eJournals körper tanz bewegung 2/3

körper tanz bewegung
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2195-4909
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
71
2014
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Editorial

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2014
Maren Iman Imran
Liebe Leserinnen und Leser, auf der Videoplattform Youtube kursiert schon seit einiger Zeit ein kurioses Video (www.youtube.com/watch?v=j9cd0ortxu0). Es zeigt eine Frau, die an einer viel befahrenen Straße auf den Bus wartet, mit den Schultern zuckt und sich schließlich immer mutiger rhythmisch bewegt.
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101 körper-- tanz-- bewegung 2. Jg., S. 101 (2014) DOI 10.2378 / ktb2014.art16d © Ernst Reinhardt Verlag Editorial auf der Videoplattform Youtube kursiert schon seit einiger Zeit ein kurioses Video (www.youtube.com/ watch? v=j9cd0ortxu0). Es zeigt eine Frau, die an einer viel befahrenen Straße auf den Bus wartet, mit den Schultern zuckt und sich schließlich immer mutiger rhythmisch bewegt. Der erste Impuls beim Zuschauer ist vielleicht „Die Frau ist ja verrückt“, oder „Wie peinlich …“ Doch zeigen sich beim Beobachter auch andere Gefühle wie „Toll, das würde ich auch gerne mal machen“, Bewunderung über den Mut dieser Frau oder Wehmut, dass man sich selbst sowas noch nicht getraut hat. Die Frage ist doch: Wer ist verrückter? Die Person, die ihren Impulsen nachgeht, oder die Person, die ihre Bedürfnisse unterdrückt? Natürlich mag es sinnvoll sein, nicht alles herauszulassen, was einem „auf der Seele brennt“. Schließlich würden wir im Alltag nicht mehr so gut „funktionieren“, nicht mehr „produktiv“ sein können, wenn wir bei jedem Ärger erst mal ein paar Körperübungen machen müssten. Oder doch? Ich will dies mal in Frage stellen, denn wenn wir betrachten, wie wir unsere Zeit verbringen, welche Gedanken uns ablenken, was uns innerlich beschäftigt, sich aufstaut, uns verkrampfen lässt, schlaflose Nächte bereitet, vergesslich macht oder verwirrt … Wenn wir diese Empfindungen körperlich oder kreativ ausagieren (selbstverständlich ohne jemanden zu verletzen), die Themen abgeben und uns ein Stück weit freier machen könnten in unserem Denken, könnten wir uns dann nicht sogar besser konzentrieren, gelöster und leichter, effizienter arbeiten? Liebe Leserinnen und Leser, Manchmal ist die Lösung ganz einfach. Die Artikel dieser Ausgabe laden dazu ein, einfache, aber effektive Wege zu beschreiten. So beschreibt Bernd Paczowsky Tension and Trauma Relaxation Exercises, um den Stress „einfach abzuschütteln“. Ursula Löwe ruft dazu auf, Musik, insbesondere Renaissancemusik, bewusster in der Tanztherapie zu nutzen. In der Rubrik „Forum“ erläutert Karin Wild, wie traumatisierte Patienten an der Integrierten Psychiatrie Winterthur-Züricher Unterland mit einem Team aus Ärzten und Therapeuten bereits vor Klinikeintritt auf die bevorstehende Therapie vorbereitet werden, damit dann vor Ort intensiver und bewusster gearbeitet werden kann. Wenn Sie also das nächste Mal warten müssen, ob auf den Bus, beim Arzt oder in einer endlosen Telefonwarteschleife, dann gibt es vielleicht mehr Handlungsoptionen als Konventionen uns glauben lassen. Ein rhythmisch zuckender Zeh könnte ein Anfang sein. Maren Iman Imran Schriftleitung