körper tanz bewegung
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2195-4909
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
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Aktuelles aus der Forschung: Meta-Analyse zu Tanztherapie bei Hypertonie und Wirkung der Körperpsychotherapie und Tanz-, Bewegungstherapie auf negative Symptomatik bei Autismus und Schizophrenie
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Iris Bräuninger
Ein relativ neuer Forschungsbereich der Tanztherapie setzt sich mit der Wirksamkeit der Tanztherapie im somatischen Bereich auseinander. Die erste vorgestellte Studie überprüft in Form einer Meta-Analyse die Frage, ob Tanztherapie einen positiven Effekt auf die Reduktion von hohem Blutdruck aufweist. Die zweite und dritte Studie erweitern das Spektrum der Forschung zur Wirkung der Tanz-, Bewegungs- und Körperpsychotherapie auf Negativsymptomatik (siehe Ausgaben 3 / 2016 und 4 / 2016).
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102 körper-- tanz-- bewegung 5. Jg., S. 102-103 (2017) DOI 10.2378 / ktb2017.art12d © Ernst Reinhardt Verlag Aktuelles aus der Forschung E in relativ neuer Forschungsbereich der Tanztherapie setzt sich mit der Wirksamkeit der Tanztherapie im somatischen Bereich auseinander. Die erste vorgestellte Studie überprüft in Form einer Meta-Analyse die Frage, ob Tanztherapie einen positiven Effekt auf die Reduktion von hohem Blutdruck aufweist. Die zweite und dritte Studie erweitern das Spektrum der Forschung zur Wirkung der Tanz-, Bewegungs- und Körperpsychotherapie auf Negativsymptomatik (siehe Ausgaben 3/ 2016 und 4/ 2016). Tanztherapie bei Hypertonie Der systematische Review mit Metaanalyse überprüfte die Wirkung der Tanztherapie auf Blutdruck und körperliche Leistungsfähigkeit von Personen mit Bluthochdruck (Conceiç-o et al. 2016). Die Recherche erbrachte 77 Studien, wovon vier in die qualitative und quantitative Datenanalyse eingingen. Orientiert an den PICO-Kriterien (P- - population / patient, I- - intervention / indicator, C- - comparison / control, O- - outcome; Moher et al. 2009) wurden (P) PatientInnen mit Hyptertension eingeschlossen, welche (I) nur Tanztherapie als Intervention erhielten und mit einer (C) Kontrollgruppe verglichen wurden, die keine Tanztherapie erhielt. Als Outcome-Variablen (O) wurden systolischer (SBP) und diastolischer (DBP) Blutdruck und körperliche Leistungsfähigkeit gemessen. Die Meta-Analyse der vier eingeschlossenen RCTs zeigte eine signifikante Senkung des systolischen und diastolischen Blutdrucks und der körperlichen Leistungsfähigkeit durch Tanztherapie im Vergleich zur Kontrollgruppe. Die Ergebnisse, so die AutorInnen, sollten nicht überinterpretiert werden, da die Analyse eine moderate bis hohe Heterogenität gezeigt habe. Tanz-, Bewegungstherapie gegen Negativsymptome bei Autismus- Spektrum-Störung Die randomisierte kontrollierte Studie von Hildebrandt und KollegInnen (2016) untersuchte die Wirkung einer 10-wöchigen manualisierten Tanz-, Bewegungstherapie-Intervention auf die Negativsymptome bei Autismus-Spektrum-Störung. Ein doppelblindes, zwei-faktorielles Design (Behandlungsgruppe gegenüber Kontrollgruppe) und Zeit (vor gegenüber nach der Behandlung) mit 78 PatientInnen wurde gewählt (Durchschnittsalter 22.5, Standardabweichung = 7.75, Range 14-53 Jahre). Die Hypothese ging davon aus, dass PatientInnen der Tanz-, Bewegungstherapie-Gruppe (n = 55) eine stärkere Reduktion der Negativsymptomatik im Posttest zeigen würden im Vergleich zur Kontrollgruppe (n = 23) ohne Behandlung. Die Unterschiede zwischen den Gruppen waren kaum signifikant. Es zeigte sich ein Trend-Effekt bei 0.10 zu stärkerer Symptomreduktion in quasi allen Untertypen der Negativsymptome in der tanz-, bewegungstherapeutischen Interventionsgruppe. Die AutorInnen wiesen auf die Schwierigkeiten hin, mit hohen