eJournals körper tanz bewegung 9/1

körper tanz bewegung
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2195-4909
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
11
2021
91

Editorial

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2021
Ulfried Geuter
Liebe Leserinnen und Leser, vor über 30 Jahren erschien ein Buch über die „Pionierinnen der Körpertherapie“ unter dem Titel „Vor Freude tanzen, vor Jammer halb in Stücke gehen“. Die Arbeit mit dem Körper in der Therapie hatte immer etwas Emotionales. Und Körperpsychotherapie spricht PatientInnen auf einer emotional-körperlichen Ebene an, wie Margit Koemeda-Lutz im ersten Beitrag zu diesem Heft feststellt. [...]
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1 Editorial Liebe Leserinnen und Leser, vor über 30 Jahren erschien ein Buch über die „Pionierinnen der Körpertherapie“ unter dem Titel „Vor Freude tanzen, vor Jammer halb in Stücke gehen“. Die Arbeit mit dem Körper in der Therapie hatte immer etwas Emotionales. Und Körperpsychotherapie spricht PatientInnen auf einer emotional-körperlichen Ebene an, wie Margit Koemeda-Lutz im ersten Beitrag zu diesem Heft feststellt. Nicht nur das legt nahe, dem Thema Emotionen ein Heft zu widmen. Emotionen sind bei allen psychischen Problemen im Spiel. Man hat zu viel davon oder zu wenig, sie können fehlen wie die Freude oder quälen wie Trauer, Wut oder Ekel. Aus den einen kommt man nicht raus, zu den anderen nicht hin. Und manchmal hat man welche, von denen man weiß, dass sie einem schaden, und trotzdem sind sie da wie ungebetene Gäste. Margit Koemeda-Lutz zeigt, wie wir mit unter- und überregulierten Emotionen arbeiten können. Eine Frau hat in einer Panikattacke zu viel an emotionaler Erregung, einer anderen gelingt es nur schwer, ihren aufgestauten Zorn auszudrücken. Die Autorin schildert diese Beispiele, und sie bietet begriffliche und theoretische Grundlagen zum Verständnis dessen, welche Rolle Emotionen bei der Bewertung von Ereignissen spielen und wie sie mit Vorgängen im Körper oder unseren Handlungen verbunden sind. Wer klinische Anregungen sucht, wird auch in dem Beitrag von Marianne Eberhard-Kaechele fündig. Sehr anschaulich schildert sie, wie eine im Schutz ihrer Dissoziation überlebende Patientin durch tanztherapeutische Arbeit wieder das Fürchten lernt. Tal Shafir nutzt in der Tanztherapie charakteristische Elemente des Ausdrucks von Emotionen, um sie über Bewegungen anzusprechen und zu verändern. Anhand eigener Forschungen zeigt sie, dass Bewegungen und Emotionen mit bestimmten Erregungsmustern im Gehirn einhergehen. Und dass Menschen Emotionen an Bewegungsmustern erkennen, die man ihnen in Filmen vorführt. Shafir geht in ihrer neurobiologischen Sichtweise davon aus, dass Emotionen ihre Ursache im Körper haben. Ich möchte Sie als Leserinnen und Leser anregen, über diese philosophische Grundannahme einer Kausalbeziehung von body zu mind nachzudenken und vielleicht etwas dazu zu schreiben. Nach anderen Theorien wie der des Embodied Mind folgen körperliche und psychische emotionale Prozesse gleichermaßen Lebensereignissen und -prozessen im Austausch des Organismus mit der Umwelt. Der Beitrag von Lars Auszra und Imke Herrmann lässt uns über den eigenen Tellerrand hinausschauen. Er führt in die Emotionsfokussierte Therapie ein, die mit der Körperpsychotherapie das Prozessieren von Emotionen oder die Arbeit mit szenischen Techniken gemein hat, im Unterschied zu ihr aber nicht körper-- tanz-- bewegung 9. Jg., S. 1-2 (2021) DOI 10.2378 / ktb2021.art01d © Ernst Reinhardt Verlag 2 1 | 2021 Editorial mit eigenen Methoden der Aktivierung oder Regulierung emotionaler Erregung arbeitet. Der Schwerpunkt dieses Verfahrens liegt darauf, die Verarbeitung von Emotionen zu fördern, ihren Sinn zu finden und wenig hilfreiche Emotionen durch „adaptive“ zu ersetzen. Anregend auch für die Körperpsychotherapie. Ich wünsche eine gewinnbringende und erquickliche Lektüre. Prof. Dr. Ulfried Geuter Mitherausgeber „körper-- tanz-- bewegung“