sicht auf das Kind. Insofern grenzen wir uns von rehabilitativen oder kurativen Familienangeboten deutlich ab. Die Ferienwoche dauert sieben Tage, mit täglich drei Einheiten. Die Teilnahme an den Angeboten basiert auf dem Prinzip der Freiwilligkeit. Unsere Erfahrung zeigt, dass Eltern mit jüngeren Kindern sich manchmal eine etwas längere freie Tageszeit nehmen, ältere Kinder hingegen das volle Angebot genießen und immer wieder gerne in die vielfältigen motopädagogischen Einheiten (Körper-, Material- und Sozialerfahrungsstunden) eintauchen. Je nach Heterogenität werden Angebote für die gesamte Gruppe oder Einheiten für Familien mit jüngeren bzw. mit älteren Kindern parallel angeboten. Alles begann mit einer Idee-… Die Idee an sich, mehreren Mitgliedern einer Familie gemeinsam ein motopädagogisches Angebot zu bieten, ist nicht neu. Familien-psychomotorische Ansätze entwickelten sich in Deutschland seit Mitte der 1990er Jahre (Reppenhorst/ Schäfer 2012). Die Anfänge und der Titel »Ferien mit Schwung« gehen auf Michaela Steiner-Schätz [ 63 ] Kremer • Ferien mit Schwung 2 | 2022 [ 63 ] Kremer, Thaler • Ferien mit Schwung 2 | 2022 (Bronfenbrenner 1981; Balgo 1998) steht das Individuum stets in Wechselbeziehung mit seinem Umfeld. Lassen Sie uns dies anhand eines Beispiels aus unserer Praxis verdeutlichen: Wie in Abbildung 3 ersichtlich, werden durch die vier Basisdimensionen der psychomotorischen Entwicklungsbegleitung (Beziehung, Raum, Zeit Der motopädagogische Familienauftrag lautete Wasserleitungen mit Schläuchen und Klebeband zu bauen. Nach der Bau- und Spielphase berichtete ein Vater in der Reflexionsrunde, dass er erstmals bewusst wahrgenommen hätte, wie anders und nicht minder erfolgreich sein Sohn an diese Aufgabe herangegangen wäre. Der Vater hätte in diesem Prozess erkannt, dass möglicherweise auch in anderen Alltagssituationen eine »spielerische Offenheit« seinem Sohn gegenüber für ihre Vater-Sohn-Beziehung von Vorteil wäre. Der Sohn saß neben dem Vater, hörte zu, schmunzelte und nickte zustimmend. und Bewegungsangebot) (Pinter-Theiss et al. 2014) nicht nur intrapsychische und körperlich individuelle Erfahrungen ermöglicht, sondern- - und dies ist eine Besonderheit des familienorientierten Settings- - auch intrafamiliäre Erlebnisse gemacht, welche sich durch Wiederholung und Reflexion als soziale und emotionale Kompetenz innerhalb des Familiensystems festigen können. Dazu passt folgendes Beispiel aus unserer Praxis (Abb.-4): In einem Zeitungshockeyspiel konnte ein 14-jähriger entwicklungsverzögerter Junge mit Epilepsie einen für sich guten Platz finden: Er entschied sich für die Position des Tormanns. Bei jedem abgewehrten Tor bekam er begeisterten Zuspruch von seinen TeamkollegInnen. Seine Mutter, die das Spiel verfolgte, war sehr berührt und erzählte uns, dass es für ihren Sohn in seinem Alltag kaum Möglichkeiten für gemeinsames Spielen mit Gleichaltrigen gäbe, da die Krankheit so stark im Vordergrund wäre. Abb.-3: Psychomotorische Entwicklungsbegleitung im systemischen und gruppendynamischen Kontext [ 64 ] 2 | 2022 Forum Psychomotorik Abb.-4: Zeitungshockey-Spiel Gruppendynamische Prozesse im Verlauf der Familienwoche Unsere theoretische Grundlage zur inhaltlichen Gestaltung fußt zum einen auf dem Konzept der- psychomotorischen Entwicklungsbegleitung (Pinter-Theiss et al. 2014) und zum anderen auf dem Phasenmodell der Gruppendynamik (Tuckman 1965). Nach den von ihm beschriebenen fünf Phasen, die eine Gruppe über eine gewisse Zeit durchläuft, lässt sich der Ablauf, beziehungsweise die Rahmengestaltung der »Ferien mit Schwung« Woche, im nun Folgenden beschreiben. Ergänzend dazu nehmen wir in unserer Beschreibung der Gruppenphasen auch Bezug auf die vier Basisdimensionen, welche die Bedingungen für eine gelungene psychomotorische Entwicklungsbegleitung darstellen. FORMING: Ankommen, Kennenlernen und Vertraut werden Wo bin