Motorik
7
0170-5792
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
71
2022
453
Impulse für die Praxis: Abschlussspiele - ein Highlight am Stundenende
71
2022
Jan Lerche
Im Zentrum für Kindesentwicklung findet die Psychomotorische Therapie in 5 großen, mit Material vorstrukturierten Bewegungsräumen (u.a. großes Bällebad, Airtramp) in einem zeitlichen Umfang von 45 Minuten / 1x pro Woche statt.
7_045_2022_003_0148
[ 148 ] 3 | 2022 Impulse für die Praxis [ IMPULSE FÜR DIE PRAXIS ] Abschlussspiele-- ein Highlight am Stundenende Im Zentrum für Kindesentwicklung findet die Psychomotorische Therapie in 5 großen, mit Material vorstrukturierten Bewegungsräumen (u. a. großes Bällebad, Airtramp) in einem zeitlichen Umfang von 45 Minuten / 1x pro Woche statt. Trotz klar gegliederter Stundenstruktur sind 45 Minuten für alle Bedarfe, Spielthemen und Wünsche der Kinder häufig ein sehr begrenztes Zeitfenster. Daraus ergibt sich immer wieder die Frage: Wie können wir die Stunde zügig, aber gleichzeitig mit einem positiven Erlebnis und einem klaren Stundenabschluss für alle beenden? Die nächsten Kinder und KollegInnen stehen schon fast vor der Tür und möchten den Raum wieder nutzen! Nur in den seltensten Fällen rufen wir: »Wer ist zuerst an der Tür? « und lassen dann unsere sechs Kinder aus der Gruppe mit den anderen Kindern auf dem Flur »eine Jagd« in der Wartezone veranstalten. In meiner nun über 30-jährigen Praxis hat es sich als sehr positiv für alle Beteiligten herausgestellt, ein Abschlussspiel an der Tür des Bewegungsraumes zu initiieren, das entweder Teile oder Stimmungen der Stunde noch einmal in Kurzform aufgreift oder den Kindern noch eine kurze Wahrnehmungserfahrung zum Ende der Stunde ermöglicht. Ziel aller Abschlussspiele ist es, den Raum zu verlassen. Die AkteurIn an der Tür ist immer die psychomotorische Fachkraft und die Kinder sind diejenigen, die eine Aufgabe zu bewältigen haben. Wir haben gemeinsam mit den Kindern inzwischen sicher 30 Spiele entwickelt und es werden immer wieder noch mal neue Ideen von den Kindern oder PsychomotorikerInnen eingebracht, auch wenn es ein paar »Klassiker« gibt, die immer wieder gewünscht werden. Nach einem Stundenfeedback in der Abschlussrunde wird über das Abschlussspiel abgestimmt. In der Regel wird das Spiel mit den meisten Stimmen gewählt. Hier kann man aber auch noch mal ein Kind positiv verstärken, indem man seinen Abschlussspielwunsch als den heute Gültigen wertet, weil es z. B. etwas Neues geschafft hat oder besonders schnell und viel aufgeräumt hat, oder auch nur, weil es heute Geburtstag hat. Manchmal bestimmt auch die psychomotorische Fachkraft das Abschlussspiel, wenn mit dem Spiel noch eine bestimmte Wendung oder Abrundung in die Stunde eingebracht werden soll. Das Abschlussspiel wird häufig sehr schnell von den Kindern als festes, unverzichtbares Ritual als Stundenabschluss betrachtet und dementsprechend auch eingefordert. Konkrete Spielideen für das Stundenende Die Klassiker Das beliebteste Spiel zurzeit ist die blinde Spinne. Die Spinne (Fachkraft) steht in der Nähe der Tür, hat die Augen geschlossen und die Ohren sehr weit geöffnet. Die Fliegen (Kinder) haben nun die Aufgabe, sehr leise an der Spinne nach draußen zu schleichen, da die Spinne sonst die Fliegen mit ihren langen Armen greift und »auffrisst«. Man kann auch laut zählen, da die Spinne nach 6 Sekunden die Augen wieder öffnen kann und alle noch im Raum befindlichen Kinder fangen möchte. Zauberwald geht ähnlich schnell und lässt die Kinder zum Ende der Stunde nochmal etwas ruhiger werden. Der Zauberer oder die Hexe steht in der Nähe der Tür und hat alle Kinder in Bäume verzaubert. Leider lässt die Zauberkraft schnell nach und der Zauberer muss sich einmal um sich selbst drehen und seinen Zauberspruch: »Eins, zwei- - Zauberei« wiederholen. In diesem Moment können die Kinder vorwärtskommen und dürfen sich bewegen. Schaut der Zauberer oder die Hexe wieder auf die Kinder, müssen sie wieder fest wie Bäume stehen. Wer wackelt, geht einen Schritt zurück. Start-Stopp-Spiele Wechselstrom ist aus der Kategorie der Start-Stopp-Spiele. Wir haben einen Hauptroboter (Fachkraft) und viele kleine Nebenroboter. Leider