eJournals körper tanz bewegung 7/2

körper tanz bewegung
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2195-4909
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
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2019
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33. JAHRESTAGUNG DER ARBEITSGEMEINSCHAFT FUNKTIONELLE ENTSPANNUNG (A. F. E.)

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2019
Ida Montanari
Beate Leinberger
Selbstoptimierung ist ein breit wahrgenommenes Phänomen und kann festgemacht werden an Aussagen wie: „Man muss immer besser werden.“ - „Man kann so selten Schwäche zeigen und sich selbst sein.“ Ist Selbstoptimierung tatsächlich immer ein Problem? Gibt es unterschiedliche Optimierungsstrategien bei Männern und Frauen? Wie kann die Funktionelle Entspannung (FE) als körperpsychotherapeutische Methode zu einer Optimierung der eigenen Stärken beitragen? Diesen Fragen gingen die TeilnehmerInnen an der diesjährigen Jahrestagung in Rothenburg ob der Tauber nach.
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Kongresse & Tagungen 2 | 2019 87 33. Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft Funktionelle Entspannung (A. F. E.) Selbstoptimierung-- Über den Umgang mit dem Körper in Zeiten der Effizienzsteigerung S elbstoptimierung ist ein breit wahrgenommenes Phänomen und kann festgemacht werden an Aussagen wie: „Man muss immer besser werden.“-- „Man kann so selten Schwäche zeigen und sich selbst sein.“ Ist Selbstoptimierung tatsächlich immer ein Problem? Gibt es unterschiedliche Optimierungsstrategien bei Männern und Frauen? Wie kann die Funktionelle Entspannung (FE) als körperpsychotherapeutische Methode zu einer Optimierung der eigenen Stärken beitragen? Diesen Fragen gingen die TeilnehmerInnen an der diesjährigen Jahrestagung in Rothenburg ob der Tauber nach. Unterschiede liegen beispielsweise zwischen der Selbstoptimierung als Reaktion auf das gefühlte Unvollkommensein und Selbstzuwendung als achtsame Förderung der eigenen Anlagen. Die zunehmende Dekonstruktion der traditionellen Geschlechterrollen erlaube keine eindeutige Zuordnung genderspezifischer Strategien der Selbstoptimierung. Eine „Krise des Mannes“ sei die Folge: Einerseits sollen Männer dem modernen Geschlechterverständnis entsprechend auch für traditionell eher weibliche Themen wie etwa die Kinder- und Säuglingspflege aufgeschlossen und einfühlsam sein. Andererseits werden von ihnen vor allem im Berufsleben nach wie vor „typisch männliche“ Selbstoptimierungsprozesse erwartet: Sie müssen nahtlos Leistung erbringen und dürfen keine Schwächen zeigen. Ein Ausweg aus der daraus resultierenden Verunsicherung und Überforderung könne die Überwindung starrer Geschlechterbilder aus der Vergangenheit sein und langfristig die Chance mit sich bringen, dass jeder seine individuelle Persönlichkeit entfalten könne, unabhängig von externen Rollenklischees. Im Gegensatz dazu stehen die weiblichen Strategien der Selbstoptimierung: Der Körper werde zum Austragungsort des Kampfes um Perfektion. Immer früher durchgeführte Schönheits-OPs sollen angebliche Mängel beheben, der Umgang mit dem Körper sei von einem nahezu kultischen Jugendwahn in Form des „Modell Young Girl“ geprägt. Das vorherrschende Schönheitsideal sei maßgeblich durch Medien und (Porno-)Industrie geprägt, orientiert am westlichen Körperbildideal. Dahinter verberge sich letztlich ein koloniales sowie frauenfeindliches Weltbild: Das Authentische müsse durch Verkleinerung zivilisiert werden, Lidspalten asiatischer Mädchen würden zugunsten europäischer Augenformen operiert. Die Verdrängung der reifen Weiblichkeit zeuge von deren seit Jahrhunderten unveränderten Gleichsetzung mit Todesfurcht. Weibliche Sexualität habe sich den letzten fünf Jahrzehnten zunehmend in zwei sich gegenüberstehenden Richtungen entwickelt: früher verpönt, jetzt eher als Eigenschaft, die sich in entsprechender Performance abbilden muss. In der breiten Öffentlichkeit, so scheint es, sei körperlich-soziale Optimierung generell als materialistische Sichtweise des Lebens zunehmend negativ belegt. Als moralisch bessere Alternative gelte nach wie vor die Kultivierung des Geistes als Sitz des wahren Guten. Die philosophische Erklärung für diese weit verbreitete negative Wertigkeit körperlicher Optimierung sei der im deutschen Kulturraum vorherrschende Dualismus von Körper und Seele. Die FE greife dagegen grundsätzlich Strategien des eigenen Körpers zur selbstbestimmten Selbstoptimierung auf, etwa im Entdecken der eigenen Resonanzräume oder der eigenen Körpergrundspannung. Ida Montanari und Beate Leinberger