ich hier? Wo ist ein guter Platz für mich? Ist mir etwas oder jemand bereits vertraut? Wer ist sonst noch mit mir in der Gruppe? Welche Regeln gibt es? Was wird mich erwarten und wann gibt es Essen? Die Atmosphäre ist geprägt von Freundlichkeit, Neugier, Vorfreude, aber auch von Unsicherheiten und Zurückhaltung. BEZIEHUNG: Wir sehen unsere Aufgabe in dieser ersten Phase vor allem im Geben von Struktur, Orientierung und Sicherheit. Wir besprechen zu Beginn, was uns wichtig ist und welche Regeln es gibt. Am ersten Tag lässt sich oft folgende interessante Beobachtung zwischen den Kindern und Erwachsenen machen: RAUM: Wir achten darauf, dass sich alle möglichst rasch vor Ort orientieren können. Hier hat sich als eine der ersten Einheiten eine Schatzsuche bewährt. ZEIT: Die Einheiten sind zeitlich klar mit zwei beziehungsweise abends mit einer Stunde begrenzt. Die Zwischenzeiten stehen den Familien zur freien Gestaltung zur Verfügung. Ein Plakat weist jeweils auf das Programm des nächsten Tages hin. BEWEGUNGSANGEBOT: Die spielerischen Angebote sind in dieser ersten Phase so gestaltet, dass erste Kontakte geknüpft und die verschiedenen Räumlichkeiten erkundet werden können. STORMING: Rollen und Positionen werden gesucht und eingenommen Welche Rolle möchte ich in der Gruppe einnehmen? Wer bin ich in der Gruppe? Welche Positionen vertrete ich? Wie gehe ich mit anderen TeilnehmerInnen, Familiensystemen und deren Rollenvorstellungen um? In dieser Phase kommt es in den Einheiten nun schon zu familienübergreifenden Gruppenformierungen, in denen sich Kinder und Erwachsene in unterschiedlichsten Konstellationen auf einen gemeinsamen Plan, ein gemeinsames Spiel einigen und ihre Rollen dabei finden und aushandeln müssen. Dies stellt oftmals eine Herausforderung für alle dar. BEZIEHUNG: Hier sind wir als Mediatorinnen und authentische Vorbilder gefordert. Unsere Es scheint beim erstmaligen Betreten der Turnhalle mitunter zu einer Rollenumkehr zwischen Erwachsenen und Kindern zu kommen. Die Kinder fühlen sich rasch in der Halle vertraut und zeigen dies in ihrem Bewegungsverhalten. Seitens der Erwachsenen wird manches Mal eine Verunsicherung geäußert oder auch von negativen Turnerlebnissen in der eigenen Kindheit berichtet. [ 65 ] Kremer • Ferien mit Schwung 2 | 2022 [ 65 ] Kremer, Thaler • Ferien mit Schwung 2 | 2022 motopädagogische Haltung, den Menschen achtsam, wertschätzend, Fehler freundlich, interessiert und zugewandt zu begegnen, kommt hier besonders zu tragen. Wie konsequent sind wir in unserer Arbeit und unseren Regeln? Wie gut abgestimmt in der Leitung? In unserer Vorbildfunktion legen wir auch die Kultur des Miteinanders fest. Beziehungen werden enger, Positionen geklärt, eigene Interessen werden nun klarer ausgedrückt und Widerstände können auftreten. Konflikte haben Vorrang und bekommen hier Raum und Zeit für eine Lösung. Unser Augenmerk liegt hier in der Förderung der sozialen Problemlösekompetenz. Ein Beispiel aus unserer »Ferien mit Schwung« Praxis: RAUM: Der greifbare Raum tritt in den Hintergrund. Raum verstehen wir hier mehr im Geben von sicheren Grenzen und Ermöglichen von Begegnungsräumen. ZEIT: Im Übergang zur nächsten Phase sieht man Familien nun schon außerhalb der Einheiten zusammensitzen, die Kinder spielen miteinander und die Erwachsenen tauschen sich nun über das Urlaubsgeschehen hinaus miteinander aus. Es findet verstärkt ein selbstständig initiiertes Miteinander auch außerhalb des Bewegungsangebotes statt. Die dritte Gruppenprozessphase, das Norming, beginnt. BEWEGUNGSANGEBOT: Der Schwerpunkt der Bewegungsaufträge liegt nun auf dem Ermöglichen von sozialen Erfahrungen, die Wahl der GruppenpartnerInnen bleibt hierbei offen. Als In einer Einheit, in der es um das Bauen von Fahrgeräten ging, nahmen sich drei ältere Buben als Baumaterial je zwei Rollbretter. Zwei jüngere Kinder kamen etwas verspätet in die Einheit dazu