eJournals körper tanz bewegung 8/2

körper tanz bewegung
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Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
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21. GBP-Tagung in Goslar

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Thomas Haudel
Vom 2. bis zum 6. Oktober 2019 fand die Fachtagung des Biodynamischen Berufsverbandes GBP mit dem Titel „Zeitlinien und Jahresringe – Körperpsychotherapie in der zweiten Lebenshälfte“ in Goslar statt. Etwa 30 KollegInnen aus ganz Deutschland waren dieser Einladung gefolgt. [...]
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Kongresse & Tagungen 2 | 2020 83 überhaupt? Denn Einigkeit bestand darin, dass Apps & Co. eine wertvolle Hilfe, Unterstützung und Ergänzung zwischen den persönlichen Kontakten mit KlientInnen sein können. Sie erinnern an die Übungen, liefern wertvolle Informationen, klären auf, gewährleisten Objektkonstanz, bedienen die Internet-Affinität einer großen Zielgruppe und erleichtern damit das Dranbleiben. Als KörpertherapeutInnen arbeiten wir stark mit den Sinnen unserer KlientInnen- - über Mimik, Gestik, Stimme, Blickkontakt. Kern unserer Arbeit ist Beziehungsgestaltung. All das scheint auch über Videotelefonie möglich zu sein-- nur ein fundamentales Bedürfnis bleibt unerfüllbar: Berührung. Im Ergebnis der Diskussion wurde deutlich, dass es darum geht, wie ein „Sowohl-als-auch“, wie ein Übergang vom virtuellen Kontakt in einen realen Kontakt gelingen kann und dass es notwendig ist, neben all den Möglichkeiten auch die Grenzen zu berücksichtigen und diese bei jedem konkreten Angebot zu benennen. Als gegenwärtige TanztherapeutInnen wollen wir im Trend bleiben. Eine unserer Aufgaben für 2020 wird sein, sich dieser Herausforderung zu stellen. Wer sich berufen fühlt, daran aktiv mitzuarbeiten, darf sich gern bei mir melden. Grit Wendisch 21. GBP-Tagung in Goslar Mit Leichtigkeit und klarem Kopf in den Herbst des Lebens spazieren V om 2.bis zum 6. Oktober 2019 fand die Fachtagung des Biodynamischen Berufsverbandes GBP mit dem Titel „Zeitlinien und Jahresringe- - Körperpsychotherapie in der zweiten Lebenshälfte“ in Goslar statt. Etwa 30 KollegInnen aus ganz Deutschland waren dieser Einladung gefolgt. Traditionell fand vor der Tagung ein Vorworkshop statt, der diesmal von Eli Weidenfeld geleitet wurde. Eli Weidenfeld war Schüler von Gerda Boyesen und leitet seit vielen Jahren Ausbildungsgruppen in Biodynamischer Psychologie, u. a. für die Europäische Schule für Biodynamische Psychologie (ESBPE). In seinem Workshop ließ er uns teilhaben an seiner Entwicklung als Psychotherapeut und demonstrierte spezielle biodynamische Massagen sowie Halteübungen,dievondenTeilnehmerInnen in Form von Partnerübungen praktiziert wurden. Dabei beeindruckte mich zum wiederholten Mal, mit was für einfachen Mitteln in der Biodynamik tiefe, heilsame Wirkungen erreicht werden können, die jedoch nicht nur auf dem rein mechanisch-körperlichen Vorgang beruhen, sondern auf der inneren Haltung zum / zur KlientIn. Eli Weidenfeld präsentierte sich als ein sehr erfahrener, vielseitiger und humorvoller Therapeut, der die Biodynamik verinnerlicht hat wie wenige andere seines Faches. Vor Beginn der Tagung fand die Mitgliederversammlung unseres Berufsverbandes statt, auf der Christine Clouth als Kassenwartin und ich selbst als 2. Vorsitzender wiedergewählt wurden. Olaf Fiebrandt