körper tanz bewegung
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Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
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8. Forum HKIT und Vollversammlung des Berufsverbandes DHKIT
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Sabine Rippe
Das Institut Heilende Kräfte im Tanz (HKIT) veranstaltete vom 24. bis 26. August 2017 das 8. Forum HKIT mit einem abwechslungsreichen Programm aus Vorträgen, Tanz und Körperarbeit, dem Roten Sofa, Videoperformances, Interviews und Zertifikats- und Diplom-Verleihungen.
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Kongresse & Tagungen 2 | 2018 83 peutische Intervention sind die Tension & Trauma Releasing Exercises (TRE) des Amerikaners David Bercelli, die dabei helfen, im Körper gespeicherte Angstgefühle durch Zittern auszuleben. Die Biodynamikerin Petra Vetter hat diese Methode erlernt und leitete einen Workshop dazu. Cornelia Füstenberger, ebenfalls eine Biodynamikerin, gestaltete einen Workshop zur Behandlung von Traumata auf der Grundlage der Arbeit von Peter Levine und Johannes B. Schmidt. Peter Levine hat auch die Arbeit der Biodynamikerin Mechthild Münch beeinflusst, die in ihrem Workshop die Imaginationsmethoden von Luise Reddemann vorstellte. Ich war selbst Teilnehmer des Vorworkshops und dreier Tagungsworkshops. Mein Eindruck war, dass alle TeilnehmerInnen mit sehr viel Offenheit, Neugier und Mut zu neuen Selbsterfahrungen in die Workshops gegangen sind. Dadurch und natürlich auch durch das von allen ReferentInnen aufgebaute vertrauensvolle Gruppenklima entstand eine sehr intensive Arbeitsatmosphäre, die ich mittlerweile typisch finde für GBP-Tagungen und andere körperpsychotherapeutische Fortbildungen. Das traditionelle Fest am Samstagabend wurde diesmal zunächst zum Singen genutzt. Tilman Rentel hatte dazu seine Gitarre und Textbücher mitgebracht. Anschließend wurde wie immer bis in die Nacht hinein getanzt. Insgesamt war auch diese 20. Fachtagung der GBP wieder eine inhaltlich sehr reichhaltige und inspirierende Veranstaltung zu einem schwierigen Thema, was immer noch von vielen TherapeutInnen gemieden wird. Aus dem Gefühl der Ehrfurcht bei vielen TeilnehmerInnen zu Beginn der Tagung wurde am Ende ein Gefühl der Kompetenz und Informiertheit. Dipl.-Psych. Thomas Haudel 8. Forum HKIT und Vollversammlung des Berufsverbandes DHKIT Wie Tanz das Selbstgefühl stärkt D as Institut Heilende Kräfte im Tanz (HKIT) veranstaltete vom 24. bis 26. August 2017 das 8. Forum HKIT mit einem abwechslungsreichen Programm aus Vorträgen, Tanz und Körperarbeit, dem Roten Sofa, Videoperformances, Interviews und Zertifikats- und Diplom-Verleihungen. Den Auftakt bildeten am Freitag die Absolventinnen der tanztherapeutischen Grundausbildung Heike Krieg, Marion Schmitz, Marion Hein, Andrea Christiane Bode und Andrea Baldemair mit der Präsentation ihrer dreijährigen schriftlichen Abschlussarbeiten, in denen sie sich kritisch-reflexiv mit ihren individuellen tänzerischen und therapeutischen Wachstums- und Bewusstwerdungsprozessen während der Ausbildung auseinandersetzten. „Grounding und Erdung mit HKIT vor dem Hintergrund psychotischer und dissoziativer Zustände“, „Raumeroberung durch das Erlernen neuer Bewegungsmuster“, „Vom Gefühl, eine Last zu sein, zu dem Gefühl, Willkommen zu sein“, „Weil wir Leib sind, haben wir Raum“ und „Der Einsatz der HKIT an einer psychiatrischen Tagesklinik“- - so lauteten die Titel der jeweiligen Abschlussarbeiten, die durch einen fundierten theoretischen Aufbau die Grundprämissen und Wirkfaktoren der Methode HKIT bis in den individuellen Prozess jeder einzelnen Tänzerin hinein für die Zuhörerinnen greifbar machten. Ebenfalls ein Diplom wurde der Tänzerin und Videokünstlerin Anita Kranz-Moser für den Abschluss ihrer fünfjährigen Ausbildung als Dancing Dialogue Artist überreicht. Sie erarbeitete eine Choreografie für vier bis sechs Tänzerinnen über die Sozialforscherin Maria Jahoda, die das Elend der arbeitslosen Bevölkerung zu Beginn des 20. Jahrhunderts 84 2 | 2018 Kongresse & Tagungen Abb. 