und so kam es, dass es für sie keine Rollbretter mehr gab. Wir unterbrachen die Bausituation, um das Problem anzusprechen und nach Lösungen zu fragen. Die drei älteren Kinder vereinbarten nach kurzer Absprache zwei von ihren Rollbrettern den neu dazu gekommenen Kindern zu überlassen und gemeinsam ein großes Fahrgerät mit den für sie verbliebenen zu bauen. ein Angebotsbeispiel sei eine Entspannungssequenz genannt. Ein Weichboden, der auf Basketbällen liegt und dadurch leicht hin und her gerollt werden kann, dient als Begegnungsort der Entspannung. Eltern und Kinder sitzen dabei rund um den Weichboden und bewegen diesen sanft, während ein Teil der Gruppe gemütlich darauf liegt und die gemeinsame Wohlfühlzeit genießt. Unsere Erfahrung zeigt, dass solche gemeinsamen, positiven Erlebnisse das Gruppengefühl stärken und die Gruppe in die nächste Phase der Gruppendynamik heben. NORMING: Organisation, Offenheit und Vertrautheit Es entsteht eine Atmosphäre der Ungezwungenheit, Gefühle von Gemeinschaft, Wir-Identität, Zufriedenheit und Neugier werden erlebt. Unterschiede werden anerkannt und als Stärken eingesetzt. Der Ablauf und die Räumlichkeiten sind den Familien nun vertraut. BEZIEHUNG: Unsere motopädagogische Haltung bleibt aufrecht, wir nehmen uns jedoch ein wenig aus dem Gruppengeschehen heraus und nehmen verstärkt eine wohlwollende Beobachtungsrolle ein. Die Beziehungen unter den einzelnen Gruppenmitgliedern vertiefen und verfestigen sich (Abb.-5). Abb.-5: Miteinander Raum und Zeit gestalten [ 66 ] 2 | 2022 Forum Psychomotorik RAUM und ZEIT: Die Räume außerhalb der angebotenen Einheiten werden erobert. Wir können die Kinder beim gemeinsamen Spiel auch abseits unseres Angebots beobachten. Auch die Erwachsenen sieht man mehr und mehr gemeinsam unterwegs. BEWEGUNGSANGEBOT: In dieser Gruppenphase bieten wir oftmals eine Wiederholung eines Bewegungsangebotes an, da durch die nun vorhandene Vertrautheit, Offenheit und gegenseitige Wertschätzung neue Erfahrungen und Erlebnisse miteinander entstehen können. Material- und Bewegungsangebot treten nun mehr in den Hintergrund. PERFORMING: Produktivität und Selbstwirksamkeit Die emotionale Atmosphäre ist geprägt durch Zusammenhalt, Authentizität, dem Gefühl miteinander etwas bewirken und schaffen zu können und Erfolgserlebnisse zu feiern. BEZIEHUNG: In dieser Phase berichten die Kinder oft von familienübergreifenden Aktivitäten, wie beispielsweise vom Besuch eines nahegelegenen Tierparks. Dies zeigt uns, dass nun eine Gruppenatmosphäre vorhanden ist, in der sich Familien und Kinder auch außerhalb des Rahmens selbst organisieren und dadurch selbstwirksam erleben. RAUM und ZEIT: Der letzte gemeinsame Nachmittag steht für die Entwicklung und Präsentation des Familienwochenauftrags zur Verfügung. Als Raum dafür wird eine kleine Bühne für die gemeinsame Abschlusseinheit errichtet. BEWEGUNGSANGEBOT: Im Rahmen eines theaterpädagogischen Angebots gibt es die Möglichkeit zu zeigen, was als Ergebnis des Familienwochenauftrags entstanden ist. Am letzten Abend der Woche stellt ein Lagerfeuer mit Stockbrotbraten ein weiteres gemeinsames Erlebnis und gleichzeitig auch den beginnenden Ausklang der Ferienwoche dar. ADJOURNING: Rückschau auf die Woche, Abschluss, Abschied nehmen, Ausblick und Abreise Wie war die Woche für mich? Was habe ich erlebt? Mit wem möchte ich gerne in Kontakt bleiben? Wie geht es weiter? Es werden gemeinsame Erinnerungen und Telefonnummern ausgetauscht, Möglichkeiten für zukünftige Treffen besprochen und es wird sich Zeit fürs Verabschieden genommen. BEZIEHUNG: Wir stehen als Motopädagoginnen in dieser letzten Gruppenphase als persönliche Ansprechperson zur Verfügung, erteilen über weitere motopädagogische Angebote und Aktivitäten vom Verein akmö Auskunft und geben individuell Feedback zu den Kindern. RAUM und ZEIT: In dieser Phase nehmen wir uns Raum und Zeit, um uns bewusst auch