körper tanz bewegung
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Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
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Aktuelles aus der Forschung: Tanz- und Bewegungstherapie
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Iris Bräuninger
Diese Rubrik informiert über neuste wissenschaftliche Erkenntnisse, die in peer-reviewed Fachjournalen veröffentlicht wurden. In dieser Ausgabe werden die Ergebnisse von drei randomisierten Kontrollstudien zur Tanz- und Bewegungstherapie vorgestellt.
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181 Aktuelles körper - tanz - bewegung 1. Jg., S. 181-182 (2013) © Ernst Reinhardt Verlag Aktuelles aus der Forschung: Tanz- und Bewegungstherapie Iris Bräuninger D iese Rubrik informiert über neuste wissenschaftliche Erkenntnisse, die in peer-reviewed Fachjournalen veröffentlicht wurden. In dieser Ausgabe werden die Ergebnisse von drei randomisierten Kontrollstudien zur Tanz- und Bewegungstherapie vorgestellt. Tango Argentino und achtsamkeitsbasierte Meditation bei Depression Eine Studie von Pinnigera et al. (2012) untersuchte den Effekt von zwei Interventionen: Argentinischer Tango-Tanz und achtsamkeitsbasierte Meditation (sechs Einheiten à 90 Minuten pro Woche). Zwei entsprechende Gruppen wurden mit einer dritten Gruppe verglichen, die noch auf ihre Behandlung wartete. Von den 99 TeilnehmerInnen, die den drei Gruppen zufällig zugeordnet wurden, gingen 66 in die statistische Analyse ein. Untersucht wurde, ob sich die drei Gruppen am Ende der sechswöchigen Intervention in Bezug auf Depression, Angst, psychologischem Stress, Selbstsicherheit, Lebenszufriedenheit und Achtsamkeitswahrnehmung unterschieden. Am Ende der Behandlung reduzierten sich Depressionssymptome signifikant sowohl in der Tangoals auch in der Mediationsgruppe. Darüber hinaus reduzierte Tango-Tanz den psychologischen Stress und verbesserte die Achtsamkeit. In der Wartekontrollgruppe verringerten sich keine Symptome. Beide Ansätze erwiesen sich als effektive Ergänzung für die Depressionsbehandlung. Tango-Tanz zeigte sich außerdem als erfolgreiche Maßnahme zur Stressreduktion. Tanztherapie gegen Stress und zur Verbesserung der Lebensqualität Eine zweite randomisierte Kontrollstudie evaluierte u. a. den Effekt von Tanztherapie auf Stress (Bräuninger 2012). An der Studie nahmen 162 Personen teil, die unter Stress litten. Die Ergebnisse zeigen, dass Tanztherapie wirkungsvoller das Stressmanagement verbessert und Stresssymptome reduziert als eine Nicht-Behandlung, und diese Effekte halten langfristig an. Nach zehn Tanztherapie-Gruppenstunden reduzierten sich kurz- und langfristig negative Stressmanagement- Strategien, d. h. Stressverarbeitungsweisen, die Stress vermehren, nahmen ab. Die positive Strategie-Ablenkung, die befähigt, sich von einer Belastung abzulenken, sowie die Entspannungsfähigkeit verbesserten sich kurzfristig. Die psychischen Stressfaktoren Depression, Interpersonelle Sensibilität, Paranoides Denken, Phobische Angst, Psychotizismus und der Globale Schwereindex GSI reduzierten sich langfristig. Kurzfristig verbesserten sich Angst, Depression, Interpersonelle Sensibilität, Phobische Angst, Psychotizismus, Zwanghaftigkeit und der Positive Symptom-Distress-Index (PSDI). In der Warte-Kontrollgruppe hingegen verbesserte sich das Stressmanagement nicht, und es verringerten sich keine Symptome. Balance und Mobilität durch Tanz- und Bewegungstherapie In einer dritten Studie untersuchte Krampe (2013), welchen Effekt das tanz- und bewegungstherapeutische Programm „The Lebed Method“ (TLM) auf die Balance und die Mobilität bei älteren Erwachsenen ausübt (Durchschnittsalter 85 Jahre, ±7.5). Diese Methode wurde ursprünglich als bewegungsbasierte Übungsmethode für Krebspatientinnen entwickelt . Vor der ersten und nach der letzten von 18 Therapiestunden wurden die multidirektionale Reichweite, Geschwindigkeit, die differentielle Schrittlänge und das Functional Ambulation Profile (das hier verwendete „Gait characteristics and functional ambulation profile“ quantifiziert Gangartwechsel) in beiden Gruppen gemessen. Am Ende der sechswöchigen Be- 182 4 | 2013 Aktuelles handlung verbesserten sich in der Tanztherapie- Gruppe (13 TeilnehmerInnen) im Vergleich zur Kontrollgruppe (12 TeilnehmerInnen) leicht bis moderat die Balance und die Mobilität. Die Unterschiede waren jedoch nicht signifikant und könnten mit der kurzen Behandlungsdauer und der eingeschränkten Teilnahmefrequenz zusammenhängen: Nur die Hälfte der TeilnehmerInnen besuchte alle 18 Therapiestunden, und je drei Personen nahmen zwischen zehn und 15 Stunden bzw. an weniger als sieben Stunden teil. Fazit Die drei vorgestellten Studien unterstützen die Annahme, dass Tanzinterventionen und Tanztherapie eine wirkungsvolle Methode zur Behandlung bei Depression und Stress ist und die Effekte langfristig anhalten. Zukünftige Studien mit größerer Teilnehmerzahl und längerer Behandlungsdauer könnten die Wirkung weiterer tanz- und bewegungstherapeutischer Methoden, z. B. mit tiefenpsychologischem Ansatz, überprüfen. Literatur Bräuninger, I. (2012): Dance Movement Therapy Group iIntervention in Stress Treatment: A Randomized Controlled Trial (RCT). The Arts in Psychotherapy 5, 443-450 Krampe, J. (2013): Exploring the Effects of Dance-Based Therapy on Balance and Mobility in Older Adults. Western Journal of Nursing Research 35, 39-56 Pinnigera, R., Browna, R. F., Thorsteinssona, E. B., McKinley, P. (2012): Argentine Tango Dance Compared to Mindfulness Meditation and a Waiting- List Control: A Randomised Trial for Treating Depression. Complementary Therapies in Medicine 20, 377-384 Die Autorin Dr. Iris Bräuninger Wissenschaftliche Mitarbeiterin Psychiatrische Universitätsklinik Zürich, Dozentin im Masterstudiengang Tanztherapie an der Autonomen Universität Barcelona, anerkannte Tanztherapeutin (ADTA), Supervisorin der deutschen und spanischen Berufsverbände (BTD, ADMTE) und Psychotherapeutin (ECP). ✉ Dr. Iris Bräuninger Wissenschaftliche Mitarbeiterin Psychiatrische Universitätsklinik Zürich Direktion Pflege, Therapien und Soziale Arbeit Forschung und Entwicklung Lenggstr. 31 | CH-8032 Zürich Tel. (0041)-(0)44 384 27 17 oder (0041)-(0)77 44 226 76 dancetherapy@mac.com oder iris.braeuninger@puk.zh.ch