1: Elke Wagner, Institutsleiterin HKIT dokumentierte. Im Anschluss schilderte Anita Kranz-Moser im Dialog mit Gabriele Fischer auf dem Roten Sofa ihre Auseinandersetzung mit dem Thema vor dem Hintergrund ihrer eigenen Bewegungserkrankung und damit verbundenen Arbeitsunfähigkeit. „Wie kann es gehen, wenn nichts mehr geht“, das sei die Frage, die sie am meisten interessiere, so Anita Kranz- Moser, sowohl im Umgang mit ihrer Erkrankung als auch innerhalb ihres künstlerischen Schaffens. „Auf die Welt getanzt“, so betitelte Institutsleiterin Elke Wagner ihren Vortrag, mit dem der zweite Forumstag begann. Sie rekapitulierte darin die zentralen Säulen und Entwicklungsschritte der Methode HKIT von den Anfängen in den 1980er Jahren bis zu der heutigen Gestalt und Ausformung. Die zugrundeliegende Tanztechnik, so Elke Wagner, beruht auf der detaillierten Bewegungsanalyse von binnenkörperlichen Bewegungen, die sogenannten Basics HKIT (kippen, wiegen und kreisen). Durch diesen Fokus entwickelte sich das Thema „Geburt und Tanz“ aus den Gruppen heraus, bestärkt durch ethnologische Berichte über getanzte Geburten und spezifische Geburtsbewegungen in Kulturen, die auf eine lange Tanz- und vor allem Bauchtanztradition zurückblicken. Wie können ursprünglich unwillkürliche Bewegungen neu erlernt werden, wenn das Grundbewegungsmuster eine andere Prägung erfahren hat und verfremdet wurde? Diese didaktische und pädagogische Leitfrage erklärt die wichtige Rolle der Reformpädagogik innerhalb des Systems der HKIT-Methode. Persönliches Interesse und die Wiederentdeckung der Urfreude an der Bewegung sind zentral für das Erlernen neuer Bewegungsmuster und daraus resultierend auch für das Wiedererlangen persönlicher Freiheit. Gabriele Fischer, Begründerin der Methode HKIT, widmete sich am Nachmittag in ihrem Vortrag u. a. der Frage, wie Tanz das Selbstgefühl nachhaltig stärken kann, und erläuterte dies anhand der drei zentralen Begriffe Heilung, Kraft und Tanz. Dabei bezog sie sich auf die Biodynamische Psychologie Gerda Boyesens und ihre innere Grundhaltung des Vertrauens in die Selbstheilungskräfte und Selbstregulationsfähigkeit des Organismus. Ein weiterer wichtiger Aspekt in Gabriele Fischers Vortrag war zudem die Arbeit des Gesundheitspsychologen Aaron Antonowsky, seine Studien zur Salutogenese und sein Modell des „Sense of Coherence“, in dem es um die herausragende Relevanz sinnstiftender Zusammenhänge im individuellen Heilungsgeschehen geht. Auch die Fähigkeit, Stressoren zu begegnen, ist an diesen „Sense of Coherence“ gekoppelt, wie der Arzt und Psychotherapeut Eckhard Schiffer in Anlehnung an Antonowsky zum Thema „Was gibt uns Kraft? “ herausfand. Gleichermaßen wichtig ist die Bedeutung der Sprache und des Sprechens in den HKIT, denn Kongresse & Tagungen 2 | 2018 85 Sprache bis hin zu einzelnen Worten ist verkörpert, wie die Kognitionsforschung entdeckte. Auch leitend für den therapeutischen Prozess sind die Grundgedanken der Gewaltfreien Kommunikation und die Untersuchungen der Erziehungs- und Bildungswissenschaftlerin Karoline Bitschnau zur Qualität zwischenmenschlicher Beziehungen. Tanz, so das Fazit von Gabriele Fischer, stärkt das Selbstgefühl dann, wenn die Tänzerin über Atem und Bewegung in Kontakt kommen kann mit ihrem eigenen Körper, dem eigenen Rhythmus und dem Fluss der Bewegung. So entsteht eine intime Kommunikation mit sich selbst im Hinspüren, ein Raum der unmittelbaren Selbsterfahrung und Selbstbegegnung. Im Anschluss an das Forum fand die Vollversammlung des Berufsverbandes DHKIT statt. Themen waren die Verabschiedung der Ethikrichtlinien und der Mitgliedschaftskriterien, die einstimmig und ohne Enthaltungen beschlossen wurden. Für die aktuell im Ausland forschende Dorothea Hafner stellte sich Sylvia Borrink zur Wahl und wurde ebenfalls einstimmig neu in den Vorstand gewählt. Ein weiterer thematischer Schwerpunkt waren die Berichte aus den Arbeitsgruppen und die Entlastung des Vorstandes durch die Kassenwarte. Für 2018 ist in Süddeutschland ein großes Netzwerk- und Supervisionstreffen geplant. Sabine Rippe, M.A.
