eJournals motorik 46/3

motorik
7
0170-5792
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
71
2023
463

Qualifikationsarbeit: Professionelle Netzwerkbildung im Übergang von der Kita in die Grundschule

71
2023
Sara Fischer
Bildung gilt als einer der wesentlichen Faktoren, um in unserer heutigen Gesellschaft orientierungs- und handlungsfähig zu sein.
7_046_2023_3_0013
[ 154 ] 3 | 2023 Aktuelles / Kurz berichtet Bildung gilt als einer der wesentlichen Faktoren, um in unserer heutigen Gesellschaft orientierungs- und handlungsfähig zu sein. Der Zugang zu Bildung steht jedoch nicht allen Mitgliedern unserer Gesellschaft uneingeschränkt offen. Soziale Ungleichheiten werden dabei insbesondere bei Bildungsübergängen relevant (Groos / Jehles 2015, 51). Bewegung kommt dabei eine entscheidende Rolle zu, da diese sowohl als Träger für Bildungs- und Entwicklungsprozesse fungiert als auch als Medium der Übergangsbewältigung. Um soziale Disparitäten zu verringern und Zugänge zu schaffen, wird eine systematische Vernetzung von bildungsrelevanten AkteurInnen anvisiert. Eine Form der Vernetzung stellen Bildungsdreiecke dar, welche aus den AkteurInnen der Kita, der Schule und des Sportvereins bestehen und kooperative Bildungs- und Bewegungsangebote anbieten. Im Rahmen des Studiengangs Kindheitspädagogik an der Hochschule Niederrhein in Mönchengladbach befasste sich eine Bachelorarbeit mit der professionellen Netzwerkbildung im Übergang von der Kita in die Grundschule. Im Mittelpunkt stand die Frage nach den zentralen Erfordernissen, die sich an die professionelle Netzwerkbildung in diesem Kontext stellen. Um diese zu beantworten, wurden die theoretischen Grundlagen der Transition und Netzwerktheorie sowie ein Fallbeispiel aus der Praxis herangezogen und einer Vergleichsanalyse unterzogen. Im Folgenden werden die theoretischen Hintergründe und Ergebnisse der fachwissenschaftlichen Auseinandersetzung dargestellt, die eine Basis für die Gestaltung von Bildungsdreiecken bieten. Transition Im Lebenslauf eines Menschen finden zahlreiche Übergänge statt und trotz ihrer Unterschiedlichkeit ist ihnen eines gemein: sie stellen einen »merklichen Prozess des Wechsels« (Rath 2011, 12) dar. Damit verbunden sind vielfältige Anforderungen und Veränderungen. Im Kontext der Transition in die Grundschule bedeutet das auf individueller Ebene die Veränderung der Identität und das Entwickeln eines Gefühls von Zugehörigkeit zu der neuen (Schul-)Gemeinschaft. Auf interaktiver Ebene müssen Veränderungen in den Beziehungen bewältigt werden. Auf kontextueller Ebene müssen verschiedene Lebensbereiche miteinander überein gebracht werden (Griebel/ Niesel 2020, 119 f ). Um diese bewältigen zu können, sind umfangreiche Kompetenzen erforderlich, die in hohem Maße von vorangegangenen Bildungsprozessen abhängig sind. »Erfolgreiche schulische Bildung entsteht in vielen Punkten nur auf dem Fundament einer vorgelagerten gelungenen Alltagsbildung« (Rauschenbach 2015, 55). Mit Alltagsbildung bezeichnet Rauschenbach (ebd.) sämtliche Lern- und Erfahrungsprozesse, die in Familien, Peergroups, (Sport-)Vereinen und informellen Bildungsorten angesiedelt sind. Innerhalb dieser Settings werden Basisfähigkeiten und -fertigkeiten auf- und ausgebaut. Doch nicht alle Kinder finden einen ungehinderten Zugang zu Alltagsbildung vor. Um Benachteiligungen im Bereich der (Alltags-)Bildung zu reduzieren und gleichberechtigte Teilhabe zu ermöglichen, wird eine stärkere Vernetzung von Institutionen und Einrichtungen gefordert, die an der Bildung, Betreuung und Bewegungsförderung von Kindern beteiligt sind. Dazu gehört insbesondere der Sportverein, welcher mit seinen Potenzialen und Ressourcen einen Beitrag zur Reduzierung sozialer Ungleichheiten beitragen kann. Professionelle Netzwerke Zur Beschreibung von Netzwerken wird allgemeinhin die Metapher des Netzes, in der Netzwerke als durch Linien (Beziehungen) verbundene Knoten (AkteurInnen) beschrieben werden, herangezogen. Dabei lassen sich die informellen Netzwerke, bezeichnend durch ihre persönlichen Sozialkontakte, von den formellen Netzwerke unterscheiden, welche bewusst geschaffen werden und auf formellen Beziehungen beruhen (Straus 2012, 228). Letztere können auch als professionelle Netzwerke bezeichnet werden. Da professionelle Netzwerke nicht klassisch hierarchisch organisiert sind, bedarf es bestimmte