körper tanz bewegung
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2195-4909
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
10.2378/ktb2018.art13d
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Editorial
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Frank Röhricht
Liebe Leserinnen und Leser, diese Sonderausgabe der ktb beschäftigt sich mit einem Thema, das in der psychotherapeutischen Versorgung eine große Rolle spielt; die Auseinandersetzung mit Traumatisierungen ist zugleich auch aus aktueller gesellschaftlich-soziologischer Sicht aufgrund der Migranten- und Flüchtlingsdebatten ein hochrelevantes Thema. Hinzu kommt ein Artikel aus der Europa-Serie der ktb, in dem die LeserInnen interessante Einblicke in die Situation der Körperpsychotherapie (KPT) in Griechenland erfahren.
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97 körper-- tanz-- bewegung 6. Jg., S. 97-98 (2018) DOI 10.2378 / ktb2018.art13d © Ernst Reinhardt Verlag Editorial Diese Sonderausgabe der ktb beschäftigt sich mit einem Thema, das in der psychotherapeutischen Versorgung eine große Rolle spielt; die Auseinandersetzung mit Traumatisierungen ist zugleich auch aus aktueller gesellschaftlich-soziologischer Sicht aufgrund der Migranten- und Flüchtlingsdebatten ein hochrelevantes Thema. Hinzu kommt ein Artikel aus der Europa-Serie der ktb, in dem die LeserInnen interessante Einblicke in die Situation der Körperpsychotherapie (KPT) in Griechenland erfahren. In den drei Fachbeiträgen beschäftigen sich drei ausgewiesene Experten der körperorientierten Traumatherapie mit signifikanten Theorien und geben Einblicke in die Prozesse des therapeutischen Arbeitens. Ernst Kern skizziert die weitreichenden Konsequenzen der Traumatisierung für die Selbstentwicklung und entwickelt die Konzepte für die KPT in enger Anlehnung an die Entwicklungspsychologie. Dabei werden die störungsspezifischen Interventionen systematisch erarbeitet: Aufbau von Sicherheitserleben, Abgrenzungsfähigkeit und das kreative Neuanbahnen einer Kontaktfähigkeit im Vorfeld der Arbeit mit emotionalem Ausdruck und den sogenannten Vitalitätsaffekten. In diesem Zusammenhang sind die ressourcen-orientierten Intervention der KPT von großer Bedeutung (Stichwort bei Kern: Freiräume schaffen), da hier immer implizit auch die gesunden Persönlichkeitsanteile therapeutisch genutzt werden, um den Patienten zu helfen, sich nicht von den schmerzhaften Erfahrungen und Gefühlen absoluter Hilflosigkeit überwältigen zu lassen. Kern betont die Notwendigkeit der Entwicklung von „Identitätskonstanten“; dies verweist auf eine Theorie, in der die Traumatisierung als solche auch neue Entwicklungsmöglichkeiten schafft („Adversity Activated Development“; Papadopoulos 2007). Prozesse der direkten Konfrontation mit den traumatischen Erlebnisinhalten werden von Ralf Vogt detailliert beschrieben. Er zeigt in seinem integrativen, psychoedukativ-analytischen Modell auf, wie der Einsatz von Materialien („beseelte Objekte“) ausgesprochen hilfreich ist, um mit Handlungsinszenierungen körperliche Erlebnisinhalte und verbale Reflexion produktiv therapeutisch zu nutzen. Er bezieht sich dabei zentral auf den Begriff „körperliches Evidenzerleben“ in Abgrenzung zu den verbal-therapeutischen Auseinandersetzungen mit Traumatisierungen. Körperliche Erinnerungssymptome als Leitschnur zur Diagnostik der teils in präverbalen Phasen der Entwicklung stattgefundenen Traumata sind auch bei Herbert Grassmann Thema. In seinem Fallbeispiel wird nachhaltig herausgearbeitet, wie man mit KlientInnen arbeiten kann, die keinen (oder einen gestörten) Zugang zu ihrer körperlichen Realität haben. Liebe Leserinnen und Leser, 98 3 | 2018 Editorial Unter Hinweis auf ein holistisches Modell, in dem auch die neurophysiologischen Aspekte der Trauma-Verarbeitung eine Rolle spielen, zeigt Grassmann auf, wie die fundamental gestörte grundlegende Beziehungsfähigkeit der PatientInnen allmählich im komplexen Wechselspiel zwischen erlebnisorientierten und reflexiven Prozessen wieder aufgebaut werden kann. Dieses Sonderheft der ktb ist sowohl für Praktiker aus dem Bereich der KPT, für andere Kliniker im Bereich Traumatherapie, als auch für wissenschaftlich interessierte KollegInnen von großer Relevanz. Prof. Dr. med. Frank Röhricht Mitherausgeber „körper-- tanz-- bewegung“