unterstützt zukünftig den Vorstand bei der Pflege der Website und der Mitgliederdatei. Neu war das vom Vorstand initiierte MentorInnenprogramm, das PraxisgründerInnen unterstützen soll, sowie die Vorstellung eines weiteren Forschungsprojektes bezüglich der Psychoperistaltik, was auf großes Interesse bei den Mitgliedern stieß. Die Tagung wurde mit einem Vortrag von Dieter Hofmann aus Coburg eröffnet. Darin vermittelte der Referent sein auf langjährigen theore- 84 2 | 2020 Kongresse & Tagungen tischen und praktischen Erfahrungen beruhendes Wissen im Umgang mit dementen Patienten in der Altenpflege. Dem Auditorium wurde anschaulich demonstriert, wie wichtig dabei eine wertschätzende Grundhaltung, der Augenkontakt und die Körperhaltung der MitarbeiterInnen ist, die mit diesen Menschen arbeiten. Zum Abschluss des ersten Tagungstages las Müller-Oerlinghausen aus seinem im Herbst 2018 erschienenen Buch „Berührung“, was er durch aktuelle Wortbeiträge inhaltlich so bereicherte, dass ich als Zuhörer nicht mehr unterscheiden konnte, was davon Buchzitate waren und was nicht. Es wurde ein hoch interessanter Vortrag, der ein riesiges Themenspektrum rund um das Thema Berührung abdeckte. Der Referent sprach über die Haut als unser wichtigstes Kontaktorgan, stellte deutsche und internationale Forschungsergebnisse zur Wirkung von Massagen vor und erläuterte, warum gerade bei depressiven PatientInnen Berührung und Massagen so wichtige und hochwirksame Interventionsformen sind. Da wir als Berufsverband erst kürzlich selbst eine Studie dazu zum Abschluss gebracht haben (siehe Heft 3 / 2019), fühlten wir uns durch die Darlegungen von Müller-Oerlinghausen bestätigt. Wenn viele Forscher unabhängig voneinander zu gleichen Ergebnissen kommen, spricht das für eine hohe Evidenz dieser Interventionen. Umso unerklärlicher war dem Auditorium die geringe Verbreitung der Massage bei der Behandlung von Depressionen und die völlig unzureichende Finanzierung durch die Krankenkassen. Im Workshop von Lisa Kroner, einer Erziehungswissenschaftlerin mit biodynamischer Ausbildung, die sich auf künstlerische Therapien im Bereich der Altenpflege spezialisiert hat, führte uns die Referentin in das Thema Biografiearbeit ein. Sie setzt dabei eine grafische Methode ein, bei der es darum geht, sich feinmotorisch und im weiteren Verlauf auch gedanklich auf altersbezogene Lebensthemen zu fokussieren. Am Nachmittag leitete Eli Weidenfeld einen Workshop zum Thema Parapsychologie, wo es vor allem um seine und unsere Erfahrungen mit telepathischen Phänomenen wie z. B. Gedankenübertragung ging. Das passt insofern zur Biodynamik, weil auch ihre Begründerin Gerda Boyesen eine mutige Grenzgängerin war. Am Sonntag besuchte ich zum Abschluss den Workshop von Dieter Hofmann und seiner Partnerin, der Biodynamikerin Sabine Hildebrandt. Dabei vermittelten die ReferentInnen ihre innere Haltung im Gespräch mit dementen PatientInnen und im weiteren Verlauf einfache, aber wirkungsvolle körperpsychotherapeutische Interventionen wie z. B. eine Handmassage, die wir dann paarweise in der TherapeutInnen- und KlientInnenrolle erprobten. Die Schilderung prägnanter Szenen aus dem Berufsalltag der ReferentInnen rundete den informativen und lebendigen Workshop ab. Alles in allem erlebte ich erneut eine sehr interessante und seelisch bereichernde Tagung mit vergleichsweise wenigen, aber sehr kompetenten ReferentInnen. Dipl.-Psych. Thomas Haudel