Strukturen und Arbeitsschritte, die professionelles Arbeiten ermöglichen. Ausgangspunkt für den Aufbau eines professionellen Netzwerkes stellt der Beschluss dar, ein solches zu gründen oder zu erweitern. Im nächsten Qualifikationsarbeit Professionelle Netzwerkbildung im Übergang von der Kita in die Grundschule [ 155 ] Aktuelles / Kurz berichtet 3 | 2023 wird zu Beginn der Zusammenarbeit während der Initiierungsphase gebildet. Fehlt dieses Fundament, besteht die Gefahr fehlender Nachhaltigkeit. Für die nachhaltige Verstetigung »Bewegter Bildungsdreiecke« sind die netzwerktheoretischen und fachwissenschaftlichen Grundlagen der Bildung, Bewegung und Transition von Bedeutung. Dafür eignen sich institutions- und trägerübergreifende Fort- und Weiterbildungen. Dadurch kann sowohl die Netzwerkarbeit, die Entwicklung gemeinsamer (Bewegungs-)Angebote, die pädagogische Arbeit in den jeweiligen Institutionen, als auch die Aus- und Weiterbildung von ÜbungsleiterInnen unterstützt werden. Für diese (Austausch-) Prozesse sind stabile Strukturen erforderlich, die die Aufgaben des Netzwerkmanagements übernehmen (ebd., 3). Das Netzwerkmanagement begleitet, organisiert und koordiniert den gesamten Prozess der Netzwerkbildung und -arbeit. Dafür sind zeitliche und personelle Ressourcen erforderlich, die idealerweise nur durch eine hauptamtliche Tätigkeit gedeckt werden können. Insbesondere der Sportverein steht als freiwillige Organisationsform in Abgrenzung zu der Kita und Schule, die hauptamtlich tätig sind. Die genannten Faktoren gilt es in die Netzwerkplanung und -bildung zu integrieren, um die Professionalität im Netzwerkprozess zu garantieren und eine nachhaltige Verstetigung von Bildungsdreiecken zu ermöglichen. Literatur Griebel, W., Niesel, R. (2020): Übergänge verstehen und begleiten. Transitionen in der Bildungslaufbahn von Kindern. 5. Aufl. Cornelsen Scriptor, Berlin Groos, T., Jehles, N. (2015): Der Einfluss von Armut auf die Entwicklung von Kindern. Ergebnisse der Schuleingangsuntersuchung. Arbeitspapiere wissenschaftliche Begleitforschung »Kein Kind zurücklassen! « Werkstattbericht. In: http: / / library.fes.de/ pdf-files/ akademie/ mup/ 15232.pdf, 12.04.2022 Quilling, E., Nicolini, H. J., Graf, C., Starke, D. (2013): Praxiswissen Netzwerkarbeit. Gemeinnützige Netzwerke erfolgreich gestalten. Springer VS, Wiesbaden Rauschenbach, T. (2015): Umbrüche im Bildungswesen. In: Schmidt, W., Neuber, N., Rauschenbach, T., Brandl-Bredenbeck, H. P., Süßenbach, J., Breuer, C. (Hrsg.): Dritter Deutscher Kinder- und Jugendsportbericht. Kinder- und Jugendsport im Umbruch. Hofmann, Schorndorf, 50-77 Rath, M. (2011): Übergänge sind immer. Anthropologische Überlegungen zu einem pädagogischen Thema. Friedrich Jahresheft, 10-14 Straus, F. (2012): Netzwerkarbeit: Förderung sozialer Ressourcen. In: Knecht, A., Schubert, F.-C. (Hrsg.): Ressourcen im Sozialstaat und in der sozialen Arbeit. Zuteilung- - Förderung- - Aktivierung. Kohlhammer, Stuttgart, 224-237 Kontakt Sara Fischer Kindheitspädagogin (BA) fischer-sj@web.de https: / / www.hs-niederrhein.de/ fileadmin/ dateien/ FB06/ Dozenten/ Krus/ Bachelorarbeit_ Sara_Fischer.pdf Schritt gilt es, potenzielle Netzwerkmitglieder zu finden, die direkt oder indirekt mit dem Thema oder den AdressatInnen arbeiten. Daran anschließend wird die Initiierungs- und Gründungsphase eingeleitet. In dieser gilt es, die örtlichen und personalen Gegebenheiten zu untersuchen, sowie die Grundlagen und Strukturen des Netzwerkes aufzubauen. In der darauffolgenden Konsolidierungsphase geht es um die Rollen- und Aufgabenverteilungen der Kooperationsbeteiligten. Ziel ist es, den Kooperationsgedanken in den Mittelpunkt zu setzen. Darauf folgt die innovative Arbeit im Netzwerk. In der Umsetzungsphase werden gemeinsam Maßnahmen und Ideen entwickelt sowie umgesetzt. In der Abschlussphase wird die Erreichung der Ziele überprüft und bewertet, sowie die Entscheidung getroffen, ob die Netzwerkarbeit fortgeführt werden soll (Quilling et al. 2013, 18 f ). Ergebnisse der fachwissenschaftlichen Auseinandersetzung Der Abgleich zwischen der Netzwerktheorie und dem Bildungsdreieck aus der Praxis verdeutlichte die Erfordernisse und Relevanz der professionellen Netzwerkbildung im Übergang in die Grundschule. Voraussetzung für erfolgreiche Netzwerkarbeit in diesem Kontext ist ein stabiles Fundament. Dieses