haben wir nur eine Wechselstromanlage, so dass entweder der Hauptroboter Strom hat und auf der Stelle läuft, zappelt oder sich bewegt und zeigt, dass er Strom hat. Steht er still, haben die Nebenro- [ 149 ] Impulse für die Praxis 3 | 2022 ein sehr beliebtes Spiel auch das Flut- Spiel. Wir tun so, als sei der normale Fußboden überflutet oder voll mit Lava, und die Kinder versuchen, nur auf Geräten zur Tür zu kommen. Wichtig, es muss ein für alle sicherer Weg da sein. Die Fachkraft kann an schwierigen Stellen Hilfe anbieten oder absichern. Wenn der Fußboden frei ist, kann man die Kinder auch langsam zum Ausgang »leiten«, wenn man Flaschenpost spielt. Die Kinder schieben z. B. eine Plastik-Wasserflasche mit dem Fuß vor sich her, ohne dass diese umfallen darf. Geht auch mit der eigenen Trinkflasche, je leerer die Flasche ist, umso schwerer ist es, dass sie dabei stehen bleibt. Fazit-- auf jeden Fall ein Highlight! Mit den Abschlussspielen kann man das Stundenende in ein Highlight verwandeln und die Kinder freuen sich im Allgemeinen auf das Ende. Je nach Auswahl und Umsetzung kann die psychomotorische Fachkraft noch mal einen Impuls zur Körpererfahrung, Materialerfahrung oder auch zur Sozialerfahrung setzen und ein positives (Bewegungs-) Erlebnis am Stundenende anbieten. Mit den Kindern gemeinsam neue Spiele zu entwickeln, fördert Kreativität und Selbstwirksamkeitserleben. DOI 10.2378 / mot2022.art27d Kontakt Jan Lerche Dipl.-Bewegungswissenschaftler Abteilung Psychomotorische Therapie, ZKE GmbH, Dr. Flehmig, Hamburg j.lerche@spz-hamburg.de boter Strom und können Richtung Tür «zappeln«. Hat man die Möglichkeit, den Raum zu verdunkeln, kann man mit Licht an oder aus auch das Spiel Glühwürmchen spielen, wobei die Glühwürmchen immer dann vorwärts krabbeln sollen, wenn das Licht aus ist. Geht das Licht an, müssen sie anhalten. Ist in Abwandlung sicher auch in anderen Räumlichkeiten zu spielen. Wenn der auditive Sinn noch mal bewusst aktiviert werden soll, eignet sich das Spiel Specht. Der Specht sitzt irgendwo auf einem »Baum« und klopft z. B. gegen die Wand. Dann krabbeln die kleinen Maden schnell zur Tür. Hört der Specht aber auf, zu klopfen, sucht er die Maden, also sollten sich die Maden ganz still verhalten und sich nicht bewegen, damit er sie nicht erkennen kann. Für die Körpererfahrung Wenn die Stunde schon sehr bewegungsreich oder eher unruhig war, macht es Sinn, Spiele mit hohem propriozeptivem Anteil zu spielen, um die Kinder noch mal zu sich selbst zu bringen und den Körper intensiv spüren zu lassen. Autowaschanlage eignet sich dazu sehr gut. Die Waschanlage wird direkt an der Tür aufgebaut. Die Fachkraft steht mit gegrätschten Beinen da und die Kinder müssen unter ihr hindurch krabbeln. Dabei werden sie per Hand oder auch mit einem Kissen oder anderen geeigneten Gegenständen »gewaschen«. Die Kinder dürfen über einen Händedruck wählen, wie stark sie gewaschen (gedrückt) werden. Die Fachkraft kann gut variieren, wieviel Kontakt und Druck sie den einzelnen Kindern zumutet. Aus der gleichen Kategorie wäre der Maulwurf. Ein großer Knautschsack wird in die Tür gelegt, und die Maulwürfe (Kinder) müssen unter dem Sack hindurch krabbeln. Die Fachkraft steht über / neben dem Sack und hilft dem Maulwurf. Sie kann es dabei leichter machen, den Sack etwas anheben oder auch schwerer, je nach Bedarf der Kinder. Ruhiger werden-… Mit der Alarmanlage werden die Kinder vor dem Verlassen des Raumes deutlich »gebremst«, gleichzeitig wird der Körperkontakt vermieden, der ja nicht immer angemessen sein kann. Entweder werden Gymnastikstäbe, Hockeyschläger oder ähnliches in den Türrahmen gestellt, und die Kinder haben die Aufgabe, vorbeizukommen ohne anzustoßen. Oder es wird doch wieder der eigene Körper der Fachkraft benutzt, der irgendwie in den Türrahmen gestellt wird und den Kindern nur eine kleine Lücke lässt, durch die sie langsam und vorsichtig durchschleichen sollen (vgl. Abb. 1). Manchmal bewegen sich die »Laserstrahlen« der Alarmanlage auch. Abb. 1: Vorsichtig an der Alarmanlage vorbei (Abb.: Birte Siefert) Hat man noch etwas mehr Zeit und alle Geräte bzw. Materialien aus dem Raum sind an den Wänden gelagert, ist