wieder voneinander zu verabschieden. BEWEGUNGSANGEBOT: Am Abreisetag findet noch eine Einheit für die Kinder statt, um den Erwachsenen in Ruhe die Gelegenheit zu geben, die Koffer und Autos packen zu können. Im Anschluss daran kommen alle TeilnehmerInnen noch einmal im Kreis für einen Rückblick auf die gemeinsame Woche und eine abschließende Reflexionsrunde zusammen. Nachhaltigkeit und Transfer in den Familienalltag Nach unseren Erfahrungen zeigt diese Form des Angebots sowohl währenddessen als auch nach den gemeinsam erlebten Tagen ihre Wirkung. So überlegen sich manche Kinder bereits während des Jahres, was sie beim nächsten Abb.-6: Wir bleiben gemeinsam in Schwung! [ 67 ] Kremer • Ferien mit Schwung 2 | 2022 [ 67 ] Kremer, Thaler • Ferien mit Schwung 2 | 2022 »Ferien mit Schwung« Urlaub aufbauen möchten oder wie das Rollbrettfahrzeug noch detailreicher gestaltet werden könnte. Manche Familien integrieren auch kleine Rituale oder Spiele im Alltag zu Hause. So erzählte uns eine Mutter, dass sie die Entspannungssequenzen so genossen und diese daher auch als abendliches Familienritual übernommen haben. Wie lange die »Ferien mit Schwung« Woche noch nachklingen kann, zeigte sich auch in einem großen Paket, das kurz vor Weihnachten im akmö Büro in Wien eintraf und bis oben gefüllt mit Alltagsmaterialien war, die von einem teilnehmenden Buben mit Diagnose aus dem Autismus-Spektrum Monate lang gesammelt wurden. Fazit Als Ergebnis können wir festhalten, dass das Angebot einer motopädagogisch orientierten Ferienwoche für Familien immer wieder gerne angenommen wird und Familien oft auch über mehrere Jahre daran teilnehmen. Es ermöglicht den einzelnen Familienmitgliedern sich in ihrem Tun-- sowohl miteinander als auch individuell-- als erfolgreich und selbstwirksam zu erleben (Abb.- 6). Die TeilnehmerInnen und Familien gehen in vielerlei Hinsicht gestärkt aus dieser Woche hinaus. Wenn Bewegungsräume zu Begegnungsräumen werden, begegnen sich Menschen oftmals wieder neu, lernen einander in anderen Rollen und Kontexten kennen, wodurch die Beziehungen bereichert und vertieft und Handlungskompetenzen erweitert werden. Literatur akmö-- Aktionskreis Motopädagogik Österreich: Über uns. In: www.akmoe.at/ ueber-uns, 06.09.2021 Balgo, R. (1998): Bewegung und Wahrnehmung als System: Systemisch-konstruktivistische Positionen in der Psychomotorik. Hofmann, Schorndorf Bronfenbrenner, U. (1981): Die Ökologie menschlicher Entwicklung. Klett-Cotta, Stuttgart Nave-Herz, R. (2013): Ehe- und Familiensoziologie. Eine Einführung in Geschichte, theoretische Ansätze und empirische Befunde. 3. Aufl. Beltz Juventa, Weinheim / Basel Pinter-Theiss, V., Steiner-Schätz, M., Lukesch, B., Schätz, T., Theiss, C. (2014): Ich tue, ich kann, ich bin. Psychomotorische Entwicklungsbegleitung in Theorie und Praxis. edition VaLeo, Graz Reppenhorst, S., Schäfer, C. (2012): Bewegte Familienzeit. Das Praxis- und Forschungsprojekt »Bewegung im Fluss« zur präventiven Förderung von Familien. motorik 35 (1), 2-14 Tuckman, B. W. (1965): Developmental sequence in small groups. Psychological Bulletin 63 (6), 384- 399, https: / / doi.org/ 10.1037/ h0022100 Die Autorinnen Mag.a Alexandra Kremer Gesundheitspsychologin, klinische Psychologin, Motopädagogin, Motogeragogin. Arbeitsschwerpunkte: Referentin im Gesundheitsförderungsbereich, psychomotorische Entwicklungsbegleitung im Kindes- und Jugendalter und von Familien, insbesondere: Motopädagogik für Kinder mit Übergewicht und für Kinder mit AD(H)S Mag.a Helga Thaler Sportwissenschaftlerin, Motopädagogin, Sensorische Integrationspädagogin. Arbeitsschwerpunkte: Psychomotorische Entwicklungsbegleitung im Kindesalter, Angebote-für-Sensorische-Integration,-sensomotorische Wahrnehmungsförderung und Gesundheitsförderung Anschrift akmö-- Aktionskreis Motopädagogik Österreich Billrothstraße 56/ 4 A-1190 Wien https: / / akmoe.at/ akmoe@motopaedagogik.at