Dropout-Raten die kalkulierte Teilnehmerzahl von 90 PatientInnen für eine genügend hohe Effektstärke erzielen zu können. Körperorientierte Psychotherapie gegen Negativsymptome bei Schizophrenie Bei der zweiten Studie handelte es sich um eine Outcome-Studie zur körperorientierten Psychotherapie bei Schizophrenie (Galbusera et al. 2016). Es wurde der Effekt einer manualisierten körperorientierten Gruppen-Psychotherapie (zweimal wöchentlich stattfindende 90-min. Intervention über zehn Wochen) auf die negativen Symptome bei Meta-Analyse zu Tanztherapie bei Hypertonie und Wirkung der Körperpsychotherapie und Tanz-, Bewegungstherapie auf negative Symptomatik bei Autismus und Schizophrenie Iris Bräuninger Aktuelles aus der Forschung 2 | 2017 103 16 PatientInnen mit Schizophrenie untersucht. Des Weiteren wurden Veränderungen in der interaktionalen Synchronizität (synchrony) zwischen PatientIn und InterviewerIn während den Interviews analysiert. Hierfür wurden Videos vor und nach den körperorientierten Psychotherapie-Interventionen aufgenommen, um den Effekt der Körperintervention auf die embodied interactions (S. 4) der PatientInnen beobachten und analysieren zu können. Als drittes wurde die Beziehung zwischen interaktionaler Synchronizität und Negativsymptomen untersucht, um besser verstehen zu können, ob diese Symptome mit der Grundstörung der Intersubjektivität in Verbindung stehen. Allgemeine psychiatrische Symptomatologie und negative Symptome wurden vor und nach der Therapie beurteilt. Das Ergebnis zeigte eine signifikante Verbesserung der psychiatrischen und der Negativsymptome und der interaktionalen Synchronizität. In Bezug auf die Beziehung zwischen interaktionaler Synchronizität und Negativsymptomen wurde eine starke umgekehrte Beziehung festgestellt, was die AutorInnen zum Anlass nahmen, für eine phänomenologisch fundierte, ganzheitliche Betrachtung der Schizophrenie zu plädieren. Schlussfolgerung Körperorientierte Psychotherapie scheint die Negativsymptome bei Schizophrenie reduzieren zu können. Weitere Studien könnten untersuchen, ob es Unterschiede in spezifischen körperpsychotherapeutischen Interventionen gibt, welche die interaktionale Synchronizität verbessern. Erfolgreiche spezifische körperpsychotherapeutische Interventionen identifizieren zu können, könnte mit dazu beitragen, die Grundstörung der Intersubjektivität gezielt behandeln zu können. Ein erfolgreicher Trend scheint sich für Tanz-, Bewegungstherapie bei der Reduktion von Negativsymptomen bei Autistischer Spektrumsstörung zu zeigen. Weitere Studien in diesem Bereich könnten wichtige Erkenntnisse liefern. Ebenso scheint weitere tanztherapeutische Forschung im somatischen Bereich indiziert zu sein. Literatur Conceiç-o, L. S. R., Neto, M. G., do Amaral, M. A. S., Martins-Filho, P. R. S., Carvalho, V. O. (2016): Effect of dance therapy on blood pressure and exercise capacity of individuals with hypertension: A systematic review and meta-analysis. International Journal of Cardiology 220, 553-557 Galbusera, L., Finn, M. T., Fuchs, T. (2016): Interactional synchrony and negative symptoms: An outcome study of body-oriented psychotherapy for schizophrenia. Psychotherapy Research 26, 1-13 Hildebrandt, M. K., Koch, S. C., Fuchs, T. (2016): „We dance and find each other“. 1: Effects of dance / movement therapy on negative symptoms in autism spectrum disorder. Behavioral Sciences 6 (4), 24 Moher, D., Liberati, A., Tetzlaff, J., Altman, D. G. (2009): Preferred reporting items for systematic reviews and meta-analyses: the PRISMA statement. Annals of internal medicine 151 (4), 264-269 Die Autorin Dr. Iris Bräuninger Wissenschaftliche MA PUK Zürich, Dozentin Masterstudiengang Tanztherapie UAB Barcelona, Supervisorin, Ausbilderin und Lehrtherapeutin, Kestenberg Bewegungsnotatorin, ECP. ✉ Dr. Iris Bräuninger dancetherapy@mac.com
